Leonel und Gil – estel : Danke für euere Reviews! Dieser Korazir ist tatsächlich ein ziemlich übler Typ. Und er wird Faramir und Co. noch reichlich Ärger bereiten. Aber im nächsten Kapitel geht es um Faramirs „reizende"Tante, die gegen Éowyn etwas im Schilde führt.

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Kapitel 6: Intrigen

An jenem Morgen, als Faramir in den Grauen Wald aufbrach, beschloß Denedreth, Verwandtenbesuche in Minas Tirith zu machen. Éowyn war heilfroh, dass sie diese unmögliche Person erst mal nicht mehr sehen musste.

Denedreths Weg führte zu Silinde, ihrer liebsten Base, die im fünften Festungsring wohnte. Dort war die reiche Bürgerschaft von Minas Tirith angesiedelt. Silinde wohnte mit ihrem Mann Nardil in einem schönen großen Haus. Sie war erstaunt, ihre Base nach so langer Zeit wiederzusehen.

„Wir haben uns viele Jahre nicht gesehen, Denedreth. Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?"

„Ahnst du nicht, warum ich hier bin?"fragte Denedreth mit einem wehmütigen Lächeln.

„Ich bin dumm." Sagte Silinde und schlug sich an die Stirn.

„Natürlich, wegen Faramirs Hochzeit."

Sie bot ihrer Base eine Tasse Tee und Gebäck an.

„Was sagst du eigentlich dazu, dass mein lieber Neffe sich eine Braut aus dem wilden Norden erwählt hat?", fragte Denedreth vorsichtig.

„Meine zwei Söhne sind auf dem Pelennor gefallen,"erwiderte Silinde traurig und wischte sich eine Träne fort. „Es gibt jetzt viele schöne Maiden in Gondor, die ohne Ehemann bleiben werden. Ich verstehe, ehrlich gesagt, auch nicht, warum sich Faramir eine Fremde als Braut erkiesen hat."

„Diese Éowyn ist wild und ungehobelt,"fuhr Denedreth grimmig fort. „Ich habe sie kennengelernt. Sie trägt ihr Haar offen und ihr Kleid hat einen zu tiefen Ausschnitt. Faramir läuft jetzt auch schon ganz verwildert herum. Glaube mir, Base: diese Frau übt einen schlechten Einfluß auf ihn aus. Dabei ist er doch der Truchseß! Mein Bruder würde sich im Grab herumdrehen, wenn er davon wüsste."

„Möge Denethor in Frieden ruhen!"seufzte Silinde und senkte das Haupt.

„Vielleicht können wir noch verhindern, dass Faramir diese Person ehelicht,"erklärte Denedreth böse lächelnd.

„Wie willst du das anstellen, Base?"fragte Silinde kleinlaut. „Faramir liebt Éowyn. Er würde niemals auf dich hören."

„Das weiß ich," murmelte Denedreth vor sich hin. „Momentan ist er nicht in Minas Tirith. Er muß ein paar Haradhrim jagen, die angeblich Imrahil von Dol Amroth entführt haben. Eine günstige Gelegenheit, um Éowyn klarzumachen, dass sie nicht hierherpasst."

Silinde nickte eifrig und legte ihre Hand bekräftigend auf Denedreths Arm.

„Meine Unterstützung hast du, Base. Ich wüsste sogar eine Braut, die passend für Faramir wäre.

Du kennst doch Maegweth, die Tochter von Hauptmann Anborn."

„Als ich sie das letzte Mal sah, war sie noch ein Kind,"meinte Denedreth nachdenklich.

„Sie ist jetzt zu einer wahren Schönheit gereift,"fuhr Silinde begeistert fort. „Eine Hauptmannstochter ist auf jeden Fall würdig für einen Truchseß."

„Besser als eine wilde Schildmaid aus dem Norden allemal,"sagte Denedreth grinsend.

„Und wir würden sogar noch adeliger durch diese Heirat,"erklärte Silinde ebenfalls grinsend. „Denn Anborn ist mein Vetter."

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Éowyn saß mit einer Näharbeit am Fenster ihres Schlafgemaches. Am liebsten wäre sie mit Windfola irgendwo hingeritten. Aber sie wollte sich jetzt zusammenreißen, solange diese Denedreth hier zu Besuch weilte. Faramirs Verwandtschaft sollte unbedingt einen guten Eindruck von ihr gewinnen. Seufzend ließ sie die Näharbeit sinken: sie machte sich große Sorgen um Faramir. Er war zu einer lebensgefährlichen Mission aufgebrochen und sie wusste nicht, ob er gesund wiederkehren würde. Sie hatte ein ungutes Gefühl. Jetzt war er erst ein paar Stunden weg und schon fiel ihr die Decke auf den Kopf.

Dann sah sie Denedreth und Silinde zur Zitadelle heraufkommen und eine böse Vorahnung beschlich sie. Faramir hatte ihr seine Verwandten Silinde und Nardil vor einigen Wochen einmal kurz vorgestellt. Silinde hatte sich auch sehr reserviert verhalten , aber wenigstens hatte sie sich nicht boshaft gezeigt.

Éowyn hatte keine große Lust, mit den beiden Damen ein Pläuschchen zu halten. Aber ihr würde kein Wahl als Verlobte des Statthalters bleiben. Sie ballte wütend die Fäuste und wünschte sich ganz weit weg nach Rohan. Sie dachte an die weiten Grasebenen und die Dörfer mit ihren Holzhäusern. Und jetzt saß sie hier in diesem einengenden Gemäuer hier in Minas Tirith, diesem unbarmherzigen Steinklotz. Aber es würde kein Dauerzustand bleiben: Faramir hatte ihr versprochen, dass sie bald nach der Hochzeit nach Ithilien ziehen würden. Éowyn gefiel es dort, weil dieses wilde Land mit seiner fast unberührten Natur sie irgendwie an Rohan erinnerte.

Ein energisches Türklopfen riß die junge Frau aus ihren Tagträumen.

„Dürfen wir eintreten?"flötete Denedreth verdächtig freundlich.

Éowyn traute ihren Ohren nicht. Ihr blieb nichts anderes übrig, als die beiden Frauen hereinzubitten.

Silinde lächelte verzerrt, als sie Éowyn die Hand reichte.

„Kann ich Euch irgendetwas anbieten?"fragte die junge Éorlinga höflich.

Denedreth verschränkte die Arme und musterte Éowyn von Kopf bis Fuß.

„Ich halte es für keine gute Idee, wenn man aus rein politischen Gründen heiratet. Ich habe jedenfalls damals aus Liebe geheiratet."

„Wie bitte?"fragte die junge Frau verdattert. „Ich verstehe überhaupt nicht, was Ihr meint, Frau Denedreth."

„Faramir strebt mit Euerer Hochzeit in erster Linie ein engeres Bündnis mit Rohan an,"erklärte Silinde und nickte bekräftigend.

Éowyn lachte schallend auf.

„Verzeiht, aber wer hat Euch denn so einen Unsinn erzählt?"

„Faramir selbst war es,"fuhr Silinde fort.

„Genau, so kenne ich meinen Neffen,"warf Denedreth ein. „Bevor er eine Sache angeht, will er sehen, ob sie ihm oder Gondor auch von Nutzen ist. Ihr habt Glück, dass er Euch erwählt hat."

Éowyn wurde ziemlich ungehalten, als sie diese hässlichen Dinge hörte.

„Faramir heiratet mich aus Liebe – aus keinem anderen Grund,"betonte sie.

„Das hat er Euch erzählt, meine Liebe,"lachte Silinde auf. „Wir kennen den wahren Grund. Es ist so jammerschade, dass er jetzt die schöne Maegweth nicht heiraten kann."

Éowyn hatte beschlossen, sich von den beiden alten Frauen nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. Doch der Name des Mädchens ließ sie hellhörig werden.

„Wer ist diese Maegweth?"fragte sie mit einem leichten Anflug von Eifersucht.

„Nun ja,"druckste Denedreth herum. „Faramir hat uns eigentlich gebeten, nichts zu sagen, aber wenn Ihr es unbedingt wissen wollt, Éowyn. Sie ist die Tochter eines edlen Hauptmannes namens Anborn, der mit Frau Silinde entfernt verwandt ist. Faramir wollte sich eigentlich schon vor längerer Zeit mit ihr verloben, doch dann kam der Ringkrieg dazwischen."

„Ich glaube Euch kein Wort!"rief Éowyn empört, die allmählich die Nase voll hatte.

„Wir können es beweisen,"erwiderte Denedreth mit einem diabolischen Grinsen.

„Da bin ich aber gespannt!"sagte die junge Frau wutschnaubend.

Lächelnd verließen die beiden Frauen die Zitadelle.

„Wie willst du die Sache beweisen?"fragte Silinde ihre Base ängstlich.

„Keine Angst, ich habe schon einen Plan,"sagte Denedreth triumphierend.