Leonel: Die Folgen von Denedreths gemeinem Verhalten kannst du im nächsten Kapitel sehen....

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Kapitel 9: Unter Schock

Als die Frauen weg waren, ließ sich Éowyn zitternd auf einen Stuhl fallen und begann über sich und Faramir nachzudenken. Wie lange kannte sie ihren Verlobten eigentlich? Es war kaum ein Vierteljahr her, seit sie sich zum ersten Mal in den Häusern der Heilung begegnet waren.

Sie erinnerte sich, wie charmant ihr Faramir den Hof gemacht hatte. Sicher hatte er das nicht zum ersten Mal getan. Schließlich war er sechunddreißig Jahre alt und hatte bestimmt so manches Mädchen vor ihr gekannt. War es möglich, dass Faramir mehrere Frauen brauchte, um glücklich zu sein?

Éowyn war vollkommen verwirrt. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Faramir ein heimliches Verhältnis mit dieser Maegweth hatte. Er musste doch damit rechnen, dass es eines Tages herauskommen würde. Andererseits gab es diese junge Frau, die steif und fest behauptete, Faramir würde sie lieben.

Zu allem Überfluß war Faramir jetzt nicht hier in der Stadt und konnte sich auch nicht verteidigen. Éowyn hielt es in Minas Tirith nicht mehr länger aus: sie wollte heim nach Rohan und dort noch einmal über alles nachdenken. Wenn Faramir sie wirklich liebte, dann würde er nach Edoras kommen und die Sache aufklären.

Sie rief Isilya herbei. Die Kammerzofe sollte ihr beim Packen helfen.

„Wir reisen nach Edoras!"erklärte sie der Zofe.

Isilya starrte sie erschrocken an.

„Aber Herrin! In ein paar Tagen ist doch Euere Hochzeit. Was habt Ihr nur vor?"

„Tu, was ich dir sage!"befahl Éowyn ungehalten. Sie hatte nicht die Absicht, der geschwätzigen Zofe lang und breit und erklären, was vorgefallen war.

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Denedreth starrte mit einem triumphierenden Lächeln aus dem Fenster ihres Gemaches, als Éowyn mit Isilya und einigen Wachsoldaten den siebten Festungsring verließ.

Beregond hatte einiges mitbekommen, von dem was vorgefallen war. Er hatte gemerkt, dass Denedreth das junge Paar um jeden Preis auseinanderbringen wollte. Und jetzt sah er, dass Éowyn mit versteinerter Miene Minas Tirith verließ.

Er klopfte an Denedreths Tür. Die ältere Frau riß die Tür auf und blickte ihn hochmütig an.

„Nun, Hauptmann, was wollt Ihr denn?"

„Werdet Ihr nun auch die Stadt verlassen, da es ja offensichtlich so schnell keine Hochzeit geben wird?"

„Das geht Euch überhaupt nichts an,"erwiderte Denedreth kalt. „Ich werde hierbleiben, solange es mir passt. Und jetzt geht!"

Beregond verließ fassungslos den Flügel des Palastes. Er war Faramir treu ergeben und auch seiner künftigen Gemahlin. Er wollte nicht zulassen, dass sein Herr unglücklich wurde. Offensichtlich hatte Denedreth eine böse Intrige gegen Éowyn ausgeheckt und sie dazu gebracht, die Stadt - und womöglich Faramir – zu verlassen. Beregond beschloß, seinem Herrn zu helfen.

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Während Éowyn mit ihrem kleinen Gefolge durch das Stadttor ritt, kamen Elphir und die Schwanenritter mit dem gefangenen Haradhrim gerade zurück.

„Ist Faramir nicht bei euch?"fragte Éowyn erschrocken.

„Nein, er ist mit seinen Gefährten nach Ithilien gegangen,"erzählte Elphir hastig. „Sie versuchen dort meinen Vater zu befreien. Aber wo willst du hin, Éowyn?"

„Ich reite nach Edoras,"erklärte Éowyn knapp. „Ich habe einen Brief für Faramir hinterlassen. Es gibt da eine Sache, die geklärt werden muß. Doch ich kann nicht länger hier verweilen."

Elphir und Erchirion sahen sie erstaunt an. Doch sie hatten andere Sorgen: ihr Vater war immer noch gefangen und schwebte in höchster Gefahr. Faramirs Frauenprobleme gingen sie außerdem nichts an.

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Éowyn hatte für Faramir einen versiegelten Brief hinterlassen. Sie hatte ihn auf das Schreibpult in seiner Amtsstube gelegt.

Denedreth hatte so etwas geahnt. Sie drang heimlich in die Amtsstube ein und fand den Brief auf dem Pult liegend. Sie nahm ihn an sich und warf ihn schließlich in das offene Kaminfeuer ihres Schlafgemaches. Dann suchte sie zufrieden ihre Base Silinde auf.

„Und was machen wir jetzt mit diesem Mädchen?"fragte Silinde ungehalten. „Ich habe keine große Lust, sie durchzufüttern."

„Du hast recht," nickte Denedreth. „Wir müssen sie loswerden."

„Aber sie könnte uns bei Faramir verraten,"warnte Silinde. „Was machen wir nur?"

„Ich lasse sie von meinem treuen Leibdiener in den Druadan-Wald bringen,"erklärte Denedreth eiskalt. „Dort wird sie früher oder später sterben. Ich habe Éowyns Brief vernichtet. Ich werde dafür sorgen, dass er keine Zeit finden wird, dieser wilden Schildmaid nachzureiten. Wenn er die Sache mit Éowyn verdaut hat, werden wir ihm die richtige Maegweth schmackhaft machen. Durch diese Heirat wird auch dein Vetter Anborn hoch in der Gunst des Königs steigen und wir werden alle ein feudales Leben im Schatten der Krone führen."