Leonel: Du kennst doch Éowyn. Sie macht nie das, was sie tun soll. Diesem Korazir fallen noch viel schlimmere Dinge ein. Ja, er ist ein Feigling.

Gil-estel: Tja, nun heißt es kräftig zittern um Faramir. Korazir hatte nie vor, ihn zu heiraten. ; -)

Ann : Hurra, eine neue Leserin! Ich freue mich für dein dickes Lob.

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Kapitel 15: Ein neuer Trick

Korazir hatte es sehr eilig, Ithilien zu durchqueren. Daher ritt er auch mit seinem wertvollen Gefangenen und seiner Truppe auf der breiten Harad-Straße, die nach Süden führte. Doch schon bald meldeten seine Späher, dass sie ein Heer aus Gondor gesichtet hatten, welches ihnen folgte.

„Ich habe es geahnt," murmelte der listige Haradhrim-Häuptling und ließ seine Männer absitzen.

Auch Faramir musste vom Pferd herunter.

Korazir betrachtete seine Männer von Kopf bis Fuß, dann pickte er sich einen von ihnen heraus, der in etwa Faramirs Statur hatte. Dieser musste mit dem jungen Truchseß die Kleider tauschen. Faramir bekam auch die turbanartige Kopfbedeckung des Haradhrim aufgesetzt.

„Und jetzt noch die Haare," murmelte Korazir nachdenklich.

Er zog aus seiner Satteltasche ein paar Blätter.

„Wenn man diese Pflanzen kocht, gewinnt man daraus einen Sud, der die Haare rötlich färbt," erklärte er seinen Männern. „Das werdet ihr jetzt tun mit Cain. Wenn ihr fertig seid, werdet ihr hier auf der Straße weiter nach Süden reiten. So lockt ihr das Heer Gondors auf euere Fährte. Ich werde mich mit einigen Männern und Faramir zu Fuß nach Harad durchschlagen. Wir wandern in östlicher Richtung am Schattengebirge entlang. Wenn euch das Heer zu nahe rückt, dann flüchtet."

Die Krieger nickten. Korazir ließ den Großteil von ihnen weiterreiten. Ihn und Faramir begleiteten nur etwa ein halbes Dutzend Männer. Sie verließen sofort die Straße und begaben sich in östlicher Richtung in die Wälder. Faramirs Hände waren auf dem Rücken gefesselt. Einer der Haradrim stieß ihn immer wieder grob vorwärts.

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Aragorn und seine Soldaten waren die ganze Nacht durchgeritten, um den Abstand zu den Haradhrim nicht größer werden zu lassen. Éomer und Beregond ritten an seiner Seite. Die beiden Waldläufer hatten sie schnell gefunden. Damrod und Mablung wollten das kleine Heer unbedingt begleiten. Aragorn blieb nichts anderes übrig, als es ihnen zu erlauben. Ein Kundschafter meldete schließlich, dass sich die Gesuchten auf der Straße nach Harad befinden würden.

„Habt Ihr auch Faramir bei ihnen gesehen?" fragte der König zweifelnd.

Der Kundschafter nickte.

„Ja, er sitzt gefesselt auf einem Pferd."

„Dann sollten wir zusehen, dass wir sie einholen," meinte Éomer kampfeslustig.

Doch Aragorn machte keine Anstalten weiterzureiten.

„Was ist?" fragte Beregond nun erstaunt.

„Nein, meine Freunde," sagte der König scharfsinnig. „Ich halte Korazir nicht für so dumm, dass er auf der breiten Haradstraße nach Süden zieht, wo er ein gutes Ziel für unsere Pfeile abgibt. Das ist ein Trick."

Langsam ritt Aragorn weiter und suchte den Wegesrand nach irgendeinem Anzeichen ab. Schließlich entdeckte er die Reste der gekochten Blätter und die Reste eines Feuers. Er stieg vom Pferd und roch an den Blättern.

„Was ist das?" fragte er Beregond.

Dieser wusste es auch nicht. Doch dann meldete sich Damrod zu Wort.

„Das sind Meledith-Blätter," erklärte er. „Aus diesen Blättern kann man einen Sud gewinnen, der die Haare aufhellt. Die Frauen Gondors benutzen sie gerne."

„Euere Gemahlin wohl auch, Damrod" grinste Éomer frech.

„Sonst wüsste ich es nicht," bemerkte Damrod gelassen.

„Jetzt ist alles klar," sagte Aragorn nachdenklich. „Da vorne auf der Straße befindet sich nicht Faramir, sondern irgendein Südländer, dem man die Haare aufgehellt hat und der wohl Faramirs Kleidung trägt."

Er teilte jetzt die Truppe: die Hälfte folgte den Reitern auf der Harad-Straße, die anderen sollten ihm zu Fuß folgen. Aragorn war jetzt froh, dass er Damrod und Mablung bei sich hatte, die Ithilien kannten wie ihre Westentasche.

„Wo könnte sich Korazir hinbegeben haben, um schnell nach Harad zu kommen?" fragte er die beiden erfahrenen Waldläufer.

„In östlicher Richtung, in der Nähe des Schattengebirges," meinte Mablung schließlich. „Dort ist alles menschenleer."

„Gut, dann lasst uns losmarschieren!" befahl der König.

Er selbst setzte sich an die Spitze der Suchtruppe. Éomer, der nicht so gerne zu Fuß lief, übernahm es, die berittene Gruppe auf der Harad-Straße weiterzuführen.

Rasch hatte der junge König von Rohan mit seiner Gruppe die Reiter aus Harad erreicht. Sie erblickten den Mann mit den hellgefärbten Haaren, der Faramirs Rüstung trug. Doch auf diesen Trick fielen sie jetzt natürlich nicht mehr herein. Einer der Haradhrim hielt noch seinen Dolch an die Kehle des scheinbar Gefangenen, doch Éomer schüttelte den Kopf.

„Gebt auf! Das ist nicht Faramir."

Den Südländern blieb nichts anderes übrig, als die Waffen zu strecken. Rasch wurden sie gefesselt und Éomer befahl sie nach Minas Tirith zu bringen. Er selbst beschloß ebenfalls nach Minas Tirith zurückzukehren.

§

Faramir wurde unerbittlich von den seinen Bewachern vorangetrieben. Er merkte, wie seine Kräfte allmählich schwanden. Seit Tagen hatte er sich nicht mehr ausgeruht und kaum etwas richtiges gegessen. Irgendwann blieb er schweratmend stehen, weil ihm kurz schwarz vor Augen wurde.

„Weiter, weiter!" bellte Korazir.

Er wurde allmählich nervös, weil es nicht so schnell voranging, wie er es sich eigentlich vorgestellt hatte. Doch Faramir tat keinen Schritt weiter. Einer seiner Bewacher verpasste ihm einen Stockhieb in den Rücken. Der junge Truchseß ging stöhnend in die Knie.

„Tölpel!" fuhr der Haradhrim-Häuptling seinen Krieger an. „Was dümmeres hättest du nicht machen können. Jetzt könnt ihr ihn weiter schleifen."

Die Haradhrim packten Faramir und rissen ihn wieder hoch. Dann zogen sie ihn mit sich. Faramirs Füße schleiften über den Boden. Er war am Ende seiner Kräfte.

§

Éowyn hatte rasch die Wälder Ithiliens erreicht. Sie wusste, dass Aragorn und ihr Bruder bereits einen großen Vorsprung haben mussten. Schließlich entdeckte sie auch die vielen Hufspuren auf der breiten Harad-Straße, die nach Süden führte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Korazir diesen Weg genommen hatte. Zu schnell würde man ihn entdecken. Sie lenkte Brégo von der Straße weg in die Wälder hinein. Es war nicht einfach mit einem Pferd durch das Unterholz zu reiten, doch Brégo war ein kluges Tier und suchte sich den sichersten Weg durch die Büsche. Éowyn war froh, dass sie den braunen Hengst genommen hatte. Aragorn würde bestimmt Verständnis dafür haben.