Leonel: Typisch Denethor, oder? Faramir muß aufpassen, damit Lyraen nicht entdeckt wird. Natürlich hat er vor, sie in der Eliteeinheit kämpfen zu lassen.....
Tashgan: Schön, dass du bei dieser Story mitliest. Jau, Denethor ist halt nun mal ein Miesepeter. Und Lyraen hat sich in Faramir verguckt – oder vielleicht doch in Boromir? Mal sehen, was noch so alles passiert....
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Kapitel 3: Eine harte Entscheidung
Die darauffolgenden Tage und Wochen wurden für Lyraen nicht einfach: sie musste die harte Rekrutenschule Gondors durchmachen. Da sie eine Frau war, wurde auf sie besonderes Augenmerk gelegt und sie musste sich doppelt anstrengen.
Eines Tages kam Faramir bei den Rekruten vorbei, um sich zu erkundigen, wie sich das Mädchen gemacht hatte.
„Ich bin sehr zufrieden,"sagte Madril anerkennend. „Die Schildmaid schlägt sich wacker. Ihr hattet recht, Faramir: sie ist eine ausgezeichnete Schwertkämpferin."
„Was mein Ihr, Madril?", begann Faramir zögernd. „Soll ich sie in die Eliteeinheit für den Ork-Feldzug mithineinnehmen."
„Gute Schwertkämpfer sind wichtig im Nahkampf,"meinte Madril nachdenklich. „Wir sollten sie auf jeden Fall mitnehmen, wenn dieser Feldzug ein Erfolg werden soll."
„Gut,"nickte Faramir. Er vertraute auf Madrils weise Ratschläge. Der ältere Soldat war ein kriegserfahrener Mann und für Faramir war er inzwischen so etwas wie ein väterlichen Freund geworden. Manchmal wünschte der junge Heermeister sogar, Madril wäre sein Vater und nicht Denethor. Aber dies tat er nur, wenn der Truchseß ganz besonders gemein zu ihm gewesen war.
Lyraen saß verschwitzt vor den Stallungen und ruhte sich vom harten Schwertkampftraining aus. Unter den Soldaten hatte sie noch keine Freunde gefunden. Sie wusste, dass sie von den Männern nicht als vollwertig akzeptiert wurde. Dafür hatte sie andere Freunde gefunden: Ivri, ein fünfzehnjähriger Stalljunge und Aywen, seine Schwester, die genauso alt wie sie war.
Während sie Mittagspause machte, gesellten sich die beiden Geschwister zu ihr.
„Ich wäre auch gerne eine Schildmaid, so wie du,"gestand Aywen neidisch. „Aber leider kann ich nicht mit einem Schwert umgehen."
„Man würde uns sowieso nicht ins Heer aufnehmen, weil wir aus Rohan stammen und eigentlich nicht nach Gondor gehören,"meinte Ivri bedrückt.
„Aber warum denn?" staunte Lyraen. „Ihr lebt doch schon so viele Jahre in Minas Tirith."
„Wir sind aber trotzdem immer noch für die meisten Leute hier die Wilden aus dem Norden,"sagte Ivri wehmütig lächelnd.
„Behandelt man euch etwa schlecht?"fragte Lyraen erschrocken.
„Nein, das kann man nicht sagen,"widersprach Aywen sofort. „Herr Faramir hat sich persönlich dafür eingesetzt, dass wir in den Stallungen arbeiten dürfen. Er weiß, dass das Volk aus Rohan gut mit Pferden umgehen kann."
„Faramir ist ein sehr kluger Mann,"sagte Lyraen und guckte etwas verträumt.
„Und ein sehr Gutaussehender dazu,"rief Aywen lachend und stieß ihre Freundin an.
„Bist du etwa verliebt in ihn?"fragte Ivri eifrig.
Lyraen wurde knallrot.
„Wie kannst du so was sagen, dummer Junge!"schalt ihn seine Schwester.
Ein Horn ertönte, und Lyraen stand auf. Die Mittagspause war vorbei. Am Nachmittag musste sie sich in Bogenschießen üben. Obwohl sie den Umgang mit Pfeil und Bogen nicht so sehr mochte wie das Schwert, stellte sie sich doch recht geschickt an.
Madril war sehr zufrieden: Lyraen war der beste Rekrut, den er jemals in Ausbildung gehabt hatte.
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Abends, in der Zitadelle:
Denethor saß mit seinen beiden Söhnen beim Nachtmahl. Aus Ithilien kam immer beunruhigendere Nachrichten. Der Truchseß musste mit den Brüdern unbedingt darüber sprechen.
„Wie steht es mit euerer Eliteeinheit?"fragte er ungeduldig.
„In ein paar Wochen wird sie bereitstehen,"versicherte Boromir lächelnd.
„Das ist zu lange," sagte Denethor mürrisch. „Soviel Zeit haben wir nicht mehr."
„Aber die Soldaten sind noch nicht soweit,"warf Faramir erschrocken ein. „Wir haben ein paar Rekruten in der Ausbildung mit vielversprechenden Talenten. Doch sie brauchen ihre Zeit, um diese Fähigkeiten entsprechend zu entwickeln."
„Diese Zeit haben wir nicht mehr,"erwiderte sein Vater ungehalten. „Hast du nicht die Boten gehört, die aus Ithilien berichteten, Faramir?"
„Das habe ich," entgegnete Faramir ernst. „Trotzdem bitte ich dich, uns wenigstens noch eine Woche Zeit zu geben."
Denethor warf seine Gabel wütend auf den Teller.
„Immer willst du eigene Wege gehen und den klugen Feldherrn spielen!", herrschte er seinen jüngeren Sohn an. „Doch was ist bis jetzt dabei herausgekommen?"
Boromir reichte es jetzt und er sah seinen Vater zornig an.
„Warum hackst du ständig auf Faramir herum, Vater? Er hat sehr wohl schon erfolgreiche Feldzüge geführt. Wäre er nicht, dann wäre Ithilien längst ein Teil von Mordor."
„Und wenn ihr morgen nicht aufbrecht, dann wird Ithilien tatsächlich ein Teil von Mordor,"rief Denethor ergrimmt. „Ich will, dass Faramir diesen Feldzug anführt, da die Soldaten hauptsächlich aus Waldläufern bestehen, die ihm ja sowieso schon unterstehen. Du wirst ihn unterstützen, Boromir."
„Ist das ein Befehl?"fragte Boromir mit mühsam beherrschter Stimme.
„Allerdings!" brüllte der Truchseß und fegte seinen Teller vom Tisch.
Faramir blieb wie erstarrt sitzen und blickte Boromir entsetzt an.
„Geht jetzt, all beide! Raus hier!"bellte Denethor und wedelte dazu noch bekräftigend mit der Hand.
„Das wird nie und nimmer gut gehen,"murmelte Faramir vor sich hin, während sie die Halle des Weißen Turms verließen.
„Vater hat keine Ahnung,"sagte Boromir kopfschüttelnd. „Er weiß nicht, was er uns für einen unmöglichen Auftrag aufhalst. Und du bekommst auch noch die Verantwortung dafür aufgehalst. Wenn es nicht gut geht, möchte ich nicht in deiner Haut stecken."
Faramir stieß seinen Bruder plötzlich an.
„Still jetzt! Er kommt uns nachgelaufen,"zischte er leise.
„Noch was!"rief der Truchseß den Beiden zu. „Ich will euch nicht eher hier wieder sehen, bis Ithilien frei von Orks ist."
Die Brüder sahen ihren Vater schweigend an. Das konnte doch unmöglich sein Ernst sein!
