Meleth: Ja , Faramir hat wieder einmal gezeigt, was er wert ist. Dummer, oller Denethor!
Lithiun: Danke für die Tips! Ich habe versucht, das letzte Kapitel noch etwas ausführlicher zu schreiben.
Leonel: Faramir ist wirklich schlimm dran. Vielleicht geht jetzt Denethor endlich ein Licht auf...
Nefantoiel: Es ist schon wichtig, dass Faramir so einen tollen Bruder hat, der zu ihm steht – bei diesem Rabenvater!
§§§§§
Kapitel 10: Denethors Einsicht
Lyraen kniete sich neben Faramir hin. Er lag in tiefer Bewusstlosigkeit. So ganz sicher war sie sich ihrer Sache nicht. Sie selbst hatte noch nie einem Verwundeten einen Pfeil herausgezogen. Aber hier ging es um Faramirs Leben, um das Leben des Mannes, den sie liebte. Und offensichtlich war niemand anders in der Lage, ihm zu helfen.
„Hast du eine Ahnung von dem, was du tun willst, Mädchen?" fragte Madril misstrauisch.
Lyraen nickte tapfer:
„Meine Mutter Raeweth ist Heilerin in Pen-Anaith. Ich habe oft genug zugesehen und mitgeholfen, wenn einem Krieger ein Pfeil herausgezogen wurde."
Boromir sah sie hoffnungsvoll an.
„Ich helfe dir," sagte er schließlich leise.
Er hatte Vertrauen zu dem jungen Mädchen. Ihre Mutter hatte ihm damals in Pen-Anaith geholfen, und sie schien wirklich eine gute und erfahrene Heilerin zu sein. Warum sollte Lyraen nicht etwas von dem Talent ihrer Mutter geerbt haben?
„Ihr müsst Eueren Bruder gut festhalten," erklärte ihm Lyraen. „Er darf sich auf keinen Fall bewegen, wenn ich den Pfeil herausziehe."
Boromir presste die Lippen zusammen und kniete sich vor Faramir hin. Er packte seinen Bruder fest an den Schultern. Ihm wurde fast ein wenig übel bei dem Gedanken, was Faramir jetzt für einen heftigen Schmerz erleiden würde. Aber zum Glück war er noch nicht ins Bewusstsein zurückgekehrt.
Denethor wimmerte immer noch vor sich leise hin. Er wirkte plötzlich um Jahre gealtert.
Lyraen verachtete den Truchseß für das, was er seinem Sohn angetan hatte. Er hatte es überhaupt nicht verdient, von seinem Sohn gerettet zu werden. Doch sie musste sich jetzt auf Faramir konzentrieren. Sie packte den Pfeil am Schaft und zog ihn vorsichtig heraus. Faramir stöhnte leise, als sie das tat.
„So, und jetzt müssen wir ihn verbinden," sagte sie zu Boromir. „Sonst verliert er zuviel Blut, bis wir nach Minas Tirith kommen."
Die Waldläufer holten aus der Höhle von Henneth Annûn rasch Verbandszeug. Als Faramir verbunden war, wickelten sie ihn in Decken und legten ihn auf eine rasch zusammengebaute Schleppbahre aus Ästen, die dann von einem Pferd gezogen wurde. So begaben sich alle nach Minas Tirith zurück. Der Truchseß wirkte unterwegs recht in sich gekehrt. Er wagte es nicht, Lyraen anzusehen, die ganz in seiner Nähe ritt. Hilfesuchend wandte sich Denethor schließlich an Boromir. Doch selbst dieser fand kein Wort des Trostes für seinen Vater.
In Minas Tirith erklärte Denethor den Feldzug gegen die Orks einstweilen für beendet. Er wollte vom Krieg nichts mehr hören und sehen. Er wollte nur am Bett Faramirs sitzen und darauf hoffen, dass es ihm bald besser ging.
Ioreth empfand keinen Triumph, als sie Denethor so kleinlaut in die Häuser der Heilung kommen sah. Dafür ging es Faramir viel zu schlecht.
„Darf ich zu meinem Sohn?" bat er Ioreth leise.
Die alte Heilerin sah ihn streng an.
„Natürlich dürft Ihr, Truchseß," erwiderte sie schließlich.
„Wird Faramir es schaffen?" fragte er mit erstickter Stimme.
„Das wissen nur die Valar," erklärte Ioreth ernst. „Sein Fieber ist sehr hoch, aber er hat eine kräftige Natur."
Denethor nickte und nahm schließlich an Faramirs Krankenlager Platz. Tränen traten ihm in die Augen, als er seinen Sohn so elend daliegen sah.
Eine ganze Weile saß er da. Er merkte nicht, dass Boromir leise in das Krankenzimmer getreten war. Der Krieger konnte es kaum fassen, dass sich sein Vater so um Faramir sorgte. Er wünschte sich, dass Faramir es irgendwie mitbekommen würde. Der junge Mann sehnte sich mit jeder Faser seines Körpers nach der Anerkennung und Liebe seines Vaters. Boromir wusste, wie verzweifelt sein Bruder deswegen manchmal war. Jetzt drehte sich Denethor zu seinem ältesten Sohn um. Dunkle Ringe lagen unter seinen Augen. Er wirkte um Jahre gealtert.
„Vater, du musst etwas essen," sagte Boromir zu ihm mit gedämpfter Stimme. „Du hast seit zwei Tagen nichts mehr zu dir genommen."
Denethor schüttelte den Kopf.
„Ich kann nicht, Boromir. Ich will bei Faramir sein, wenn er die Augen aufschlägt – falls er sie überhaupt noch einmal aufschlägt. Er soll sehen, dass ich für ihn da bin."
„Das würde Faramir viel bedeuten, sogar sehr viel," meinte Boromir erfreut. „Er hat immer versucht, deine Liebe zu erringen, aber nie hattest du ein lobendes Wort für ihn übrig."
„Ich bedauere das alles," seufzte Denethor erschüttert. „Auch dir war ich nicht immer ein guter Vater. Das soll sich alles ändern. Wenn er nur wieder aufwacht...."
Boromir verließ das Krankenzimmer wieder. Solange sein Vater in den Häusern der Heilung war, musste er sich um die Amtsgeschäfte kümmern. Es durfte nicht alles vernachlässigt werden.
Irgendwann nickte Denethor an Faramirs Bett ein. Von einem leisen Ruf erwachte der Truchseß plötzlich.
„Vater?" Faramir starrte ihn ungläubig an.
Denethor lächelte und ergriff seine Hand.
„Es wird alles gut, jetzt wirst du wieder gesund."
Faramir konnte es kaum fassen und schlief mit einem erstaunten Gesichtsausdruck wieder ein.
Denethor sprach ein leises Dankgebet an die Valar. Eine Träne lief sogar über seine faltige Wange.
Es dauerte noch zwei Wochen, bis Faramir die Häuser der Heilung endlich verlassen durfte. Denethor hatte ihn täglich besucht. Und ihr Verhältnis war in dieser Zeit um vieles besser geworden. Doch es gab einige Dinge, die noch geklärt werden mussten.
Lyraen hatte die ganze Zeit in der Soldatenunterkunft von Minas Tirith verbracht. Sie hatte keine Ahnung, was aus ihr werden würde. Denethor hatte sich nicht weiter um sie gekümmert in diesen Wochen. Auch Boromir konnte ihr nicht sagen, was der Truchseß für eine Entscheidung treffen würde. Sie war ziemlich nervös und konnte nachts kaum schlafen. Auch wenn sie Faramir geholfen hatte, so gab es dennoch dieses Gesetz, dass Schildmaiden in Gondors Heer verbot.
Als sie hörte, dass Faramir gesund aus den Häusern der Heilung entlassen worden war, machte ihr Herz einen Sprung. Gleichzeitig meldete sich bei ihr das schlechte Gewissen, denn sie hatte ihn kein einziges Mal besucht – aus Angst, den Truchseß am Krankenlager anzutreffen. Sie wusste nicht, wie sich Denethor ihr gegenüber verhalten würde. Bisher hatte sie ihn nur als finsteren, ungerechten Mann erlebt. Konnte so ein Mensch sich überhaupt ändern?
Doch dann wurde sie in die Zitadelle gerufen. Sie zog ihr schönstes Kleid an und ging mit klopfendem Herzen in den siebten Festungsring hinauf. Die Soldaten öffneten das Portal und sie trat in den Thronsaal. Denethor saß auf dem schwarzen Thron und sah sie streng an. Neben ihm standen seine Söhne. Doch als die Beiden ihr aufmunternd zulächelten, war sie etwas erleichtert.
„So, du bist also Lyraen von Pen-Anaith, die Schildmaid Gondors," sagte Denethor.
Lyraen merkte zu ihrer Verwunderung, dass kein Spott in seiner Stimme lag, sondern eine gewisse Anerkennung.
„Natürlich bin ich nicht erfreut darüber, dass Faramir hinter meinem Rücken eine Schildmaid für das Heer verpflichtet hat,"fuhr Denethor etwas strenger fort. „Allerdings hat sich seine Entscheidung als richtig erwiesen, denn ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie du gegen die Orks am Henneth Annûn gekämpft hast. Und dann kommt noch hinzu, dass du meinem Sohn den tödlichen Pfeil aus der Wunde entfernt hast. Du hast dich also bewährt. Ich werde erlauben, dass du weiterhin im Heer Gondors dienen darfst."
Lyraen musste an sich halten, um nicht laut loszujubeln.
Dann wandte sich der Truchseß an Faramir.
„Du hast einen Verstoß gegen ein altes Militärgesetz Gondors begangen, und dafür müsste ich dich eigentlich strafen."
Faramir schluckte, als er das hörte.
Doch Denethor lächelte plötzlich milde.
„Aber du hast diesen Verstoß wettgemacht, indem du mich, den Truchseß, vor den tödlichen Pfeilen mit deinem eigenen Leib und Leben geschützt hast. Du wirst weiterhin Heermeister Gondors bleiben."
Faramir strahlte seinen Vater glücklich an. Denethor erhob sich.
„Ihr könnt nun alle drei gehen und den Tag nach euerem eigenen Gutdünken verbringen."
Freudig verließen die zwei Brüder und Lyraen die Zitadelle.
Epilog:
Faramir führte mit Lyraen noch ein langes Gespräch, in welchem er sich noch einmal für den Kuß in Henneth Annûn entschuldigte. Das Mädchen begriff jetzt endlich, dass sie ihre Liebe zu Faramir aufgeben musste, wenn sie im Heer Gondors weiterdienen wollte. Schweren Herzens entschied sie sich so. Faramir riet ihr, sich weit weg versetzen zu lassen. Schließlich ging Lyraen nach Pelargir, wo sie unter Hauptmann Falborn lange Zeit tapfer diente.
Denethor gelang es nur kurze Zeit, sich freundlich und gerecht Faramir gegenüber zu verhalten. Als er sich in der Zeit vor dem Ringkrieg oft mit dem Palantír befasste, fiel er rasch in seine alten Gewohnheiten zurück, und Faramir musste erneut unter seinen schlechten Launen leiden. Doch für den jungen Heermeister sollte nach dem Ringkrieg alles ein glückliches Ende nehmen.
ENDE
