Soooo.... es geht weiter. :-) und diesmal gibt's sogar ein richtig langes
Kapitel
Celendilon:
Dankö! :-) Muss dir da zumindest vorerst zustimmen. Hey Leute, das Mädel hat 7 Jahre auf der Straße gelebt und alle waren gemein zu ihr. Armes Ding. :lach:
Lady Adamas:
Ich mag Cliffhanger. :muahahaha: Dann lest ihr wenigstens weiter. :hehe: Ich hab mich bemüht, dieses Mal gibt's keinen, ehrlich! :schwör: Freu dich auf Kapitel 12. :breitgrins: Ach ja..."und sei es nur sein Name"Okay, hier schonmal als kleines vorab: SNAPE! :haha:
Tawiga:
:schockiertguck: :gasp: Also wirklich, ich bin entrüstet. So hier, schön weiterlesen, ja? :lach:
Kapitel 11
Das Mädchen ohne Namen
„Natürlich, Professor."
Emily lachte und warf Remus einen letzten Blick zu, als dieser die Tür hinter sich zuzog. Sie wusste, dass er ihre kleine Stichelei nicht ernst genommen hatte, denn sie hörte, wie er hinter der Tür kurz auflachte, ehe sich seine Schritte auf dem Holzboden in Richtung der Treppe entfernten. Tonks, die ihr Buch in eines der Regale neben dem Kamin zurück gestellt hatte, sah über die Schulter zu ihr hin.
„Hat er dir von Hogwarts erzählt?"fragte sie.
„Nicht viel."gab Emil zurück und zog die Beine auf den Sessel. „Nur, dass er ein Jahr da unterrichtet hat, mehr nicht."Sie erinnerte sich wieder daran, wie er sie angesehen hatte, als sie nachgehakt hatte, warum er gekündigt hatte. „Aber ich muss ja meine Nase immer überall reinstecken.." fügte sie leiser hinzu. Tonks sah sie an. „Hm?" „Ach nichts. Geht mich ja nichts an."
Tonks ließ sich wieder auf den Sessel fallen. „Er hatte persönliche Gründe, dort zu kündigen, was schade ist, denn ich glaube, er ist ein wirklich guter Lehrer gewesen. Aber na ja...jetzt sind wir froh, jemanden wie ihn zu haben. Er hilft dem Orden sehr viel."
Emily runzelte leicht die Stirn. „Was ist das eigentlich für ein Laden hier? Dieser Orden? Ich blick da immer noch nicht ganz durch." „Der Orden des Phoenix ist eine Geheimorganisation, die einen sehr mächtigen Zauberer bekämpft"sagte Tonks. „Es ist eine lange Geschichte, aber dieser Zauberer, dessen Namen die meisten von uns nicht einmal auszusprechen wagen, ist schon früher an der Macht gewesen. Dann wurde er gestürzt...niemand weiß genau, warum und wie das passieren konnte. Es ist jetzt etwa 15 Jahre her. Er wollte einen kleinen Jungen töten, aber der Fluch wurde auf ihn selbst zurück geschleudert und beraubte ihn seiner Kraft. Schon damals gab es den Orden des Phoenix, aber bis vor gut einem Jahr waren wir verstreut, weil es nichts mehr zu tun gab. Aber jetzt ist....er zurück und..."Sie machte eine kurze Pause.
„Er ist so stark wie damals...beinahe und er hat viele seiner ehemaligen Anhänger wieder um sich geschart."
Plötzlich kam Emily ein Gedanke. „Dieser Mann... der gestern Abend in der Gasse, der mich angegriffen hat, war das einer von ihnen?" Tonks nickte.
„Ja."sagte sie dann leise. „Das war Peter Pettigrew, einer der Anhänger von.."Sie machte eine kurze Pause, brachte den Namen aber nicht über die Lippen. „...von Du-weißt-schon-wem."
Emily starrte ihn die Flammen des Kamins. „Das ist seltsam."sagte sie dann. „Ich habe gedacht, diese Welt sei friedlicher als die, in der ich bisher gelebt habe." Traurig schüttelte Tonks den Kopf. „Nein."sagte sie dann. „Leider ist es das gerade im Moment nicht. Ganz im Gegenteil. Ich glaube...das es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis der Krieg offen ausbricht."
Emily fröstelte, obwohl der Raum warm war. Tonks, diese fröhliche junge Frau, die sie erst seit gestern kannte, war plötzlich nachdenklich und beinahe ängstlich geworden.
„Dann werde ich euch wohl kaum eine Hilfe sein."sagte Emily. Tonks runzelte die Stirn. „Wie meinst du das?"
„Na ja. Ich kann doch noch gar nicht zaubern. Ihr.. ihr seid alle in Gefahr und ich..kann doch gar nichts tun."
„Red keinen Unsinn, Emily. Wir können jede Hilfe gebrauchen, wirklich. Und auch du bist da keine Ausnahme."
Emily zwang sich zu einem Lächeln, von dem sie nicht einmal wusste, ob es Tonks überzeugte. „Wahrscheinlich hast du recht."sagte sie und seufzte. „Ich werde jedenfalls alles versuchen, um euch zu helfen. Schließlich bin ich dir und Remus was schuldig."
Tonks lachte auf. „Ach was. Es war selbstverständlich, dass wir dich da raus geholt haben."
Sie stand auf und machte sich auf den Weg zur Tür. Sie trat an Emilys Sessel heran und berührte aufmunternd ihren Arm. „Du wirst schon sehn. Es ist nicht so schwer, wie du vielleicht denkst. Du hast magisches Blut, Emily."
Sie gähnte. „Ich denke, ich gehe jetzt ins Bett. Morgen gibt es eine Menge zu tun. Gute Nacht."
„Nacht."
Tonks trat auf die Tür zu, doch dann fiel Emily etwas ein.
„Tonks?"
„Hm?"
„Ich hatte das Gefühl, dass ich Remus zu nahe getreten bin, als ich ihn gefragt hab, warum er in Hogwarts gekündigt hat..."
„Mach dir keine Sorgen."
„Okay..."Sie wandte sich um und dann nahm ihre Neugier wieder Überhand. „Was hat er unterrichtet?"
"Verteidigung gegen die dunklen Künste."sagte Tonks. „Du kannst dich glücklich schätzen. Er hat wirklich was drauf... Gute Nacht."
„Ja, gute Nacht. Lass die Tür angelehnt, ich geh auch gleich."
Emily wandte ihrem Blick wieder den tanzenden Flammen im Kamin zu und hörte, wie Tonks auf leisen Füßen den Raum verließ. Sie seufzte leise. ´Er hat wirklich was drauf...´ Super Emy, dachte sie verbittert. Umso elender würde sie sich fühlen, ihn enttäuschen zu müssen. Es hatte nie etwas gegeben, worin sie wirklich gut gewesen war, warum sollte sich das also jetzt ändern? In diesem Moment brauchte sie nicht viel Phantasie, um sich in den Flammen Remus´ Gesicht vorzustellen, seine große Gestalt und die für sein Alter so seltsam erschöpften Gesichtszüge, sein abgetragener Umhang, in der Hand seinen Zauberstab und einen enttäuschten Ausdruck in den Augen, als er sagte: Ich hätte wirklich gedacht, ich könnte dir etwas beibringe, Emily. Aber...da habe ich mich wohl geirrt. Vielleicht gehörst du ja doch nicht hierher!´
Das durfte nicht geschehen! nahm sie sich in diesen Minuten vor. Bislang war sie ein Nichtsnutz gewesen, ein Rumtreiber, jemand, der zu nichts gut war, aber das wollte sie ändern...um jeden Preis. Nach allem, was Tonks ihr soeben erzählt hatte, hatten die beiden gestern Nacht ihr Leben riskiert, um das ihre zu retten – das Leben eines Straßenkindes, das man vor sieben Jahren verstoßen hatte. Ob sie es ein zweites Mal getan hätten?
Als sie in die Flammen starrte wurde Emily bewusst, dass sie sich zum ersten Mal seit Jahren wieder um solche Dinge Sorgen machte...Fragen wie die, ob die Menschen, die sie umgaben, vielleicht enttäuscht von ihr wären, wenn sie sie nur lange genug kennen würden. Nein, das war das letzte was sie wollte, dachte sie. Egal, was es sie kosten würde, sie würde hart arbeiten, sie würde, wenn es sein müsste, die Nächte damit verbringen, Zaubersprüche auswendig zu lernen, wenn das half, sich dankbar zu erweisen. Sie wollte diese Menschen nicht enttäuschen und, wenngleich sie nicht genau wusste warum, sie wollte vor allem Remus nicht enttäuschen. Sie hatte nie einen guten Freund gehabt...nie jemanden, der ihr angeboten hätte, ihr zu helfen, sie zu unterrichten und Remus hatte ihr all das angeboten, sofort und ohne zu zögern.
Sie seufzte und beschloss, dass es am besten wäre, diese Gedanken nicht weiter zu verfolgen. Dann ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen und sie bemerkte den kleinen Stapel mit Büchern, die sie am Nachmittag in der Winkelgasse gekauft hatte. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, als sie aufstand und zu den Büchern hinüberging. Die alte Neugier überkam sie wieder, als sie das oberste Buch, ein schweres in Leder gebundenes Exemplar, zur Hand nahm- es war sehr schwer – und sich wieder in den Sessel vor den Kamin setzte.
Emily hatte nie eigene Bücher besessen, nicht einmal damals im Waisenhaus, aber sie hatte immer gern gelesen und es für wichtig gefunden, gut lesen zu können. Im Waisenhaus hatte sie keine allzu gute Schulbildung erhalten, aber sie hatte selbst nachdem sie von dort davongejagt worden war, immer versucht, diese Fähigkeit weiter zu entwickeln und, wann immer sie die Möglichkeit gehabt hatte, in Zeitungen und Zeitschriften gelesen, die sie in die Finger bekommen hatte. Aber das war das erste Mal, dass sie ein Buch in den Händen hielt, das sie selbst besaß.
Das Buch trug den Titel „Elementarbegriffe der Zauberei – ein Kurs zur Ausbildung wilder Magie."Als sie es aufschlug stellte sie fasziniert fest, dass es reich bebildert war ... und die Bilder bewegten sich. „Wahnsinn" flüsterte sie leise, als sie durch die Seiten blätterte. Die Bilder zeigten teils Fotos, teils farbige Zeichnungen. Hexen und Zauberer, die Bewegungen, welche man zu den entsprechenden Zaubersprüchen auszuführen hatte, darstellten. Ein paar Minuten verbrachte sie einfach damit, durch die Seiten zu blättern und die Abbildungen zu betrachten. Sie ertappte sich gar bei dem Gedanken, zu ihrem Zauberstab zu greifen und einen oder zwei von den Sprüchen, die weit vorne um Buch standen, und sicher nicht allzu schwer waren, selbst auszuprobieren. Ihr Zauberstab lag in greifbarer Nähe.... Sie lauschte, lehnte den Kopf nach hinten und spähte durch den Türspalt in die leere Halle hinaus. Hör auf damit!´ mahnte sie sich dann gleich wieder. Das wäre ja noch schöner, wenn du hier das Haus in die Luft jagen würdest.´
Statt zu ihrem Zauberstab zu greifen, langte sie nach ihrer neuen Schreibfeder und dem kleinen Tintenfass mit smaragdgrüner Tinte. Es war eine hübsche Adlerfeder und einen Moment lang strich sie mit dem Finger darüber, ehe sie die Spitze in die Tinte eintauchte und das Buch auf der ersten unbeschriebenen Seite öffnete. Sie wartete ab, bis sich die Spitze mit ein wenig Tinte vollgesogen hatte und setzte sie dann auf der Innenseite des Buchdeckels auf. Sie wusste nicht einmal, warum sie das tat und kam sich beinahe ein wenig kindisch dabei vor, aber irgendwie freute sie sich so sehr darüber, endlich etwas eigenes zu besitzen und noch dazu etwas so faszinierendes, dass sie den Drang verspürte, ganz entgegen ihrem sonstigen Verhalten und sehr ähnlich einem kleinen Schulmädchen, ihren Namen in dieses Buch zu schreiben um es als ihren Besitz zu kennzeichnen. Sorgfältig begann sie zu schreiben...
„Dieses Buch gehört Emily.."
Dann hielt sie Inne. Dieses Buch gehört Emily....Mit einem Mal verspürte sie einen unangenehmen Kloß im Hals und die Worte des alten Zauberstabverkäufers, Mr Ollivander mit den kalten blassen Augen hallten in ihrem Kopf nach, so deutlich und nah, als stehe er hinter ihr. „Emily? Nur Emily?"
In dieser Sekunde machte Emily eine wichtige Erfahrung. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass das, was Ollivander gesagt hatte, der Wahrheit entsprach. „Sie ist ein Wildfang, nicht wahr?"Sie starrte auf die wenigen Worte hinab und spürte, wie ihre Augen zu tränen begannen. Beinahe wütend hob sie die Hand und wischte sie beiseite und hätte dabei um ein Haar das Tintenfass umgestoßen. Verdammt Emy! Ihre Hände zitterten leicht, als sie das Fläschchen wieder auf den Tisch zurückstellte und dann langsam die Augen schloss, um die Tränen nieder zu kämpfen. Ein Wildfang.... war das nicht genau das, was sie war? Ein Wildfang.... ein Nichtsnutz...jemand, der nirgendwo hingehörte. Ein Wildfang. Ein Mädchen ohne Namen. Emily, einfach nur Emily. Emily, der Wildfang, der seine Eltern nie kennen gelernt hatte, der mit 14 Jahren davon gejagt worden war, Emily, die ihren eigenen Nachnamen vergessen hatte!
Mit Mühe unterdrückte sie ein Schluchzen und verspürte plötzlich eine beinahe unbändige Wut auf sich selbst. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann sie das letzte Mal geweint hatte... es musste lange her sein. Wenn man auf der Straße lebte, lernte man, solche Dinge zu unterdrücken... was war nur los mit ihr? Hatte sie in diesen wenigen Stunden alle ihre üblichen Verhaltensweise über den Haufen geworfen?
Ihr Blick fiel wieder auf die wenigen mit Tinte geschriebenen Worte und sie hätte am liebsten die Augen davon abgewendet, um es nicht länger ertragen zu müssen, ihren Namen so allein dort stehen zu sehen... so allein, wie sie selbst war. So bedeutungslos. Ein Mädchen ohne Namen.
Müde ließ sie die Hand mit der Adlerfeder sinken und starrte in die Flammen, das Buch noch immer geöffnet auf dem Schoß. Sie fühlte sich müde, so unendlich müde und wenngleich nur wenige Tränen ihre Wangen hinabgeronnen waren – und dies noch immer taten, aber sie machte keine Anstalten, sie fortzuwischen – fühlte sie sich erschöpft...auf eine seltsame Art und Weise. Erschöpft und einsam.
Sie blickte auf ihre Hände herab und beobachtete teilnahmslos, wie sich der warme Feuerschein auf ihnen widerspiegelte. Sie verlor sich in ihren eigenen, dumpfen Gedanken...die Tränen hörten nicht auf zu fließen.
„Emily?"
Sie schrak auf und fuhr herum. Noch ehe sie die restlichen Tränen von ihren Augen blinzeln konnte, um ihr Umfeld klar zu sehen, hatte sie die Stimme erkannt. Remus Lupin hatte, ohne dass sie seine Schritte gehört hatte, den Raum betreten und stand nun wenige Schritte von ihrem Sessel entfernt, den Kopf leicht zur Seite geneigt und sah sie an. Hastig wandte sie den Blick ab, starrte wieder in die Flammen und versuchte sich trotzig einzureden, dass er ihre Tränen nicht gesehen hatte. Er konnte noch nicht allzu lang dort stehen... oder etwa doch? Emily spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Eine weitere Träne rann ihre Wange hinunter, sie konnte es spüren und musste sich dazu zwingen, sie nicht fortzuwischen, als könne sie sich so in dem Glauben wiegen, solange sie es selbst nicht zugebe, seien ihre Gefühle für andere Menschen unsichtbar.
Seit Remus sie angesprochen hatte konnten kaum mehr als zwei Sekunden vergangen sein, dennoch hatte sie das Gefühl, am liebsten sofort im Erdboden verschwinden zu wollen. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen. Das war einfach zu peinlich.
„Du... bist noch wach?"Seine Stimme klang freundlich wie immer und Emily glaubte, dass etwas beinahe tröstliches von ihrem Klang ausging, wenngleich sie nicht wusste, warum. Warum? Warum musste er gerade jetzt herkommen? Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass er Bücher auf dem Arm trug, die er behutsam auf dem Tisch neben dem Kamin absetzte.
Er sprach nicht weiter und sie wusste nicht einmal, ob er eine Antwort auf seine Frage erwartete, doch sie zwang sich dazu, den Kloß, der noch immer in ihrem Hals saß, zu verdrängen und zu sagen. „Ich bin noch nicht müde." Sie war erstaunt, wie fest ihre Stimme klang. Sie zitterte nicht, aber die Traurigkeit die darin lag sagte genug.
Remus erwiderte nichts. Sie hoffte, er werde ihre Worte und die Tränen, die er offensichtlich bemerkt hatte, akzeptieren und verstehen und einfach den Raum wieder verlassen. Doch er tat es nicht. Stattdessen sah er einen Moment auf die Bücher hinab und setzte sich dann in einen Sessel in ihrer Nähe. Er sah sie nicht an, sondern blickte ins Feuer und Emily war ihm unendlich dankbar dafür. Ein paar Sekunden schwieg er, dann sagte er leise.
„Manche sagen, ich wäre ein guter Zuhörer."Mehr nicht. Nur diesen einen Satz.
Und wieder einmal konnte Emily nichts dagegen unternehmen..wieder einmal musste sie hilflos mit ansehen, wie Emily, das Straßenkind über seinen eigenen Schatten sprang, wie Emily mit Gewohnheiten brach... anstatt ihm einen bissigen Kommentar entgegen zu schleudern oder ihm einen trotzigen Blick zuzuwerfen und das Zimmer zu verlassen, anstatt ihm, wie die alte Emily es sicher getan hätte, hitzig zu verstehen zu geben, dass ihre Angelegenheiten ihn nichts angingen, antwortete sie ruhig: „Es gibt nichts, was ich dir erzählen könnte."
Jetzt wandte er seinen Blick vom Feuer ab und sah sie an. Emily schüttelte den Kopf. „Ich...es tut mir leid. Ich bin bloß heute Abend nicht so gut drauf." „Wirklich?"fragte er einfach.
Sie konnte ihm kaum in die Augen sehen und nestelte unbehaglich mit der Feder herum, dann warf sie auf den Tisch und sagte etwas lauter und mit einem Anflug von Zorn. „Nein. Ich...verdammt. Warum kann ich nicht einfach...in Ruhe über ein paar Dinge nachdenken?"Sie fühlte sich miserabel bei diesen Worten, denn schließlich trug Remus keine Schuld an ihrer Stimmung. „Weil es manchmal hilft, über solche Dinge gemeinsam nachzudenken." erwiderte er sanft. Sie schüttelte erneut den Kopf und ein bitteres Lächeln umspielte ihre Züge. „Ich..nein. Meine Gefühle sind mit mir durchgegangen, das ist alles."
Er stand auf und sie glaubte, er wolle nun doch gehen, dann aber bemerkte er, wie er neben sie trat und einen Blick auf das Buch warf, das sie noch immer ausgebreitet auf dem Schoss hielt. Sie brauchte ihn nicht anzusehen, um zu wissen, dass er las, was sie dort geschrieben hatte. Ohne dass sie es wollte, sagte sie schließlich: „Ich habe darüber nachgedacht, was dieser Mr Ollivander heute zu mir gesagt hat..." „Den Wildfang? Meinst du das?" „Nein."Sie wischte sich nun doch die restlichen Tränen ab. „Nein, das ist es nicht. Ich habe ja nicht mal wirklich verstanden, dass das eine Art Schimpfwort war, ehe du eingegriffen hast. Aber ..."
Remus hatte sich nicht wieder hingesetzt. Zwar war er um den Sessel herumgegangen, hatte sich jedoch nur auf die Lehne des Sessels gehockt, so dass er sie ansehen konnte.
„Wer bin ich eigentlich?"fragte Emily leise. Sprach sie eigentlich mehr mit sich selbst? Sie wusste es nicht. „Wer bin ich? Ich bin... ich bin wirklich einfach nur Emily, Remus. Ich habe meine Eltern nicht mal gekannt. Weiß nicht, wer sie waren, ob sie tot sind, oder ob sie mich einfach nicht haben wollten. Ich weiß nicht einmal meinen eigenen Nachnamen. Das ist mir nie aufgefallen, aber als Mr Ollivander heute mit mir sprach, wurde es mir bewusst. Ich bin einfach nur eine von vielen. Ich habe nicht einmal einen richtigen Namen."
Sie schwieg und schloss die Augen. Neue Tränen drohten, hinter ihren Lidern aufzusteigen und sie machte nicht einmal ernste Anstrengungen, um sie zurückzudrängen.
„Ist das denn wichtig?"fragte Remus.
Sie öffnete die Augen wieder und sah ihn traurig an. Dann nickte sie. „Ich denke schon."sagte sie und ihre Stimme zitterte leicht.
Remus beugte sich leicht nach vorne und sah sie an. „Niemand weiß wirklich wer er ist, Emily. Aber ein Name sagt es uns sicher nicht."Er lächelte. „Es ist unser Handeln, das was wir sagen und tun und was wir fühlen; diese Dinge machen aus, was wir sind. Nicht nur ein Name, Emily."
Sie schluckte. „Aber ich kenne nicht einmal den Namen meiner Familie, noch meine Familie selbst. Kannst du dir nicht vorstellen wie das ist, wenn man sich so allein fühlt? Du hast die Leute vom Orden, oder...oder...du hast doch sicher Familie und..."
„Nein."
„Nicht?"
Er schüttelte den Kopf. „Ich bin allein."sagte er. „Nicht völlig allein natürlich, aber ich habe keine Familie, um die ich mich kümmern könnte, wenn du das meinst."
„Oh...tut mir leid."
„Das muss es nicht."
Sie spürte, dass es ihr gut tat, mit ihm zu reden, aber trotzdem blieb etwas in ihr. Etwas, dass immer da gewesen war, und noch immer nicht verschwunden war. „Ich habe nicht einmal Freunde"sagte sie und ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Ich habe nie welche gehabt. Ich glaubte, ich hätte Freunde, aber dann haben sie mich davon gejagt. Ich habe sie verloren. Weißt du, wie es ist, Freunde zu verlieren, Remus?"
Er wandte den Blick ab und sah in die Flammen. „Ja."Ihr war es, als husche ein Schatten über sein Gesicht, die Erinnerung an einen alten Schmerz, den sie beinahe selbst fühlen konnte. Aber als er sich wieder ihr zuwandte, war der Schatten fort und er lächelte wieder.
„Ich...war allein, weißt du, Remus? Und dann... auf einmal finde ich mich hier wieder. Unter Menschen, die mich so behandeln, wie jeden anderen. Die einfach nett zu mir sind, einfach so."Ihre Stimme brach und sie schloss die Augen. Stumme Tränen rannen ihr über die Wangen. Sie schrak leicht zusammen, als sie spürte, wie Remus ihr zögernd die Hand auf die Schulter legte und sagte. „Manchmal tut es gut zu weinen."
In diesem Moment fühlte Emily sich unendlich klein. Sie hatte nie jemanden gehabt, der ihr zugehört hätte, nie jemanden, den ihre Probleme interessierten, nicht einmal in ihrer Zeit im Waisenhaus. All die Jahre lang hatte sie stark sein müssen, hatte sich solche Gedanken, solche Gefühle, Tränen, nicht erlauben können. Trost war etwas für jene, die ein Zuhause hatten, Freunde, Familie. Nichts für sie. Sie vergrub ihren Kopf leise schluchzend in Remus abgetragener Weste und empfand es nicht einmal als peinlich, sich wie ein kleines Kind auszuheulen. Er strich ihr beruhigend über das Haar. „Du wirst nie wieder allein sein, Emily. Hörst du mich? Du bist zuhause."Seine Worte hatten etwas beruhigendes, tröstliches aber sie konnte es nicht verhindern, leise aufzuschluchzen, als er sagte: „Du hast doch schon Freunde gefunden, Emily."
Celendilon:
Dankö! :-) Muss dir da zumindest vorerst zustimmen. Hey Leute, das Mädel hat 7 Jahre auf der Straße gelebt und alle waren gemein zu ihr. Armes Ding. :lach:
Lady Adamas:
Ich mag Cliffhanger. :muahahaha: Dann lest ihr wenigstens weiter. :hehe: Ich hab mich bemüht, dieses Mal gibt's keinen, ehrlich! :schwör: Freu dich auf Kapitel 12. :breitgrins: Ach ja..."und sei es nur sein Name"Okay, hier schonmal als kleines vorab: SNAPE! :haha:
Tawiga:
:schockiertguck: :gasp: Also wirklich, ich bin entrüstet. So hier, schön weiterlesen, ja? :lach:
Kapitel 11
Das Mädchen ohne Namen
„Natürlich, Professor."
Emily lachte und warf Remus einen letzten Blick zu, als dieser die Tür hinter sich zuzog. Sie wusste, dass er ihre kleine Stichelei nicht ernst genommen hatte, denn sie hörte, wie er hinter der Tür kurz auflachte, ehe sich seine Schritte auf dem Holzboden in Richtung der Treppe entfernten. Tonks, die ihr Buch in eines der Regale neben dem Kamin zurück gestellt hatte, sah über die Schulter zu ihr hin.
„Hat er dir von Hogwarts erzählt?"fragte sie.
„Nicht viel."gab Emil zurück und zog die Beine auf den Sessel. „Nur, dass er ein Jahr da unterrichtet hat, mehr nicht."Sie erinnerte sich wieder daran, wie er sie angesehen hatte, als sie nachgehakt hatte, warum er gekündigt hatte. „Aber ich muss ja meine Nase immer überall reinstecken.." fügte sie leiser hinzu. Tonks sah sie an. „Hm?" „Ach nichts. Geht mich ja nichts an."
Tonks ließ sich wieder auf den Sessel fallen. „Er hatte persönliche Gründe, dort zu kündigen, was schade ist, denn ich glaube, er ist ein wirklich guter Lehrer gewesen. Aber na ja...jetzt sind wir froh, jemanden wie ihn zu haben. Er hilft dem Orden sehr viel."
Emily runzelte leicht die Stirn. „Was ist das eigentlich für ein Laden hier? Dieser Orden? Ich blick da immer noch nicht ganz durch." „Der Orden des Phoenix ist eine Geheimorganisation, die einen sehr mächtigen Zauberer bekämpft"sagte Tonks. „Es ist eine lange Geschichte, aber dieser Zauberer, dessen Namen die meisten von uns nicht einmal auszusprechen wagen, ist schon früher an der Macht gewesen. Dann wurde er gestürzt...niemand weiß genau, warum und wie das passieren konnte. Es ist jetzt etwa 15 Jahre her. Er wollte einen kleinen Jungen töten, aber der Fluch wurde auf ihn selbst zurück geschleudert und beraubte ihn seiner Kraft. Schon damals gab es den Orden des Phoenix, aber bis vor gut einem Jahr waren wir verstreut, weil es nichts mehr zu tun gab. Aber jetzt ist....er zurück und..."Sie machte eine kurze Pause.
„Er ist so stark wie damals...beinahe und er hat viele seiner ehemaligen Anhänger wieder um sich geschart."
Plötzlich kam Emily ein Gedanke. „Dieser Mann... der gestern Abend in der Gasse, der mich angegriffen hat, war das einer von ihnen?" Tonks nickte.
„Ja."sagte sie dann leise. „Das war Peter Pettigrew, einer der Anhänger von.."Sie machte eine kurze Pause, brachte den Namen aber nicht über die Lippen. „...von Du-weißt-schon-wem."
Emily starrte ihn die Flammen des Kamins. „Das ist seltsam."sagte sie dann. „Ich habe gedacht, diese Welt sei friedlicher als die, in der ich bisher gelebt habe." Traurig schüttelte Tonks den Kopf. „Nein."sagte sie dann. „Leider ist es das gerade im Moment nicht. Ganz im Gegenteil. Ich glaube...das es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis der Krieg offen ausbricht."
Emily fröstelte, obwohl der Raum warm war. Tonks, diese fröhliche junge Frau, die sie erst seit gestern kannte, war plötzlich nachdenklich und beinahe ängstlich geworden.
„Dann werde ich euch wohl kaum eine Hilfe sein."sagte Emily. Tonks runzelte die Stirn. „Wie meinst du das?"
„Na ja. Ich kann doch noch gar nicht zaubern. Ihr.. ihr seid alle in Gefahr und ich..kann doch gar nichts tun."
„Red keinen Unsinn, Emily. Wir können jede Hilfe gebrauchen, wirklich. Und auch du bist da keine Ausnahme."
Emily zwang sich zu einem Lächeln, von dem sie nicht einmal wusste, ob es Tonks überzeugte. „Wahrscheinlich hast du recht."sagte sie und seufzte. „Ich werde jedenfalls alles versuchen, um euch zu helfen. Schließlich bin ich dir und Remus was schuldig."
Tonks lachte auf. „Ach was. Es war selbstverständlich, dass wir dich da raus geholt haben."
Sie stand auf und machte sich auf den Weg zur Tür. Sie trat an Emilys Sessel heran und berührte aufmunternd ihren Arm. „Du wirst schon sehn. Es ist nicht so schwer, wie du vielleicht denkst. Du hast magisches Blut, Emily."
Sie gähnte. „Ich denke, ich gehe jetzt ins Bett. Morgen gibt es eine Menge zu tun. Gute Nacht."
„Nacht."
Tonks trat auf die Tür zu, doch dann fiel Emily etwas ein.
„Tonks?"
„Hm?"
„Ich hatte das Gefühl, dass ich Remus zu nahe getreten bin, als ich ihn gefragt hab, warum er in Hogwarts gekündigt hat..."
„Mach dir keine Sorgen."
„Okay..."Sie wandte sich um und dann nahm ihre Neugier wieder Überhand. „Was hat er unterrichtet?"
"Verteidigung gegen die dunklen Künste."sagte Tonks. „Du kannst dich glücklich schätzen. Er hat wirklich was drauf... Gute Nacht."
„Ja, gute Nacht. Lass die Tür angelehnt, ich geh auch gleich."
Emily wandte ihrem Blick wieder den tanzenden Flammen im Kamin zu und hörte, wie Tonks auf leisen Füßen den Raum verließ. Sie seufzte leise. ´Er hat wirklich was drauf...´ Super Emy, dachte sie verbittert. Umso elender würde sie sich fühlen, ihn enttäuschen zu müssen. Es hatte nie etwas gegeben, worin sie wirklich gut gewesen war, warum sollte sich das also jetzt ändern? In diesem Moment brauchte sie nicht viel Phantasie, um sich in den Flammen Remus´ Gesicht vorzustellen, seine große Gestalt und die für sein Alter so seltsam erschöpften Gesichtszüge, sein abgetragener Umhang, in der Hand seinen Zauberstab und einen enttäuschten Ausdruck in den Augen, als er sagte: Ich hätte wirklich gedacht, ich könnte dir etwas beibringe, Emily. Aber...da habe ich mich wohl geirrt. Vielleicht gehörst du ja doch nicht hierher!´
Das durfte nicht geschehen! nahm sie sich in diesen Minuten vor. Bislang war sie ein Nichtsnutz gewesen, ein Rumtreiber, jemand, der zu nichts gut war, aber das wollte sie ändern...um jeden Preis. Nach allem, was Tonks ihr soeben erzählt hatte, hatten die beiden gestern Nacht ihr Leben riskiert, um das ihre zu retten – das Leben eines Straßenkindes, das man vor sieben Jahren verstoßen hatte. Ob sie es ein zweites Mal getan hätten?
Als sie in die Flammen starrte wurde Emily bewusst, dass sie sich zum ersten Mal seit Jahren wieder um solche Dinge Sorgen machte...Fragen wie die, ob die Menschen, die sie umgaben, vielleicht enttäuscht von ihr wären, wenn sie sie nur lange genug kennen würden. Nein, das war das letzte was sie wollte, dachte sie. Egal, was es sie kosten würde, sie würde hart arbeiten, sie würde, wenn es sein müsste, die Nächte damit verbringen, Zaubersprüche auswendig zu lernen, wenn das half, sich dankbar zu erweisen. Sie wollte diese Menschen nicht enttäuschen und, wenngleich sie nicht genau wusste warum, sie wollte vor allem Remus nicht enttäuschen. Sie hatte nie einen guten Freund gehabt...nie jemanden, der ihr angeboten hätte, ihr zu helfen, sie zu unterrichten und Remus hatte ihr all das angeboten, sofort und ohne zu zögern.
Sie seufzte und beschloss, dass es am besten wäre, diese Gedanken nicht weiter zu verfolgen. Dann ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen und sie bemerkte den kleinen Stapel mit Büchern, die sie am Nachmittag in der Winkelgasse gekauft hatte. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, als sie aufstand und zu den Büchern hinüberging. Die alte Neugier überkam sie wieder, als sie das oberste Buch, ein schweres in Leder gebundenes Exemplar, zur Hand nahm- es war sehr schwer – und sich wieder in den Sessel vor den Kamin setzte.
Emily hatte nie eigene Bücher besessen, nicht einmal damals im Waisenhaus, aber sie hatte immer gern gelesen und es für wichtig gefunden, gut lesen zu können. Im Waisenhaus hatte sie keine allzu gute Schulbildung erhalten, aber sie hatte selbst nachdem sie von dort davongejagt worden war, immer versucht, diese Fähigkeit weiter zu entwickeln und, wann immer sie die Möglichkeit gehabt hatte, in Zeitungen und Zeitschriften gelesen, die sie in die Finger bekommen hatte. Aber das war das erste Mal, dass sie ein Buch in den Händen hielt, das sie selbst besaß.
Das Buch trug den Titel „Elementarbegriffe der Zauberei – ein Kurs zur Ausbildung wilder Magie."Als sie es aufschlug stellte sie fasziniert fest, dass es reich bebildert war ... und die Bilder bewegten sich. „Wahnsinn" flüsterte sie leise, als sie durch die Seiten blätterte. Die Bilder zeigten teils Fotos, teils farbige Zeichnungen. Hexen und Zauberer, die Bewegungen, welche man zu den entsprechenden Zaubersprüchen auszuführen hatte, darstellten. Ein paar Minuten verbrachte sie einfach damit, durch die Seiten zu blättern und die Abbildungen zu betrachten. Sie ertappte sich gar bei dem Gedanken, zu ihrem Zauberstab zu greifen und einen oder zwei von den Sprüchen, die weit vorne um Buch standen, und sicher nicht allzu schwer waren, selbst auszuprobieren. Ihr Zauberstab lag in greifbarer Nähe.... Sie lauschte, lehnte den Kopf nach hinten und spähte durch den Türspalt in die leere Halle hinaus. Hör auf damit!´ mahnte sie sich dann gleich wieder. Das wäre ja noch schöner, wenn du hier das Haus in die Luft jagen würdest.´
Statt zu ihrem Zauberstab zu greifen, langte sie nach ihrer neuen Schreibfeder und dem kleinen Tintenfass mit smaragdgrüner Tinte. Es war eine hübsche Adlerfeder und einen Moment lang strich sie mit dem Finger darüber, ehe sie die Spitze in die Tinte eintauchte und das Buch auf der ersten unbeschriebenen Seite öffnete. Sie wartete ab, bis sich die Spitze mit ein wenig Tinte vollgesogen hatte und setzte sie dann auf der Innenseite des Buchdeckels auf. Sie wusste nicht einmal, warum sie das tat und kam sich beinahe ein wenig kindisch dabei vor, aber irgendwie freute sie sich so sehr darüber, endlich etwas eigenes zu besitzen und noch dazu etwas so faszinierendes, dass sie den Drang verspürte, ganz entgegen ihrem sonstigen Verhalten und sehr ähnlich einem kleinen Schulmädchen, ihren Namen in dieses Buch zu schreiben um es als ihren Besitz zu kennzeichnen. Sorgfältig begann sie zu schreiben...
„Dieses Buch gehört Emily.."
Dann hielt sie Inne. Dieses Buch gehört Emily....Mit einem Mal verspürte sie einen unangenehmen Kloß im Hals und die Worte des alten Zauberstabverkäufers, Mr Ollivander mit den kalten blassen Augen hallten in ihrem Kopf nach, so deutlich und nah, als stehe er hinter ihr. „Emily? Nur Emily?"
In dieser Sekunde machte Emily eine wichtige Erfahrung. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass das, was Ollivander gesagt hatte, der Wahrheit entsprach. „Sie ist ein Wildfang, nicht wahr?"Sie starrte auf die wenigen Worte hinab und spürte, wie ihre Augen zu tränen begannen. Beinahe wütend hob sie die Hand und wischte sie beiseite und hätte dabei um ein Haar das Tintenfass umgestoßen. Verdammt Emy! Ihre Hände zitterten leicht, als sie das Fläschchen wieder auf den Tisch zurückstellte und dann langsam die Augen schloss, um die Tränen nieder zu kämpfen. Ein Wildfang.... war das nicht genau das, was sie war? Ein Wildfang.... ein Nichtsnutz...jemand, der nirgendwo hingehörte. Ein Wildfang. Ein Mädchen ohne Namen. Emily, einfach nur Emily. Emily, der Wildfang, der seine Eltern nie kennen gelernt hatte, der mit 14 Jahren davon gejagt worden war, Emily, die ihren eigenen Nachnamen vergessen hatte!
Mit Mühe unterdrückte sie ein Schluchzen und verspürte plötzlich eine beinahe unbändige Wut auf sich selbst. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann sie das letzte Mal geweint hatte... es musste lange her sein. Wenn man auf der Straße lebte, lernte man, solche Dinge zu unterdrücken... was war nur los mit ihr? Hatte sie in diesen wenigen Stunden alle ihre üblichen Verhaltensweise über den Haufen geworfen?
Ihr Blick fiel wieder auf die wenigen mit Tinte geschriebenen Worte und sie hätte am liebsten die Augen davon abgewendet, um es nicht länger ertragen zu müssen, ihren Namen so allein dort stehen zu sehen... so allein, wie sie selbst war. So bedeutungslos. Ein Mädchen ohne Namen.
Müde ließ sie die Hand mit der Adlerfeder sinken und starrte in die Flammen, das Buch noch immer geöffnet auf dem Schoß. Sie fühlte sich müde, so unendlich müde und wenngleich nur wenige Tränen ihre Wangen hinabgeronnen waren – und dies noch immer taten, aber sie machte keine Anstalten, sie fortzuwischen – fühlte sie sich erschöpft...auf eine seltsame Art und Weise. Erschöpft und einsam.
Sie blickte auf ihre Hände herab und beobachtete teilnahmslos, wie sich der warme Feuerschein auf ihnen widerspiegelte. Sie verlor sich in ihren eigenen, dumpfen Gedanken...die Tränen hörten nicht auf zu fließen.
„Emily?"
Sie schrak auf und fuhr herum. Noch ehe sie die restlichen Tränen von ihren Augen blinzeln konnte, um ihr Umfeld klar zu sehen, hatte sie die Stimme erkannt. Remus Lupin hatte, ohne dass sie seine Schritte gehört hatte, den Raum betreten und stand nun wenige Schritte von ihrem Sessel entfernt, den Kopf leicht zur Seite geneigt und sah sie an. Hastig wandte sie den Blick ab, starrte wieder in die Flammen und versuchte sich trotzig einzureden, dass er ihre Tränen nicht gesehen hatte. Er konnte noch nicht allzu lang dort stehen... oder etwa doch? Emily spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Eine weitere Träne rann ihre Wange hinunter, sie konnte es spüren und musste sich dazu zwingen, sie nicht fortzuwischen, als könne sie sich so in dem Glauben wiegen, solange sie es selbst nicht zugebe, seien ihre Gefühle für andere Menschen unsichtbar.
Seit Remus sie angesprochen hatte konnten kaum mehr als zwei Sekunden vergangen sein, dennoch hatte sie das Gefühl, am liebsten sofort im Erdboden verschwinden zu wollen. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen. Das war einfach zu peinlich.
„Du... bist noch wach?"Seine Stimme klang freundlich wie immer und Emily glaubte, dass etwas beinahe tröstliches von ihrem Klang ausging, wenngleich sie nicht wusste, warum. Warum? Warum musste er gerade jetzt herkommen? Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass er Bücher auf dem Arm trug, die er behutsam auf dem Tisch neben dem Kamin absetzte.
Er sprach nicht weiter und sie wusste nicht einmal, ob er eine Antwort auf seine Frage erwartete, doch sie zwang sich dazu, den Kloß, der noch immer in ihrem Hals saß, zu verdrängen und zu sagen. „Ich bin noch nicht müde." Sie war erstaunt, wie fest ihre Stimme klang. Sie zitterte nicht, aber die Traurigkeit die darin lag sagte genug.
Remus erwiderte nichts. Sie hoffte, er werde ihre Worte und die Tränen, die er offensichtlich bemerkt hatte, akzeptieren und verstehen und einfach den Raum wieder verlassen. Doch er tat es nicht. Stattdessen sah er einen Moment auf die Bücher hinab und setzte sich dann in einen Sessel in ihrer Nähe. Er sah sie nicht an, sondern blickte ins Feuer und Emily war ihm unendlich dankbar dafür. Ein paar Sekunden schwieg er, dann sagte er leise.
„Manche sagen, ich wäre ein guter Zuhörer."Mehr nicht. Nur diesen einen Satz.
Und wieder einmal konnte Emily nichts dagegen unternehmen..wieder einmal musste sie hilflos mit ansehen, wie Emily, das Straßenkind über seinen eigenen Schatten sprang, wie Emily mit Gewohnheiten brach... anstatt ihm einen bissigen Kommentar entgegen zu schleudern oder ihm einen trotzigen Blick zuzuwerfen und das Zimmer zu verlassen, anstatt ihm, wie die alte Emily es sicher getan hätte, hitzig zu verstehen zu geben, dass ihre Angelegenheiten ihn nichts angingen, antwortete sie ruhig: „Es gibt nichts, was ich dir erzählen könnte."
Jetzt wandte er seinen Blick vom Feuer ab und sah sie an. Emily schüttelte den Kopf. „Ich...es tut mir leid. Ich bin bloß heute Abend nicht so gut drauf." „Wirklich?"fragte er einfach.
Sie konnte ihm kaum in die Augen sehen und nestelte unbehaglich mit der Feder herum, dann warf sie auf den Tisch und sagte etwas lauter und mit einem Anflug von Zorn. „Nein. Ich...verdammt. Warum kann ich nicht einfach...in Ruhe über ein paar Dinge nachdenken?"Sie fühlte sich miserabel bei diesen Worten, denn schließlich trug Remus keine Schuld an ihrer Stimmung. „Weil es manchmal hilft, über solche Dinge gemeinsam nachzudenken." erwiderte er sanft. Sie schüttelte erneut den Kopf und ein bitteres Lächeln umspielte ihre Züge. „Ich..nein. Meine Gefühle sind mit mir durchgegangen, das ist alles."
Er stand auf und sie glaubte, er wolle nun doch gehen, dann aber bemerkte er, wie er neben sie trat und einen Blick auf das Buch warf, das sie noch immer ausgebreitet auf dem Schoss hielt. Sie brauchte ihn nicht anzusehen, um zu wissen, dass er las, was sie dort geschrieben hatte. Ohne dass sie es wollte, sagte sie schließlich: „Ich habe darüber nachgedacht, was dieser Mr Ollivander heute zu mir gesagt hat..." „Den Wildfang? Meinst du das?" „Nein."Sie wischte sich nun doch die restlichen Tränen ab. „Nein, das ist es nicht. Ich habe ja nicht mal wirklich verstanden, dass das eine Art Schimpfwort war, ehe du eingegriffen hast. Aber ..."
Remus hatte sich nicht wieder hingesetzt. Zwar war er um den Sessel herumgegangen, hatte sich jedoch nur auf die Lehne des Sessels gehockt, so dass er sie ansehen konnte.
„Wer bin ich eigentlich?"fragte Emily leise. Sprach sie eigentlich mehr mit sich selbst? Sie wusste es nicht. „Wer bin ich? Ich bin... ich bin wirklich einfach nur Emily, Remus. Ich habe meine Eltern nicht mal gekannt. Weiß nicht, wer sie waren, ob sie tot sind, oder ob sie mich einfach nicht haben wollten. Ich weiß nicht einmal meinen eigenen Nachnamen. Das ist mir nie aufgefallen, aber als Mr Ollivander heute mit mir sprach, wurde es mir bewusst. Ich bin einfach nur eine von vielen. Ich habe nicht einmal einen richtigen Namen."
Sie schwieg und schloss die Augen. Neue Tränen drohten, hinter ihren Lidern aufzusteigen und sie machte nicht einmal ernste Anstrengungen, um sie zurückzudrängen.
„Ist das denn wichtig?"fragte Remus.
Sie öffnete die Augen wieder und sah ihn traurig an. Dann nickte sie. „Ich denke schon."sagte sie und ihre Stimme zitterte leicht.
Remus beugte sich leicht nach vorne und sah sie an. „Niemand weiß wirklich wer er ist, Emily. Aber ein Name sagt es uns sicher nicht."Er lächelte. „Es ist unser Handeln, das was wir sagen und tun und was wir fühlen; diese Dinge machen aus, was wir sind. Nicht nur ein Name, Emily."
Sie schluckte. „Aber ich kenne nicht einmal den Namen meiner Familie, noch meine Familie selbst. Kannst du dir nicht vorstellen wie das ist, wenn man sich so allein fühlt? Du hast die Leute vom Orden, oder...oder...du hast doch sicher Familie und..."
„Nein."
„Nicht?"
Er schüttelte den Kopf. „Ich bin allein."sagte er. „Nicht völlig allein natürlich, aber ich habe keine Familie, um die ich mich kümmern könnte, wenn du das meinst."
„Oh...tut mir leid."
„Das muss es nicht."
Sie spürte, dass es ihr gut tat, mit ihm zu reden, aber trotzdem blieb etwas in ihr. Etwas, dass immer da gewesen war, und noch immer nicht verschwunden war. „Ich habe nicht einmal Freunde"sagte sie und ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Ich habe nie welche gehabt. Ich glaubte, ich hätte Freunde, aber dann haben sie mich davon gejagt. Ich habe sie verloren. Weißt du, wie es ist, Freunde zu verlieren, Remus?"
Er wandte den Blick ab und sah in die Flammen. „Ja."Ihr war es, als husche ein Schatten über sein Gesicht, die Erinnerung an einen alten Schmerz, den sie beinahe selbst fühlen konnte. Aber als er sich wieder ihr zuwandte, war der Schatten fort und er lächelte wieder.
„Ich...war allein, weißt du, Remus? Und dann... auf einmal finde ich mich hier wieder. Unter Menschen, die mich so behandeln, wie jeden anderen. Die einfach nett zu mir sind, einfach so."Ihre Stimme brach und sie schloss die Augen. Stumme Tränen rannen ihr über die Wangen. Sie schrak leicht zusammen, als sie spürte, wie Remus ihr zögernd die Hand auf die Schulter legte und sagte. „Manchmal tut es gut zu weinen."
In diesem Moment fühlte Emily sich unendlich klein. Sie hatte nie jemanden gehabt, der ihr zugehört hätte, nie jemanden, den ihre Probleme interessierten, nicht einmal in ihrer Zeit im Waisenhaus. All die Jahre lang hatte sie stark sein müssen, hatte sich solche Gedanken, solche Gefühle, Tränen, nicht erlauben können. Trost war etwas für jene, die ein Zuhause hatten, Freunde, Familie. Nichts für sie. Sie vergrub ihren Kopf leise schluchzend in Remus abgetragener Weste und empfand es nicht einmal als peinlich, sich wie ein kleines Kind auszuheulen. Er strich ihr beruhigend über das Haar. „Du wirst nie wieder allein sein, Emily. Hörst du mich? Du bist zuhause."Seine Worte hatten etwas beruhigendes, tröstliches aber sie konnte es nicht verhindern, leise aufzuschluchzen, als er sagte: „Du hast doch schon Freunde gefunden, Emily."
