Hallo ihr alle!

Tut mir leid, dass ich euch so wahnsinnig lang hab warten lassen, ich hatte in letzter Zeit einfach viel um die Ohren und wenn, dann wollte ich, dass das was ich schreibe auch einigermaßen was wird :lach: Hoffe, ihr habt auch weiterhin euren Spaß daran :-)

Lasst mir ne review da, okay?

Kapitel 16

Mondwolf

„Sagt mal, hat irgenwer von euch Remus überhaupt heute schon gesehen?"

Es war kurz nach acht Uhr und Emily, die nach dem Zwischenfall mit dem Irrwicht nicht in ihr Zimmer zurück gegangen, sondern bei den Freunden geblieben war, legte ihr Kartendeck auf den Tisch und sah Hermine an.

„Du hast schon wieder gewonnen" murrte Ron und schob ihr unwillig seinen letzten Schokofrosch zu. Emily hatte das Gefühl, dass ihm das ganz gut passte, denn zumindest bewahrte ihn das vor einer Antwort und auch Harry schien plötzlich mit anderen Dingen beschäftigt zu sein. „Ich misch die Karten" sagte er und griff nach dem Stapel, so dass Hermine nun diejenige war, die Emilys Frage beantworten musste.

„Nein." sagte sie und Emily hatte das seltsame Gefühl, hinter diesem Nein verberge sich mehr als das Mädchen zugeben wollte. „Ich glaub, es geht ihm nicht gut. Das passiert hin und wieder, aber ich kann dir versichern, dass es ihm bald wieder besser geht."

Emily runzelte kurz die Stirn und nickte dann langsam. Die Sache wurde wirklich immer seltsamer. Warum wurde sie nur das Gefühl nicht los, dass jeder in diesem Haus sich um etwas zu drücken versuchte? Egal, wen sie fragte, sie bekam nur Antworten die im Grunde gar nichts besagten und das machte sie aus zwei Gründen unruhig: Entweder ging es Remus wirklich schlecht, so wie alle hier behaupteten und das wäre möglich, nach dem zu urteilen, wie er in den letzten Tagen ausgesehen hatte, oder aber er ging ihr tatsächlich aus dem Weg- wohl ein gemeiner kleiner Rest der Angst, der nach ihrem Zusammenstoss mit dem Irrwicht nichtsdestotrotz geblieben war. Sie musste herausfinden, was da los war.

„Ich glaube ich geh dann auch mal rüber" sagte sie. „Ich wollte noch ein bisschen lesen und müde bin ich auch" Sie streckte sich und gähnte um ihren Worten Glaubwürdigkeit zu verleihen. Dann bemerkte sie Rons Stirnrunzeln. „Jetzt schon? Es ist nicht mal halb neun."

„Äh...naja, ich..." Sie sah sich um und suchte fieberhaft nach einer Ausrede um ihre Worte glaubhaft klingen zu lassen. „...ich.." Verdammt. Wenn sie jetzt nicht von hier fortkam, würde sich keine Gelegenheit mehr ergeben, der Sache auf den Grund zu gehen. Sie schüttelte entschuldigend den Kopf und sah aus dem Fenster. Ihr Blick fiel auf den Vollmond. „Ach wisst ihr ich...bei Vollmond bin ich immer...müde...keine Ahnung wieso aber, naja. Gute Nacht ihr drei. Wir sehen uns dann morgen."

Rons Stirnrunzeln war einem Ausdruck gewichen der nur noch als eine Mischung aus Fassungslosigkeit und Verwirrung beschrieben werden könnte, aber Hermine, die das bemerkte, verdrehte nur kurz die Augen in seine Richtung, lächelte Emily dann kurz zu und sagte. „Ist gut. Dann schlaf gut. Bis morgen."

Emily nickte kurz, dann stand sie auf und verließ das Zimmer. Sie zog die Tür hinter sich zu. Sobald diese ins Schloss gefallen war, hörte sie eine aufgeregte Stimme und presste unwillkürlich das Ohr gegen das dunkle Holz. Hatten wir so was nicht schon mal Emy, diese elende Lauscherei hat dir bisher nur Schwierigkeiten gemacht, flüsterte es irgendwo in ihrem Kopf... Die Stimme gehörte Ron, aber sehr zu ihrem Bedauern (oder Glück?) hörte sie kaum etwas von der Unterhaltung, die sich dort gerade anzubahnen begann...Rons Stimme klang leicht überdreht.

„Habt ihr gehört was sie gesagt hat?" Die Stimme des Jungen überschlug sich beinahe. „Der Mond..?"

„Ach halt die Klappe Ron" fuhr Hermine ihn an „Red keinen Unsinn, sie ist nur müde und egal was du denkst, du weißt, dass das unmöglich ist, ich mein, sieh doch mal nach draußen..."

Worüber redeten die? Sie lauschte, aber das Gespräch war abgebrochen. „Los komm, Ron." hörte sie Harry in diesem Moment sagen und beeilte sich, das Ohr von der Tür zu nehmen und rasch in ihr eigenes Zimmer hinüber zu huschen. Es war mehr als genug, wenn Remus sie ständig beim Herumschnüffeln erwischte.

Sie schloss hinter sich leise die Tür und lehnte sich dagegen. Sah aus dem Fenster. Was sie gerade gesagt hatte, war nicht einmal gelogen gewesen. Es war eine idiotische Ausrede gewesen, sicher, aber Emily gehörte tatsächlich zu jenen Menschen, die an Voll-oder Neumond oft nicht schlafen konnten, oder müde waren. Mondsüchtig, hatte das eine der Betreuerinnen im Kinderheim damals genannt, als sie Emily eines Nachts dabei erwischt hatte, wie sie schlafwandelnd durch die Korridore gelaufen war; eine weitere Eigenart also, die sie von anderen unterschied, dachte sie sarkastisch.

Die Luft im Raum war stickig und so trat sie zunächst auf das Fenster zu, öffnete es und ließ sich einen Moment lang die kalte Nachtluft durchs Haar wehen. Es war schon vollkommen dunkel und der Himmel war sternenklar. Emily lehnte den Kopf in den Nacken und dachte nach – vor allem darüber, ob sie es wagen konnte, sich unbemerkt auf die Suche nach Remus zu machen. Als Straßenkind hatte sie ein gewisses Talent dafür besessen ungesehen umher zu schleichen – ein Talent, das bei Remus offensichtlich seine Wirkung verlor, ohne dass sie wusste warum, aber sie zweifelte nicht daran, dass sie, wenn sie nur wollte, das ganze Haus erkunden konnte, ohne das jemand etwas merkte.

Die Ellbogen aufgestützt lehnte sie im Rahmen des Fensters und starrte in die Nacht hinaus. Ja, so würde sie es machen...Plötzlich ließ sie etwas zusammenfahren. Zunächst wusste sie nicht, was es war, aber dann identifizierte sie das Geräusch: ein langgezogenes Heulen, wie das eines großen Hundes oder...eines Wolfes?

Ihr Herz begann schlagartig zu rasen, doch sie zwang sich, sich zu beruhigen. Stell dich nicht so an Emy, jetzt bist du grad ein paar Tage hier und wirst schon schreckhaft. Sie hatte in ihren Jahren auf der Straße häufig des Nachts Hundegeheul gehört...aber so? Auch als das Heulen verstummt war, hatte sie das Gefühl, dass es in ihrem Kopf nachhallte. Sie konnte nicht genau lokalisieren, woher es gekommen war, aber es konnte nicht weit entfernt gewesen sein und sie ertappte sich dabei, ins Dunkel hinunter zu starren und den Boden, das Dickicht und den Rasen im Garten unter sich nach einem entsprechenden Schatten abzusuchen. Sie merkte, dass ihre Nackenhaare sich aufgerichtet hatten und registrierte erst Momente später, dass dies nicht aus Angst geschehen war sondern allein aus dem Grund, weil ihr dieses Heulen durch Mark und Bein gegangen war. Es hatte so traurig geklungen, dachte sie und wunderte sich gleichzeitig über diese seltsamen Gedanken. So traurig und verzweifelt, der gepeinigte Schrei einer verlorenen Seele...Doch die kleine Stimme in ihrem Kopf, die für gewöhnlich dafür zuständig war, solche Gedanken sofort mit einem „Das ist Unsinn, Emy" zu quittieren, schwieg, und langsam griff Emily nach dem Fensterrahmen und schloss ihn, sperrte die kalte Nachtluft aus, schloss sich ein, da sie bemerkte, dass sie sich vor ihren eigenen Gedanken zu fürchten begonnen hatte.

Aber selbst nachdem sie das Fenster geschlossen hatte, hatte sie das Gefühl, dass die Nachtluft sich nicht aussperren lassen wollte. Beharrlich schien sie sich in den Winkeln und Ecken des Raumes festgesetzt zu haben. Emily fröstelte. Sie rieb die Handflächen zusammen, doch auch das vertrieb die Kälte nicht. Hätte sie doch nur das Fenster nicht geöffnet.

Dann kam ihr in den Sinn, warum sie sich überhaupt von den anderen verabschiedet hatte. Sie lauschte kurz und stellte erleichtert fest, dass nebenan alles ruhig war. Scheinbar waren die Jungs mittlerweile ebenfalls aufgebrochen. Sie wartete eine weitere Minute und trat dann aus dem Zimmer. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es noch nicht allzu spät war. Kurz vor neun, vielleicht würde niemand seltsame Fragen stellen oder sich wundern, wenn sie um diese Zeit noch durchs Haus strolchte. Sie würde sich schnell eine Ausrede einfallen lassen können... solche Dinge hatte sie schon vor Jahren gelernt und nun beherrschte sie sie beinahe zur Perfektion – ebenso wie lautloses Fortbewegen.

Emily wusste nicht mit Sicherheit, wo Remus Zimmer war, aber sie wusste, dass es zwei Stockwerke über dem war, in dem sie sich befand, und dazu, dass es am anderen Ende des Korridors im Westflügel lag. Das würde sich schon finden lassen dachte sie, als sie die Treppen hinaufstieg. Sie wusste dass sie nicht eher würde schlafen können, bis sie mit Remus gesprochen hatte. Nicht eher, bis sie geklärt hatte, ob er ihr aus dem Weg ging. Im Grunde ahnte sie, dass sie ihm mit diesen Gedanken unrecht tat – selbst wenn sie ihm erst vor so wenigen Tagen zum ersten Mal begegnet war hielt sie sich doch für eine recht passable Menschenkennerin; sie war niemand der leicht Vertrauen schenkte, aber bei Remus hatte sie das beinahe ohne zu Zögern getan. Nein, wenn er sich den ganzen Tag über nicht hatte blicken lassen konnte das nur bedeuten, dass es ihm wirklich nicht allzu gut ging. Armer Kerl und das am Abend vor Weihnachten. Das mindeste was sie für ihren neugewonnenen Freund tun konnte war, sich zu erkundigen, wie es ihm ging.

Als sie ein Stockwerk nach oben gestiegen war, hörte sie plötzlich Schritte, die rasch näher kamen. Aus einem nicht genauer zu bezeichnenden Grund befiel sie Panik, hektisch sah sie sich nach einer Fluchtmöglichkeit um und verbarg sich hinter einer überdimensionalen leicht rostigen Rüstung eines buckligen Ritters, der an der dem Treppengeländer abgewandten Seite der Galerie stand und wie ein Wächter den dunklen Flur zu überblicken schien. Sie drückte sich an die Wand und hielt den Atem an. Die Schritte kamen näher und einen Wimpernschlag später liefen zwei Gestalten an ihr vorbei. Sie konnte rote Haarschöpfe erkennen – die Zwillinge!

Instinktiv drückte sich Emily noch dichter in ihr Versteck- glücklicherweise hielt der rostige Ritter ein überdimensionales Schild in der Hand und vielleicht tat auch ihre Gabe, sich besser als andere vor anderen verbergen zu können ihren Teil dazu. Sie wusste nicht einmal, warum sie sich versteckte, schließlich waren es nur die Zwillinge und die würde sie bestimmt nicht verpfeifen- dennoch, irgendetwas sagte ihr dass es besser sein würde, wenn sie sich still verhielt, blieb wo sie war und einfach abwartete was geschah...im nächsten Moment wagte sie kaum mehr zu atmen.

Die Zwillinge waren auf der Höhe der Statue stehen geblieben und sahen sich hastig um.

„Los, dahinter!" zischte einer der Jungen aufgeregt – war es Fred? Oder George?-, ergriff seinen Bruder leicht am Arm und drängte sich dann HINTER DIESELBE RÜSTUNG HINTER DER AUCH EMILY KAUERTE! Sie hatte das Gefühl, ihr Herzschlag müsse aussetzen, zu ihrem Glück war die Statue so massig, dass die beiden, die auf der anderen Seite hockten, (der Ritter stand auf einem massigen Sockel, das Schild hinter dem Emily kauerte bildete ein versteck das für genau diese Situation geschaffen schien, so seltsam das auch war) sie nicht bemerkten. Aber ihr Flüstern konnte sie hören.

„Mann, das war haarscharf." flüsterte einer der beiden und gluckste leise.

„Glaubst du, der hat uns gesehn?"

„Nö- die alte Fledermaus ist so blind, dem hätten wir vor die Nase springen können, ohne das er uns gesehen hätte."

Beide lachten leise.

Emily konnte hören, wie die Umhänge der beiden leise raschelten, dann hörte sie ein leises Geräusch, so als würden eine Hand voll Glaskugeln oder ähnliches aneinander klackern.

„Die Dinger sind echt klasse. Die sollten wir auf jeden Fall in unser Sortiment aufnehmen." flüsterte der von den beiden, der Emily am nächsten war.

„Allerdings." wisperte sein Bruder zurück. „Ohne diese Dinger säßen wir jetzt richtig in der Tinte.

Wovon redeten die beiden da nur? Emily bemerkte, dass sie alle Willenskraft aufbringen musste, um nicht näher an den Schild heranzurutschen um den beiden genauer zuzuhören. Sie bewegte sich leise, schrak dann aber zusammen als einer der beiden, nachdem sie einige Momente beide geschwiegen hatten, wieder zu reden begann.

„Wo wollte Snape eigentlich hin?"

„Keine Ahnung. Sah aus als hätt er's eilig." Wieder ein unterdrücktes Lachen.

„Er kam aus der Richtung von Lupins Zimmer. Sicher hat er..."

„Denk ich auch. Er kam direkt die Seitentreppe runter. Hätten wir ihn nicht durch die Decke kommen sehn..wirklich Klasse Fred." Darauf folgte wieder das leise Klackern.

„Ich glaub die Luft ist rein. Los."

Wie lautlose Schatten huschten die Zwillinge hinter ihrem Versteck hervor; als einer der beiden sich aufrichtete rollte etwas auf den Boden das ein helles Geräusch von sich gab, als habe der Junge eine Murmel fallen lassen, aber das Geräusch mit dem der Gegenstand aufprallte war so leise, dass die Zwillinge es nicht einmal wahrnamen- Emily schon.

Sie blieb noch etwa 20 Herzschläge bewegungslos hinter dem Schild des rostigen Ritters sitzen, nachdem die Rotschöpfe die Treppe hinunter verschwunden waren und sie keine Geräusche mehr wahrnahm. Dann krabbelte sie vorsichtig wieder zurück auf den Korridor und richtete sich auf. Alles war wieder ruhig, doch die Unruhe, die Emily zuvor bereits verspürt hatte, blieb. Einen Moment lang stand sie unschlüssig da und als sie sich gerade auf den Weg machen wollte um ein Stockwerk höher zu klettern fiel ihr etwas ein. Sie blieb stehen und wandte sich um.

An der dem Geländer abgewandten Seite der Galerie, der Seite, an der auch der rostige Ritter stand befanden sich auf der gesamten Länge des Korridors große Fenster. In verzierte Rahmen gefasst, mit Glasscheiben die kunstvoll in die komplizierten Muster eingelassen waren (sie vermutete dass es eine Art Familienwappen sein könnte), ließen diese Fenster in diesem Moment das Mondlicht herein. Der Vollmond malte einen langen silbernen Streifen auf den roten Samtteppich, ging quer über die gesamte Breite des Korridors, streifte das Linke Ohr des rostigen Ritters und... beleuchtete ein kleines rundes Ding, das etwa einen Meter von der Statue weggerollt und dort liegen geblieben war, als einer der Jungs es hatte fallen lassen.

Emily runzelte die Stirn, ging langsam auf die am Boden liegende Kugel zu und ging davor in die Hocke. Es war tatsächlich eine Kugel, klein und bleich wirkte sie im Mondenlicht und tatsächlich war sie kaum größer als ein gewöhnlicher Augapfel. Neugierig nahm Emily ihn in die Hand um ihn näher zu betrachten und schrak zurück, als der kleine seltsame Ball zu buntem Leben erwachte, als sie ihn in die Hand genommen hatte. Zunächst war sie erschrocken, dann sah sie dem Farbenspiel fasziniert zu, das da vor sich ging. Der kleine Ball machte dabei kein Geräusch, doch Emily beobachtete, wie kleine Lichtblitze über seine Oberfläche rutschten, blau, rot, gelb und grün, einige blitzten auf wie Bilder, die man nur ganz kurz sehen konnte, dann beruhigte sich das Farbenspiel langsam und der Ball nahm einen satten Blauton an. Enttäuscht dass das Schauspiel schon zuende war wollte Emily das seltsame Ding in ihre Hosentasche gleiten lassen, als sie bemerkte dass goldene Buchstaben darauf erschienen. Die Lettern waren seltsam klar, ein Wort nach dem anderen erschien auf der Oberfläche der kleinen Zauberkugel, so dass sie das Ding nicht einmal näher an ihre Augen halten musste um zu lesen was da stand. Nach und nach erzeugte Wort für Wort einen Sinn.

Weasleys zauberhafte Zauberscherze....präsentiert....stolz:

Das....magische...Auge....

Einen Moment lang verblasste die Schrift, der Ball färbte sich grün, dann erschienen neue Buchstaben, die einen kleinen Reim formten.

Verborgne Dinge zeig ich dir

Die hinter der verschlossnen Tür

Und Fenstern Mauern, Wand aus Stein

Für Augen mögen verborgen sein.

Drum halt mich hoch und halt mich still

All dieses ich dir zeigen will

Wo immer du nicht kannst es sehn

Was du willst sehen und verstehn

Und wo es hinter Wand und Tür

Verborgen werden soll von dir.

So halt mich flink an Wand und Tür

Und was dahinter, zeig ich dir!

Die Buchstaben erloschen und erschienen ein drittes Mal..

Soll ich dir zeigen was du willst sehn

Musst diesen Zauber du verstehn

So halt mich hin wo ich soll zeigen

Und sprich dies Worte das mir eigen:

REPERIO!!

Dann war der Zauber vorbei und Emily starrte verwirrt noch einen weiteren Moment auf die seltsame kleine Kugel, selbst nachdem das Licht erloschen war. Dann steckte sie sie in die Hosentasche und nahm sich vor, sobald sie wieder in ihr Zimmer zurückkehrte, auszuprobieren was man mit diesem komischen Ding anstellen konnte. Aber zuerst...Remus.

Leise ging sie weiter, erreichte schnell das nächste Stockwerk und wandte sich nach rechts Richtung Westen. Sie hatte keine Ahnung nach welchem Zimmer genau sie suchte und sie konnte wohl kaum erwarten, dass es hier Namensschilder an den Türen gab. Sie glaubte sich daran erinnern zu können das irgendjemand einmal davon gesprochen hatte, Remus´ Zimmer sei eines der hinteren, aber sicher war sie sich da nicht.

Der Korridor war breit, sicher drei Meter oder mehr. Sie kam sich seltsam allein vor, als sie Stück für Stück weiterging. Was wollte sie Remus eigentlich sagen? fragte sie sich selbst und kam zu der Antwort: nichts. Mach dich nicht verrückt Emily, alles was du willst ist nachsehen ob es ihm gut geht. Sie hatte das Ende des Korridors beinahe erreicht. Wo könnte sein Zimmer sein? Sollte sie einfach irgendwo anklopfen, um zu fragen? Oder...

Ein Geräusch kam so plötzlich von links, dass sie erschrocken einen Meter zur Seite sprang und einen kleinen Schrei, der ihr auf den Lippen lag gerade noch unterdrücken konnte. Sie fuhr herum und starrte auf eine der Türen, denn von da war das Geräusch gekommen. Ein Geräusch, als habe sich etwas gegen die Tür geworfen, etwas starkes. Sie merkte wie ihr Herz jagte, sie stand da wie das berühmte Reh, dass sich im Scheinwerferlicht eines heranrasenden Wagens nicht zu rühren wagt..und atmete dann auf. Das Geräusch wiederholte sich nicht. Emily starrte einfach nur die Tür an, aber zunächst blieb alles still. Einem inneren Impuls folgend ging sie dann aber langsam auf die Tür zu. Wenn das Remus´ Zimmer war...vielleicht war ihm übel geworden. Vielleicht hatte er versucht, aufzustehen und war hingefallen, gegen die Tür. Ein absurder Gedanke, dachte sie, aber es war immerhin möglich. Es hatte geklungen als habe sich etwas schweres gegen die Tür geworfen... oder als sei etwas Schweres dagegen gefallen. Sie lauschte einen weiteren Moment. Nichts. Dann hob sie langsam ihre rechte Hand und klopfte an das schwere Holz.

„Remus?"

Sie glaubte, das Geräusch ihres eigenen Klopfens innerhalb und außerhalb des Raumes nachhallen zu hören, aber das war wahrscheinlich nur eine Illusion die ihre überreizten Nerven ihr vorgaukelten, da ihr Klopfen das einzige Geräusch war, dass die Stille des Korridors durchbrach und das vielleicht gerade deswegen besonders laut gewirkt hatte.

Von innen kam nichts. Sie klopfte nicht noch einmal, wiederholte aber ihre Frage.

„Remus? Bist du da drin?... Remus, geht es dir gut?"

Plötzlich wurde die Stille erneut durchbrochen. Etwas scharrte an der Tür, Emily trat unwillkürlich einen Schritt zurück und starrte auf den Boden, wo die Tür einen kleinen Spalt zum Boden aufwies. Das Scharren wiederholte sich, ein Scharren wie von...Krallen. Sie wollte gerade wieder ihrer Neugier nachgeben als sich ein tiefes Grollen zu den Scharrgeräuschen gesellte. Ein Grollen, dass Emily an ein wildes Tier, am ehesten aber an einen Wolf erinnerte und doch so anders war, tiefer, unnatürlicher, so als sei es beinahe etwas, das durch eine menschliche Kehle dringe, aber von einer seltsamen und nicht klar zu fassenden tierischen Wildheit beseelt war.

Kratzen, Grollen....und dann ein Winseln gefolgt von einem leisen aber dennoch markerschütternden und langanhaltenden Jaulen, dass Emily einen Schauer über den Rücken jagte und sie gegen die gegenüberliegende Wand zurückweichen ließ. Ihr Herz raste und alle Instinkte befahlen ihr, wegzulaufen...doch sie tat es nicht. Sie verfluchte sich für ihre Neugier, sie hasste sich dafür, aber in diesem Moment glitt ihre rechte hand in ihre Hosentasche um die kleine Kugel herauszubefördern, die einer der Zwillinge wenige Minuten zuvor verloren hatte. Mit einer Klarheit und Unerschrockenheit, die sie selbst überraschte, vor allem angesichts der Tatsache, dass das Grollen von Zeit zu Zeit wiederkehrte und was immer auch hinter dieser Tür verborgen war weiterhin fieberhaft zu versuchen schien die schwere Tür mit Kratzspuren zu ruinieren, drehte sie die kleine Kugel einen Moment in der Hand und erinnerte sich an das letzte Wort, das das kleine Ding ihr gezeigt hatte. Sie hatte eine Ahnung wie dieses Ding funktionieren könnte, wenn sie alles richtig verstand, konnte man mit dieser kleinen Kugel durch Wände sehen...

Ihr Herzschlag hatte sich kaum beruhigt, aber dennoch fühlte sie sich seltsam ruhig. Was hatten diese Verrückten hier im Haus versteckt? Waren die wahnsinnig, irgendeine Bestie hier zu verstecken? dachte sie. Sie sollte schleunigst hier abhauen und sie nahm sich fest vor, Remus, wenn sie ihm das nächste Mal begegnete (denn nach diesem Vorfall verspürte sie wenig Lust, die Suche nach ihm fortzusetzen...nicht weil sie es aufgegeben hätte oder weil es ihr egal war, was mit ihm war, sondern einfach weil sie verdammt noch mal so schnell wie nur irgend möglich von hier weg wollte!!) danach fragen. Wenn Remus´ Zimmer auf diesen Korridor, ja sogar in dieser Ecke des Korridors lag, wie konnte er Tür an Tür mit irgendeiner Bestie leben? Er musste etwas davon wissen und sie würde ihn danach fragen!

Aber zunächst würde sie sich dieses Biest selbst ansehen. Sie hörte nicht mehr auf die kleine ängstliche Stimme in ihrem Inneren, die Neugierde hatte eindeutig die Oberhand über ihre Angst gewonnen. Sie hielt die Kugel hoch und registrierte nebenbei, dass das Kratzen und Winseln aufgehört hatte. Sie konnte einige dumpfe Tapser wie von schweren Pfoten vernehmen, scheinbar entfernte sich was auch immer in diesem Raum war, von der Tür und sie bemerkte wie ihre Fingerbewegungen fahrig wurden. Sie befürchtete, das Tier hinter der Tür würde aus ihrem Blickfeld verschwunden sein, ehe sie...

„Reperio!" sagte sie leise und drückte im selben Atemzug die kleine Kugel mitten gegen die schwere Tür. Einen Herzschlag lang geschah nichts und sie glaubte schon, sie habe den Zauber nicht zuwege gebracht, dann aber begann die Kugel dich vor dem Holz in der Luft zu schweben, um sie her breitete sich ein Kreis von waberndem bunten Licht aus, die kleine Kugel blieb im Zentrum schweben. Als der Lichtkreis etwa einen Durchmesser von 20cm besaß hörte er auf, sich auszuweiten, das wabernde Farbenspiel verblasste und....die Tür wurde durchsichtig!!!

Emily hielt den Atem an und trat ungläubig nah an die Tür heran, griff mit der rechten hand and die Tür, doch sie war noch da, die Stelle die von dem Lichtkreis bedeckt gewesen waren waren einfach nur durchsichtig wie Glas geworden, aber sie fühlte das Holz unter ihren Fingern.

Der Raum, in den sie blickte, lag im Zwielicht da, so dass sie nur die Umrisse der einzelnen Möbel und Gegenstände erkennen konnte und selbst diese nicht einmal allzu klar, ausgenommen der Dinge, die im Schein des Vollmondes dastanden oder- lagen. Rechter Hand sah sie ein einfaches Bett, die Laken unordentlich als habe sich jemand rastlos daraufgeworfen um nach wenigen vergeblichen Versuchen, Schlaf zu finden, wieder aufzuspringen. Vor dem Bett stand ein Stuhl.

Das Fenster befand sich von ihr aus gesehen auf der linken Seite. Es war weniger kunstvoll verziert als einige der Fenster die sie im Hauptkorridor eine Etage tiefer gesehen hatte, dieses bestand aus zwei Fensterflügeln, an den Seiten mit leichten Gardinen begangen durch die das Mondlicht ungehindert hineinschien. Die schweren Vorhänge darüber waren nicht zugezogen. Seitlich dem Fenster befand sich ein schwerer Schreibtisch, im ganzen Raum verteilt befanden sich mehrere Regale, schwere Regale, mit Bücher und einer Unzahl seltsamer Dinge vollgestopft.

In ihrer Überraschung, einen solchen Raum vor sich zu sehen (sie hatte es einfach nicht erwartet, denn wer versteckte eine Bestie in einem normal möblierten Raum? Das war noch verrückter, als es überhaupt schon war, so etwas zu tun) hatte sie das, was sie hatte sehen wollen, zunächst nicht einmal bemerkt. Erst als das Wesen sich bewegte und das Mondlicht durch sein Fell fuhr bemerkte sie es...

Ein großer grauer Wolf hatte sich vor dem Fenster zusammengerollt. Ein leichtes Zittern lief über seinen Körper, was dem ganzen Anblick eine seltsame Rastlosigkeit verlieh. Das Tier war größer als ein gewöhnlicher Wolf, wirkte aber auf eine ungewohnte Art und Weise beinahe majestätisch...und doch so fremd. Das Tier war zweifellos jenes, das zuvor an der Tür gescharrt und so unheimlich geknurrt und gewinselt hatte, jetzt jedoch lag es von dem beständigen Zittern abgesehen still in der Mitte des Raumes, im Mondlicht konnte Emily die Krallen an den Läufen deutlich sehen, sie waren messerscharf. Die Kreatur wirkte unendlich furchteinflößend... ein Wolf, aber zugleich ein Wesen das einem schlimmen Alptraum entsprungen sein könnte. Emily hatte zumindest nun geglaubt, dass sie fortlaufen würde, erst dann wieder anhalten würde, wenn sie die Tür ihres eigenen Zimmers fest verschlossen hatte. Aber sie tat es nicht. Sie trat noch näher an die Tür heran ... und stolperte leicht. Ihr rechter Fuß glitt zur Seite, - offensichtlich war sie über eine Falte des schweren roten Teppichs gestolpert- und sie musste sich ruckartig an der Tür festhalten, um nicht zu straucheln.

Ruckartig hob das auf dem Boden liegende wolfähnliche Geschöpf seinen Kopf. Obwohl Emily bereits ahnte, dass der Zauber des magischen Auges nur einseitig wirkte, das Biest sie also nicht sehen konnte, ging ihr der Blick, der sie traf, ein Blick aus stechenden gelben Augen die eindeutig nicht die eines Wolfes waren, durch Mark und Bein. Zunächst glaubte sie, es sei nur der Schrecken, der ihr in die Glieder gefahren war, dann aber bemerkte sie, dass es der Blick selbst war. In diesen Augen lag nicht allein ein animalischer Instinkt, nicht allein der Verstand eines Raubtieres, eines eingesperrten Raubtieres...sondern mehr. Und plötzlich wusste sie....

„Was tust du hier, Emily? Du solltest nicht hier sein."

Sie fuhr nur leicht zusammen, als sie die Stimme hinter sich hörte, nahm nur durch einen Nebel wahr, wie sich eine Hand auf ihre Schulter legte, als sie sich umwandte sah sie kaum das Gesicht von Dumbledore dem alten Zauberer sondern sie sah sich selbst in einer Reihe Kinder, die mit Taschenlampen auf dem Boden des Schlafsaales im Waisenhaus saßen. Sie hörte kaum die Worte des alten Zauberers, sondern die Worte von Susie McMillan, einem Mädchen aus dem Waisenhaus, das sich eine Taschenlampe unter das kleine Gesichtchen hielt vor vielen Jahren und das in piepsiger Stimme die schaurige Geschichte des Werwolfs von Tacker´s Mill erzählte....