Part 2
"Nagi? Willst du nicht langsam mal Schluss machen? Du sitzt schon die ganze Zeit vor dem Laptop! Du musst doch müde sein!" Ein blonder Junge kam rein, doch Nagi schien ihn nicht zu beachten und tippte weiter auf der Tastatur rum. Er hatte immer noch nicht alle Daten zusammen und das machte ihn nervös. Nicht, dass Crawford ihn gedrängt hätte, aber er wusste auch so, dass es mehr als wichtig war, Weiß möglichst schnell zu finden. Jetzt wo er wusste, dass sie noch lebten.
So leicht würden sie es SZ und Kritiker nicht machen. Ein Grinsen stahl sich auf das Gesicht des Jungen und sein Freund schaute ein wenig verwirrt aus der Wäsche.
"Nagi? Hast du mich gehört?"
Plötzlich, eine Fehlermeldung. Nagi starrte gebannt auf den PC, als Daten vor ihm abgespult wurden. Scheinbar ein ziemlich altes Programm... Na dann dürfte das nicht allzu schwer zu knacken sein. Er wollte gerade das nächste Passwort eingeben, als der Laptop einfach ausging. Aus, Schwarzer Bildschirm, vorbei. Entgeistert starrte der Dunkelhaarige auf den Plasmabildschirm. Das konnte doch nicht sein, sein Baby hatte ihn nie im Stichgelassen. Nie, nie, nie!
"So, hörst du mir jetzt zu?" Sein Freund stand neben ihm, in der Hand den Stecker vom Netzkabel. Nagi's Augen funkelten böse.
"Hast. Du. Den. Stecker. Raus gezogen?", betont langsam, sprach er diese Worte aus und richtete sich auf. Sein 'Freund' wich ein Stück zurück.
"Also... Weißt du... ich wollte doch nur, dass du mir zuhörst!", begann dieser und wunderte sich, woher die plötzliche Angst kam. Er kannte Nagi zwar noch nicht lange, dennoch fühlte er sich dem Jungen gewachsen. Er war gut ein halben Kopf größer und auch kräftiger.
"Wie kannst du es wagen! Weißt du eigentlich, wie lange ich für diese Codes gebraucht habe? Wie lange ich brauchte, um darein zu kommen? WEIßT DU DAS?" Nagi's Augen glühten, er konnte seinen Hass auf diese dämlichen Menschen kaum noch zügeln. "Das wirst du bereuen!", flüsterte er noch, bevor seine Kräfte zu wirken begannen.
"Warum bist du so schweigsam?" Eine junge Frau mit langen, glatten, schwarzen Haaren trat hinter Yoji und umarmte ihn. Dieser nahm einen weiteren Zug aus seiner Zigarette und schaute weiter in Richtung Tokio. Er hatte Glück gehabt. Eine Freundin vom Ihm - die er eigentlich nicht wieder sehen wollte - hatte ihn aufgenommen und schien mit der Situation zufrieden zu sein, doch er war unruhig und mit den Gedanken nicht bei der Sache. Selbst Sex konnte ihn nicht ablenken.
"Es ist nichts... Ich denke nur nach...!", gestand er und ignorierte die weichen Hände, die langsam über seinen Bauch strichen, um sich anschließend tieferen Regionen zu widmen.
"Du bist seltsam, tauchst einfach auf und bleibst bei mir... Ohne zu sagen, warum du nicht mehr zurück kannst. Ohne zu sagen, woher du genau kommst!" Sie streichelte ihn weiter, doch immer noch keine Reaktion.
"Es ist auch nicht wichtig!" Yoji hatte keine Lust, doch was sollte er machen? Er wusste nicht wo die anderen sind, wie es ihnen ging und ob sie überhaupt noch am Leben waren...
An diesem Abend kam Crawford mehr als genervt nach Hause. Nagi kam langsam hinter ihm her getrottet. Mein Gott hatte das Ärger gegeben. Wenn der Kleine sich da an das wutverzehrte Gesicht seines Leader ins Gedächtnis rief, lief ein Schauer über seinen Rücken. Und alles nur, weil er diesen Jungen eine knappe, halbe Stunde - kopfüber versteht sich - von der Decke hat baumeln lassen...
"Mach das noch einmal... Sei froh, das Schuldig gerade erreichbar war und seine Erinnerungen zerstört hat!" Nagi nickte. Es brachte nichts, etwas zu seiner Verteidigung zu erwidern... Crawford hätte eh ein Gegenargument parat.
"Hi Farf...!", begrüßte der Kleine den Weißhaarigen. Dieser nickte nur und widmete sich dann wieder seinem Messer, welches - seiner Meinung nach - dringend geschliffen werden musste. Und das natürlich mitten im Wohnzimmer, damit auch alles schön schmutzig werden würde. Das würde Gott sicherlich verletzen, wenn die Flecken nicht mehr rausgehen würden
"FARFARELLO!", donnerte Crawford, als er sah, was der Irre machte. "Ich habe dir doch gesagt...!" Er wollte gerade weiter reden, als Farfarello ihn unterbrach.
"Du hast gesagt, ich soll die Wohnung heil lassen! Bisher steht alles noch und der Teppich gehört ja nicht dazu!", antwortete er und Crawford konnte nur den Kopf schütteln. Das war doch wirklich... Ein leichter Schwindel durchlief seinen Körper.
"Nagi, mach weiter wo du aufgehört hast! Sie leben alle noch!"
"Eine Vision?" Der Ältere nickte. "Geht klar, ich mach!"
/Schuldig?/
/Was denn? Ich versuch gerade zu schlafen!/ kam die mürrische Antwort des Telepaten.
/In drei Tagen werden wir uns im Hauptquartier treffen! Bis dahin sollten alle Weiß Assasins gefunden sein! Danach werden wir ihnen unser Angebot unterbreiten!/
/Ist irgendwas?/
/Ich bezweifle, das Abyssinian so etwas hören will! Momentan schläft er, aber sobald er wach ist, versucht er abzuhauen, ist richtig ängstlich! Ich habe keine Ahnung, was passiert ist, dass er sich so verhält und jedes mal wenn ich nachlesen möchte, wirft er mich raus, obwohl er wahrscheinlich nicht einmal weiß wie... Es muss etwas passiert sein und ich weiß nicht, ob er stark genug sein wird, um über diese Sache zu reden./
/Versuch rauszubekommen was möglich ist und ihn hier herzubekommen... Wir werden sehen wie es dann weitergeht!/ Er merkte, dass Schuldig nicht mehr antworten würde.
Einen Tag später:
Schuldig fuhr sich nachdenklich durch das Feuerorange Haar. Er hatte kaum schlafen können und dies machte sich nun bemerkbar. Tiefe Augenringe, zerwühltes Haar und schreckliche Kopfschmerzen waren die Folge. Nun gut, er musste ja auch auf der Couch schlafen, da Aya sein Bett bekommen hatte; und diese Couch war mehr als unbequem. Wahrscheinlich hatten sich jetzt sämtliche Federn in seinen eh schon strapazierten Rücken gebohrt.
/Verdammt... Erst mal eine Dusche.../ gedanklich stand er schon unter der warmen Brause, als ein Keuchen aus seinem Zimmer drang und ihn herumfahren ließ. /Holt der sich jetzt einen runter?/ waren seine ersten Gedanken. /Blödsinn!/ gefolgt von einer Mentalen Ohrfeige, da er sich die Situation gerade Bildlich vorgestellt hat. /Er ist zu sehr verletzt... Außerdem; Wer glaubt schon, dass Mister Ich-bring-euch-mit-meinen-Blicken-um, so etwas überhaupt schon mal gemacht hat. Aber, die Vorstellung.../ Ein weiteres Keuchen holte ihn in die Realität zurück. /Gut, seh' ich einfach mal nach.../ geschlagen ging er in das Zimmer.
Aya lag schweißnass in seinem Bett, das weiße Seidenlacken klebte unangenehm an seiner Haut und ließ ihn frösteln. Was war das bloß wieder für ein Traum? Er konnte sich kaum an etwas erinnern. Nur Schatten, Schmerzen, Dunkelheit die ihn einschloss und für sich beanspruchte.
"Hey! Kätzchen wach auf!" Eine Hand fasste ihn sanft an die Schulter und Aya zuckte zusammen. Er zitterte immer noch, doch nun war es nicht mehr nur die Kälte, sondern aus Angst. "Bleib ruhig, ich tu dir nichts!" Langsam öffnete der Weiß Leader seine Augen und blickte in das Gesicht über ihm.
Grün, verwaschene Smaragde blickten ihn teils spöttisch, teils besorgt an.
Schuldig wusste nicht, was der Rotschopf geträumt hatte, die Bilder und Gedanken waren zu verwirrend, zu absurd, dennoch konnte er jetzt schon sagen, dass sie alles andere als beruhigend waren. Das war kein normaler Alptraum.
Aya wollte sich aufrichten, fliehen, doch ihm fehlte wie erwartet die Kraft für so ein Unterfangen. /Hey, Kätzchen! Wann begreifst du es eigentlich? Ich. Tu. Dir. Nichts! Brad würde mich lynchen und ich selbst hätte auch nichts davon, außer einem blutigen Laken. Und nun halt still, ich muss die Verbände neu machen!/
/Fass mich nicht an!/ fauchte Aya mental zurück, doch Schuldig ließ sich davon nicht abhalten.
/Sonst was?/
Schnell waren Verbandszeug und Salbe hergeschafft. Er half Aya sich leicht aufzurichten und nahm den alten Verband ab. Die Wunden sahen schon nicht mehr ganz so schlimm aus. Schien ein gutes Zeichen zu sein.
Nachdem alles verbunden war, betrachtete Schuldig sein Werk kurz, befand es für gut.
"So, ich bring dir jetzt etwas zu Essen! Und wage es nicht, es nicht zu essen! Dein Körper braucht Nahrung, auch wenn du es nicht wahr haben willst!"
Der Telepath verschwand in die Küche und ließ Aya mit seinen Gedanken alleine.
Warum war der Schwarz denn so nett? ... Musste ja irgendeinen tieferen Sinn haben. Wenn sie sonst so engen Kontakt miteinander hatten, lag das meistens daran, dass einer von beiden, dem anderen an der Kehle hing.
/Na mit duschen muss ich wohl noch warten.../ dachte Schuldig, nachdem er Brötchen vom Vortag herausgekramt hatte und diese mit Aufstrich bestrichen hatte. Er entwickelte sich ja zu einer richtigen Glucke... Machte sogar Essen für die Katze. /Na um Haustiere muss man sich ja kümmern!/
"Ken! Verdammt, wach auf! Da ist jemand!" Er schüttelte seinen Freund vorsichtig und dieser war sofort hell wach. Gehetzt schaute er sich um und als er die beiden Männer in den schwarzen Anzügen sah, wurde er leicht weiß.
"Sind das...!", flüsterte er. Omi nickte und zeigte in Richtung einer kleinen Nische.
"Los, komm!" Er zog seinen Freund ein Stückchen und dieser verstand.
Erst jetzt merkte Ken, wie hilflos er ohne seine Waffen war, ohne die enge Gemeinschaft der anderen. Was hatten sie bloß getan, das Kritiker sie töten wollte und es wohl immer noch will?
"Hey! Ihr da, bleibt stehen!" Omi schreckte zusammen und zog seinen Freund hoch.
"Komm!" rief er, das Geschrei der Männer ignorierend. Sie flüchteten durch die enge Nische und fanden sich kurze Zeit später, auf einer großen Promenade wieder. Es war zwar noch früh am Morgen, dennoch sammelten sich schon viele Menschen auf dem Platz. Gut, hier würde man sie in der Menge schlecht ausmachen können.
"Los, wir müssen weiter!", drängte der Kleine seinen Freund und zog ihn am Arm mit. Ken zuckte zusammen, als er unbewusst sein verletztes Bein belastete. Verdammt, das tat vielleicht weh...
"Omi! Nicht so schnell!" Er versuchte seinem Freund zu folgen, doch dieser schien ihn gar nicht zu hören und verschwand schnell aus Kens Augen. Ken wollte gerade hinterher, um ihn wieder zu finden, doch da wurde er schon in eine Seitengasse gezerrt und mit einem Tuch vor Mund und Nase betäubt. Seine letzen Gedanken waren noch das Zeug nicht einzuatmen, doch sein Vorhaben scheiterte kläglich.
"Nagi! Mach Schluss und leg dich hin! Du hast die ganze Nacht hiervor gesessen." Brad reichte dem Kleinen ein, mit Milch und Zucker angereicherten Kaffee, den dieser nur zu gerne annahm. Seine Augen taten ihm weh und ebenso die Finger.
"Deine Vision hat sich bewahrheitet was den Plan SZs angeht! Er will uns tatsächlich aus dem Weg räumen." Nagis Stimme klang rau und müde. Crawford nickte.
"Gut, umso wichtiger, dass wir die Weiß endlich finden! Ich habe Farfarello losgeschickt, um sich umzusehen. Es ist zwar sehr zweifelhaft, das etwas dabei rausgekommen ist..."
"Ich tu mein Bestes...", meinte der Kleine und vertiefte sich wieder in seine Arbeit. /Diese verdammten Sicherheitscodes.../
"WAS? Sie haben sie entkommen lassen?" Sagaka-san war außer sich und das ließ er seine Gefolgsleute auch spüren. Der erste viel nach einem Schuss tot zu Boden. "Wie könnt ihr es wagen sie entkommen zu lassen!", flüsterte er bedrohlich.
Was war das nur für ein unglücklicher Haufen? ... Fast schon mitleidig schaute er auf den eben, umgebrachten Mann. Doch dieser Blick war nur kurz. Er musste ihn umbringen, sonst würden die anderen den Ernst der Lange nicht verstehen. Sie waren alle noch sehr jung, nicht älter als 25, dennoch verstanden sie es mit Waffen umzugehen. /Doch das allein reicht nicht/ dachte er grimmig.
"Wo habt ihr sie gefunden?"
"Shinjoku! Wie erwartet ist einer von ihnen, Siberian, verletzt! In diesem Zustand dürfte er nicht lange durchhalten. Und Bombay ist ohne seine Freunde so gut wie gefasst. Immerhin ist er erst 17!"
"Ihr werdet auf der Stelle losgehen, um sie zu finden! Kritiker duldet keine Misserfolge!" Die Männer nickten, verneigten sich und verließen schnell den Raum. Ihnen war Sagaka-san nicht geheuer. Er hatte etwas Bedrohliches, Kaltes an sich.
Innerlich tobte ein Sturm in dem großen, schlanken aber nicht muskulösem Mann. Seine braunen Haare waren strähnig und die sonst blitzenden Augen trüb. /Zu wenig Schlaf../ dachte er und strich sich Strähnen aus dem Gesicht. Ihm gefiel nicht, wie alles lief. Bombay, Siberian! Er wollte nicht diese beiden Anfänger! Er wollte Abyssinian, den Kopf von Weiß!
"Gut, werden wir warten! Ich bekomme doch noch... Ran!"
"Ken? KEN?" Omi drehte sich hastig in der Menge um. Eben war er doch noch genau hinter ihm und... "Verdammt! Das kann doch nicht wahr sein!" Er schlug mit der Faust gegen die nächste Wand. /Wie konnte ich ihn auch... Ich hätte... Ich Idiot!/ verfluchte er sich. Wie konnte er seinen Freund, den er - der ihn - so dringend brauchte. Sie waren allein, hatten sich gefunden und nun hatte er, Omi, es versaut, nur weil er in Panik einfach durch die Menge gelaufen war, ohne groß auf seinen Freund zu achten.
Ein weiteres Mal hob Omi den Kopf.
"Ken!", rief er in die Menge neben sich, doch keine Antwort. Die Laute guckten schon und Omi bekam ein flaues Gefühl im Magen. /Wenn jetzt einer der.../ er wollte gar nicht weiter drüber nachdenken, sondern verschwand katzenartig. So wie er es sonst immer mit seinen Freunden gemacht hatte, ohne dass sie jemals gesehen wurden. Nur eine schwarze, zierliche Katze schaute ihn verwundert hinterher. Sie hatte ihn sehr wohl gesehen, doch was interessierte eine Katze den Weg der Menschen...
Rein gar nichts! Genau!
Und so verschwand auch sie, wie einst die Rötliche, in den Straßen der Stadt, ihrem Schicksal entgegen. Ohne zu wissen, dass der Hund, der sie töten wird, um der nächste Ecke lauern könnte.
Schuldig starrte Aya böse an. Aya starrte Schuldig böse an.
Und das seit gut zwei Stunden.
Warum musste der Rotschopf eigentlich so stur sein? Da macht man ihm sogar Essen, bringt es ihm ans Bett und dann? Isst er einfach nicht!
Anfangs hatte Schuldig noch versucht auf ihn einzureden, ihn sogar Mental zu zwingen. Doch Aya hatte ihn geschickt rausgeworfen und blieb einfach unter der Decke liegen.
Erst als Schuldig angefangen hatte zu meckern und zu zetern hatte er die Decke über den Kopf gezogen, um möglichst wenig zu hören. Doch was wäre ein Telepath, wenn er nicht einfach in Gedanken weiter gewettert hätte.
Aya glaubte sein Kopf würde jeden Moment platzen. Und da er nicht genau wusste, wie er Schuldig aussperren konnte, musste er sich alles anhören.
Am Ende der ersten Stunde hatte Aya sicherlich einen Grossteil, deutscher Schimpfwörter auswendig gelernt, auch wenn er sie nicht verstand. Dies lag wohl daran, dass der Orangehaarige seinen Plan - japanische Schimpfwörter zu lernen - noch nicht in die Tat umgesetzt hatte.
Aber nachdem dem Deutschen immer noch nicht die Lust auf das Fluchen vergangen war, hatte Aya kurzer Hand die Decke aufgeworfen und Schuldig angemeckert. Oh, aber Schuldig wäre nicht Schuldig, wenn er sich von so etwas verunsichern lassen würde.
Er schaute den Rotschopf tödlich an und schoss unsichtbare Blitze in seine Richtung.
Und Aya - der Mann mit dem schau-mir-in-die-Augen-und-erfrier-anschließend Blick - hatte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen und feuerte nun seinerseits auf Schuldig.
"Ach verdammt, dann verhungere doch! Pffff...!", fauchte Schuldig nach einer Weile. Im war das alles zu blöde. Sollte der Assasin doch verhungern, ihn ging das ganz sicher nichts an. Das einzige Problem, welches er am Ende hätte, wäre es, die Leiche Ayas wegzuschaffen... Aber das würde er sicherlich auch noch hinbekommen! So stand er gelassen auf und verließ das Zimmer, um seine schon viel zu lange aufgeschobene Dusche zu nehmen.
Aya starrte ihm einfach hinterher, ohne zu wissen, wie er reagieren sollte. Ihn hatte es sowieso gewundert, das Schuldig, der Mann der seine Eltern, seine Schwester, nein, sein ganzes Leben getötet hatte, so freundlich zu ihm war. /Ich sollte mir nicht so viele Gedanken machen. Ich werde nichts von dem anrühren, was er mir geben will! Lieber sterbe ich den Hungertod, als etwas vergiftetes zu mir zu nehmen.../ Sein Magen musste seine Worte entweder nicht verstanden haben, oder aber er war absolut anderer Meinung als Ayas Geist, denn der Rotschopf hatte den Gedanken kaum zu Ende gesprochen, da knurrte sein Magen. Trotzig schaute er in eine andere Richtung, ganz gleich welche, nur nicht zum Essen. Er schaute kurz die Wand an und blinzelte dann. In dem Moment kam er sich wie ein kleines Kind vor, welches einfach nur aus Trotz etwas nicht machen wollte.
Vorsichtig linste er zur Tür und dann in richtig Teller, den Schuldig stehen gelassen hatte.
/Na geht doch... Und ich dachte er wird nie vernünftig....!/ grinste Schuldig unter der Dusche, als er in Ayas Geist sehen konnte wie dieser die Brote nahm. /Braves Kätzchen!/ schnurrte er in Gedanken und streichelte liebevoll Ayas Geist.
Benommen öffnete Ken seine Augen. Er befand sich in Sitzposition an eine Wand gelehnt und wollte sich gerade aufrichten, als ihn ein scharfer Stich durchfuhr. Verdammt, sein Schädel schmerzte, als wäre er gegen eine Wand gelaufen. Wem zum Teufel hatte er das zu verdanken? Wo war der Angreifer von vorhin?
Er guckte sich hastig um, als er eine Bewegung im Augenwinkel wahrnehmen konnte. Doch anstatt die Person richtig erkennen zu können, schwindelte ihm und die Umgebung verschwand abermals vor seinen Augen.
"Verflucht!", machte er seinem Ärger Luft und hielt sich den schmerzenden Kopf.
Plötzlich erklang ein leicht amüsiertes Lachen.
"Hehe... Fluche ruhig über den Namen Gottes, dessen Kind du bist! Das verletzt ihn!", meinte die Stimme. /Was.../ er kannte nur eine Person, die es interessieren würde, ob etwas Gott verletzt, oder nicht.... "Aber ich würde meinen Kopf nicht so schnell bewegen. Das macht Schmerzen...!" Ein weißer Haarschopf trat in das spärliche Licht, welches durch ein kleines Fenster in der Wand schien. Kurz darauf folgte die restliche Person.
"Farfarello...!?", keuchte Ken und drückte sich an die Wand. Wenn das nicht sein Ende war, wusste er auch nicht, wie er es nennen sollte. Er, verletzt, in einem geschlossenem Raum, mit der einzigen Person in seinem Leben, mit der er solch eine Situation unter keinen Umständen nicht miterleben wollte.
"Hmm... Ich bin mir sicher, Schuldig hätte in diesem Moment gerne in deinem Kopf rumgespuckt!", lachte der Irre und blinzelte Ken an. Diesem war nicht entgangen, dass der Schwarz sein Messer in der Hand hatte und es verspielt in die Luft warf.
"Es ist mir egal, woran Mastermind Freude hätte! Wenn du mich umbringen willst, tu es gefälligst gleich und hör auf zu spielen!", fauchte Ken und startete wieder einen Versuch aufzustehen. Mit ein wenig Glück gelang ihm dies auch und er lehnte sich schwer atmend an die Wand. Erst jetzt viel ihm der Pochende Schmerz in seinem Bein ein.
Er schaute an sich runter, doch was er sah, ließ ihn an der Situation zweifeln. Sein Bein war versorgt worden, auch wenn es ziemlich schmerzte. Langsam schaute Ken sich um.
Es war deutlich, das sie beide weder eingesperrt noch sonst gefangen waren, aber warum zum Teufel hatte er diesen Verband um und lebte noch?
"Oh glaub mir, wenn ich vorgehabt hätte dich zu töten, hätte ich es sofort getan! Schön langsam und quälend...!" Er schaute verträumt drein, wurde dann aber wieder ernst. "Aber ich habe es nicht! Und nun, sieh zu, dass du auf die Beine kommst, wir müssen los!" Er drehte sich um und ging ein paar Schritte auf die Tür zu.
"Glaubst du im Ernst, dass ich mit dir gehe? Nein, sicher nicht! Ich hab zwar keine Ahnung, warum du mich am Leben gelassen hast, aber glaube nicht, dass ich dir deswegen dankbar bin! Wir sind und bleiben Feinde!" Farfarello schaute ihn nun wieder an und erst jetzt bemerkte Ken, dass dieser seine Augenklappe nicht trug. Er hatte noch beide Augen und diese blitzten ihn an, wie Sterne am Himmel.
"Dessen bin ich mir völlig bewusst!" Er ging kurzer Hand auf Ken zu, und warf diesen sich über die Schulter. Ken wusste die ersten paar Sekunden gar nicht wie ihm geschah, doch nachdem die Nachricht langsam in sein Bewusstsein gesickert war, begann er zu zappeln und um sich zu schlagen. Er hörte erst auf, als Farfarello ihn einfach fallen ließ.
"Könntest du damit aufhören? Ich hab zwar nichts gegen Schmerzen, aber dennoch nervt es, wenn du wie ein Irrer um dich schlägst!" Ken guckte nicht schlecht. So eine Wortgewalt hätte er dem Weißhaarigen gar nicht zugetraut... Langsam stand der Braunhaarige auf.
"Gut,... Ich komme mit...!" willigte er ein und Farfarello grinste zufrieden.
"Braves Kätzchen!", meinte er und verschwand durch die Tür, gefolgt von Ken.
Ob er mit seinen Worten nun Ken gemeint hatte, oder aber die silberne, bräunliche Katze mit dem längeren Fell, die ihnen aufmerksam zusah, bleibt offen.
Sicher ist nur, das diese Katze sich jetzt auf den Weg macht, vielleicht zu ihrem zu Hause, vielleicht aber auch einfach dort hin, wo Katzen hingehen, wenn sie kein Zuhause haben...
