Kapitel 12

Vergeben und Weitergehen

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Sirius schritt nervös im Kreis umher und warf immer wieder nervöse Blicke zur Tür. Gedanken wirbelten ihm durch den Kopf, einer nach dem anderen, und er konnte sie nicht stoppen. Er fühlte sich wie ein Hamster im Laufrad.

Nach einer qualvollen halben Stunde öffnete sich die Tür. Harry trat hinaus, gefolgt von Dumbledore. Harry sah aus, als hätte er geweint. Harry schritt langsam auf beide zu, unsicher, was er tun sollte.

„Sirius..." sagte Dumbledore leise. „Vernon Dursley's Beerdigung sollte inzwischen vorbei sein, ich möchte, dass du mit Harry zu dem Grab gehst."

„Was?" fragte Sirius fassungslos. Er konnte nicht glauben, was er da eben gehört hatte. „Warum?"

Plötzlich fuhr das Gargoyle hoch und Severus erschien. „Schulleiter, sie wünschen mich zu sehen?"

„Ja," sagte Albus. „Sirius, Severus wird euch beide auf den Friedhof begleiten."

„Möchtest du mir vielleicht erst einmal erklären, was hier überhaupt läuft?" fragte Sirius ärgerlich.

„Es wird Zeit, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, Sirius," sagte Albus. „Zeit, um den Dursleys Lebewohl zu sagen."

Sirius Unterkiefer klappte auf. „Das ist doch wohl nicht dein Ernst! Sie haben es nicht verdient!"

„Haben sie schon," sagte Harry. „Er wollte nur, dass seine Familie glücklich ist."

Sirius starrte seinen Patensohn fassungslos an und wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, aber der Schulleiter schüttelte den Kopf. „Harry..."

„Es ist sein Wunsch, Sirius," sagte Albus leise. „Wenn er danach in Frieden lebt, dann lass ihn hingehen."

Severus nahm Harrys Hand. „Dann lass uns losgehen. Komm."

Sirius schaute Harry lange an. Vernon Dursley hatte viel bewirkt. Selbst nach seinem Tod war sein Neffe dazu bereit, ihn zu befreien, ihm zu vergeben. Wenn er, Sirius, an Harrys Stelle wäre, er würde das nie machen, er würde nicht einmal daran denken, das zu tun.

„Wenn du es unbedingt willst, dann soll es so sein," sagte Sirius gezwungen, obwohl er es immer noch nicht verstehen konnte, wie Harry freiwillig zu dem Grab der Person gehen wollte, die ihm das Leben zur Hölle gemacht hatte.

„Danke." Wisperte Harry.

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Der St. Phillips Friedhof war sehr gepflegt. Das Gras war selbst in den heißen Sommermonaten saftig grün, die Bäume waren gestutzt und alle Blumen waren ausreichend gegossen, blühten in ihrer ganzen Pracht und verbreiteten einen wohlriechenden Duft. Die Grabsteine standen in geraden Linien aus allerlei verschiedenem Gestein, mit den Namen derer eingemeißelt, an die man sich für immer erinnern sollte.

Vernon's Beerdigung war am Vortag, aber nicht viele waren erschienen. Die Dursleys waren auf dem ganzen Planeten verstreut, und alle hatten ihr Beileid in Briefen ausgedrückt. Die Familie Dursley hatte sich nie wirklich die Zeit genommen, die Verwandten gut kennenzulernen, man hatte den näheren Verwandten Karten zu Weihnachten oder zum Geburtstag geschrieben, mehr aber auch nicht. Jeder Dursley hatte sein eigenes Leben und seine eigenen Angelegenheiten, und jeder war zufrieden damit.

Vernon's Geschäftspartner von seiner Firma Grunnings waren erschienen. Magda kam und trauerte sehr um ihren Bruder. Sie blieb über Nacht in dem Hotel, in dem auch Petunia und Dudley wohnten, und fuhr am nächsten Tag wieder zurück zu ihren Hunden. Trotzdem war Petunia froh, dass sie erschienen war.

Nun, als sie alleine vor dem Grab ihres Mannes stand, fühlte sie, wie der Schock, die Trauer und das Gefühl der Hilflosigkeit sie übermahnten. Wo sollte sie hingehen, ohne ihren Mann? Das Haus war abgebrannt, sie musste auf Dudley aufpassen, sich um die Versicherung kümmern und Rechnungen bezahlen. Sie kannte sich überhaupt nicht mit solchem Papierkram aus. Vernon hatte das immer gemacht. Sie war nur zuständig für Dudley und das Haus gewesen. Sie musste nie etwas anderes machen, und dafür musste sie nun bezahlen.

Dudley war im Hotel, er wollte nicht mitgehen (es war zu heiß), er wollte lieber fernsehen. Der Tod seines Vaters hatte ihn nicht so sehr mitgenommen. Petunia dachte, dass er noch nicht verstehen würde, dass er seinen Vater nie wieder sehen würde.

Stumme Tränen rannen Petunia übers Gesicht. Sie kniete sich hin. „Warum hast du mich verlassen?" flüsterte sie mit zitternder Stimme. „Was soll ich jetzt machen? Ich war noch nie selbstständig, das weißt du doch."

Sie blieb den ganzen Morgen am Grab und dachte über ihr Leben nach: Die Vergangenheit. Die Gegenwart. Die Zukunft.

„Tante Petunia?"

Petunia blickte auf. „Du."

„Geht es dir gut?"

Petunia starrte ihren Neffen eine Minute lang an. „Ja. Ja, mir geht es gut. Was machst du hier?" sie drehte sich zu dem Grabstein um. „Bist du gekommen, um mich schadenfroh anzusehen? Bist du jetzt glücklich? Wir haben letztendlich bekommen, was wir verdient haben," sagte sie bitter.

Harry's Hand umklammerte den Spiegel, den Dumbledore ihm gegeben hatte. „Nein, Tante Petunia."

Petunia antwortete nicht. Beide standen dort, 20 Minuten lang, in Stille. Dann holte Harry langsam den Spiegel heraus. Der Nebel wirbelte einige Sekunden lang stärker denn je umher, doch er klärte sich danach sofort. Er leuchtete kurz auf. Danach war er klar. Und zerbrach.

Harry öffnete die Hand. Ein starker Windstoß wehte die Teile davon. „Ruhe in Frieden, Onkel Vernon."

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Es stoppe. Ganz plötzlich. Vernon fühlte, wie die Taubheit sich in ihm ausbreitete, alles in Beschlag nahm, seinen Körper, seine Haut, seine Seele. Er war tot.

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Petunia schloss die Augen und hob den Kopf. Sie holte tief Atem. „Harry?"

„Ja, Tante Petunia?"

Sie öffnete die Augen und erinnerte sich, wo sie war. „Ich bin müde."

Harry blinzelte seine Tränen weg. „Ich weiß."

„Lass uns das beenden, einverstanden?"

„Bitte."

Petunia stand auf und drehte sich zu Harry um. Sie lächelte leicht, ein Lächeln der Traurigkeit. Sie legte einen Arm um Harry. Er schaute sie an. Dann umarmte er sie.

„Es ist in Ordnung, Tante Petunia. Lass es raus."

Und Petunia ließ es aus. Sie brach in Tränen aus. Tränen des Leidens, Tränen der verlorenen Hoffnung, Tränen des Schmerzens. Sie weinte und weinte. Harry drückte sich fest an sie.

„Es tut mir Leid, ich-"

„Es ist in Ordnung," wisperte Harry.

„Du bist ein Guter Junge, Harry," sagte Petunia leise, als ihre Tränen verebbten. „Es tut mir so unendlich Leid, dass wir das nicht früher gemerkt haben."

„Es ist nie zu spät."

„Für mich ist es das. Du hast dein ganzes Leben noch vor dir, Harry. Lebe es glücklich."

Petunia lächelte ihm noch einmal zu, dann lief sie langsam zum Ausgang.

„Du auch," flüsterte Harry leise, nachdem sie schon außer Sicht war. Er drehte sich um zu dem Grab seines Onkels. Er schwieg einige Minuten. Er las die Inschrift auf dem Grabstein.

„Vielleicht tust du es nicht, aber ich tue es, Onkel Vernon. Ich hab dich lieb."

Er legte die Hand auf den kalten Stein. Plötzlich hörte er Schritte hinter ihm. Severus und Sirius kamen auf ihn zu.

„Ist alles in Ordnung?"

Harry nickte, die Augen gen Boden gerichtet. "Ja."

Sirius Hand umschloss seine.

„Wirst du mir vergeben?"

„Was gibt es zu vergeben?" fragte Harry zurück.

„Alles."

"Ich denke schon."

Sirius lächelte. „Also... wird alles wieder normal?"

Harry schaute auf. „Ich... Kannst du mir etwas Zeit geben?"

Sirius machte schon den Mund auf, aber seine Kehle wurde trocken. Er nickte stumm.

Severus legte eine Hand auf Sirius' Schulter. Severus nickte ihm zu und verließ beide leise. Sirius und Harry standen alleine vor dem Grab. Man hörte ganz leise ein ‚plop' und beide wussten, dass Severus disappariert war.

„Es ist immer noch sehr früh," sagte Sirius langsam. Er schaute nach oben in die Luft. Ein Vogel flog über ihn hinweg, die Flügel ausgestreckt. Er war frei wie der Wind.

„Wie wäre es mit einem Spaziergang?"

Harry sagte nichts, aber Sirius verstand. Zusammen gingen sie zwischen den langen Reihen des Friedhofs hindurch.

Hogwarts konnte warten.

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THE END

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Wow!!! Ich kann es kaum glauben, dass es jetzt vorbei ist! Ich hoffe, euch allen hat die Story gut gefallen. Die letzten drei Kapitel kamen leider sehr schnell hintereinander, aber wie versprochen wurde ich rechtzeitig fertig.

Ich habe (wie ich schon öfter schrieb) schon weitere Geschichten zum Übersetzen in Aussicht, das werden jedoch keine Klein-Harry Geschichten sein. Ich werde außerdem mit dem ersten Kapitel warten, bis ich etwa die Hälfte übersetzt habe, um lange Wartezeiten zu vermeiden, da ich es selber hasse, wenn man ewig auf ein neues Kapitel warten muss.

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr diese Stories lesen würdet. Wann ich sie hier hochlade, kann ich noch nicht genau einschätzen. Ich versuche es natürlich so schnell wie möglich.

Ich möchte (auch im Namen der Autorin) allen danken, die während des letzten halben Jahres reviewt haben und immer geduldig gewartet haben. Die Autorin freut sich riesig darüber, dass die Geschichte so gut bei euch angekommen ist. Danke!

Außerdem möchte ich denen danken, die noch in Zukunft auf diese Fanfiction reviewen werden (ich hoffe, das werden einige sein!)

Macht's gut,
Eure shila848