Draco Dormiens Nunquam Titilandus
- Schlafende Drachen soll man nicht wecken -
Harry Potter und das Geheimnis von Azkaban
Akt 1
Die Blutchroniken
Kapitel 4
Zurück nach Hogwarts
Es war sicher nicht Rons klügste Entscheidung gewesen, doch immerhin hatte ein mehr oder weniger toter Dementor auf dem Schreibtisch von Amelia Susan Bones die Sache ins Rollen gebracht. Amelia Bones war eine recht ausgedehnte Hexe mit markantem Unterkiefer und Monokel und Leiterin der Abteilung für magische Strafverfolgung, kurz Rons Chefin. Seit etwa fünfzehn Minuten saß sie jetzt in ihrem Büro und ihr Blick wechselte von einem an die vier Meter großen schwarz bewandtem und vermutlich toten Dementor, der regungslos der Länge nach auf ihrem Schreibtisch lag, hinüber zu Ron, der mit verschränkten Armen auf einem der beiden Stühle vor ihrem Schreibtisch Platz genommen hatte. Amelia Bones Blick lies sich am besten mit dem eines Drachen vergleichen: Ausdruckslos, die Augen auf und ab huschend, lauernd, jedoch absolut ruhig. Natürlich wusste Ron, dass sie sich gerade eine Schimpfkanonade zurechtlegte, aber das war momentan nebensächlich. Wenn er hiermit erreichen konnte, was er erreichen wollte.
„Lassen sie mich das ganze noch einmal wiederholen, Weasley." begann Madam Bones lauernd. Sie verengte ihre Augen zu bösartigen Schlitzen, vergrub ihr Monokel so tief in ihrer Haut, dass sich rote Striemen an ihrem Auge bildeten. „Sie waren bei Miss Granger zu Hause und haben ihr vom Tod ihrer Mitstudentin Sarah Gambon berichtet, wozu sie im Übrigen keinerlei Befugnis hatten." „Ja, Ma'am, aber -" „Des Weiteren haben sie zu gelassen, dass zwei Dementoren sich gewaltsam -" „Zwei Dementoren und eine unbekannte dritte Person, Ma'am." warf Ron ein. Er musste ehrfürchtig feststellen, dass der wütende Magentaton in Amelia Bones Gesicht sogar den seiner Mutter in den Schatten stellte, wenn diese auf Hochtouren war. Amelia Bones räusperte sich.
„Des Weiteren haben sie zu gelassen, dass zwei Dementoren und eine dritte unbekannte Person" korrigierte sie sich. „sich gewaltsam Zutritt zu Miss Grangers Wohnung verschafften. Und sie haben danach ... was getan!?" erkundigte sie sich noch einmal, doch die unausgesprochene Drohung in ihrer Stimme verschaffte Ron einen Kloß im Hals, den er mit Mühe herunterschluckte.„Ich - Hermine und ich haben sie bekämpft und -" „- besiegt." schloss Madam Bones. „Ja, das ist recht offensichtlich." Sie lehnte sich weit zurück in ihren bequemen Ledersessel und nahm sich ihr Monokel aus dem Auge. Sie stand auf und ging langsam um ihren Schreibtisch herum. Ron hatte Recht. Das Monokel hatte rote Striemen unter ihrem rechten Auge hinterlassen. Doch das war jetzt sein kleinstes Problem. Amelia Bones hatte ihren Drachenblick abgelegt und stand ihm jetzt mit einem neutralen, ausdruckslosen Gesicht gegenüber. Auch wenn jemand Amelia Bones nicht kannte, so war jedem klar, dass das weit entfernt von gut war.
„Mein lieber Junge ..." begann sie und beugte sich zu Ron hinunter, legte ihre Hände auf seine Schultern. Ron sank immer mehr in seinen Stuhl, gleichzeitig drückte sie ihn gegen die Lehne. „Mir scheint, sie haben über ihre plötzliche Beförderung den Blick für das Wesentliche verloren." Noch war ihre Stimme ruhig. Zu ruhig.
„Wie, in Merlins Namen, kommen sie dazu zwei Dementoren im untersten Stockwerk eines Muggelhauses zu bekämpfen!? Ein kleines beschauliches Muggelhaus mit drei Stockwerken, gerade groß genug, dass jeder Bewohner problemlos mitbekommen konnte, wie sie ganz offen gegen etwas kämpfen, dass für Muggel nicht sichtbar ist, mit einer Waffe die für Muggel nicht begreifbar ist!" Ihre Stimme wurde ein wenig höher. Sie griff hinter sich und drückte ihm einen Brief auf die Brust. Überrascht musterte Ron das Papier. Es war einmal Pergament, mit dem Siegel des Zaubereiministeriums. Eingewickelt in das Pergament war ein Papier mit dem Siegel der Londoner Polizei. Der Brief war vom Polizeichef an das Zaubereiministerium adressiert und war an Amelia Bones adressiert und schilderte mehr oder weniger deutlich was geschehen war. Zumindest für Muggel deutlich.
Sehr geehrte Vertreter des Zaubereiministeriums,
heute morgen um 6.51 Uhr erreichte uns die Nachricht, dass die Bewohner des Hauses Nummer Vierzehn der Alexander Avenue in London, sowie Anwohner der umliegenden Häuser, laute Schüsse gehört haben. Mehrere Anwohner können bezeugen, dass ein rothaariger Unbekannter Miss Hermine Granger, Wohnhaft im oben erwähnten Wohnhaus, mit einer stabähnlichen Handfeuerwaffe bedrohte, erst aus dem Haus in den Garten schubste und danach wieder ins Haus zerrte. Zwischenzeitlich war deutlich Lärm zu hören. Als wir am Tatort eintrafen, war die Wohnung verwüstet und es zeichneten sich deutliche Kampfspuren ab, jedoch von einer Art, die unsere Spurensucher nicht identifizieren können. Anhand dessen und der Beschreibung der Handfeuerwaffe des Verdächtigen, nehme ich an, dass der Überfall und die mögliche Entführung von Miss Hermine Granger in ihren Zuständigkeitsbereich fällt.
Meine Leute haben Anweisung das heute gesehene zu vergessen. Das Geheimhaltungsabkommen bleibt intakt. Ich wünsche ihnen viel Erfolg beim Ergreifen des Verdächtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Sir John StevensPolizeichef
London
Kaum lies Ron die Hände sinken, wurde der Brief ihm auch schon aus den Händen gerissen und lautstark auf den Schreibtisch geknallt. Jetzt hatte Amelia Bones wieder ihren Drachenblick, doch nicht die des lauernden, ruhigen Drachen, sondern mehr die eines blutrünstigen, Feuer speienden Drachens. Sie richtete sich vor Ron auf, verschränkte die Arme vor der Brust und blickte drohend auf Ron herab.
„Sie sind bei ihrer kleinen Rettungsaktion von acht Muggeln gesehen worden! Und da für Muggel Dementoren nicht sichtbar sind, gelten sie nun in der Muggelwelt als gesuchter Verbrecher! Entführer von Miss Granger!! Überschreitung ihrer Befugnisse, Unerlaubtes Aktivieren eines nicht genehmigten Port-Schlüssels in einer Magie-Freien Zone, Zaubern in einem Muggelwohnhaus, in unmittelbarer Gegenwart von Muggeln, inmitten eines von Muggeln bewohnten Gebiets! Zwei Verstöße gegen das Internationale Geheimhaltungsabkommen an nur einem Tag! Haben sie alles vergessen, was man ihnen Jahr für Jahr in Hogwarts gepredigt hat!? Was war und ist die oberste Grundregel für Zauberer, vor allem für die, im Dienste des Ministeriums!!?" Ron schluckte. Madam Bones knallte mit ihrem Zauberstab und mit einem dumpfen FUMP fiel ein dicker Wälzer vom Himmel und landete schmerzhaft auf Rons Beinen. Er schaute runter und besah sich den Buchtitel: Magisches Grundgesetz für das vereinigte britische Königreich. Sein Blick fuhr hinauf zu Madam Bones.
„Lesen sie." befahl sie trocken. „Artikel 1. Laut und deutlich." Wortlos schlug Ron den deutlich alten Folianten auf und räusperte sich. Seine Finger huschten zur Zeile MGG - Art 1. Er las vor:
„(1) Die Würde des Menschen, ungeachtet ob magisch oder nicht-magisch, nachfolgend als Zauberer und Muggel bezeichnet, ist unantastbar. Sie ist von jedermann zu schützen und zu achten." Madam Bones nickte. „Weiter, Weasley." Ron seufzte.
„(2) Das Magische Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder magischen und nicht-magischen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit und des Gleichgewichts in der Welt." Ron sah auf. „Ma'am, ich -" „Lesen sie weiter, Weasley. Artikel 2, Absatz 1." „Ja, Ma'am. (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen das internationale Geheimhaltungsabkommen (siehe Art 5, Abs 4) oder die verfassungsmäßige magische Ordnung oder das Sittengesetz verstößt." „Weiter bei Artikel 3, Absatz 1 und folgende, Mr. Weasley." „(1) Alle magischen Wesen, ungeachtet ihrer Herkunft, ihrer Rasse, ihrem Aussehen und ihren Fähigkeiten sind vor dem Gesetz gleich. (2) Hexen und Zauberer sind gleichberechtigt. Das Zaubereiministerium fördert die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Hexen und Zauberern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner politischen Anschauungen oder seinen magischen bzw. nicht-magischen Fähigkeiten benachteiligt oder bevorzugt werden. Hexen und Zauberer aus nicht-magischen Familien (Muggelstämmige) sind genauso gleichberechtigt wie reinblütige Hexen und Zauberer. Menschen aus nicht-magischen Familien (Muggel) und Menschen aus reinblütigen Zaubererfamilien, die ohne Zauberkräfte geboren werden (Squibs), dürfen wegen dieser Behinderung nicht benachteiligt werden."Ron schnaubte. Squibs und Muggel sind also Behinderte. Interessant. Madam Bones blickte ihn an.
„Ist etwas nicht in Ordnung, Mr. Weasley!?" tönte sie überfreundlich und baute sich erneut vor ihm auf. „Nein, Ma'am." „Dann lesen sie weiter, Artikel 5, Absatz 1 bis 3." „(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift, Bild und Magie frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch vom Zaubereiministerium anerkannte Medien werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt, es sei denn es dient zum offensichtlichen Schutze der Öffentlichkeit. (2) Diese und alle weiteren Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen magischen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend, in dem Recht der persönlichen Ehre und im internationalen Geheimhaltungsabkommen. (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre, sowie der Dienst im Zaubereiministerium sind frei. Diese Freiheit entbindet nicht von der Treue zur Verfassung. Sollte gegen das Internationale Geheimhaltungsabkommen verstoßen werden, werden rechtliche Schritte bis hin zum Ausschluss aus der magischen Gesellschaft folgen." „Gut, Mr. Weasley. Abschließend Absatz 4." „Ja, Ma'am. (4) Die Geheimhaltung der magischen Welt hat oberste Priorität vor allem anderen. Jeder Bürger hat dafür Sorge zu tragen, dass die nicht-magische Welt (Muggelwelt) keinerlei Hinweise auf die Existenz von Magie, Hexerei und Zauberei, Schamanismus, sowie alle weiteren Formen der Magie erhält, die zur Entdeckung der Magie führen könnte." „Vielen Dank, Weasley."Rons Blick verfinsterte sich. Wenn sich Madam Bones schon nicht entscheiden konnte ob nun Mr. oder nur Weasley, dann könnte sie ihn wenigstens ansehen, wenn sie mit ihm sprach. Aber sich darüber nun aufzuregen brachte ihn auch nicht weiter. An sich mochte er Amelia Bones, er konnte sich weit schlimmere Chefs vorstellen und sie war immer fair. Und im Grunde wäre Ron jetzt genauso wütend wie sie, wenn er an ihrer Stelle wäre.
„Haben sie das verstanden, was sie da gerade eben, gelesen haben, Weasley?" fragte Madam Bones, ihm den Rücken zugewandt eine Weltkarte musternd, auf der unentwegt Sterne in allen möglichen Farben funkelten und glitzerten.„Ja, Ma'am." „Dann will ich ihnen dieses eine Mal noch durchgehen lassen. Ich führe ihre Unfähigkeit, die Situation richtig einzuschätzen, darauf zurück, dass dies ihr erster Tag als Inspektor der magischen Strafverfolgungspatrouille ist." „Danke Ma'am." „Also." Madam Bones lies sich wieder in ihren Stuhl fallen.
„Sie befürchten weitere Angriffe auf Miss Granger und ... fordern ein vierer Team Auroren zu ihrem Schutze an? Verstehe ich das richtig?" „Und zum Schutz der Schüler!" warf Ron ein. Madam Bones entlockte diese Bemerkung ein Lachen. „Seien sie nicht lächerlich, Weasley. Glauben sie allen ernstes auch nur ein Lehrer von Hogwarts würde zulassen, dass sich Dementoren der Schule auch nur nähern? Hogwarts genießt vollstes Vertrauen des Ministeriums und die Lehrer sind besser ausgebildete Zauberer, als jeder Auror. Ich sehe keinen Grund bei der momentanen Situation für den Schutz einer einzigen Person ein Auroren-Team zu beantragen. Sie und Miss Granger werden alleine Herr der Lage werden müssen. Sie sind für einen Monat von ihrem Dienst freigestellt, Weasley, zum Schutz von Miss Granger. Wenn sich in dieser Zeit nichts tut, kehren sie zurück und nehmen ihre Arbeit wieder auf, Inspektor." „Ja, Ma'am." „Und nehmen sie dieses ... dieses Ding mit, wenn sie gehen. Allein beim Anblick wird mir schlecht."
Ron hatte gerade die Tür geöffnet und wollte gehen, als eine junge Frau ihm gegenüberstand. Sie hatte langes, fließendes, braunes Haar, violettblaue Augen und trug ein schlichtes helles Kostüm und keinerlei Umhänge oder Zauberstab. Auf den ersten Blick deutete nichts darauf hin, dass diese Frau eine Hexe war. Er musste gestehen, er hatte selten eine so schöne Frau gesehen. Der sanfte Blick, der dezente leichtviolette Lippenstift auf ihrem zart lächelndem Mund. Die Haarsträhnen die ihr ins Gesicht fielen. Ron schoss das Blut in den Kopf und sein Gesicht bekam die übliche Schamesröte.
„Miss Douglas." rief Amelia Bones hinter ihm. „Weasley, stehen sie nicht rum, wie angewurzelt, lassen sie Miss Douglas durch." „J - Ja, nat - natürlich - Douglas - Durchlassen - Ja ..." Mechanisch trat Ron zur Seite und blicke ihr nach, als sie an ihm vorbei schritt und das Büro betrat.„Madam Bones." begann sie. Sie hatte wirklich eine schöne Stimme. „Der Minister wünscht -" Sie brach ab und blickte auf den Dementor. „Oh ..." sagte sie und wirkte ein wenig überrascht. „Das ist ein Dementor, nicht wahr?" fragte sie. Ron starrte sie unentwegt an, fest auf ihren Hinterkopf fixiert, als wolle er direkt hindurch sehen. Diese Stimme faszinierte ihn. Diese Frau musste etwas von einer Veela haben, ganz eindeutig, anders konnte sich Ron diesen Nebelschleier nicht erklären, der ihn einzufangen drohte.
„Ja, leider." setzte Amelia Bones fort und stand auf. „Mr. Weasley hier" Sie deutete auf Ron. „hat ihn zur Strecke gebracht und die Leiche als Beweis für einen Fall gebracht, den er momentan bearbeitet." Die Art wie Madam Bones das Wort Beweis aussprach, war genau die Art und Weise die Ron unterbewusst mitteilte: Wenn sie das noch einmal tun, sind sie gefeuert!
Die wunderschöne Frau mit Namen Douglas musterte inzwischen den Dementor. Ihre Bewegungen dabei, waren langsam und bedächtig, erschienen aber nicht so, als würde sie trödeln oder lahm sein. Sie handelte einfach überlegt. Und zwar auf eine sehr bezaubernde Art und Weise. Miss Douglas drehte sich um und blickte Ron an. Sie legte den Kopf leicht schief, schloss die Augen und schenkte ihm ein Lächeln.
„Dass war sicher sehr gefährlich. Sie müssen sehr mutig sein, Mr. Weasley." Ron wollte antworten, doch er brachte keinen Ton hervor. Sein Gesicht hatte inzwischen einen ähnlichen feuerroten Ton wie seine Haare erreicht. Miss Douglas wand sich wieder von ihm ab und trat einen Schritt näher an den leblosen Dementor. Fasziniert legte sie eine Hand auf den Haufen schwarzer Roben. Weder Ron noch Madam Bones hatten es gewagt, dem Dementor die Kapuze abzuziehen. Miss Douglas hingegen musterte gerade das, was im Licht unter der Kapuze zu erkennen war mit stiller Faszination.
„Ich habe noch nie einen Dementor gesehen." sagte sie dann, nahm ihre Hand von seinen Roben und blickte Madam Bones an. Sie hielt ihr drei Pergamentrollen hin. „Seien sie froh, meine Liebe. Keine schöne Begegnung, wirklich." lachte sie und nahm die Papiere entgegen. „Was haben sie hier für mich?" „Der Minister möchte dass sie diese Anträge noch einmal durchgehen, bevor die Besprechung beginnt." „Natürlich. Danke, Miss Douglas."
Miss Douglas drehte sich um und schritt aus Madam Bones Büro, genauso ruhig und bedächtig wie alles an ihr, trotzdem war sie sehr schnell verschwunden. Ron blickte ihr noch über eine Minute nach bis Amelia Bones Stimme ihn aus seinen Gedanken riss.
„Nettes Mädchen."sagte sie und setzte sich wieder hin. „Wer ... ist sie?" fragte Ron langsam. Madam Bones zeigte ein Lächeln über Rons offensichtliches Interesse und Faszination von dieser Frau. „Juliette Douglas, die neue Untersekretärin des Ministers, nach dem Dolores Umbridge so plötzlich erkrankt war." Ron nickte, jedoch nicht ohne ein kleines, schadenfrohes Grinsen im Geiste. Die Nachricht hatte sich schnell im Ministerium verbreitet. Dolores Umbridge hatte sich bei ihrem Urlaub in Devon mit einer Art Virus infiziert und lag seitdem im St. Mungos im Koma.
„Sollten sie nicht gehen, Weasley? Ich denke sie müssen einen Zug erwischen." Ron blieb auf die Stelle stehen. Mit einem Male war Juliette Douglas aus seinem Kopf geblasen und sein Gesicht verlor an Farbe. „Verdammt!" rief er und verlies Ron das Büro.
„Und sagen sie
in der Zauberei-Zentralverwaltung bescheid, sie mögen uns ein wenig
mehr Sonnenschein geben!" rief Madam Bones ihm hinterher. „Es wird
ziemlich kalt hier."
Doch ehe sie ihren Satz zu Ende gesprochen hatte, war Ron bereits
verschwunden. Er stürzte den Korridor entlang und sprintete durch die
Reihen Bürozellen der Aurorenzentrale; einige steckten ihre Köpfe
heraus und starrten ihm nach. Ron war es, als hätte er sein inneres in
Madam Bones Büro zurück gelassen, doch er hatte keine Zeit zu
verlieren. Schlitternd kam er an den Fahrstühlen an und drückte
mehrmals ungeduldig den Abwärts-Knopf. Der Fahrstuhl klapperte heran
und Ron stürzte hinein. Jedes Mal wenn der Fahrstuhl anhielt stieß Ron
einen stillen Fluch aus, bis schließlich eine kühle, sympathische
Frauenstimme „Das Atrium" verkündete und die goldenen Gitter glitten
leise zur Seite. Ron stürzte aus dem Fahrstuhl, eilte das Atrium
herunter bis zu einer Reihe Sitzbänke, nahe dem Brunnen der Magischen
Geschwister. Auf einer der Bänke saß Hermine, neben sich ihre
Reisetasche.
„Schnell, Hermine, wir müssen los!" rief er und sie sah auf. „Los? Okay, aber -" Ron stürmte heran, nahm ihre Tasche und ergriff ihre Hand. Hermine riss sich wieder los. „Ron! Erzähl mir zuerst was ihr die ganze Zeit besprochen habt, okay!? Wir haben -" „- keine Zeit zu verlieren!" hastete er und lief los. „Ich erklär dir alles später!"
Etwa zwanzig Minuten später stiegen Ronald Weasley und Hermine Granger auf Gleis 9¾ am Kings Cross Bahnhof in die scharlachrote Lok des Hogwarts-Express und fuhren ab. Ron wusste nicht woran es lag, aber er kam sich unter den Schülern im Hogwarts-Express unglaublich alt vor. Er war zwar gerade erst zwanzig, aber verglichen mit hunderten von Schülern von elf bis siebzehn Jahren, gehörten er und Hermine zusammen mit dem Lokführer und der Hexe mit dem Süßigkeitenwagen zu den ältesten Passagieren des Zuges. Er und Hermine hatten ein Abteil für sich allein vorn im ersten Wagon. Es war ein komisches Gefühl in dem Zug zu sitzen, wenn man gar nicht mehr Schüler war. Die sieben Jahre in Hogwarts waren mit Abstand die schönste und beste Zeit seines Lebens gewesen. Umso deutlicher war die Erinnerung an die Fahrten mit dem Hogwarts-Express. Harry und Ron hatten sich hier kennen gelernt. Sie hatten sich gegenseitig ausgefragt und dann zusammen einen Berg an Leckereien verputzt. Das Jahr darauf waren sie erst gar nicht mit dem Zug gefahren, sondern mit dem fliegenden Auto der Weasleys. Im dritten Jahr folgte der Auftritt der Dementoren bei ihrer Suche nach Sirius Black. Die ständigen Streitereien mit Malfoy und seinen Handlangern bereits auf der Fahrt gehörten jedes Mal dazu. Egal wie man es drehte. Jede Reise nach Hogwarts stellte ein einmaliges Erlebnis für sich dar, so wie die Jahre selbst. Je deutlicher die Erinnerung wurde, desto klarer wurde auch die Erkenntnis, dass diese schöne Zeit nun vorbei war. Obwohl sie noch immer die besten Freunde waren, so war jeder doch seinen eigenen Weg gegangen. Harry war nun Auror und verbrachte seine Zeit damit durch die Welt zu reisen und schwarze Magier zu jagen. Er schickte regelmäßig Briefe an Ron und Hermine und jeder war wieder eine kleine Geschichte für sich. Hermine hatte nach ihrem Abschluss in Hogwarts weiter gemacht und studierte an der CUM Alchemie und Verwandlung, wo sie mittlerweile Assistentin von Professor Nicolas Flamel war. Und Ron? Ron war wie Harry in den Dienst des Zaubereiministeriums getreten und war inzwischen der jüngste Inspektor seit einhundert Jahren in der Abteilung für Magische Strafverfolgung. Man konnte sagen, während Harry die großen Fische jagte, kümmerte sich Ron um den Rest, der nicht in den Zuständigkeitsbereich der Auroren fiel. Dinge wie Mordfälle an Hexen aufklären, beispielsweise. Alles in allem mochte Ron die Umstände nicht, die ihn und Hermine nach inzwischen drei Jahren wieder nach Hogwarts führten.
