Draco Dormiens Nunquam Titilandus
- Schlafende Drachen soll man nicht wecken -
Harry Potter und das Geheimnis von Azkaban
Akt 1
Die Blutchroniken
Kapitel 6
Lust und Zorn
Im mittleren Süden Englands, in der Grafschaft Wiltshire, nahe der Stadt Salisbury, schritt eine schwarz vermummte Gestalt ungeduldig im innersten der steinernen Kreise von Stonehenge auf und ab. Die Gestalt trug, wie seine zwei Begleiter, eine schwarze Kapuzenrobe. Die Gestalt war bleich, beinahe kalkweiß, hatte kalte graue Augen. Blondes, langes Haar schaute ansatzweise aus der Kapuze heraus und glitzerte im Mondlicht. Angespannt hielt sie einen Zauberstab in der Hand und schritt stets vor dem Steinalter im Zentrum der Steinkreisanlage auf und ab.
„Lucius, bitte beruhig dich doch." quietschte Wurmschwanz, ein untersetzter Mann mit wässrigen Augen und schütterem Haar, und nahm seine Kapuze ab. Lucius Malfoy fuhr herum, seinen tödlichen Blick drohend auf Wurmschwanz gerichtet. „Sage mir nicht, was ich zu tun habe, Wurmschwanz." zischte er, einer Schlange gleich. „Ver - Vergib mir, Lucius. Aber - Aber - Dieser Ort -" quiekte Wurmschwanz und Angstschweiß lag auf seiner Stirn. „Ich dachte nur -" „Sollst du denken, Wurmschwanz?" fragte Lucius drohend und verengte seine grauen Augen zu bedrohlichen Schlitzen. „N - Nein, Lucius! Aber es ist hier so -" „Halt einfach den Mund, Wurmschwanz! Wir haben keine Zeit für deine Panikattacken!" „Ich tue was du willst, Lucius." seufzte Wurmschwanz und beobachtete mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend die Steine um sie herum. „Und ich will, dass du still bist, bevor ich gänzlich die Geduld mit dir verliere!" knurrte Lucius und fuhr damit fort, auf und ab zulaufen. Die zweite Gestalt trat vor und nahm ihre Kapuze ab. „Lucius, ich glaube Wurmschwanz wollte wissen, warum genau wir hier sind?" fragte Bellatrix Lestrange und senkte leicht ihren Kopf bei Lucius Anblick. „Und ich würde es ehrlich gesagt auch gern wissen!" „Wir sind hier um zu warten, Bella! Du hast gehört was diese ... Person ... gesagt hat!" grollte Lucius und seine Anspannung verlieh ihm fanatische Gesichtszüge, die ihn im Licht des Mondes besonders unheimlich wirken ließen. Bellatrix schluckte die Neugier darauf, auf wen oder was sie warteten, da es deutlich zu spüren war, dass ihr Begleiter nicht auf Unterhaltung aus war. Natürlich, er war nie auf Unterhaltung auf, aber sonst war er auch nie so überaus gereizt wie heute. Bellatrix trat gerade zurück in die Schatten der großen Steine als ein eiskalter Windhauch über ihre Wangen streifte und ihr eine Gänsehaut bescherte. Es war keine gewöhnliche Gänsehaut. Sie kannte dieses Gefühl. Sie hatte es jahrelang ertragen. Langsam drehte sie sich um und blickte auf etwas tief schwarzes, das sich kaum von der restlichen Umgebung abhob, und das langsam auf sie zukam.„Lu - Lucius!" rief sie, doch Lucius Malfoy war bereits an ihr vorbeigerauscht und blickte mit im kalten Wind flatternden Gewändern auf das, was sich ihnen näherte. Es war ein Geschöpf, so schwarz wie die Nacht selbst. Es trug ebenfalls eine lange schwarze Kapuzenrobe, doch die wogenden Gewänder dieser Gestalt hatten etwas an sich, dass nicht von dieser Welt zu sein schien. Es sah so aus, als würden die eiskalten Windböen selbst, die plötzlich aufgezogen waren, Gestalt annehmen und teil der Robe dieses Wesens werden, dass immer weiter auf sie zu kam und schließlich vor Malfoy anhielt. Ein ersticktes Quieken ertönte und Wurmschwanz ging zu Boden, nass geschwitzt vor Angst und ein Schrecken in sein Gesicht gebrannt, als hätte er gerade den Tod höchst selbst gesehen. Er lag zitternd da und stammelte etwas vor sich hin, was sich für Bella wie Entschuldigungen anhörte. Sie hörte jedoch nicht genau hin. Sie hörte kaum noch etwas, versuchte stattdessen die bittere Kälte und dieses drohende Gefühl von Hoffnungslosigkeit abzuschütteln, dass sie all die Jahre in Azkaban hatte ertragen müssen. Dieses Wesen war anders als jeder Dementor, dem sie in ihrer langen Gefangenschaft je begegnet war.
„Ihr seid gekommen ..." hauchte das Wesen. Bellatrix schluckte und auch ihr trat der Angstschweiß auf die Stirn. Die Stimme des Wesens war keuchend und rasselnd wie die eines Dementors und doch anders. Es war wie ein leises Ausatmen, wie ein eiskalter Luftzug, der sich direkt in ihren Körper brannte und ihr Blut gefrieren lies. Auch auf Lucius' Stirn glänzten Schweißperlen, doch schien das Wesen nicht soviel Wirkung auf ihn zu haben, wie auf sie oder Wurmschwanz. Lucius blickte tief in das Dunkel der Kapuze der Gestalt und sein Blick verfinsterte sich.
„Habt ihr die Frechheit besessen uns hierher zu rufen!?" fragte er drohend und hob seinen Zauberstab. „Ihr seid ein Dementor, nicht!? Wie kommt ihr dazu uns an diesen Ort zu locken!? Wisst ihr nicht, wer ich bin!?" zischte er und klang mehr denn je wie eine wütende Schlange.„Bildet ... euch nicht zuviel ein, Lucius Malfoy ..." hauchte das Wesen zurück gelangweilt und etwas unter seiner Kapuze regte sich. „Wir wissen ... sehr gut, wer ihr seid ..." „Und trotzdem wagt ihr euch mir so zu begegnen!?" knurrte Lucius. „Ich frage euch noch einmal! Wer seid ihr und was wollt ihr!?" „Wer wir sind ... Lucius Malfoy ... weißt du sehr genau ... Und was wir wollen ... wirst du noch erfahren ... Wichtig ist einzig und allein ... dass ihr hier seid ..."
In Lucius' Augen traten Skepsis und Wut. Wer war dieses Wesen, dass es sich anmaßte so mit ihm zu reden!? Mit ihm? Einem Malfoy! Lucius hatte den Zauberstab gesenkt erhoben und starrte weiterhin in das schwarze Nichts unter der Kapuze, doch seine Augen weiteten sich langsam.
„Ich ... kenne euch!" sagte er schließlich und versuchte den Zauberstab wieder auf das Wesen zu richten, doch es gelang ihm nicht. „Ich dachte ihr seid fort!" „Wir waren fort ... doch jetzt ... sind wir wieder hier ..." „Was wollt ihr von uns? Der Dunkle Lord ist fort, wie ihr sicher wisst und die handvoll Todesser, die leben, sind in alle Welt verstreut!" sagte Lucius. „Was könnt gerade ihr also von uns wollen?" Das Wesen lies ein leises Lachen vernehmen.
„Wir ... fordern eine Schuld ein, Lucius Malfoy ..." hauchte das Geschöpf und vollführte eine Geste. Rotes Licht brach unter den Roben der drei Todesser hervor. Der rechte Arm von Malfoy, Wurmschwanz und Bellatrix schoss in die Höhe und hob alle drei in die Luft, bis sie eine Hand breit über der Erde schwebten.
Wurmschwanz schrie und wurde von einem brennenden Schmerz aus seiner Bewusstlosigkeit gerissen, als sich die Ärmel ihrer Roben zurück zogen und das Dunkle Mal auf den Unterarmen der drei in grellem Rot glühte und brannte. Das Wesen schwebte auf gleiche Höhe mit den dreien und hob langsam seine Hand. Bellatrix wich jedwede Farbe aus dem Gesicht, als der Ärmel des Wesens soweit zurückfiel, dass er seine Hand freigab. Wo Dementoren zumindest noch dunkles, verwesendes Fleisch besaßen, hatte dieses Wesen nichts mehr. Die Hand bestand aus nichts als blanken Knochen; dünne Fäden, wie von Spinnenweben hingen teilweise von den Knochen hinab und funkelten im Mondlicht. Fetzen von Haut, die schon vor Jahrtausenden verfallen sein musste, hingen noch immer zwischen den Knochen.
Das Wesen legte seine Knochenhand auf Lucius' Arm und fuhr ihn sanft herab, befühlte das Dunkle Mal. Ein eiskalter Schauer durchbrach den Schmerz in Lucius' Körper. Zu dem Gefühl, dass jemand oder etwas gerade im Begriff war, ihm den Arm auszureißen trat eine frostklirrende Kälte und ein Schaudern, wie eine Arme dünner Spinnenbeinchen, die seinen Rücken hinab krabbelten, durchfuhr seinen Körper.
„Dieses Dunkle Mal ... bindet euch an den Blutpakt mit eurem Herrn ..." hauchte das Wesen. „Ebenso wie ein Pakt ihn auch an uns band ... Euer Herr hat versagt ... Nun liegt es an euch die Blutschuld ... zurück zu zahlen ..." Das Wesen nahm seine Hand von Lucius Arm und sank zu Boden. Der Zauber löste sich und Malfoy, Wurmschwanz und Bellatrix stürzten zurück zur Erde, landeten unsanft aufeinander. Lucius brüllte und hielt sich den Arm. Das Dunkle Mal war verschwunden. An seiner Stelle befand sich jetzt etwas ... anderes ... mächtigeres. Ein Gefühl der Stärke und Verbundenheit durchfuhr die drei Todesser. Ein Gefühl neuer Macht und der Ehrfurcht. Wurmschwanz lag wimmernd an Boden, den Arm fest an seine Brust gepresst. Die silberne Hand, die er von Voldemort erhalten hatte, war fort. Er schrie und brüllte vor Schmerz, brach jedoch ab, als auch auf seinem Arm das Dunkle Mal verschwand und durch etwas anderes ersetzt wurde. Und da war seine Hand. Seine eigene, richtige Hand, aus Fleisch und Blut, die einen Augenaufschlag später wieder dasaß wo sie hingehörte. Es war, als hätte sie Wurmschwanz nie für Voldemort geopfert.
„Was - habt ihr - getan!?" presste Bellatrix Lestrange hervor. Ihr Blick war schmerzverzerrt und durcheinander und erinnerte mehr denn je, an ihre Zeit in Azkaban. Das Wesen stand regungslos vor den dreien und blickte auf sie herab, die Hand wieder verhüllt in langsam wogenden schwarzen Roben.
„... Euch ... getötet ..." hauchte das Wesen zurück und blickte auf die drei Todesser herab. Eiskalte, schleimige Hände legten sich auf ihre Schultern, als drei Dementoren plötzlich hinter ihnen schwebten und sie hochhoben. Bevor sie realisierten, was gerade geschah, legten die drei Gestalten ihre Kapuzen ab und pressten ihre lippenlosen Münder auf die von Lucius, Bellatrix und Wurmschwanz.
Lucius Malfoy fiel zu Boden. Die Dementoren waren verschwunden, mit ihm das geheimnisvolle Wesen. Hinter Malfoy lag Wurmschwanz zitternd am Boden und übergab sich. Bellatrix Lestrange starrte schweigend auf ihre Hände.
„Wir ... wurden geküsst ..." sagte sie entgeistert und schaute an sich herab, als hätte sie ein neues Kleid anprobiert. „Wir müssten tot sein." „Nicht tot, Bella, aber zumindest absolut regungslos." knurrte Lucius. „Los! Wir gehen! Mein Landsitz liegt hier in der Nähe! Hier hält uns erst einmal nichts mehr!" Lucius schritt los. „Was auch immer das jetzt sollte, scheinbar hat es nicht so geklappt, wie es klappen sollte." sagte Bellatrix noch immer außer Atem. „Zum Glück!" quietschte Wurmschwanz. „Ganz im Gegenteil. Es hat genauso funktioniert, wie beabsichtigt." Die Todesser fuhren herum. Hoch oben auf einem der Steine, saß eine Frau, die gleiche schwarz gekleidete Frau, die sie aus Azkaban befreit und hier her zitiert hatte.
„Sieh einer an!" murrte Lucius. „Die ... neue Lust, nicht wahr!? Was ist das für ein Spiel!?" „Habt ihr es noch nicht durchschaut?" antwortete eine neue Stimme, diesmal die eines Mannes. Hinter Lucius lehnte ein junger Mann mit verschränkten Armen an einem der Steine. Es war ein außergewöhnlich hübscher Junge, etwa siebzehn Jahre alt. Er hatte schwarzes Haar, das im Mondlicht leicht golden schimmerte. Seine Augen waren ebenfalls schwarz und er trug ganz offensichtlich neumodische Muggelkleidung: schwarze Lederhosen, ebenso schwarze Stiefel, ein schwarzes, kurzärmliges T-Shirt und ein wiederum schwarzes Lederarmband um sein rechtes Handgelenk.
„Und wer bist du!?" rief Bellatrix Lestrange aufgebracht und starrte ihn an. „Wrath." antwortete der Junge und grinste zurück. Die absolute Kälte in seinen Augen stand den Blicken des Dunklen Lords in Nichts nach. Es war beängstigend. Der Junge zeigte ein bösartiges Lächeln und schloss dann die Augen. Wurmschwanz entfuhr ein ängstliches, rattengleiches Quieken.
„Du bist - Das ist - Das ist -" „Ja." nickte der Junge mit Namen Wrath ohne dabei die Augen zu öffnen und Wurmschwanz anzusehen. „Du hast mich getötet." „Peter, wovon redet dieses Balg!?" brüllte Lucius und dem nervösem Zucken seines Auges nach, reichte ihm das Chaos allmählich. „Wir verschwinden! Los!" rief er zornig und bereitete sich darauf vor zu disapparieren. Er konzentrierte sich auf seine Villa. Doch als er die Augen öffnete befanden er und seine beiden Begleiter sich noch immer in Stonehenge.
„Anti-Apparationszauber?" zischte Bellatrix ihm fragend zu. Lucius nickte. „Vermutlich." Er griff in die Tasche seiner Robe und zog seinen Zauberstab. „Junge, ich weiß nicht was das für ein dämliches Spiel ist, aber du hast es mit dem falschen Zauberer gespielt!" sagte er drohend und richtete seinen Zauberstab auf ihn. Und der Zauberstab fiel aus seiner Hand. Lucius stutzte. Er war sich sicher, den Zauberstab fest gehalten zu haben. Er ging in die Knie um seinen Zauberstab vom Boden aufzulesen, doch es gelang ihm nicht. Seine Hand glitt einfach durch den Zauberstab hindurch, als wäre er ein Geist. Doch er war kein Geist. Seine Haut war genauso klar und vor allem fest wie vorher auch. Und doch ... Jeder Versuch seinen Zauberstab zu ergreifen endete gleich. Er griff durch ihn hindurch und berührte stattdessen nur den Boden, auf dem er lag.
„Was geht hier VOR!!?" brüllte Lucius wutentbrannt und sprang auf. „Was - Was hat dieser -" „Er hat euch getötet, genauso wie er sagte." antwortete die Frau namens Lust. „Oder besser gesagt. Eure Magie. Aber glaubt mir, ihr werdet sie nicht vermissen " grinste Wrath spöttisch, löste die Arme aus ihrer Verschränkung und erhob sich von dem Felsen. Die Frau namens Lust lächelte geheimnisvoll und sprang von ihrem Stein. Elegant landete sie auf dem Boden und schritt zu ihrem Begleiter. Ihr betont langsamer Gang sorgte für eine geladene Stimmung. Ihr Haar wiegte sich im Wind. Verführerisch schwang sie bei jedem schritt leicht ihre Hüften bis sie bei dem Jungen Wrath ankam und sich neben ihn stellte. Sie schlang ihre Arme um sich und legte den Kopf leicht schief und lächelte weiterhin.
„Ich versichere euch. Eure Magie ... war nur ein geringer Preis ... für das wunderbare Geschenk, das ihr erhalten werdet." sagte sie mit süßer Stimme und schloss bedächtig die Augen. „Können wir dann gehen?" fragte Wrath nach. „Gehen wohin!?" rief Bellatrix. „Zu ihm." antwortete Lust. Ehe die Todesser begriffen, was hier geschah und vor allem warum, bohrten sich drei lange schwarze Stacheln, der Zeige-, Mittel- und Ringfinger von Lust zu Stichwaffen mutiert, durch ihre Körper. Als sie ihre Finger wieder zurückzog, fielen Lucius, Bellatrix und Wurmschwanz reglos zu Boden. Lust schritt zu Lucius, kniete vor ihm nieder und strich sanft über seine Wangen.
„Keine Sorge." flüsterte sie und strich durch Lucius langes, weißblondes Haar. „Ihr werdet eure Magie nicht im Geringsten vermissen. Dafür ist sein Geschenk viel zu wunderbar. Ihr werdet es lieben." Einen Augenaufschlag später waren die beiden verschwunden, mitsamt Lucius, Bellatrix und Wurmschwanz.
Mit gemischten Gefühlen stieg Ron die Steintreppen hinab und betrat am Morgen die Große Halle, die bereits gefüllt mit Schülern war, die frühstückten und ihre Post durchsahen. Ron hatte überraschenderweise sehr gut und ruhig geschlafen, trotz des chaotischen Vortages. Die Betten in den Zimmern Lehrer waren um einiges bequemer, als die Himmelbetten im Gryffindorturm und das mochte schon etwas heißen. Naiv wie er war, hatte Ron bisher immer geglaubt die Lehrer besäßen kein eigenes leben. Die Vorstellung, dass Snape nach einem Arbeitstag voller nervraubender Schüler in seinem Kerker (was er hasste), voll missglückter Tränke (was er ebenfalls hasste) und geschmolzenen Kesseln (deren Gestank er erst recht hasste), verursacht von unfähigen Schülern (die er am meisten hasste), irgendwann die Kerker verließ, sein Zimmer betrat und sich dort einen schönen Abend machte, vielleicht ein Buch las oder dergleichen, war so unglaublich, so unvorstellbar, kurz um, so unmöglich, das seit seinem ersten Schuljahr, jeder Lehrer ein Privatleben haben musste, wie Snape: gar keines.
Diese Meinung hatte er heute Nacht geändert. Das Zimmer, das für den Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste vorgesehen war, war ein sehr geräumiger Raum, zu vergleichen mit Hermines Wohnung. An den Wänden hingen Regale, wo die Lehrer, die Jahr für Jahr ihr Glück in diesem Posten versuchten ihr Sammelsurium an Werken über dunkle Geschöpfe und schwarze Magie abgelegt hatten. Zumindest musste es so bei Professor Lupin gewesen sein und vermutlich sogar bei dem falschen Mad-Eye Moody. Gilderoy Lockhart hatte vermutlich sein komplettes Lebenswerk dort stehen gehabt und die Wände mit Postern von sich selbst tapeziert. Ja, das würde zu ihm passen. Und Umbridge. Sie hatte die Regale zweifelsohne mit Blumen und Spitzendeckchen versehen gehabt, wahrscheinlich rosa. Hin und wieder stand dann mal ein Buch dazwischen, angefangen bei Werken wie Allgemeines Zaubererrecht, dann ein Band von Warum das Zaubereiministerium immer recht hat bis zu einer Ausgabe von Cornelius Fudge - Zaubereiminister und Visionär. Memoiren eines genialen Geistes, über die neusten Ausgaben von Geschmackloses Einrichten. Alles was Ron hingegen in dieser Hinsicht besaß waren seine Lehrbücher aus den vergangenen sieben Schuljahren und die Grundwerke magischer Strafverfolgung aus seiner Ausbildung. Tatsächlich hatte Ron die halbe Nacht auf einem äußerst bequemen Ohrenbackensessel gesessen und auf die Regale gestarrte und überlegt ob es Sinn hatte sie zu füllen, für die Zeit wo er hier war. Und wenn ja, dann musste er sich erst einmal die passende Literatur besorgen.
Doch an diesem Morgen waren die Gedanken über die leeren Regale das geringste Problem. Kaum hatte er sich zu Hermine an den Lehrertisch gesetzt, knallte sie ihm auch schon die Morgenausgabe des Tagespropheten hin.„Da!" sagte sie laut und baute sich mit verschränkten Armen vor ihm auf, dazu den patentierten McGonagall'schen 'bösen Blick' und 'dünnen Mund', sowie den schon klassischen 'Ich-hab's-dir-doch-gesagt'-Blick. Ron schluckte sein Seufzen herunter und nahm sich den Tagespropheten vor.
Dementor in Zaubereiministerium
Gestern Morgen sorgte eine spektakuläre Jagd im Zaubereiministerium für Aufruhr, als Amelia Susan Bones, Leiterin der Abteilung für Magische Strafverfolgung, von einem der abtrünnigen Dementoren von Azkaban angegriffen wurde.„Inspektor Weasley kam mit einer Freundin und dem Dementor im Schlepptau an und ist auch gleich in Madam Bones Büro verschwunden. Wir haben natürlich blöd geschaut. Wann bekommt man schon mal nen toten Dementor zu Gesicht." sagte uns Mr. Allan Hardestly, Officer der Magischen Strafverfolgungspatrouille. Inspektor Ronald Weasley hatte den Dementor im Rahmen eines Falls bei einem Angriff auf Miss Hermine Granger, Studentin an der CUM und gegenwärtig Referendarin an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei, gestellt und erfolgreich überwältigt. Der tatsächliche Erfolg seines Kampfes erwies sich jedoch als fataler Irrtum, als der Dementor im Büro von Madam Bones wieder erwachte und sofort zum Angriff auf Mitarbeiter des Ministeriums überging.
Madam Bones befand sich zur Zeit des Angriffs in einer Besprechung mit dem Zaubereiminister. Als der Dementor in die Besprechung platzte griff Madam Bones in die Verfolgung des Dementors mit ein, wobei der Dementor sie schwer verletzte und anschließend mitnahm. Nach zwei Stunden konnte der Dementor von einer Spezialeinheit Auroren unter Leitung von Mr. Harry Potter gestellt und beseitigt werden. Madam Bones wurde mit schweren Unterkühlungen, sowie einer mittelschweren Schattenvergiftung ins St.Mungos Hospital für magische Krankheiten und Gebrechen eingeliefert, wo sie sich gegenwärtig noch in Behandlung befindet. Achtzehn weitere Ministeriumsarbeiter wurden während der Jagd verletzt und befinden sich derzeit in Behandlung.
Juliette Douglas, erste Untersekretärin des Ministers, gab in einer Stellungnahme dem Tagespropheten gegenüber bekannt, dass das Zaubereiministerium die volle Verantwortung für den Zwischenfall übernimmt und sich für die Aufregung bei allen beteiligten offiziell entschuldigt.
Die Gründe für die Attacke des Dementors können momentan nur so weit reichen, dass es keiner der Dementoren war, die bereits wieder in den Diensten des Ministeriums stehen. Gerüchte, dass der Angriff des Dementors in Verbindung mit den Ausbrüchen aus Azkaban in der gestrigen Nacht steht, sind noch unbestätigt.
„Ausbrüche!?" sagte Ron alarmiert, doch Hermines Blick blieb hart. Wortlos deutete sie auf eine Textpassage weiter unten, ehe sie Ron weiter vorwurfsvoll anstarrte. Seine Augen wanderten einige Zeilen nach unten bis er einen kleinen Artikel am Ende der Seite entdeckte.
Todesser brechen aus Azkaban aus
Wie das Zaubereiministerium heute bestätigte, gelang in der Nacht vom ersten auf den zweiten September drei Todessern die Flucht aus der Festung von Azkaban. Bei den drei Todessern handelt es sich um niemand geringeres als Lucius Malfoy, Bellatrix Lestrange und den einst tot geglaubten Peter Pettigrew. Alle drei gehörten zum engsten Kreis des Unnennbaren.Noch ist unklar, wie es ihnen gelang die Schutzzauber zu überwinden und die Festung zu verlassen; nach dem Massenausbruch vor fünf Jahren waren strengste Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, um weitere Ausbrüche zu vermeiden.
Ersten Vermutungen nach werden Lucius Malfoy, Bellatrix Lestrange und Peter Pettigrew versuchen zu jenem, dessen Name nicht genannt werden darf, vorzudringen, dessen Körper nach seiner vernichtenden Niederlage gegen Harry Potter vor drei Jahren an einem geheimen Ort aufbewahrt wird. Das Zaubereiministerium warnt die magische Gemeinschaft und bittet alle zur Vorsicht.
Ron schluckte tief. Sein Gesicht hatte jedwede Farbe verloren, doch ihm blieb nicht einmal annähernd genug Zeit auch nur einen Teil dieser Meldungen zu verdauen, denn Hermines Schatten wurde um zwei erweitert, als Professor McGonagall und eine schwarzes Wesen mit wehenden schwarzen Roben, Professor Snape, sich zu den beiden stellten. Ron unterdrückte ein Grinsen, was ihn zumindest kurzzeitig von den furchtbaren Neuigkeiten wegholte. Er hatte Snapes Ausdruck tiefsten Abscheus wirklich vermisst.
„Miss Granger. Mr. Weasley." begann Professor McGonagall „Wenn sie uns dann bitte folgen würden. Der Unterricht beginnt bald und sie müssen eingewiesen werden." Hermine warf Ron noch einen Blick zu, den er nicht ganz deuten konnte, eine Mischung zwischen Aufregung, Angst und Bestürzung. Während McGonagall mit Hermine in Richtung Verwandlungs-Klassenzimmer verschwanden, schritten Professor Snape und Ron die Steintreppen hinauf zum Raum für Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Snapes Lippen kräuselten sich.
„Ich bin überrascht, Weasley." sagte er und klang zu Rons Erstaunen sogar belustigt, sofern Snape zu so einer Empfindung fähig war. „Wir alle kennen Dumbledores Vorliebe für außergewöhnliche Stellenbesetzungen ... Allerdings befinden sie und ich uns sicherlich im seltenen Umstand, die gleiche Meinung zu teilen, was ihre ... Berufung ... auf diesen Posten angeht. Ich versichere ihnen, allein die Vorstellung, dass sie Inspektor der Magischen Strafverfolgungspatrouille sind, lässt mich die Kompetenz des Ministeriums anzweifeln, wie der kleine Dementor-Vorfall ja zu deutlich beweist, in den sie zufällig auch noch verstrickt sind. Es ist geradezu lachhaft, dass sie Schülern Verteidigung gegen die Dunklen Künste lehren können." höhnte Snape weiter. Ron stutzte. In sieben Jahren Hogwarts hatte er den Meister der Zaubertränke nie so gesprächig erlebt.
„Es ist ja nur übergangsweise ..." murmelte Ron leicht sauer, ignorierte aber sein Verlangen seinen Vordermann auf der Stelle zu erwürgen. Snape lies ein verächtliches Schnauben vernehmen.
„Ich habe leider allzu oft mit ansehen müssen, wie sie aufgrund ihrer Inkompetenz in Rekordzeit aus harmlosen Tränken hochwirksame Gifte hergestellt haben. Sie werden mir also meine Zweifel nachsehen, Weasley, wenn ich glaube, dass sie ebenfalls in Rekordzeit ihre Schüler ... verderben werden, so wie sie es mit ihren Tränken getan haben."
'Denk dran, Schweine können fliegen, aber Affen können nicht reden.' sagte sich Ron selbst und ignorierte den Meister der Zaubertränke. Sie erreichten den Klassenraum. Rons Mageninnere schien plötzlich heftig den Wunsch zu hegen, durch seinen Mund wieder nach draußen zu gelangen, als sich vor der Klasse bereits der fünfte Jahrgang versammelt hatte und auf ihren Lehrer wartete.
