24. Kapitel
Prue setzte sich auf's Sofa und sah trübselig vor sich hin. Leos Besuch hatte sie wieder daran erinnert, was sie alles verloren hatte. Und dass er von nichts, was bei ihr hier passierte, eine Ahnung hatte, war schon beängstigend.
Plötzlich sah sie neben sich auf dem Tisch etwas liegen. Sie nahm es auf und erkannte das Foto eines Babys, ihres Neffen. Dankbar nahm sie es in die Hand und sah es sich mit einem glücklichen Lächlen an. „Ich freu' mich so für euch." meinte sie leise. „Könnte ich doch bloß bei euch sein." Langsam strich sie mit mit ihren Fingern über das Foto und für einen Augenblick verlor sie sich in einem Tagtraum von ihrem früheren Zuhause.
Deprimiert blickte sie auf, als Cole in's Zimmer trat und sich nachdenklich umsah. „Ist er weg?" Prue nickte und Cole brachte Danny zurück auf seinen Platz. „Kommt er wieder?"
„Wenn ich in Gefahr bin schon." erklärte Prue mit einem zynischen Lächeln.
„Schon klar." Cole setzte sich ihr gegenüber. „Und die Gefahr geht natürlich von mir aus."
Prue zuckte mit den Schultern. „Du scheinst dich ziemlich unbeliebt bei ihnen gemacht zu haben." teilte sie ihm mit.
„Was hat er denn erzählt?" fragte Cole vorsichtig.
Prue blickte ihn aufmerksam an. „Nichts spezielles, nur das übliche."
Bevor sie weiter über die Sache reden konnten, hörten sie Amy in der Halle entsetzt aufschreien. Blitzschnell waren Cole und Prue auf den Beinen und stürzten in die Halle. Sie sahen eine völlig aufgelöste Amy, die auf einen Gegenstand auf dem Boden starrte, aus dem ein heller Nebel kam.
Cole und Prue sahen sich fragend an, als aus dem Nebel auf einmal ein Dämon hervorkam, der Amy wütend anfunkelte. „Das wirst du mir büßen, du Miststück, ich lasse mich nicht ungestraft einsperren."
Amy sah ihn mit großen Augen an, während Prue ihr zuschrie, sie solle sich zur Seite werfen. Ohne lange zu überlegen tat Amy ihr den Gefallen und der Energiestoß des Dämons landete in der Standuhr.
„Das schon wieder." meinte Prue genervt und hob ihren Arm, um den Dämon gleich hinterherzuschicken, die Uhr war schließlich schon hinüber.
Cole blickte unzufrieden auf seine Hand, wo sich ein ziemlich kleiner Energieball bildete. Dennoch warf er ihn hinterher und der Dämon verbrannte, bevor er sich wieder erheben konnte. „Ich kann es also doch noch." meinte er triumphierend, obwohl er wusste, dass der Dämon augenscheinlich sehr geschwächt gewesen war.
„Was war das?" fragte Prue und blickte Cole fragend an.
„Woher soll ich das wissen?" entgegnete Cole und ging zu Amy hinüber um ihr aufzuhelfen.
„Er kam plötzlich aus diesem Stein." erklärte Amy ihm und deutete in Richtung des Donnersteins, der mitten in der Halle lag.
Prue ging darauf zu und hob ihn auf. „Woher kommt der denn?"
„Wir haben ihn in der Nähe der Bühne gefunden." teilte Cole ihr mit und führte Amy ins Wohnzimmer. „Es ist ein Donnerstein, Voodooanhänger benutzen ihn zur Kommunikation mit ihren Loas."
„Ja das weiß ich, aber was hat das mit dem plötzlichen Auftauchen dieses Dämons zu tun." wollte Prue wissen.
„Ich wollte ihn mir nur noch einmal ansehen, doch dann ist mir der Stein aus der Hand gefallen." erzählte Amy. „Sofort kam so ein Nebel aus den Ritzen des Steins und ich dachte er fängt an zu brennen, aber plötzlich stand dieses Wesen in der Halle."
Prue sah Cole skeptisch an. „Also was weißt du?"
Cole seufzte. „Ich habe davon gehört, dass Dämonen mit einem Zauberspruch in solchen Steinen festgehalten werden können. Und derjenige, der ihn dort gefangen hält, kann ihn auch wieder daraus hervorholen."
„Hm, wie praktisch." meinte Prue und schaute sich den Stein begeistert an.
„Tja, das geht leider nur mit schwarzer Magie, also gibt dir keine Mühe." klärte Cole sie auf.
„Schade, und warum hast du es, ohne eine Sekunde an die Gefahr zu denken, für nötig befunden, das Teil hierher zu bringen?" wollte sie wissen.
„Weil ich dachte er ist kaputt. Sonst hätte sich der Besitzer sicher nicht davon getrennt. Siehst du die Risse dort?" fragte er Prue und zeigte auf den Donnerstein. „Mir war klar, dass er unbrauchbar geworden ist. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass noch ein Dämon darin gefangen war und durch die Risse die Chance erhalten hat, sich selbst zu befreien."
„Reichlich unvorsichtig." meinte Prue wütend.
„Wir haben ihn doch besiegt." teilte Cole ihr lässig mit. Doch er wusste ganz genau, dass sie den Dämon nur so leicht hatten besiegen können, weil dieser durch seine Befreiungsversuche geschwächt gewesen war.
„Wahrscheinlich hat der Besitzer ihn weggeworfen, weil er Angst vor der Rache dieses Dämons hatte." überlegte Amy unterdessen. „Schließlich wollte er sich an mir rächen, weil er meinte, dass ich ihn dort eingesperrt habe."
Prue blickte Cole an. „Bekommt der Dämon etwa nicht mit, wer ihn eingeschlossen hat?" wollte sie wissen.
„Woher soll ich das wissen? Ich habe mich noch nie einfangen lassen." teilte er ihr mit. „Aber ich habe gehört, dass einige Besitzer die Dämonen wieder freilassen, damit sie ihnen einen Dienst erweisen. Die Dämonen sind ihnen durch einen Zauber verpflichtet, diese Aufgaben auch zu erfüllen, egal worum es sich dabei handelt. Sie haben keine Wahl, sie müssen es tun."
„Erinnert mich irgendwie an Aladin mit der Wunderlampe." meinte Prue und stöhnte. „Wahrscheinlich gehörte er Belva und wir müssen heute doch noch los, um ihre Schwester zu befragen."
Amy blickte sie fragend an. „Denkst du Belva hat einen Dämon gefangen und ihn dann freigelassen, damit er Adam tötet?"
„Unwahrscheinlich, aber ausschließen kann ich das nicht. Aber ich verspreche dir, dass ich es herausfinden werde, Amy." erklärte Prue und blickte den Stein an. „Was machen wir jetzt damit?" fragte sie.
Cole nahm ihn ihr aus der Hand. „Keine Sorge, der ist leer." teilte er den beiden mit und grinste. „Ein Stein, ein Dämon, sonst wird es da drinnen zu eng, nehme ich an."
„Na hoffentlich." meinte Prue und legte ihn auf den Tisch.
Nach dem Abendessen machten sich Cole und Prue auf den Weg zum Einkaufszentrum. Prue hatte beschlossen, dass sie auf dem Parkplatz parken sollten, da es besser war, den Weg durch die engen Gassen zu Fuß zu gehen. Außerdem wollte sie keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wenn sie mit ihrem Wagen durch dieses ärmliche Viertel fuhren. Sie gingen um das Einkaufszentrum herum und befanden sich schließlich auf der Rückseite.
Prue sah sich um und entdeckte den Weg, den sie schon einmal genommen hatte, um Vivian zu verfolgen. Es war bereits genauso dunkel wie an dem Abend und das schummerige Licht der wenigen Straßenlampen, die noch funktionierten, schien auf die unebene Straße, aber wenigstens hatte sie dieses Mal geeignetere Schuhe angezogen, dachte Prue zufrieden.
Cole folgte ihr schweigend und hoffte, dass Prue den richtigen Weg finden würde, die engen Gassen mit den meist heruntergekommenen Häusern und Grundstücken sahen überall gleich aus. Auf dem Weg kamen ihnen nur ein paar Gestalten entgegen, die sie aber nicht weiter beachteten.
„Ist es noch weit?" brach er schließlich das Schweigen. „Mir kommt es so vor als würden wir ständig im Kreis laufen."
„Das kommt nur daher, dass alles hier gleich aussieht." teilte Prue ihm wütend mit, und hoffte, dass sie wirklich den richtig Weg gewählt hatte, an der letzten Biegung war sie sich nicht mehr so sicher gewesen, aber das würde sie ihm sicher nicht erzählen.
„Wie hast du es denn das letzte Mal gefunden?" wollte Cole wissen.
„Ich bin deiner Freundin Vivian hinterhergegangen, hatte ich dir das nicht erzählt?" fragte sie ironisch.
„Vivian?" Cole lachte auf. „Wirklich? Vivian wollte zu einer Voodoopriesterin, sie hat mir erzählt, sie glaubt nicht daran. Es würde mich ja interessieren, was sie von ihr wollte."
„Vielleicht eine Liebesdroge, damit alle Männer ihr verfallen." überlegte Prue laut.
Cole lächelte. „Also bei mir hat es jedenfalls nicht gewirkt." meinte er leise.
Prue zuckte mit den Schultern und beschloss das Thema zu wechseln. „Was stellst du dich überhaupt so an, ich hatte dir doch gesagt, dass es ein Stück zu Fuß ist, und ich dachte du magst lange Spaziergänge."
„Hä?" Cole sah sie fragend an. „Wie kommst du denn darauf?"
Prue zuckte mit den Schultern. „Ich glaube, das hat Phoebe mal erwähnt."
„Oh," meinte er überrascht und sah sich um. „Stimmt schon, aber das hier würde ich nicht unbedingt als Spaziergang betrachten."
Ein Hund bellte auf einem der Grundstücke und aus einem der Häuser war Geschrei und das Herunterfallen von Tellern zu hören.
„Wir sind ja auch nicht zum Spaß hier." erklärte Prue und ging weiter.
Cole sah sie von der Seite an. „Komisch, dass du dir das gemerkt hast." erklärte er nachdenklich.
Prue zuckte mit den Schultern. „Bild' dir bloß nichts darauf ein." teilte sie ihm mit und atmete erleichtert auf, als sie auf der linken Seite auf einmal an der verfallenen Lagerhalle mit den Autowracks vorbeikamen. „Es ist nicht mehr weit." erklärte sie zufrieden.
Kurz darauf standen sie vor dem Haus von Madame Zadie. Es sah genauso aus, wie Prue es in Erinnerung hatte. Nachdenklich blickten sie auf den Eingang. „Ich denke du solltest zuerst allein hineingehen." erklärte sie schließlich. „Sie kennt dich nicht und wenn du nichts herausbekommst, kann ich es immer noch selbst versuchen."
Cole sah sie skeptisch an und nickte dann. „Sicher kein Problem." Er ging auf das Haus zu und klopfte an die Tür.
Kurze Zeit später öffnete eine imposante Frau die Tür und blickte ihn müde an. „So spät empfange ich keine Leute mehr." teilte sie ihm strikt mit.
„Mich schon. Denn es ist wirklich sehr wichtig." erklärte Cole bemüht freundlich und stellte sich in den Türrahmen, so dass sie die Tür nicht schließen konnte.
Prue beobachtete das Ganze versteckt hinter einem Busch. Sie seuftze und bereute schon, dass sie nicht selbst gegangen war.
Madame Zadie lächelte Cole amüsiert an. „Ich lasse mich zu nichts zwingen, auch nicht von Ihnen." teilte sie ihm mit und blickte ihm direkt in die Augen. „Aber Sie haben Glück, im Moment habe ich Zeit und es interessiert mich, was gerade Sie von mir wollen." Sie trat zur Seite und ließ Cole eintreten.
Prue sah zu, wie Cole im Haus verschwand und die Tür sich wieder schloss. Sie entschloss sich dagegen, in den Garten zu gehen, um die zwei zu beobachten, denn sie wollte nicht ein zweites Mal von der Voodoopriesterin beim Lauschen entdeckt werden.
Cole betrat den dunklen Flur und folgte der Frau in einen überfüllten Wohnraum. Interessiert sah er sich um und betrachtete die Masken und Heiligenbildchen an den Wänden und auf dem Altar.
Madame Zadie unterbrach ihn in seiner Betrachtung. „Sie kennen sich mit all diesen Dingen gut aus, nicht wahr?"
Cole zuckte mit den Schultern. „Mehr oder weniger." meinte er und sah sie lächelnd an. „Vor allem mit der schwarzen Magie kenne ich mich aus."
„Nun, das ist nicht mein Metier." teilte Zadie ihm mit und setzte sich hin. „Also warum habe ich die Ehre, Besuch von einem ehemaligen Dämon zu erhalten."
Cole ließ sich seine Überraschung nicht anmerken und setzte sich ihr gegenüber. „Wie ich schon sagte, interessiere ich mich dafür, wer unter den Voodoopriestern schwarze Magie anwendet."
„Ich jedenfalls nicht." teilte Zadie ihm ruhig mit. „Aber darum sind Sie auch gar nicht hier, nicht wahr. Ihr Problem ist, dass Sie Angst haben, es nicht zu verdienen, glücklich zu sein."
Cole lächelte unverbindlich. „Nein, das habe ich nicht. Ich interessiere mich für eine Voodoopriesterin namens Madame Belva und ich habe gehört, dass Sie sie kennen." Er blickte sie aufmerksam an, um jede ihrer Gefühlsregungen beobachten zu können.
Doch Zadie tat so, als hätte sie ihn nicht gehört. „Sie fragen sich, wie lange Sie brauchen, um es erneut zu vermasseln. Ist es nicht so?"erkundigte sich Zadie. „Sie denken, dass Sie denen, die Sie lieben, immer nur weh tun werden, weil Sie Böses getan haben und das nun Ihre Strafe ist."
Cole schüttelte den Kopf. „Haben Sie mich nicht verstanden, ich bin wegen Belva hier. Sie benutzt schwarze Magie, um Dämonen zu fangen und ich befürchte sie tut noch viel schlimmeres."
Zadie sah ihn eindringlich an. „Es stimmt nicht, dass Sie alles verderben, was gut ist. Sie hatten nur noch nie eine richtige Chance. Sie haben Angst, dass Sie nicht in der Lage sind, das Glück festzuhalten, dass Sie es nicht verdienen und darum zwangsläufig versagen. Aber so ist das nicht, vertrauen Sie sich selbst ein bisschen mehr, dann wir alles gut."
Cole konnte nicht umhin ihr darauf zu antworten. „Keine Sorge, ich vertraue mir selbst."
„Aber vertrauen Sie auch der Liebe?" erkundigte sich Zadie.
„Nein, das tue ich nicht mehr." teilte Cole ihr spöttisch mit. „Schlechte Erfahrungen. Und wie ich Ihnen bereits mehrfach sagte, bin ich wegen Belva hier."
„Sie müssen sich selbst verzeihen, und dürfen nicht zu viel von sich erwarten." teilte Zadie ihm lächelnd mit. „Sie befürchten, dass Sie diejenigen, die Sie lieben, immer nur verletzten würden, darum wollen Sie vorsichtig sein und sich nicht Ihren Gefühlen hingeben, aber das ist eine Sackgasse."
„Sie wiederholen sich." Cole sah sie entnervt an, er wusste nur zu gut, wie gefährlich es sein konnte, wenn man nicht vorsichtig war, darum musste er vorsichtig sein und er war es die ganze Zeit. Diese Voodootante würde ihn ganz sicher nicht vom Gegenteil überzeugen.
„Ich kann Ihnen einen Gefallen tun und für Sie in die Zukunft sehen. Wenn Sie das beruhigt." bot Zadie ihm an.
„Nein, Sie sollen nicht für mich in die Zukunft sehen." erklärte er ihr ärgerlich. „Sehen Sie lieber in die Zukunft von Ihrer Schwester, denn die könnte böse aussehen."
Sekunden später kam Cole aus dem Haus gestürmt. „Komm, lass uns gehen, sie wird uns nie etwas sagen." erklärte er ärgerlich und nahm Prues Arm, um sie von dem Haus wegzuführen.
Ärgerlich machte Prue sich von ihm los und rührte sich nicht von der Stelle. „Das werden wir ja sehen. Ich wusste doch gleich, dass ich lieber selbst hätte gehen sollen." meinte sie und schaute auf das Haus zurück. „Aber dafür ist es hoffentlich noch nicht zu spät. Ich werde schon etwas aus ihr herausbekommen." teilte sie ihm zuversichtlich mit und ging zielstrebig auf die Haustür zu.
„Na dann viel Spaß." rief ihr Cole hinterher und verschwand hinter dem Busch, als Prue an der Tür klopfte. Er hatte wirklich die Nase voll von Zadies Ansichten und Botschaften.
Madame Zadie öffnete die Tür sofort und lächelte Prue freundlich an. „Ich hatte schon so etwas erwartet." meinte sie leise und ließ Prue eintreten. Sie führte Prue einen Flur mit zerschlissenem Teppich entlang in das Zimmer, das zum Garten hinausging. Zadie schloss die Tür und bot ihr denselben Platz an, wie an dem Abend Wochen zuvor.
„Danke!" meinte Prue und setzte sich hin. Dann blickte sie die Frau aufmerksam an, und beschloss, sofort auf den Punkt ihres Besuches zu kommen. „Ich will mit Ihnen über Belva und ihre Machenschaften reden."
Zadie lächelte wissend. „Nein, dass ist nicht der wahre Grund Ihres Hierseins." erklärte sie ruhig. „Sie wissen nicht, wie Sie mit Ihren Gefühlen für den Mann umgehen sollen, der mich gerade besucht hat."
Prue sah sie genervt an und ahnte Schlimmes. „Was hat er Ihnen erzählt?"
„Keine Sorge, er hat nicht von Ihnen gesprochen." teilte Zadie ihr mit. „Das musste er gar nicht, ich sehe es in Ihren Augen. Sie haben Angst vor Ihren Gefühlen für ihn."
Prue lächelte unverbindlich. „Nein, habe ich nicht." stellte sie unmissverständlich klar. „Und darum bin ich auch gar nicht hier. Es geht um ..."
Doch Zadie ließ sie nicht aussprechen. „Sie müssen sich nicht vor der Liebe fürchten." teilte sie Prue lächelnd mit. „Er ist kein Dämon mehr, darüber müssen Sie sich keine Gedanken machen. Es ist nichts Böses mehr in ihm, auch wenn er selbst davon nicht ganz so überzeugt ist, wie ich."
Prue beschloss, sich nicht von Zadies Gerede einwickeln zu lassen. Vielleicht war ihr dies ja bei Cole gelungen, aber bei ihr würde sie damit keinen Erfolg haben. „Aber in Ihrer Schwester Belva ist etwas Böses." teilte sie ihr mit einem kalten Lächeln mit.
Zadie seufzte. „Meine Schwester ist ein komplizierter Mensch, genau wie Sie. Sie hat nie das Glück erkannt, selbst wenn es direkt vor ihrer Nase lag." Sie nahm einige Knochen in die Hände und schüttelte sie. „Sie haben sich in ihn verliebt, warum denken Sie Sie müssen das leugnen?"
„Es geht hier nicht um mich." erklärte Prue, so gelassen wie möglich.
„Oh doch!" Zadie blickte sie lächelnd an und ließ die Knochen auf den Tisch fallen.
Gegen ihren Willen blickte Prue auf das Muster auf dem Tisch und fragte sich, was es wohl bedeutete. Doch sie hätte sich keine Sorgen machen müssen, Zadie teilte es ihr sogleich mit. „Ich sehe eine glückliche Zukunft für Sie und diesen ehemaligen Dämon. Drei Kinder, zwei Mädchen und ..."
Wütend stand Prue auf und fegte mit einer Handbewegung die Knochen vom Tisch. „Hören Sie auf damit, deswegen bin ich nicht hier. Sie wollen mich doch nur ablenken, damit ich Sie nicht nach Ihrer Schwester frage." erklärte sie unsicher.
Zadie schüttelte bekümmert den Kopf. „Sie ist meine Schwester und ich weiß, dass Sie verstehen werden, dass man seine Schwester nie im Stich läßt, egal wie falsch der Weg ist, den sie eingeschlagen hat. Machen Sie sich keine Sorgen, ich kümmere mich darum." erklärte sie fest und zeigte auf die Knochen, die jetzt im selben Muster wie zuvor, auf dem Boden lagen. „Aber das hier ist real. Verschließen Sie nicht die Tür vor Ihrem Glück."
„Keine Sorge, ich weiß besser als Sie, wie mein Glück aussieht." meinte Prue und verließ ohne sich noch einmal umzusehen das Haus.
Als sie draußen an Cole vorbeikam, würdigte sie ihn keines Blickes. Überrascht kam er hinter dem Busch hervor und bemühte sich, hinter ihr herzukommen. „Hat sie dir etwas gesagt?" wollte er wissen.
„Dass sie sich um ihre Schwester ganz alleine kümmern wird." teilte Prue ihm kurz mit. Wenn sie doch bloß nie zu Madame Zadie gegangen wäre, denn ohne es zu wollen, hatte sie dort etwas erkannt, das sie eigentlich schon die ganze Zeit gewusst hatte.
Prue sah Cole von der Seite aus an und rückte ein Stück von ihm weg, denn sie wollte nicht zu nahe bei ihm sein. Sie fühlte sich einfach schrecklich. Sie hatte sich so schleichend in ihn verliebt, dass sie es selbst nicht gemerkt hatte, bis es ihr im Wohnzimmer von Madame Zadie förmlich ins Gesicht gesprungen war. Schon als sie ihn vor Leo verteidigt hatte, hätte sie es wissen müssen, oder als sie sich über Diannes Theorie gefreut hatte, oder als sie so tief verletzt gewesen war, weil er ihr Phoebes Names ins Ohr geflüstert hatte, oder eigentlich schon viel früher jedes Mal, wenn sie ihn geküsst hatte.
Doch eine fröhliche Familie mit Kindern, das war trotzdem zu viel. Sie atmete tief durch, darum musste sie sich keine Sorgen machen. Sie nahm die Pille, und sie gehörte zu der Sorte Frauen, die davon überzeugt waren, dass die Märchen, dass man trotz Pille schwanger werden konnte, nur von den Frauen in die Welt gesetzt worden waren, die nicht richtig damit umgehen konnten. Nein ihr konnte das nicht passieren, davon war sie überzeugt. Sie blickte an sich herunter und sah plötzlich das Amulett von Madame Zadie, das sie immer noch um den Hals trug. Ärgerlich nahm sie es in die Hand und riss es ab, das hätte sie schon viel früher tun sollen. In hohem Bogen warf sie es von sich. Ein leises Klacken ertönte, als wäre der Zahn von einer Wand abgeprallt und auf den Boden gefallen.
Cole sah Prues überrascht an. „Was war das?" erkundigte er sich und nahm aus einem Impuls heraus ihre Hand.
Für Prue war es wie ein Blitzschlag und sie trat erschrocken einen Schritt zurück und fuhr ihn entsetzt an. „Fass mich nie wieder an."
Ihre rüde Zurückweisung verletzte ihn mehr als er gedacht hätte, und ihm wurde ganz kalt bei der Vorstellung, sie nie wieder berühren zu dürfen. Brüsk fragte er. „Wieso stellst du dich auf einmal so an?" Als er darauf keine Antwort bekam, verdrehte er genervt die Augen und erkundigte sich erneut. „Also was hast du weggeworfen?"
„Nur die schreckliche Zahnkette, die hätte ich niemals tragen sollen." erklärte sie kalt.
„Das hättest du lieber nicht tun sollen." meinte Cole unzufrieden und sah sich um, doch in der Dunkelheit konnte er kaum etwas erkennen, er sah ein Haus mit einer Weihnachtsbeleuchtung über dem Eingang, an der schon einige Lämpchen den Geist aufgegeben hatte. Aber er konnte nicht sehen, wo das Amulett gelandet war. „Sie wollte ihre Schwester nicht verraten, aber ich glaube wirklich sie wollte dich mit dem Amulett vor ihr schützen."
„Wir haben keine Ahnung was sie damit bezweckt hat." erklärte Prue wieder völlig gefasst. „Und ich will es lieber nicht darauf ankommen lassen." Sie wollte nichts tragen, was auch nur im Entferntesten mit schwarzer Magie zu tun haben könnte. Denn sie traute dieser Voodoopriesterin nicht, und sie würde niemals auf sie hören, ganz gleich, was sie fühlte, sie würde die Tür verschlossen halten, so fest wie sie nur konnte.
Cole blickte sie aufmerksam an. „Was hat dir Zadie denn sonst noch erzählt, so aufgewühlt habe ich dich ja noch nie gesehen."
„Nichts wieso?" Prue sah ihn vorsichtig an und fragte sich, ob sie ihm dasselbe erzählt hatte, wie ihr. Bitte nicht, dachte sie flehend. „Was hat sie dir denn erzählt?"
„Nichts." erklärte er kurzangebunden.
Prue sah ihn skeptisch an, entschied aber, dass Zadie ihm offensichtlich etwas anderes erzählt hatte, denn sie konnte sich bildhaft vorstellen, wie er sie sonst mit ihrer zukünftigen kleinen Familie aufziehen würde.
Als sie Zuhause ankamen, verschwand Prue ohne ein weiters Wort noch oben. Cole blickte ihr nachdenklich hinterher, sie hatte sich wirklich merkwürdig aufgeführt. Aber das würde sich hoffentlich schnell wieder geben, er drehte sich um, und ging ins Wohnzimmer, wo noch Licht brannte.
Amy hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht und war kurz eingeschlafen. Verschlafen reckte sie sich. „Ich wollte so lange warten, bis ihr kommt." teilte sie Cole mit. „Habt ihr etwas rausgefunden?"
Cole schüttelte den Kopf und setzte sich hin. „Nein, sie war stumm wie ein Grab. Es war ihr völlig egal, was ihre Schwester für Unheil anrichtet."
Amy nickte. „Und wo ist Prue?" erkundigte sie sich.
„Schon oben. Die gute Zadie muss ihr irgendetwas erzählt haben, was sie völlig aus dem Konzept gebracht hat." meinte Cole und blickte in Richtung Tür, dann wandte er sich wieder an Amy. „Und Prue bringt nichts so leicht aus dem Konzept."
„Hast du sie danach gefragt?"
Cole blickte sie skeptisch an. „Sicher, aber mir sagt sie doch sowieso nichts."
Amy schüttelte leicht mit dem Kopf. „Wenn du sie richtig fragen würdest, dann würde sie es schon tun." erklärte sie, denn sie konnte sich bildlich vorstellen, wie das Gespräch der beiden verlaufen war. „Du hättest nur sagen müssen, dass du dir Sorgen um sie machst."
Cole lachte verächtlich. „Da kennst du sie wirklich schlecht." meinte er und stand auf. „Was soll's, morgen hat sie es schon wieder vergessen." Er sagte Amy gute Nacht und verschwand.
Amy blickte ihm nachdenklich hinterher. Sie konnte nicht verstehen, warum die beiden sich so merkwürdig benahmen. Es war doch offensichtlich, dass sie verrückt nacheinander waren, aber sie taten so, als wüssten sie es nicht. Nein, sie bevorzugten es, einander zu bekämpfen und anzufahren. Amy seufzte, dabei waren sie doch schon alt genug, dachte sie ärgerlich. Aber offensichtlich spielte das Alter dabei keine Rolle. Bei ihr und Adam war das ganz anders gewesen. Sie hatten immer gewusst, dass sie sich lieben, selbst zu Anfang. Aber das hatte ihr auch nichts gebracht, Adam hatte sich für die Kirche entschieden und nicht für sie. Wenn sie es nur akzeptiert hätte, dann wäre er heute noch am Leben. Sie blickte wehmütig auf den Tisch, wo noch immer der Donnerstein lag, wenn sie doch nur wüsste, warum der Dämon Adam getötet hatte, und ob es dafür überhaupt einen Grund gab.
Sie seufzte, wenn Adam nur nicht so verflucht gut gewesen wäre, dann hätten sie ihre Beziehung geheim halten können, aber nein, er wollte ja nicht. Vielleicht sollte sie sich das nächste Mal besser in jemanden verlieben, der nicht ganz so gut war. Es musste ja nicht gleich ein Dämon sein, der hatte schließlich kein Herz. Amy blickte zur Tür, ihr fiel ein, dass sie ganz vergessen hatte, mit Cole darüber zu reden, dass dieser seltsame Mann ihn einen Dämon genannt hatte.
