Hallo Kelara!
Toll,
dass es dir gefällt! Mal etwas Romantik und ja, Leo war schon
etwas sehr unfreundlich, aber es fällt mir einfach schwer fair
zu diesen vier ... zu sein, ich bin auf sie einfach nicht mehr
sonderlich gut zu sprechen.
Und da du ja gerade Zeit und Lust zum Lesen hast, kommen hier gleich die nächsten Kapitel!
29. Kapitel
Prue schlief in dieser Nacht schlecht, sie wälzte sich hin und her und hatte das ungute Gefühl, dass sie irgendetwas Wichtiges übersehen hatte. Sie schlief ein, wachte wieder auf und schlief erneut kurz ein. Sie versuchte sich einzureden, dass alles in Ordnung war, aber sie glaubte es selbst nicht ganz und die unterschwellige Angst um Cole, ließ sie einfach nicht los.
Als sie am frühen Morgen die ersten Vögel zwitschern hörte, stand sie schließlich auf und ging leise in das Zimmer von Daniel. Der kleine Junge schlief friedlich in seinem Bett und der Zauberstab lag neben ihm auf dem Tisch. Am Abend zuvor hatte es einen regelrechten Kampf darum gegeben, denn Danny hatte ihn einfach nicht aus der Hand geben wollen. Als es Prue schließlich gelungen war, ihn zu bekommen, hatte Danny angefangen ärgerlich zu weinen, aber Prue hatte sich nicht erweichen lassen. Sie hatte den Stab auf den Tisch gelegt und beruhigend auf den Jungen eingeredet, bis er endlich eingesehen hatte, dass die ganze Weinerei keinen Sinn hatte.
Prue schüttelte mit einem Lächeln den Kopf. Sie konnte sich gut vorstellen, was für Kämpfe sie würde bestehen müssen, wenn er erst älter wäre. Liebevoll strich sie ihrem Neffen über das Haar und küsste ihn auf die Stirn. „Aber was soll man bei den Eltern auch erwarten?" fragte sie leise. Dann nahm sie den Zauberstab. „Du bekommst ihn zurück, versprochen, aber jetzt muss ich erst versuchen, deinen Vater zu finden." erklärte sie dem schlafenden Jungen und verließ leise sein Schlafzimmer.
Vorsichtig schlich sie die Treppe hinunter und ging zu den Karten, die immer noch ausgebreitet auf dem Boden lagen. Das einzige, was fehlte war der Wirbel. Überrascht überprüfte Prue die Karten, aber sie konnte kein Anzeichen dafür finden, dass der Wirbel sich irgendwo niedergelassen hatte. Nachdenklich blickte sie sich um, vielleicht hatte der Wirbel aufgehört zu suchen, nachdem er Cole nicht gefunden hatte, vermutete sie und hoffte, dass dies nicht bedeutete, dass er nicht mehr zu finden war. Entschlossen griff sie nach dem leeren Buch aus dem Zauberladen und ging zur Tür zum Garten. Sie öffnete sie und die kühle Morgenluft strömte ihr entgegen.
Sie trat hinaus und blickte zum Himmel, die Sonne war gerade erst aufgegangen und schien noch nicht in den Garten. Das Gras war nass vom Tau und Prue fröstelte, als sie barfuß auf die alte Kastanie zuging. Sie ignorierte den feuchten Boden und ihre nassen Füße und ließ sich auf einer der Wurzeln nieder. Ohne zu zögern schlug sie das Buch auf und forderte leise. „Enthüll' mir deine Geheimnisse, jetzt mach schon." Sie fuhr mit dem Stab über die leere Seite, doch nichts geschah. Wütend lehnte sie sich an den Stamm der Kastanie und spürte die harte Rinde, die ihr durch den dünnen Stoff ihres Nachthemds in den Rücken bohrte. Sie blickte hoch zu den Blättern der Kastanie und spürte sofort die Ruhe des Baumes, die er immer auf sie ausstrahlte.
Vielleicht musste sie anders anfangen, überlegte sie und sah wieder auf das Buch. „Ich bin eine aufmerksame Leserin und es ist die rechte Zeit, also bitte, hilf mir." bat sie das Buch dieses Mal und sofort erschienen am unteren Ende des Zauberstabes kleine blinkende Sterne, die sich auf der leeren Seite niederließen und langsam zu Buchstaben wurden. Bedächtig fuhr Prue eine Zeile nach der nächsten mit dem Stab entlang, bis nichts mehr aus dem Stab kam.
Dann blickte sie auf das erste Wort. „Donnersteine." las sie laut. „Schwarzmagier verwenden sie, um vornehmlich Dämonen darin gefangen zu nehmen." Prue blickte auf und runzelte die Stirn, das brachte sie auch nicht weiter, schließlich war Cole kein Dämon mehr. Dennoch las sie weiter. „Im Moment der Entmaterialisierung gelingt es einem Schwarzmagier mit Hilfe eines Zauberspruches diejenigen, die über diese Fähigkeit verfügen, in einen Donnerstein gefangen zu setzen." Entsetzt blickte Prue auf, das war möglich, oh Gott, das war sogar wahrscheinlich. Wenn Cole in Gefahr gewesen war, dann hätte er versucht sich wegzuschimmern, davon war Prue überzeugt und in diesem Moment konnte David Morgan oder seine Mutter ihn eingefangen haben.
Sie atmete tief durch und begann weiterzulesen. „Der Schwarzmagier kann seinen Gefangenen wieder freilassen, doch dann ist dieser ihm durch einen mächtigen Zauber verpflichtet. Der Gefangene muss dem Schwarzmagier einen Gefallen tun. Dieser Zauber ist so stark, dass sich niemand gegen die Erfüllung des Befehls wehren kann, egal um was es sich dabei handelt." Prue schloss die Augen, nein, das durfte einfach nicht wahr sein. Sie musste Cole finden, so schnell wie möglich, denn sie wollte gar nicht erst darüber nachdenken, welchen Befehl David Morgan Cole geben würde. Das wäre die Hölle für ihn, und das würde sie nicht zulassen. Nein, sie würde eine Möglichkeit finden, Cole aus dem Stein zu befreien, ohne Zweifel, es würde ihr gelingen, es musste ihr gelingen.
Tatkräftig sprang sie auf und stürmte zurück ins Haus. Als sie an den Landkarten vorbeikam, hob sie sie vom Boden auf und faltete sie nachdenklich wieder zusammen. Wenn sie doch bloß wüsste, wo sie anfangen sollte. Sie legte die Karten zurück auf den Tisch, als ihr Blick plötzlich auf den kaputten Donnerstein fiel, er leuchtete, stellte sie fest. Prue nahm ihn in die Hand und blickte ihn aufmerksam an. Durch die Helligkeit konnte sie bis ins Innere des Steines blicken, und genau dort befand sich der Wirbel.
Es gab keinen Zweifel mehr, Cole war in einem Donnerstein gefangen, ein Gutes hatte das, er war noch immer am Leben, aber wie lange. Prue wurde bei diesem Gedanken abwechselnd heiß und kalt, doch sie zwang sich ruhig zu bleiben. Sie stellte den Stein zurück, sie musste so schnell wie möglich etwas unternehmen.
Langsam ging sie die Treppe hinauf und betrat Amys Zimmer. „Amy, schläfst du noch?" fragte sie leise.
„Nein, ich konnte die ganze Nacht nicht richtig schlafen." ertönte es vom Bett.
Prue ging zu Amy hinüber und setzte sich auf das Schlafsofa. „Ich glaube sie haben Cole in einem Donnerstein gefangen." erklärte Prue mit ruhiger Stimme. „Darum muss ich ihn befreien."
Amy setzte sich entsetzt auf. „Und wie willst du das anstellen?"
„Zuerst muss ich ihn einmal finden." meinte Prue nachdenklich. „Und dann wird mir schon etwas einfallen."
„Und wo willst du suchen, er wollte doch nur zur Arbeit." überlegte Amy mutlos.
„Er wollte zu Edward Wingrove, und dort hat sicher David Morgan auf ihn gewartet, Zadie hat mir erzählt, dass Morgan sich an ihm rächen will." erklärte Prue.
„Wegen mir." entfuhr es Amy. „Dann ist es meine Schuld."
„Nein, Amy, so darfst du nicht denken." erklärte Prue vehement. „Du kannst nichts dafür, Morgan ist größenwahnsinnig und wir müssen ihn stoppen." Sie sah Amy im Zwielicht, dass durch die halb geschlossenen Jalousien fiel ermutigend an. „Ich wollte dich bitten, bei den Wingroves anzurufen, ich habe sie gestern nicht an den Apparat bekommen und ich muss unbedingt mit Edward sprechen."
Amy nickte. „Okay, kein Problem."
Während Amy versuchte, Edward Wingrove an den Apparat zu bekommen, zog Prue sich an. Als sie wieder herunter kam, sah Amy sie entmutigt an. „Die Wingroves sind nicht in der Stadt, die ganze Familie ist für ein paar Tage verreist." teilte sie Prue mit.
„Das war ja klar." meinte Prue ärgerlich. „Da ist der Feigling samt Familie also lieber weggefahren." Nachdenklich blickte sie aus dem Fenster. Dann musste sie eben versuchen Zadie zu erreichen, wenn Prue Glück hatte, dann war sie noch zu Hause. Prue hoffte, dass es noch nicht zu spät war und Zadie sich nicht schon an ihren geheimen Ort zurückgezogen hatte. Prue blickte Amy an. „Amy, pass bitte auf Danny auf. Lass keinen in seine Nähe." erklärte sie resolut. „Das Übrige regele ich schon irgendwie, wäre ja nicht das erste Mal." versuchte sie sich zu überzeugen und sprang auf, um in die Küche zu gehen.
Amy folgte ihr langsam und sah zu, wie Prue einige der fertigen Zaubermittel in die Hand nahm.
„Hier." meinte Prue und reichte Amy ein paar Gläschen mit explosiven Vernichtungsmitteln. „Wenn jemand euch zu nahe kommt, dann wirfst du das auf ihn. Okay? Bekommst du das hin?"
Amy nickte etwas unsicher, doch dann erklärte sie mit fester Stimme. „Ja, keine Sorge, niemand wird Danny zu nahe kommen."
Prue lächelte. „Gut, und nimm das Telefon, wenn irgendetwas ist, dann werde ich mich melden. Und wenn hier ein Problem auftritt, dann rufst du an und ich bin sofort da." Prue hatte zwar keine Ahnung, ob Astralprojektion zu den Fortbewegungsarten zählte, bei denen die Gefahr bestand, in Donnersteinen gefangen genommen zu werden, aber wenn Danny in Gefahr wäre, dann würde sie keinen Augenblick zögern. „Ist das klar?"
„Absolut!" versicherte Amy.
„Gut." Prue verabschiedete sich von Danny und versprach ihm, dass alles gut werden würde. „Ich werde ihn mitbringen, das verspreche ich." flüsterte sie ihm zu und küsste ihn. Dann sah sie Amy noch einmal aufmunternd an und verließ das Haus.
Obwohl es noch früh am Morgen war, herrschte in der Stadt schon jede Menge Berufsverkehr, doch als Prue in das Viertel von Madame Zadie kam, war es dort noch immer ruhig. Es schien als würden alle Bewohner noch in ihren Betten liegen und schlafen. Nachdenklich entschied Prue sich, dieses Mal den Wagen zu nehmen, um zu Madame Zadies Haus zu gelangen. Ohne Schwierigkeiten fand sie den richtigen Weg und fuhr kurz darauf an dem Haus vorbei. Sie blickte aus dem Fenster und fuhr weiter, um ein Stück entfernt im Schatten einer Linde zu parken.
Sie verließ den Wagen und ging auf das Haus zu. Als sie zur Veranda heraufging, knarrten die Stufen laut in der morgendlichen Stille. Prue blickte sich um, aber niemand war zu sehen. Energisch klopfte sie an die Tür und lauschte aufmerksam. Es herrschte absolute Ruhe, suchend sah Prue sich nach einer Klingel um, doch sie konnte keine finden. Sie klopfte erneut gegen die Tür und als sie keine Antwort erhielt, verließ sie die Veranda wieder, um um das Haus herum auf die andere Seite zu gehen.
Doch als sie auf dem Rasen vor der gläsernen Tür ankam, stockte sie. Die Tür zu Madame Zadies Arbeitszimmer war eingeschlagen und überall auf dem Rasen lagen Glassplitter herum. Vorsichtig näherte Prue sich dem Haus, sie stieg über die Reste der zerstörten Tür und betrat das Arbeitszimmer. In dem Raum herrschte das völlige Chaos, auf dem Boden lagen sämtliche Sachen von Madame Zadie verstreut. Der Tisch war umgekippt und die Stühle lagen mit zerbrochenen Stuhlbeinen auf der Seite. Von allen Regalen waren Amulette, Steine und Figuren heruntergefallen und zerbrochene Flaschen und offene Dosen lagen inmitten von verschütteten Pulvern und anderen Elixieren. Töpfe waren zerschlagen worden und der große Altar war umgekippt und hatte die Figuren und Heiligenbildchen unter sich begraben.
Prue schüttelte erschüttert den Kopf und ging langsam in den Flur. Sie lauschte angestrengt, aber die Menschen, die den Raum verwüstet hatten, waren offensichtlich schon wieder verschwunden. Im Haus war nichts auffälliges zu hören. Vorsichtig betrat Prue einen der anderen Räume. In dem kargen Schlafzimmer von Madame Zadie waren die Kissen und das Bettdeck aufgeschlitzt und die Daunenfedern bedeckten den gesamten Boden. Die Türen des Kleiderschrankes standen offen und die Schubladen waren herausgezogen. Kleidungsstücke und Bügel lagen verstreut auf dem Boden. Prue sah sich kopfschüttelnd um und verließ dann das Zimmer wieder. Sie überprüfte das alte Badezimmer, die Küche und ein kleines Fernsehzimmer. Alle Räume wiesen das gleiche Maß an Verwüstung auf, aber von Zadie war nichts zu sehen.
Offensichtlich war sie schon vor dem Angriff auf ihr Haus an ihren geheimen Ort verschwunden. Zumindest hoffte Prue dies. Seufzend ging sie zurück in das Arbeitszimmer. Ob die Angreifer etwas gesucht hatten, fragte sie sich und sah sich um, aber in dem Chaos hatte sie keine Chance etwas zu entdecken. Frustriert sah sie sich um und verließ schließlich das Haus. Auf dem Weg zurück zu ihrem Wagen, holte sie ihr Handy heraus, um Amy anzurufen.
Nachdem Amy ihr bestätigt hatte, dass alles ruhig war, griff Prue nach ihrer Tasche. Judy hatte ihr vor kurzem einen Zettel mit der Adresse von Belva gegeben, und obwohl Zadie ihr erzählt hatte, dass Belva in einer abgeschirmten Villa wohnte, musste sie es dort versuchen. Sie hatte keine andere Wahl. Sie wühlte in ihrer Tasche herum und fand schließlich den Zettel mit Judys Schrift. Sie warf einen kurzen Blick auf die Adresse und machte sich auf den Weg.
Prue quälte sich durch den morgendlichen Stau und kam spät am Vormittag endlich in der genannten Straße an. Verwundert sah sie sich um. Das Viertel in dem sie sich gerade befand bestand aus luxuriösen Apartmenthäusern. Es war ruhig hier und die Wohnungen waren sicher begehrt, denn sie lagen in der besten Lage, nicht weit entfernt vom Stadtzentrum. Aber Prue konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich hier eine abgeschirmte Villa befinden würde. Vielleicht hatte Belva mehrere Wohnungen überlegte sie und blickte erneut auf den Zettel. Doch als sie den Namen in der ersten Zeile las, stöhnte sie verärgert auf. Sie war nicht zu der Adresse von Belva gefahren, sondern zur Adresse einer Isabell Swallow. Sie erinnerte sich, dass dies die Frau gewesen war, die in David Morgans Büro angerufen hatte.
Prue parkte den Wagen auf dem nächsten freien Parkplatz und dachte nach. Vielleicht war es ja gar keine schlechte Entscheidung gewesen. Die Frau musste Kontakt zu den beiden haben und die Apartments waren sicher nicht so abgeschirmt wie Belvas Villa. Sie blickte erneut auf den Zettel, Isabell Swallow, das sagte ihr gar nichts. Dennoch stieg Prue aus und ging langsam die Straße hinunter. Als sie vor dem richtigen Haus ankam, blieb sie auf der anderen Straßenseite, versteckt hinter einigen parkenden Autos stehen. Das Haus, in dem Isabell Swallow wohnte, war ein modernes Apartmenthaus mit nur vier Etagen. Prue vermutete stark, dass im Eingang ein Portier die Gäste empfangen würde.
Unschlüssig blickte sie auf das Haus, als plötzlich ein offener Geländewagen angerauscht kam und direkt vor der Eingangstür hielt. Die Fahrertür sprang auf und David Morgan stieg aus. Prue versteckte sich so gut es ging hinter den Autos und beobachtete, wie David Morgan verschwand. Da der Wagen genau vor dem Eingang geparkt war, konnte sie nicht erkennen, ob er im Haus verschwunden war. Vorsichtig richtete sie sich wieder auf und lief über die Straße. Sie ging an dem Fahrzeug entlang und bemerkte, dass die Ladefläche mit einer Plane abgedeckt war. Sie war fest mit Stricken an den Außenrändern befestigt und Prue konnte nicht erkennen, was sich darunter versteckte.
Vorsichtig blickte sie sich um, von ihrer Position hinter dem Wagen hatte sie einen genauen Blick auf die Eingangstür. Entschlossen hob Prue ihre Hand, und die Verknotung löste sich wie von Zauberhand, so dass Prue die Plane anheben konnte. Auf der Ladefläche befand sich ein hölzerne Statue, doch von hinten konnte Prue nicht erkennen, um was es sich dabei genau handelte. Nachdenklich blickte sie auf die Ladefläche. Den linken Teil nahm die riesige Statue ein, die dort mit Stricken fixiert war, damit sie sich nicht hin und her bewegen konnte. Auf der rechten Seite befanden sich nur ein paar Decken und Eimer.
Ohne lange darüber nachzudenken, entfernte Prue ein weiteres Seil und stieg entschlossen auf die Ladefläche. Sie kroch auf die rechte Seite und schob ein paar Eimer zur Seite, um sich hinter den Decken zu verstecken. Als sie endlich eine Position gefunden hatte, von der aus man sie von der hinteren Seite des Wagens nicht sehen konnte, lehnte sie sich erschöpft zurück. Die Decken vor ihr stanken nach Farbe und es war unerträglich heiß unter der Plane. Worauf hatte sie sich da nur eingelassen, fragte sie sich deprimiert, doch vielleicht war dies ihre einzige Chance, auf das Grundstück von Belva zu kommen. Und sie musste dorthin, um nach dem Donnerstein mit Cole zu suchen.
Prue schien es, als würden Stunden vergehen, bis sie endlich Geräusche neben dem Wagen wahrnahm. Zwischenzeitlich hatte sie schon gedacht, sie würde von dem Gestank und der brütenden Hitze ohnmächtig werden. Aber sie wusste ja, wofür sie dies alles tat, sie musste Cole befreien, sie würde es nicht zulassen, dass Belva oder David Morgan ihn für ihre Zwecke benutzen würden.
„Ich bringe das schnell zu Mutter." erklärte David Morgan. „Gegen Abend bin ich wieder zurück."
Prue vernahm ein schmatzendes Küssen, dann öffnete David Morgan endlich die Fahrertür und stieg ein. Mit lauten Dröhnen startete er den Wagen und fuhr los.
Gegen Abend? Dachte Prue entsetzt, hoffentlich bedeutete das nicht, dass er woanders hin wollte, als zu Belvas Villa. Prue schob die Eimer beiseite und blickte zum ersten Mal genauer auf die Statue. Wenn sie mehr Platz gehabt hätte, wäre sie entsetzt zurückgewichen. Ihr gegenüber lag der obere Teil einer Python, die genauso aussah, wie die aus ihrem Traum. Die hölzerne Statue war bunt bemalt und starrte sie ehrfurchterweckend an. Prue atmete tief durch, und bereute dies sofort wieder, als ihr der penetrante Gestank der Farbe in die Nase stieg. Wo wollte David Morgan nur mit dieser Statue hin, sie konnte sich schwerlich vorstellen, dass Belva sie sich in ihren vornehmen Garten stellen würde, aber was wusste sie schon von diesen Leuten.
Als die Zeit verging und der Wagen immer noch durch die Gegend holperte verabschiedete Prue sich von dem Gedanken, dass David Morgan zu Belvas Villa in der Stadt fuhr. Selbst wenn sie davon ausging, dass ihr jede Minute auf dem Ladedeck wie eine Ewigkeit vorkam, hätten sie die Villa längst erreichen müssen.
Sie lauschte nach draußen, der Wagen fuhr auf einmal schneller und sie nahm an, dass sie auf einem Highway angekommen waren. Die Fahrt ging weiter, bis der Wagen auf einmal stoppte. Von draußen kamen zahlreiche Geräusche, Autotüren öffneten sich und Menschen unterhielten sich.
„Na da hatten Sie aber Glück, dass Ihnen nicht gleich die ganze Plane davongeflogen ist." ertönte es vom hinteren Teil des Wagens. „Sie müssen die Stricke schön fest ziehen."
„Sie waren schön fest." erklang es wütend von David Morgan.
„Okay, ist ja schon gut, ich wollte nur helfen." Schritte entfernten sich und Prue hörte, wie Morgan die Taue wieder festband. Jetzt war sie wirklich gefangen und auf dem Weg nach nirgendwo, keine schöne Vorstellung.
Nach einer weiteren Ewigkeit verließ der Wagen die Schnellstraße, Prue vermutete, dass sie durch kleine Städte fuhren, denn der Wagen hielt immer mal wieder an und fuhr dann wieder los. Schließlich fuhr er über eine holprige Straße, bis er endlich zum Stehen kam. David Morgan stieg aus und den Geräuschen nach zu urteilen, öffnete er ein Tor. Dann stieg er wieder ein und der Wagen fuhr auf ein Grundstück. Prue lauschte angestrengt, aber sie konnte nur den Wind und leises Vogelgezwitscher hören.
David Morgan stieg erneut aus und weitere Schritte waren zu hören.
„Da bist du ja endlich, wieso hat das so lange gedauert?" fragte eine Frauenstimme.
„Ich war noch bei Isabell, es war schließlich nicht so eilig." fuhr David Morgan die Frau an.
„Nein, natürlich nicht, mein Lieber." besänftigte ihn die Frau, bei der es sich offensichtlich um seine Mutter handelte. „Aber du weißt doch, dass ich am Abend wieder in der Stadt sein muss."
„Das wird kein Problem sein, aber jetzt hilf mir mal." David Morgan und die Frau begannen an den Tauen zu ziehen, und obwohl Prue selbst so schon fast am Ersticken war, zog sie sich die Decke über den Kopf. Sie hörte das Geräusch, als die Plane zur Seite gezogen wurde und wie schließlich die Statue unter Rumpeln von der Ladefläche gehievt wurde.
Die Frau ächzte. „Ein Prachtstück!" erklärte sie feierlich. „Lass' es uns in den Lagerraum bringen."
Schritte entfernten sich und Prue warf erleichtert die Decke beiseite, viel länger hätte sie es darunter nicht mehr ausgehalten. Vorsichtig setzte sie sich auf und kroch hinter den Eimern hervor. Sie lugte über die Außenwand der Ladefläche und konnte von hinten David Morgan und die Frau erkennen, die die Statue in Richtung des Hauses trugen. Schnell sprang Prue von der Ladefläche und lief zu einigen Büsche und Bäumen, die sich am Rand des Grundstücks befanden. Sie blickte zum Haus, bei dem es sich um ein leicht verfallenes Holzhaus handelte, das sicher schon bessere Zeiten gesehen hatte. Die helle Farbe war stellenweise abgeblättert und die Veranda vor dem Haus hing durch. Die Bäume und Sträucher reichten fast bis an die Fenster heran und waren sicher seit Jahren nicht mehr geschnitten worden.
Prue schlich am Zaun entlang in Richtung des Hauses. Sie hielt sich im Schatten der Bäume und Sträucher, die teilweise so dicht standen, dass die Äste ihre Arme und Bein zerkratzten. Schon nach ein paar Schritten konnte sie zu ihrer Erleichterung weder David Morgan noch die Frau erblicken. Sie ging an der rechten Hausseite entlang und erspähte nach einigem Suchen ein angelehntes Fenster.
Vorsichtig öffnete sie es und stieg hinein. Kurz darauf stand Prue in einem düsteren staubigen Flur. Sie sah sich um und fragte sich, was sie hier eigentlich zu suchen hatte, als sie plötzlich hörte, wie sich die Haustür öffnete.
Erschrocken öffnete sie die nächstbeste Tür und verschwand in einem dunklen Raum, dessen Vorhänge zugezogen waren. Durch das schummerigen Licht konnte Prue nur einige Möbelstücke entdecken, die mit weißen Tüchern abgedeckt waren. Augenscheinlich wurde dieser Raum selten benutzt, und das konnte ihr nur Recht sein. Sie lauschte an der Tür und hörte das Geächze der Frau, die sich zusammen mit Morgan mit der Statue abschleppte.
„Am besten wir verstauen sie im Keller, zwischen deinen anderen Schätzen." meinte David Morgan atemlos und öffnete eine quietschende Tür. Weiteres Gerumpel sprach dafür, dass die beiden die Statue in den Keller trugen. Kurz darauf trampelten sie wieder die Treppe hoch.
„Ich habe dir etwas Schönes zu essen gemacht." erklärte die Frau.
David Morgan grummelte etwas und die Stimmen verschwanden. Vorsichtig öffnete Prue die Tür und blickte in den Flur hinaus. Die beiden waren verschwunden. Sie trat aus dem Raum und ging auf die Kellertür zu. Nachdem David Morgan erwähnt hatte, dass die Schätze im Keller lagerten, entschloss Prue sich, diesen zu durchsuchen. Wenn sie etwas finden würde, dann sicher dort. Mit einem festen Ruck zog sie die Tür auf und schlüpfte hindurch. Dann verschloss sie die Tür schnell wieder, um zu vermeiden, dass durch ein langsames Öffnen das Quietschen noch verstärkt wurde. Lauschend blieb sie auf der steinernen Treppe stehen. Doch offensichtlich hatte niemand etwas gehört. Sie blickte in den stockdunklen Keller und ging langsam die Stufen hinunter.
Durch das spärlich Licht, das durch ein stumpfes Fenster fiel, das nur zur Hälfte nach draußen reichte, konnte sie kaum etwas erkennen. Vor dem Fenster lag der obere Teil der Holzstatue auf dem Boden und gleich daneben lagen die übrigen zwei Teile. Auf der anderen Seite stand im Dunklen ein Tisch und an der Wand waren Regale angebracht. Prue ging darauf zu und erkannte einige kleine Figuren die auf dem Tisch lagen. Was auf den Regalen lag, konnte sie nicht richtig erkennen, dafür war es zu dunkel. Sie nahm einen der Gegenstände in die Hand und erkannte eine Flasche. Sie fuhr mit der Hand das Regal entlang und ertastete eine Flasche nach der anderen. Dann wandte sie sich zum nächsten Regal. Der Gegenstand dort war ihr unbekannt sie nahm ihn in die Hand und ging damit zum Fenster hinüber. Als sie ihn gegen das Licht hielt, konnte sie ihr Glück kaum fassen, es war ein Donnerstein.
„Wer sagt es denn." flüsterte sie zufrieden und ging zurück zu dem Regal, als sie plötzlich ein Geräusch an der Tür hörte. Erschrocken kniete sie sich in der Ecke hin. Die Tür ging ein Stück auf und schloss sich sofort wieder. Dann hörte Prue, wie ein Schlüssel umgedreht wurde. Sie war erneut eingeschlossen, dieses Mal in einem Keller, sie blickte auf das Regal mit den Donnersteinen: Und zwar zusammen mit einer nicht gerade kleinen Anzahl von Dämonen!
