35. Kapitel

Kurze Zeit später waren sie an der Straße, die der Bus in Richtung Stadt nehmen musste, angekommen.

Prue stoppte den Wagen und Cole sah aufmerksam auf die vorbeifahrenden Autos. Der Verkehr war nicht sehr dicht und es war keine Schwierigkeit, jedes einzelne Auto zu erkennen.

„Wie sieht der Bus denn aus?" wollte Amy von hinten wissen.

„Ziemlich groß und tarnfarbengrün und ohne Aufschrift." teilte Prue ihr mit und schaute wieder aus dem Fenster.

Sie beobachteten eine Weile die Straße, und gerade als Cole schon vorschlagen wollte, ein Stück in die entgegengesetzte Richtung zu fahren, fuhr ein grünfarbener Bus an ihnen vorbei. „Das ist er." meinte er sofort und zeigte auf den Wagen.

„Ich weiß." Prue ließ das Auto wieder an und versuchte dem Bus unauffällig zu folgen, was kein Problem darstellte. Der Bus fuhr in gemächlichem Tempo in Richtung New Orleans und dem Fahrer schien nicht aufzufallen, dass er verfolgt wurde.

„Sind dort Zombies drin?" fragte Amy nach einer Weile.

Prue schüttelte den Kopf. „Nein, er war leer."

„Hm, und warum verfolgen wir ihn dann?" wollte Amy wissen.

„Wir wollen wissen wen er abholt." meinte Cole und erzählte Amy von Kirk Landon und den Erdnüssen. „Wenn wir Glück haben dann ruft er frühestens Morgen an."

„Oder noch später." überlegte Prue. „Schließlich wissen wir nicht, wann es ihm gelingt, ein Telefon aufzutreiben."

„Oh, der Bus biegt ab." bemerkte Amy auf einmal. „Und dabei sind wir noch gar nicht in der Stadt. Vielleicht arbeiten die Zombies hier irgendwo." meinte sie und sah sich neugierig um.

Der Bus fuhr in ein Industriegebiet und hielt vor einem kleinen Bürogebäude. Prue verringerte das Tempo und fuhr so langsam es ging an dem Haus vorbei. „Kein Schild." erkannte sie und fuhr in die nächste Straße, um anzuhalten.

Währenddessen schaute Cole in den Rückspiegel. „Ein Mann kommt aus dem Haus und geht auf den Wagen zu, er hat eine Aktentasche in der Hand." teilte er den anderen mit. „Jetzt öffnet der Busfahrer die Tür und der Mann steigt er."

Die Türen des Busses schlossen sich wieder und der Fahrer drehte auf dem gegenüberliegenden Grundstück um, um zurück auf den Highway zu fahren. Prue folgte dem Bus zurück auf die Straße nach New Orleans und blieb ihm dicht auf den Fersen, bis sie schließlich in den Randbezirken der Stadt ankamen. Hier wurde es etwas schwieriger, dem Wagen zu folgen, doch Prue gelang es, ihn im Getümmel der Großstadt nicht aus den Augen zu verlieren. Sie fuhren in Richtung Innenstadt, bis der Bus schließlich in eine Nebenstraße bog und dort anhielt.

Cole sah sich nachdenklich um. „Wir sind hier in der Nähe vom Gericht." erkannte er überrascht. „Aber wen wollen sie hier abholen, Zombies?" er blickte die anderen skeptisch an.

„Das werden wir sicher gleich herausfinden." meinte Prue zuversichtlich, als sie gleich hinter dem Bus einen Parkplatz fand. Sie hielt an und beobachtete, wie der Mann, den der Bus im Industriegebiet aufgelesen hatte, ausstieg. Schnell drehte sie sich zu Amy um. „Amy, du bleibst im Auto und wir verfolgen diesen Kerl dort." Ohne auf ihre Antwort zu warten, stieg Prue aus.

„Und was soll ich hier so lange machen." meinte Amy seufzend.

„Du beobachtest den Bus." erklärte Cole und fügte grinsend hinzu. „Wer weiß, vielleicht siehst du sogar ein paar echte Zombies."

„Das Vergnügen hatte ich schon." meinte Amy frustriert, sie hatte wirklich keine Lust, erneut endlos zu warten, aber sie sagte nichts mehr und verfolgte, wie Cole und Prue um die nächste Häuserecke verschwanden. Seufzend lehnte sie sich zurück und beobachtete gelangweilt den Bus, als plötzlich die Tür aufging und ein junger Mann ausstieg, um sich auf eine Bank am Straßenrand zu setzen.

Währenddessen verfolgten Prue und Cole den Mann aus dem Bus. Er trug einen schlichten Anzug und rannte mit seiner Aktenmappe unter dem Arm förmlich durch die Straßen. Kurz darauf kamen sie beim Gerichtsgebäude an.

„Das Gericht, das hatte ich mir schon gedacht, aber hier kann er doch keine Untoten abholen, oder?" Cole blickte Prue skeptisch an.

„Vielleicht sind sie dort in einer Putzkolonne." schlug Prue vor und betrachtete sich im Vorbeigehen in einem der Schaufenster. „Gott, wie seh ich nur aus, so lassen sie mich doch gar nicht in's Gericht." erklärte sie entsetzt und versuchte ihr hoffnunglos zerzaustes Haar mit den Fingern zu entwirren. „Hast du einen Kamm dabei?"

„Nein, damit kann ich leider nicht dienen." erklärte Cole amüsiert.

Prue blickte sich zu ihm um und erkannte ärgerlich, dass er aussah, als hätte er den ganzen Tag im Büro gesessen. „Liegt es an deinen dämonischen Genen, oder warum hat dieses Abenteuer bei dir keine Spuren hinterlassen?"

„Das liegt daran, dass ich gleich den richtig Weg genommen habe." teilte er ihr zufrieden mit.

„Stimmt. Ich hatte ganz vergessen, dass du uns durch die Buschwildnis geschickt hast." erinnert Prue sich und versuchte erneut, sich ein wenig herzurichten.

Cole betrachtete sie dabei eingehend und fragte sich, wie lange er wohl ihr Gesicht anstarren musste, bevor es ihm langweilig wurde. Für ihn war es höllisch verführerisch. „Also in meinen Augen siehst du wunderschön aus." erklärte er schließlich und zog ihr einen trocken Ast aus dem Haar.

„Brauchst du eine Brille?" fragte Prue zynisch und sah ihn an. Doch als sie den bewundernden Ausdruck in seinen Augen sah, musste sie gegen ihren Willen lächeln. Erneut schaute sie in das Schaufenster und erklärte zufrieden. „Hm, du hast recht, und schließlich ist es mein gutes Recht, dass Gericht zu betreten, wie immer ich auch aussehe."

„So ist es, und ich würde zu gerne sehen, was passiert, wenn jemand es wagt, dir den Eintritt zu verbieten." meinte er grinsend.

„Das wirst du dann schon erleben." erklärte Prue mit einem zufriedenen Lächeln.

Sie eilten auf das Gebäude zu, vor dem in einer Reihe die Leute standen, die das Gebäude betreten wollten. Der Mann mit der Aktentasche war fast bei dem Einlasser angekommen, als Prue und Cole sich in der Schlange anstellten.

„Hoffentlich finden wir ihn im Gebäude noch." überlegte Prue nachdenklich, als er durch den Metalldetektor trat und aus ihrem Blickfeld verschwand.

„Wenn er mit einer Horde Zombies durch die Gegend rennt, dann wird er kaum zu übersehen sein." meinte Cole zuversichtlich.

Sie warteten geduldig, bis sie fünf Minuten später ebenfalls in das Gebäude gelassen wurden. Wie anzunehmen war, kümmerte sich der Beamte kein bisschen um Prues Aussehen. Doch als sie die Halle des Gerichts endlich betreten konnten, war es dort ungewöhnlich voll.

Am Freitag Nachmittag schlossen viele Richter ihre Verhandlungen früher als gewöhnlich, um sich in ihr wohlverdientes Wochenende zurückzuziehen. Daher befanden sich zahlreiche Anwälte, ihre Klienten, Verhandlungsbesucher und andere Schaulustige in der Halle und unterhielten sich noch oder machten sich auf den Heimweg. In dem Getümmel war es unmöglich, den unauffälligen Mann mit dem schlichten Anzug zu finden.

„Na toll." meinte Prue frustriert. „Und was sollen wir jetzt machen?"

Cole sah sich um. „Lass uns in den ersten Stock gehen." schlug er vor. „Hier unten gibt es im Grunde keinen Ort, wo er hingegangen sein könnte. Vielleicht können wir ihn oben noch irgendwo finden."

Sie eilten, so schnell es ging die breite Treppe hoch und schauten in die Korridore, die zu den einzelnen Gerichtssälen und Richterzimmern führten.

„Nichts." meinte Prue frustriert, während sie in einen der Gänge schaute. „Hier ist niemand mehr."

„Oh Mann, ich glaub es nicht, dort ist unser guter alter Freund Edward." erklärte Cole unterdessen kopfschüttelnd und wies in den linken Gang.

Prue schaute in seine Richtung und erkannte Wingrove, der vor einem Wasserspender stand um etwas Wasser zu trinken. Zu Prues Ärger machte Cole keine Anstalten, sich vor ihm zu verbergen, sondern beobachtete ihn mit einem finsteren Blick.

Als Edward Wingrove aufschaute und Cole erblickte, erstarrte er und blickte ihn angsterfüllt an. „Aber Morgan hat ihn doch gefangen." flüsterte er leise und drehte sich dann blitzschnell auf dem Absatz um und rannte den Korridor entlang.

„Na super." meinte Cole ärgerlich. „Er läuft einfach weg."

„Hast du von dem Feigling Wingrove etwas anderes erwartet?" fragte Prue zynisch.

Hektisch rannten sie hinter ihm her. „Manchmal wünschte ich mir wirklich ich hätte Pipers Fähigkeiten." fluchte Prue, nachdem Wingrove in den nächsten Flur gebogen war.

„Du willst ihn gleich explodieren lassen?" fragte Cole erfreut und grinste zufrieden, bei der Vorstellung. „Vielleicht reicht es ja für's erste, ihn gegen die Wand zu schmettern." schlug er vor.

„Verlockende Vorstellung." erklärte Prue atemlos. „Doch ich hatte eigentlich an's Erstarren gedacht!"

„Oh, schade." meinte Cole enttäuscht.

„Aber du hast recht." überlegte Prue und schob mit einer Handbewegung einen Besucherstuhl in Wingroves Weg.

Das Ganze ging so schnell, dass Edward Wingrove keine Zeit mehr hatte auszuweichen. Verwundert prallte er gegen den Stuhl und fiel der Länge nach hin.

„Na was sagst du nun." fragte Prue mit einem zufriedenen Lächeln und ging forschen Schrittes auf Wingrove zu.

„Du bist meine Heldin." scherzte Cole.

„Danke schön." meinte Prue hochzufrieden und reichte Edward Wingrove die Hand, um ihm aufzuhelfen.

Völlig verschreckt stand er auf und starrte Cole ängstlich an. „Was wollen Sie von mir, hat Morgan Sie zu mir geschickt, um mich zu töten?"

„Mal überlegen." Cole blickte demonstrativ an die Decke. „Ja, vielleicht." erklärte er schließlich genüsslich.

„Kommt ganz darauf an, wie kooperativ Sie sind." meinte Prue und sah sich um. „Also, wo können wir uns hier ungestört unterhalten? Wir hätten da einige Fragen an Sie."

Wingrove blickte Prue fragend an. „Wissen Sie, was er ist?" fragte er mit einem leichten Nicken zu Cole.

„Ja, das weiß ich, und darum sollten Sie auch alles tun, was er Ihnen sagt." riet sie ihm mit einem freundlichen Lächeln.

Schicksalsergeben führte Edward Wingrove sie den Korridor entlang und betrat schließlich einen leeren Raum. Cole verschloss die Tür und blieb davor stehen, während Prue und Wingrove sich an einen Tisch in der Mitte des Raumes setzten.

„Also." begann Prue ohne Umschweife. „Was haben Sie mit David Morgan und seiner Mutter zu tun?"

„Sie bedrohen meine Familie." erklärte er kurz.

„Ach ja, und wie?" fragte Prue nicht gerade überzeugt nach.

Edward Wingrove fuhr sich nervös mit der Hand durch sein Haar. „Ich habe es selbst immer für eine Legende gehalten." erklärte er seufzend. „Aber anscheinend hat Belvas Familie vor Jahrhunderten einen Fluch auf meine Familie geworfen."

„Einen Fluch?" wollte Prue verwundert wissen.

Wingrove nickte. „Ja, wie Sie sicher wissen gehörte meinen Vorfahren eine Plantage. Und wie das früher so üblich war, besaßen sie auch Sklaven, die dort gearbeitet haben. Belvas Vorfahren waren darunter und eine dieser Vorfahrinnen hat meine Ahnen mit einem Fluch belegt. Aber ich kenne die genauen Umstände nicht." erklärte er schnell, obwohl es offensichtlich war, dass er ganz genau wusste, was sich damals abgespielt hatte, denn sicher handelte es sich dabei um eine immer wieder erzählte Familiengeschichte.

„Und um was für einen Fluch handelt es sich?" erkundigte sich Prue interessiert.

Wingrove seufzte. „Er sollte dazu führen, dass die weiblichen Nachfahren ihre Männer ermorden und schließlich nicht mehr aufhören können zu morden." erklärte er leise und sah deprimiert nach unten. „Und genauso ist es auch geschehen, mit Amy."

Cole sah ihn verwundert an. „Sie glauben also immer noch, dass sie Adam Boucher getötet hat?"

„Natürlich!" Wingrove schüttelte traurig den Kopf. „Ich hatte zwar keine Ahnung wie, aber ich wusste gleich, dass Sie diesen vermeintlichen Täter nur erfunden haben." erklärte er und sah ihn dann missbilligend an. „Und jetzt kann ich mir denken wie, aber Amy ist gefährlich, sie ist eine Gefahr für die Menschheit und wäre im Gefängnis besser aufgehoben. Doch das scheint jemand wie Sie nicht zu interessieren."

„Ja sicher, aber ein Menschenfreund wie Sie natürlich." meinte Cole sarkastisch und fügte mit einem eisigen Lächeln hinzu. „Doch Sie liegen völlig falsch, Amy hat ihn nicht umgebracht, Ihr Freund Morgan hat Sie komplett an der Nase herumgeführt."

Verwundert blickte Wingrove Prue an. „Aber es hat doch alles gestimmt." meinte er leise.

„Nein, das hat es nicht." Prue schüttelte den Kopf, jetzt wusste sie wenigstens, warum Edward Wingrove Amys Mutter den Blödsinn erzählt hatte, dass ihre Tochter einen Drang zu töten hatte. Doch sie wusste immer noch nicht, was Morgan und seine Mutter damit zu tun hatten. „Amy ist keine Mörderin, aber David Morgan hatte irgendein Interesse daran, dass sie im Gefängnis bleibt. Wissen Sie was der Grund dafür sein könnte?"

„David wollte einfach nur seinen Fall gewinnen, das ist alles. Und da kam ihm meine Bitte, Shelly zu einem Deal zu überzeugen, sehr gelegen." erklärte Wingrove nicht ganz bei der Sache, denn er konnte immer noch nicht glauben, dass Amy unschuldig sein sollte. Ungläubig starrte er Prue an. „Aber Amy, und .. der Fluch?"

„Wieso kommen Sie überhaupt darauf, dass er Amy trifft und nicht eine Ihrer anderen Töchter?" erkundigte Cole sich ärgerlich.

„Weil ich sie zu Belvas Mutter gebracht habe, als sie klein waren." er seufzte, es gefiel ihm gar nicht, diesen beiden merkwürdigen Personen seine Geheimnisse anvertrauen zu müssen, aber er hatte keine Wahl. „Ich habe ihr Geld dafür bezahlt und sie hat sie von ihrer Bürde erlöst." gab er schließlich zu. „Das haben wir seit Generationen so gemacht und bisher hatten wir nie Probleme damit. Erst als Belvas Mutter starb, ist alles aus dem Ruder gelaufen." Er schüttelte abermals frustriert den Kopf.

„Belva wollte Ihnen nicht mehr helfen." schlussfolgerte Prue, denn sie erinnerte sich daran, was Zadie ihr von Belva und ihrem Hass auf die weiße Oberschicht erzählt hatte.

„Nein, aber es war nicht nur das." erklärte Wingrove. „Ich wusste nicht, dass Amy meine Tochter ist und als ich es herausgefunden habe, war es schon zu spät. Belvas Mutter war tot und ich wollte nicht, dass Belva etwas von meinem unehelichen Kind weiß, und somit ein Druckmittel gegen mich hat."

„Also haben Sie nichts unternommen?" wollte Prue verwundert wissen, dieser Feigling Wingrove ging ihr wirklich gehörig auf den Geist.

„Aber sicher habe ich das." verteidigte er sich. „Obwohl ich die ganze Geschichte mit dem Fluch nie geglaubt habe, war ich mit Amy bei einer sogenannten Hexe." erklärte er abfällig. „Und diese hat mir bestätigt, dass sie Amy irgendwelche Kräfte genommen hat. Ich dachte damit wäre es erledigt, doch offensichtlich war es nicht gut genug."

Prue sah ungläubig nach oben und fragte sich, was sie mit Edward Wingrove machen sollte. Schließlich seufzte sie demonstrativ und erkundigte sich. „Was wissen Sie über Morgan und seine Pläne?"

„Ich weiß gar nichts." erklärte er und hob vorsichtshalber abwehrend die Hände. „Mir war dieses ganze Voodoozeug fremd."

„Na ja Ihre Tochter scheint sich aber bestens damit auszukennen." gab Cole zynisch zu bedenken und blickte Prue an. „Sie wollte schließlich Prue mit einem Voodoozauber töten."

Edward schüttelte traurig den Kopf. „Vivian hat unüberlegt gehandelt, doch dass Sie sie so in Angst versetzt haben, war wirklich nicht nötig."

„Ich finde schon, seien Sie froh, dass ich mich noch beherrscht habe." erklärte Cole und seine Stimme wurde bedrohlich leise. „Prue wäre schließlich fast gestorben."

Edward Wingrove sah Prue entschuldigend an. „Nehmen Sie meine Entschuldigung an. Vivian nimmt es sich wirklich sehr zu Herzen."

„Ach tatsächlich?" das konnte Prue sich nun beim besten Willen nicht vorstellen, aber sie beließ es dabei und fragte stattdessen. „Warum haben Sie gesagt, dass Morgan Sie bedroht? Raus mit der Sprache!"

„Es hat vor über einem Jahr angefangen, da hat er Geld von mir verlangt, damit einer meiner Klienten freigesprochen wird. Ich habe mich natürlich nicht auf diesen Deal eingelassen und er wurde fuchsteufelswild. Hat mir gesagt, ich würde schon noch sehen, was ich davon habe." Wingrove seufzte. „Mein Klient hat die Höchststrafe bekommen, obwohl die Beweise nicht eindeutig waren. Zuerst habe ich dabei nicht an Morgan gedacht, aber nachdem dies noch zweimal passiert ist, bin ich unruhig geworden und habe mit ihm geredet."

„War er denn immer der Staatsanwalt?" wollte Prue wissen.

„Nein, er hatte nichts mit den Fällen zu tun. Aber irgendwie hat er sie doch beeinflusst. Ich hatte angenommen, dass er die Geschworenen bestochen hat, doch da ich dies nicht beweisen konnte, musste ich ihm wohl oder übel monatlich eine Summe zahlen, damit meine Kanzlei nicht den Bach runtergeht." erklärte er, als wäre es das normalste von der Welt. „Doch nachdem Amy wegen Mordes angeklagt war, habe ich befürchtet, dass an Voodoo mehr dran sein könnte, als ich immer gedacht hatte. Und dass dies seine Methode war."

„Voodoo um Ihre Klienten schuldig zu sprechen?" fragte Cole skeptisch.

„Das fragen gerade Sie?" wollte Wingrove überrascht wissen. „Sie waren es doch, der sich einfach in Luft auflösen kann und Menschen mit brennenden Kugeln bedroht."

„Sie vergessen ganz, dass Ihr Freund Morgan mich in einen Zombie verwandeln wollte." erinnerte Cole ihn kalt.

„Nein, das tue ich sicher nicht, ich habe immer noch Albträume davon." erklärte er bestimmt.

„Klar, dass Sie so feige waren und mich ihm einfach ausgeliefert haben?" wollte Cole sarkastisch wissen.

„Von jemandem wie Ihnen muss ich mir so etwas nicht vorwerfen lassen." verteidigte sich Wingrove und sah Prue an.

„Ach, Sie können froh sein, dass es jemand wie Cole war." meinte Prue kalt. „Denn wenn es sich um einen arglosen Menschen gehandelt hätte, dann wäre dieser heute tot und Sie hätten ihn auf dem Gewissen."

Wingrove stand auf und hob abwehrend die Hände. „Mit solchen Sachen möchte ich nichts zu tun haben. Ich bin ein unbescholtener Bürger und ich habe mit all diesen Machenschaften nichts zu tun."

Gerade als Cole ihm darauf eine passende Antwort geben wollte, merkte er, wie ihm jemand die Türklinke in den Rücken knallte. Wütend trat er einen Schritt beiseite und eine Frau mit einem Putzwagen stand vor der Tür.

„Oh, ich wusste nicht, dass noch jemand hier ist." entschuldigte sie sich sofort. „Dann komme ich später noch einmal wieder." bot sie an und wollte schon wieder die Tür schließen, als Edward Wingrove seine Chance sah.

Schnell begab er sich zur Tür und drängte sich an der Putzfrau vorbei. „Sie brauchen nicht warten, ich muss jetzt sowieso gehen." erklärte er hektisch und verschwand im Korridor.

Verdutzt blickte die Putzfrau Prue an, die sich seufzend erhob. „Wie es aussieht sind wir mit unserer Besprechung fertig." meinte sie und ging zu Cole. Gemeinsam verließen sie den Raum und sahen sich in dem Korridor um. Aber von Edward Wingrove war weit und breit nichts mehr zu sehen.

Prue zuckte mit den Achseln. „Was soll's ich kann mir kaum vorstellen, dass er mehr weiß."

„Und wenn, dann wird er uns das bestimmt nicht mitteilen." meinte Cole entschieden. „Komm lass uns zurück zum Wagen gehen, und nachsehen, ob der Kerl mit seinen Zombies dort wieder auftaucht."

Während Cole und Prue im Gericht waren, beobachtete Amy aufmerksam den jungen Mann auf der Bank. Er hatte die Arme auf der Rücklehne breit ausgestreckt und versuchte, einen Sonnenstrahl abzubekommen, doch aufgrund der Schatten der Häuser gelang ihm das kaum. Seufzend griff er in seine Hemdtasche und holte eine Zigarettenpackung hervor.

Entschlossen öffnete Amy die Autotür und stieg aus. Sie musste einfach mutiger werden, schalt sie sich selbst und atmete ein paar Mal tief durch. Was sollte schon passieren, der Kerl war sicher nur der Fahrer und kein Zombie. Ungeschickt riss sie ihre Tüte mit Salzstangen auf und begann nervös an einer der Stangen zu knabbern, während sie langsam auf den Mann zuging. Sie hatte noch nie einen Fremden angesprochen, sie fragte noch nicht einmal nach dem Weg sondern ging für gewöhnlich lieber x-Mal im Kreis. Aber einmal war immer das erste Mal, und wenn sie sich doch nicht traute, dann würde sie ganz einfach an ihm vorbeigehen, beschloss sie unruhig.

Der Mann hatte unterdessen ein Feuerzeug hervorgezaubert und wollte sich gerade eine Zigarette anzünden, als Amy die Bank erreichte. Wenn sie weiterging würde sie über seine langen Beine steigen müssen, die er bis zum Bus ausgestreckt hatte. Mutig stoppte sie und hielt ihm die Tüte hin. „Willst du nicht lieber eine hiervon?" fragte sie mit leicht zittriger Stimme.

Der junge Mann schaute verwundert auf und grinste sie breit an. „Hallo, wen haben wir denn da?" erkundigte er sich und sah sie interessiert an. „Bist du etwa so eine militante Nichtraucherin?"

„Nein, nein. Eigentlich nicht." brachte Amy heraus und senkte nervös den Blick. „Ich sorge mich nur um deine Gesundheit." erklärte sie schließlich, während sie auf die schmalen braungebrannten Hände des jungen Mannes schaute.

„Wie nett!" meinte er und rutschte ein Stück zur Seite. „Setz dich doch." bot er ihr an. „Ich bin Josh."

„Amy." Amy ließ sich neben ihm auf der Bank nieder und hielt ihm erneut die Tüte unter die Nase. „Also willst du jetzt eine?"

Josh grinste. „Okay, dir zuliebe." erklärte er und steckte seine Zigarette zurück in die Packung. Dann nahm er sich eine von Amys Salzstangen.

Neugierig sah Amy ihn an. Sie schätzte ihn auf Mitte 20, er hatte ein schmales Gesicht und dunkelblondes kurzes Haar, dass wild in alle Richtungen stand. Auf seiner Nase saß eine Sonnenbrille und verhinderte damit, dass sie ihm in die Augen gucken konnte.

Aufgeregt beobachtete Amy, wie er die Salzstange verspeiste, aber nichts geschah. Ob das bedeutete, dass er kein Untoter war, oder ob Coles Theorie falsch war, überlegte sie nachdenklich und hielt ihm vorsichtshalber erneut die Tüte hin. „Nimm doch lieber noch eine." forderte sie ihn auf.

Josh grinste und nahm die Sonnenbrille ab, um sie sich in die andere Hemdtasche zu stecken und sah sie mit seinen schmalen dunklen Augen an. „Deine Salzstangen sind ja nicht schlecht, aber eine Zigarette können die leider nicht ersetzen." teilte er ihr seufzend mit und nahm eine zweite Salzstange.

Als erneut nichts geschah, lehnte Amy sich erleichtert zurück. Sie war sich sicher, dass er kein Untoter war, auch ohne sein Herz näher zu betrachten. „Und, was machst du hier?"

„Pause." erwiderte Josh und zeigte mit dem Kopf auf den Bus. „Ich bin Fahrer, nicht gerade der tollste Job, aber was soll man machen." er zuckte mit den Schultern. „Eigentlich spiele ich in einer Band und wenn wir eines Tages berühmt sind, dann hänge ich den Job sofort an den Nagel."

Amy nickte, seine Musikerkarriere interessierte sie momentan gar nicht, viel wichtiger war ihr sein Job als Fahrer von Morgans Zombies und daher fragte sie. „Und wenn fährst du gewöhnlich? Touristen?"

„Nein, Häftlinge." erklärte Josh grinsend, während ihn Amy mit offenem Mund anstarrte. „Aber keine Sorge, es sind nur die kleinen Fische, eigentlich völlig harmlos, sie bleiben kaum länger als ein Jahr."

„Oh, und ... und was wollen die hier?" fragte Amy immer noch verblüfft und sah sich nachdenklich um.

„Sie sind im Gericht, es ist gleich dort drüben." erklärte Josh. „Sie sind bei Anhörungen, oder was weiß ich was."

Amy blickte ihn skeptisch an. „Ich dachte sie sind schon verurteilt, was machen sie denn dann noch bei Gericht?"

„Keine Ahnung!" meinte Josh desinteressiert und blickte Amy an. „Interessiert dich das wirklich? Jemand wie du hat doch mit dem Gefängnis oder Gericht sicher in seinem ganzen Leben nichts zu tun."

Amy lächelte wissend und senkte dann den Blick. „Wenn du wüsstest." murmelte sie und meinte laut. „Vielleicht interessiert es mich gerade deshalb."

„Kurzer Trip zu den unteren Schichten?" fragte Josh in leicht zynischem Tonfall.

Amy sah ihn verwundert an. „Auch reiche Menschen kommen in's Gefängnis." teilte sie ihm unmissverständlich mit.

Josh lachte. „Ach Blödsinn, die können sich so einen teuren Schnösel von Anwalt leisten und der paukt sie mir nichts dir nichts wieder raus, ganz egal, was sie getan haben."

„Das stimmt doch gar nicht." meinte Amy empört und dachte dabei lieber nicht an ihre eigene Verhaftung. „Und außerdem bin ich gar nicht reich."

Nun war es an Josh sie verwundert anzuschauen. „Das glaube ich dir nicht." erklärte er ihr überzeugt. „Wo wohnen denn deine Eltern?"

„Garden District." gab Amy zu und musste den spöttischen Blick von Josh erdulden. „Aber da wohne ich nicht mehr, mein Stiefvater hat Geld, das ist alles."

„Na ja dann." erklärte Josh grinsend.

Genau in diesem Moment kamen Prue und Cole um die Ecke gebogen. Als Prue Amy auf der Bank sitzen sah, blieb sie verwundert stehen. „Mit wem redet Amy denn da?"

„Dem Zombiefahrer!" meinte Cole. „Aber keine Sorge, das regele ich schon." erklärte er und beeilte sich, zu den beiden zu gelangen. Prue sah ihm hinterher und entschied sich beim Wagen zu warten.

Als Cole bei der Bank ankam, war das einzige, was er sagte. „Komm Amy!"

Amy sah verwundert auf. „Oh, Cole, das ist Josh, der Busfahrer." erklärte sie mit einem verlegenen Lächeln.

„Das hatte ich mir fast gedacht." meinte er und konnte sich die Frage nicht verkneifen. „Aber was zum Teufel wolltest du hier?"

„Wir haben Salzstangen gegessen und ich dachte falls ein Un... Unbekannter vorbeikommt, dann könnte ich ihm auch welche anbieten." erklärte Amy schnell, während Josh ihr einen skeptischen Blick zuwarf.

„Tolle Idee, Amy, nur leider ist die Tüte leer." klärte Cole sie zynisch auf.

„Oh," Amy warf einen Blick auf die Tüte in ihrer Hand, ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie vor Nervosität fast die gesamten Salzstangen vertilgt hatte. „Das wollte ich nicht." meinte sie leise.

Bei dieser Bemerkung musste Josh ungläubig lachen. „Also bitte, es waren nur Salzstangen, wieso regen Sie sich so darüber auf." er blickte Cole wütend an und versuchte ihn einzuschätzen. „Die kann ich mir sogar als armer Fahrer leisten, also dürfte das für Sie kein Problem sein."

Cole schenkte ihm keine Beachtung und wandte sich erneut an Amy. „Los Amy lass uns hier verschwinden."

„Wer sind Sie? Ihr Vater?" wollte Josh herausfordernd wissen.

Cole betrachtete ihn mit einem müden Lächeln. „Sehe ich etwa so aus?" erkundigte er sich genervt und wartete die Antwort gar nicht erst ab, sondern drehte sich demonstrativ um, um zum Wagen zu gehen.

Amy sprang sofort auf und drehte sich dann noch einmal zu Josh. „Es war wirklich nett dich kennenzulernen." meinte sie lächelnd und beeilte sich dann hinter Cole hinterherzukommen, während Josh kopfschüttelnd hinter ihr herguckte und sich heimlich eine Zigarette herausnahm.

Als die beiden wieder in den Wagen gestiegen waren, wollte Prue wissen. „Was war denn eigentlich los, ihr seid so merkwürdig still."

„Nichts, ich habe nur Probleme mit Amys neuem Freund" erklärte Cole sarkastisch und wandte sich dann an Amy. „Ich verstehe ja, dass du nicht wieder an einen Priester geraten willst, aber musst du dich deshalb gleich in der Verbrecherkartei umsehen?"

„Das habe ich doch gar nicht, ich habe nur mit ihm geredet. Außerdem ist er kein Verbrechen." erklärte Amy empört. „Er war eigentlich ganz nett."

„Nett? Er fährt Morgans Zombies durch die Gegend." erinnerte Cole sie.

„Aber das weiß er doch gar nicht. Er denkt es sind Häftlinge." verteidigte Amy ihn.

„Der kapiert wohl gar nichts." meinte Prue nachdenklich und blickte zurück zu dem jungen Mann auf der Bank. „Also ich kann mir nicht vorstellen, dass er so ahnungslos ist, sonst müsste er schon ziemlich weltfremd sein."

„Das ist er nicht, er fährt sie eben nur und er hat bemerkt, dass sie harmlos sind. Darum denkt er, dass sie nur kurze Haftstrafen absitzen müssen. Er hat sogar gesagt, dass sie nie länger bleiben, als ein Jahr." erklärte Amy.

Cole lachte leise. „Und weißt du auch warum, weil Zombies für gewöhnlich nicht länger aushalten."

„Du bist doch nur sauer, weil er gefragt hat, ob du mein Vater bist. Aber das war nur ein Scherz." versuchte Amy zu erklären. „Niemand würde dich für so alt halten."

Jetzt war es an Prue zu lachen. „Ach Amy, darüber musst du dir keine Gedanken machen. Er könnte sogar dein Ur..ur..urgroßvater sein." meinte sie amüsiert und warf Cole einen kurzen Blick zu.

Cole erwiderte ihren Blick „Danke Prue, aber darum ging es hier gar nicht." meinte er wenig amüsiert.

Doch Prue unterbrach ihn und zeigte geradeaus aus der Windschutzscheibe auf den Bürgersteig vor ihnen. „Hey, seht dort, der Kerl kommt wieder." erklärte sie aufgeregt.

Sie sahen aus dem Fenster und konnten sehen, wie der Mann mit der Aktentasche mit einer Gruppe von Männern und Frauen auf den Bus zukam. Sie gingen genauso mechanisch in Reih und Glied wie die Zombies auf der Plantage. Josh sprang sofort auf, warf seine Zigarette weg und öffnete die Tür. Ohne auch nur das kleinste Anzeichen von Gedrängel stiegen die Passagiere in den Bus. Zum Schluss folgten der Mann und Josh. Er schloss von innen die Türen und ließ den Motor an.

„Es würde nichts bringen, sie erneut zu verfolgen." entschied Prue. „Sie fahren sicher nur zurück zur Plantage." Sie startete ebenfalls ihren Wagen und sie machten sich auf den Weg nach Hause.

„Was hat der Kerl denn jetzt eigentlich im Gericht gemacht?" wollte Amy wissen.

Cole zuckte mit den Achseln. „Keine Ahnung, wir haben ihn im Getümmel dort verloren." gab er zu.

„Oh, tja, Josh hat mir wenigstens erzählt, dass die Häftlinge beim Gericht sind." erklärte Amy zufrieden.

„Aber was sie dort wollen wusste er wohl auch nicht?" fragte Prue nach.

„Nein." erklärte Amy und verschwieg dabei lieber, dass er angenommen hatte, die Häftlinge müssten zu Anhörungen. Sonst würden Prue und Cole nur wieder annehmen, dass er von nichts eine Ahnung hatte.