38. Kapitel
Kurz darauf machten sich alle auf den Weg in die Stadt. Die Zombies waren widerwillig wieder in den Bus gestiegen, aber erst nachdem Cole ihnen versprochen hatte, dass sie ihrem Peiniger bald gegenüberstehen würden.
Im Gegensatz zu Josh, der sich strikt geweigert hatte, mit einem Bus mit kaputter Tür zu fahren, von den Untoten hatte er dabei natürlich nicht gesprochen. Doch nachdem Amy sich bereit erklärt hatte, den Bus notfalls in die Stadt zu fahren, hatte er schließlich zugestimmt. Er hatte die Tür mit aller Kraft wieder zugezogen und saß nun am Steuer.
Cole und Prue waren schon vorgefahren, um schneller zum Gericht zu kommen und hatten Danny bei Amy gelassen. Es war kurz vor Mittag, als sie vor dem Gebäude ankamen. Am Wochenende war es nicht sehr voll, nur ein paar Besuchergruppen wurden in dem alten Gebäude herumgeführt. Normalerweise fanden am Wochenende keine Verhandlungen statt und nur wenn die Beratungen der Geschworenen und ihre Entscheidungsfindung länger dauerte, als erwartet, mussten sich alle Prozessbeteiligten auch für das Wochenende bereit halten.
Während Cole in die Stadt gefahren war, hatte Prue sich mit einem Anruf bei der Zeitung nach der Verhandlung erkundigt, bei der dies gerade der Fall war. Es handelte sich um versuchten Mord, der Angeklagte war Angelo Gomez, die Beweise waren dürftig und David Morgan war der Staatsanwalt. Wie es schien war es ziemlich unwahrscheinlich, dass er den Fall gewinnen konnte, aber wenn er tatsächlich einige seiner Zombies unter die Geschworenen geschleust hatte, dann gaben sie sich wohl gerade alle Mühe, die anderen Geschworenen von der Schuld des Angeklagten zu überzeugen.
„Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass es gerade Zombies gelingt, die anderen zu überzeugen." meinte Prue nachdenklich, während sie sich vor dem Gericht in eine Touristengruppe einreihten, damit sie mit ihren Plastiktüten nicht weiter auffielen. „Sagtest du nicht, sie benehmen sich wie Maschinen?"
„Ja, und wenn sie dir immer wieder monoton erzählen, er ist schuldig, er ist schuldig, er ist schuldig, haben die meisten Geschworenen sicher irgendwann genug davon und stimmen ihnen zu, um endlich wieder nach Hause gehen zu können." überlegte Cole. „Oder sie kommen zu keiner Einigung und der Fall wird erneut aufgerollt."
„Glücklicherweise scheinen die Geschworenen bei diesem Fall anders zu denken." erklärte Prue, während sie das Gebäude unbehelligt betraten.
„Es ist im zweiten Stock." meinte Cole und sie ließen die Touristengruppe stehen und stiegen die breite Treppe hoch. Oben angekommen folgten sie einem der Gänge, bis sie zu einem abgesperrten Bereich kamen, hinter dem sich die Räume für die Besprechungen der Geschworenen befanden.
„Bleib' hier." forderte Cole Prue auf. „Ich werde mich umsehen, der Kerl muss ja nicht gleich uns beide sehen." erklärte er entschlossen und ging langsam auf den Bereich zu, vor dem ein Gerichtsangestellter auf einem Stuhl saß.
Als er Cole sah, stand er sofort auf und kam wichtig auf ihn zu. „Besucher haben hier leider keinen Zugang." erklärte er mit tiefer Stimme.
Ohne stehenzubleiben ging Cole auf die Absperrung zu. „Ach tatsächlich, was befindet sich denn hier?" fragte er mit einem freundlichen Lächeln und blickte neugierig hinten in den Gang, wo sich neben einem Aufzug ein Servierwagen mit Getränken befand.
„Das ist der Geschworenenbereich." erklärte der Angestellte, als ob dies alles erklären würde. „Also wenn Sie jetzt bitte gehen würden." forderte er ihn auf.
Cole achtete nicht darauf und winkte Prue zu sich. „Komm doch mal her Schatz." rief er und drehte sich wieder um. „Meine Frau wird das sicher sehr interessieren."
Prue kam auf sie zu. „Was gibt es denn hier zu sehen?" fragte sie neugierig.
„Der Geschworenenbereich Liebling, hier werden Entscheidungen über Leben und Tod getroffen." erklärte Cole feierlich.
Der Mann trat wieder hinter die Absperrung. „Also dann schauen Sie halt kurz in den Gang, aber hier gibt es wirklich nichts zu sehen." erklärte er ruhig.
Prue sah sich neugierig um. „Also ich finde schon." meinte sie und hob ihre Hand. „Werden die Geschworenen auch verköstigt?" fragte sie neugierig und gab dem Getränkewagen dabei einen kleinen Stoß, so dass er auf den Angestellten zurollte.
„Sicher, wir wollen ja nicht, dass sie verhungern." versuchte der Mann zu scherzen und kippelte auf seinem Stuhl herum. In diesem Moment kam der Wagen angerollt und stieß gegen den Stuhl, so dass der Angestellte samt Stuhl und Servierwagen umkippte.
„Oh nein." rief Prue erschrocken und sprang über die Absperrung, um dem Mann zu helfen. Cole folgte ihr und urplötzlich ging ein ohrenbetäubender Alarm los.
„Auch das noch." fluchte der Angestellte, während Prue ihm aufhalf. „Ich muss sofort den Alarm abstellen und Bescheid sagen, dass hier alles in Ordnung ist." erklärte er genervt und ging zu einem Schalter neben dem Eingang.
Währenddessen hatte Cole den Servierwagen aufgehoben. Die ältere Frau hatte ihnen erzählt, dass es ihr als Geschworener verboten gewesen war, im Gericht etwas zu essen, zu trinken jedoch nicht. Darum machten sich Cole und Prue nun daran, so schnell es ging die teils kaputten Flaschen gegen natriumreiche Mineralwasser und kräftig gesalzene Gemüsesäfte auszutauschen.
Als der Alarm verklang und der Gerichtsangestellte mit der Zentrale telefonierte, waren sie bereits fertig und gingen auf den Mann zu.
„Okay, alles in Ordnung." erklärte er erleichtert und sah sich nach dem Wagen um.
„Die meisten Flaschen sind unbeschädigt." teilte Prue ihm mit.
„Wenigstens etwas, ich habe wirklich keine Lust, am Wochenende auch noch neue Getränken zu bestellen, das waren die letzten." meinte er, als neben ihm ein Gong des Fahrstuhls erklang. „Das Essen." murmelte er und sah Prue und Cole düster an. „Und Sie verschwinden jetzt endlich. Sie sehen ja, was passieren kann, wenn sich Besucher hier unbefugt aufhalten."
„Keine Sorge, wir gehen schon." erklärte Prue und nahm Coles Arm. Langsam und gemächlich gingen sie den Flur entlang. „Als ob es meine Schuld war, dass der Wagen umgefallen ist." meinte sie laut.
Unterdessen war der Bus mit den Zombies ebenfalls in der Stadt angekommen. Josh parkte wie immer in der Nähe des Lafayette Square, höchstwahrscheinlich das letzte Mal, dachte er seufzend.
Während der Fahrt hatte er kaum einen Ton von sich gegeben und Amy wusste nicht, was er gerade dachte. „Ist alles in Ordnung?" fragte sie unsicher.
„Du weißt doch, dass ich meinen Job los bin, oder?" fragte er Amy. „Wie soll da alles in Ordnung sein?" erkundigte er sich.
„Ach wenn es nur das ist." meinte Amy und versuchte zu lächeln. „Ich dachte schon dich beunruhigen die Untoten, denn das müssen sie nicht, sie sind eigentlich ganz nett."
Josh sah sie ungläubig an. „Ihr habt mich noch lange nicht überzeugt, dass das keine Häftlinge sind." erklärte er entschieden.
„Oh." meinte Amy überrascht. „Aber warum machst du dann mit?"
Josh zuckte mit den Schultern. „Ich hab' schon immer auf eine passende Gelegenheit gewartet, diesen Job hinzuschmeißen."
Amy sah ihn verwundert an. „Das hatte ich vorhin aber ganz anders verstanden."
„Mann, ich brauche das Geld zum Leben, und der Job wird gut bezahlt, das ist alles." erklärte Josh. „Jemand wie du kann das natürlich nicht verstehen."
„Wollen Sie hier noch lange rumquatschen oder lassen Sie uns endlich raus." wollte derweil der kräftige Mann wissen. „Sonst kann ich auch wieder die Tür aufdrücken."
Josh zuckte mit den Achseln. „Sie ist kaputt, von hier aus kann ich sie nicht öffnen, also machen Sie doch, was Sie wollen."
Der Mann öffnete mit seiner Muskelkraft die Tür und die anderen Zombies folgten ihm auf die Straße. Als letzte stand noch Amy mit Danny im Bus. „Kommst du mit?" fragte sie und sah Josh bittend an.
Josh seufzte. „Ich habe ja sonst nichts besseres vor, schließlich hab' ich keinen Job mehr, also warum nicht." erklärte er schließlich und stieg aus. „Und gib' mir ruhig das Balg."
„Was?" Amy blieb entsetzt stehen und sah ihn an. „Das ist kein Balg, das ist Daniel."
„Na wie auch immer." meinte Josh unbeeindruckt. „Nun gib' ihn schon her, er ist viel zu schwer für dich."
„Ist er nicht." erklärte Amy wütend und ging weiter. „Und dir würde ich ihn sowieso nicht geben."
„Wieso nicht?" fragte Josh verwundert.
„Du nennst ihn Balg." stellte Amy klar.
„Na und? Glaub mir, seine Eltern werden bestimmt nichts dagegen haben, wenn ich ihn nehme." erklärte Josh zuversichtlich und nahm ihr Daniel ab, der Josh skeptisch betratete und sich nicht entscheiden konnte, ob er vorsichtshalber anfangen sollte zu schreien oder nicht. Josh sah ihn freundlich an. „Keine Sorge, ich habe selbst drei kleine Geschwister, da kenne ich mich mit plärrenden Gören zur Genüge aus."
„Nenn ihn nicht Gör." fuhr Amy ihn an.
„Na gut, Daniel." meinte Josh grinsend zu Danny, der sich anscheinend entschieden hatte, dass es sich nicht lohnte anzufangen zu weinen. „Siehst du, wie gut wir uns verstehen?"
„Hm." meinte Amy skeptisch und gemeinsam begaben sie sich zum Gerichtsgebäude, wo sie ohne unnötige Aufmerksamkeit hineingelassen wurden. Als sie die Halle betraten, kamen ihnen bereits Prue und Cole entgegen.
Cole blickte Amy ungläubig an und nahm Josh sofort seinen Sohn ab.
„Keine Sorge, er hat es überlebt." meinte Josh genervt. „Sie haben keine Probleme damit, ihn in einem Bus mitfahren lassen, in dem ihrer Meinung nach Zombies sitzen, aber wenn ich ihn nehme..."
„Redet der immer so viel?" wollte Cole an Amy gewandt wissen.
Amy zuckte mit den Schultern und fragte aufgeregt. „Und, hat es geklappt?"
„Wenn sie Durst haben, dann schon." erklärte Cole und sah sich um. „Das sind aber nicht alles Zombies, die hier sind, oder?" fragte er verwundert.
Auch Amy und Prue nahmen verwundert zur Kenntnis, dass sich nur noch die Hälfte der Untoten in der Halle versammelt hatte, die meisten darunter waren Frauen.
„Dieser kräftige Kerl hat sich mit ein paar anderen abgesetzt." teilte Josh ihnen scheinbar unbeteiligt mit. „Und da der Kerl mir verdächtig nach Gewaltverbrecher aussah, wird die Bevölkerung von New Orleans sicher noch viel Freude mit ihm haben."
„Herrgott, wie oft soll ich es dir denn noch erklären?" fragte Prue unwirsch, sie wollte lieber nicht in Betracht ziehen, dass einer der Zombies in seinem früheren Leben tatsächlich ein Verbrecher gewesen war. Daher fügte sie überzeugt hinzu. „Es sind Untote, die unschuldig in diese Lage gebracht wurden."
„Ganz wie Sie meinen Lady." meinte Josh lässig.
„Und nenn' mich nicht immer Lady, ich heiße Prue, falls du das vergessen hast." erinnert sie ihn so freundlich wie möglich.
Josh hob lässig seine Hand. „Kein Problem, Prue."
„Na also, es geht doch." meinte Prue und blickte die Treppe hoch. „Wie lange es wohl dauert, bis es wirkt?"
„Also bei mir trat die Wirkung sofort ein." erklärte Kirk Landon leise.
„Gut." meinte Prue, als Cole sie auf einen Journalisten aufmerksam machte, der hektisch in sein Handy sprach.
„Wenn wir Glück haben, müssen wir nicht mehr lange warten." meinte er zuversichtlich.
Etwa eine Stunde später, wurde ein Gerichtssaal geöffnet, um das Urteil im Fall Gomez bekanntzugeben. Die Zuschauer durften eintreten und die Zombies nahmen in der ersten Reihe Platz, während Cole, Prue, Amy und Josh sich im Hintergrund aufhielten. Auf der Bank des Staatsanwalts saß David Morgan mit einem zuversichtlichen Lächeln auf den Lippen. Gegenüber saßen der Angeklagte und sein Anwalt und warteten angespannt auf das Urteil.
Der Richter betrat den Saal und ließ die Geschworenen eintreten. Als sie sich auf ihren Plätzen niedergelassen hatten, fragte er sie, ob sie zu einem Urteil gekommen seien und der Sprecher der Geschworenen, ein Mann mit grauen Haaren und dunklem Anzug, stand auf und bejahte dies. Ein Gerichtsdiener trat auf ihn zu und nahm ihm den Zettel ab.
Cole nahm wahr, wie Morgan sich zufrieden die Hände rieb. Cole grinste, der würde sich noch wundern. „Morgan freut sich schon auf das Urteil." flüsterte er Prue zufrieden zu.
„Das sollte er vielleicht lieber nicht tun." meinte Prue und sah sich die Geschworenen aufmerksam an. Sie versuchte die Zombies zu erkennen und dies war nicht allzu schwer, eine junge Frau sah hilflos vor sich hin und ein Mann im mittleren Alter schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf. Bei zwei weiteren Geschworenen war Prue sich nicht sicher, doch sie kam nicht dazu, sie weiter zu beobachten, denn der Richter hatte gerade den Zettel erhalten und warf einen ersten Blick darauf.
Er dankte den Geschworenen für ihre Arbeit und ließ den Angeklagten aufstehen. Dann verlas er mit tiefer Stimme das Urteil. „Die Geschworenen befinden den Angeklagten für nicht schuldig."
Während sich die gesamte Anspannung beim Beklagten löste, sprang David Morgan wütend auf. „Aber das kann nur ein Missverständnis sein." meinte er lautstark und sah zu den Geschworenen.
Ein Mann, den Prue nicht hatte einschätzen können sprang auf und zeigte mit dem Finger auf Morgan. „Dieser Mann wollte uns zwingen, den Angeklagten schuldig zu sprechen." schrie er.
Die beiden anderen Zombies standen ebenfalls auf. „So ist es, er hat uns getötet."
Ein wildes Durcheinandergeschreie begann. Die Zombies auf der Zuschauertribüne zeigten ebenfalls anklagend auf Morgan. „Mörder!" Rufe erklagen und die anwesenden Reporter machten fleißig Fotos.
„Das ist Verleumdung." rief Morgan wütend und starrte den Richter an.
Dieser schlug ärgerlich mit dem Hammer auf den Tisch. „Ruhe!" brüllte er, doch er konnte die Zombies nicht aufhalten. Sie standen von ihren Plätzen auf und wollten zu David Morgan gelangen.
„Oh je, was haben wir da angerichtet?" fragte Amy sich unglücklich.
„Wow, ist doch cool, immerhin ein kleiner Ausgleich dafür, dass ich meinen Job verloren habe." erklärte Josh grinsend.
„Ruhe!" brüllte der Richter erneut, doch der Tumult ließ sich dadurch nicht stoppen. Die bewaffneten Gerichtsangestellten versuchten Ordnung zu schaffen und die aufgeregte Masse aufzuhalten, was ihnen langsam zu gelingen schien, obwohl die Zombies keinerlei Furcht vor den Waffen erkennen ließen und ungewöhnlich stark waren.
David Morgan sah sich inzwischen nach einem Fluchtweg um. „Dies wird noch Konsequenzen haben." brüllte er dem Richter zu und stürmte in Richtung des Ausgangs, wo es den Angestellten gerade gelungen war, einen kleinen Weg freizubekommen. Morgan lief wutentbrannt durch den Ausgang, als ihm auf dem Flur auf einmal Cole gegenüberstand und ihn zufrieden anlächelte.
„Sie!" fauchte Morgan. „Ich hätte es wissen müssen, dass Sie dahinter stecken. Aber freuen Sie sich nicht zu früh, Sie sind uns vielleicht einmal entkommen, aber dadurch machen Sie es für sich nur noch schlimmer."
„Das glaube ich kaum." erklärte Cole kalt. „Sie sehen doch, wozu ich fähig bin. Ihre Zombies sind frei und ganz wild darauf, sich an ihnen zu rächen."
„Sie sind keine Gefahr für mich, und genauso wenig Sie." Morgan funkelte ihn an. „Sie armseliger Dämon."
Cole grinste unbeeindruckt. „Ich war bereits der Herrscher der Unterwelt, also kann ich wohl kaum so armselig sein, wie Sie denken."
„Unterwelt?" Morgan lachte auf. „Wen interessiert die? Bald bin ich der Herrscher der Oberwelt und das ist das Einzige, was zählt." erklärte er und verschwand, bevor die Zombies den Saal wieder verlassen durften.
„Jetzt läuft er sicher wieder zu seiner Mutter, um ihr sein Leid zu klagen." meinte Cole genervt.
„Der Kerl ist ein Mamasöhnchen?" fragte Josh neben ihm grinsend. „Das wird ja alles immer besser."
„Wir dürfen ihn nicht entkommen lassen." meinte Prue zu den anderen. „Wer weiß was er in seinem kranken Hirn sonst für Pläne schmiedet."
„Du hast recht." stimmte Cole ihr zu und sie beeilten sich, hinter David Morgan herzukommen, der unbeirrt auf den Ausgang zueilte.
„Ach ja und Cole," meinte Prue mit einem gewollt freundlichen Lächeln. „Hältst du es wirklich für eine so gute Idee, ihn mit deiner unrühmlichen Zeit als Herrscher der Unterwelt beeindrucken zu wollen?"
„Warum nicht, jetzt weiß er wenigstens mit wem er es zu tun hat." erklärte Cole ihr achselzuckend, während sie sich an einigen Presseleuten vorbeiquetschten.
Inzwischen hatten sich immer größere Menschenmassen gebildet und sie sahen gerade noch, wie Morgan das Gebäude verließ.
„Können Sie nicht mal aus dem Weg gehen?" fuhr Prue einen Mann an, der sich scheinbar nicht an der Decke der Empfangshalle sattsehen konnte. Beleidigt trat er einen Schritt beiseite und Prue stürmte an ihm vorbei.
Als sie auf der Treppe zum Platz vor dem Gerichtsgebäude ankamen, spielte sich unter ihnen gerade ein merkwürdiges Schauspiel ab. Wie es schien hatten die verschwundenen Zombies einen alten Waffenladen überfallen, denn sie hielten spitze Messer und antike Schwerter in der Hand. Sie hatten einen Kreis um David Morgan gebildet, der verzweifelt versuchte zu entkommen.
Der kräftige Mann, der sich schon im Bus hervorgetan hatte, stürmte mit einem wilden Kriegsgebrüll auf Morgan zu und rammte ihm sein Messer in den Bauch. Die übrigen taten es ihm gleich, der Kreis wurde immer dichter, und schließlich war Morgan nicht mehr zu sehen, während von allen Seiten Sirenen der herannahenden Polizeiwagen erklangen.
„Oh Gott was machen die denn mit ihm?" fragte Amy entsetzt.
„Dreimal darfst du raten." erklärte Cole gelassen und lächelte leicht. „Von seinen eigenen Geschöpfen ermordet. Ironie des Schicksals."
„Aber das ist grausam, ganz egal, was er war. Ich kann gar nicht mehr hinsehen." erklärte Amy.
„Tja, jetzt kann er unglücklicherweise nicht mehr Herrscher der Oberwelt werden." meinte Cole zufrieden.
„Hm." Amy schaute schon gar nicht mehr hin, sondern versteckte sich hinter Josh, als Kirk Landon ihr die Hand auf die Schulter legte.
„Amy." begann er schwach und fiel dann auf die Knie.
„Oh nein, Mr. Landon." Amy kniete sich neben ihn und hielt seine Hand.
„Die unnatürliche Macht, die mich aufrecht gehalten hat schwindet." erklärte er ruhig und versuchte mit aller Kraft, die ihm noch verblieb, ihre Hand festzuhalten. „Befrei' meine Seele, versprichst du mir das."
Amy nickte. „Ja, Mr. Landon." erklärte sie entschlossen. „Und wenn Sie Adam treffen, dann sagen Sie ihm, dass alles gut ist, dass ich unsere Zeit nie vergessen werde und nichts davon bereue."
Kirk Landon nickte. „Das werde ich, Amy." erklärte er mit leiser Stimme und schloss schließlich die Augen.
Derweil wandte sich die ältere Frau an Prue. „Es ist Zeit, ich muss gehen." meinte sie ruhig. „Ich muss zurück in mein Grab."
Prue nickte. „Ich weiß." erklärte sie traurig. „Und ich verspreche Ihnen, dass wir Ihre Seele befreien werden, damit Sie endgültig Ruhe finden."
„Danke!" flüsterte die ältere Frau und schwebte plötzlich förmlich durch die Luft. Die meisten der anderen Zombies taten es ihr gleich und verschwanden vom Gerichtsplatz, um ihre Reise zurück in ihre Gräber anzutreten. Einige der Passanten rieben sich ungläubig die Augen und es war offensichtlich, dass sie hinterher nicht mehr glauben würden, was sie gerade gesehen hatten.
Die zurückgebliebenen Zombies lagen unbeweglich auf dem Boden des Platzes. „Also, also das glaube ich alles nicht." meinte Josh und sah sich verwirrt um. „Was ist denn jetzt los?"
„Morgans Macht, die sie am Leben gehalten hat, ist mit seinem Tod gebrochen." erklärte Prue ruhig.
„Tja, wie es aussieht wärst du deinen Job jetzt sowieso los gewesen." meinte Cole an Josh gewandt. „Denn es gibt keine Häftlinge mehr."
„Da könnten Sie recht haben." meinte Josh und schüttelte immer noch ungläubig den Kopf. „Also waren sie wirklich schon tot." stellte er fest.
„Und warum sind nicht alle Zombies verschwunden." wollte Amy wissen und sah hinunter auf den Leichnam von Kirk Landon.
„Weil nicht alle ein Grab haben." teilte Prue ihr mit. „Kirk Landon ist nie offiziell gestorben und begraben worden."
„Aber das wird er jetzt." erklärte Amy entschlossen.
Mittlerweile war die Polizei auf dem Platz eingetroffen und die Beamten sahen sich um und stellten überrascht fest, dass es einige Tote gegeben hatte. Zahlreiche Augenzeugen bestürmten sie und die Polizisten hatten alle Hände voll zu tun, um Ordnung zu schaffen.
„Ich denke wir sollten besser gehen." wandte Prue sich an die anderen. „Wir brauchen nicht unnötig aufzufallen."
Josh sah sie verdutzt an. „Sie wollen einfach so abhauen?" fragte er überrascht.
„Hör zu, hast du etwa vor, die Fragen der Polizisten zu beantworten?" wollte sie genervt wissen.
Josh sah zurück auf den Platz. „Nein, keine gute Idee."
„Also lasst uns gehen." entschied Prue.
„Und was ist mit Mr. Landon?" wollte Amy unglücklich wissen. „Wir können ihn doch nicht einfach hier liegen lassen."
„Wir können im Moment nichts für ihn tun, Amy." versuchte Prue sie zu überzeugen.
„Hier." Cole reichte ihr seinen Notizblock. „Du kannst seine Adresse aufschreiben, damit sie wissen, um wen es sich handelt."
Amy seufzte. „Na gut." meinte sie und kritzelte schnell Kirk Landons Namen und Adresse auf den Zettel. Dann steckte sie ihn in die Tasche seines Hemdes und stand auf. Mit einem letzten Blick auf ihn verschwanden sie unauffällig vom Gerichtsvorplatz.
