43. Kapitel
Cole verfrachtete den störrischen Josh ins Auto, während Zadie traurig ihr zerstörtes Arbeitszimmer betrachtete. „All meine Sachen." erklärte sie seufzend und schüttelte deprimiert den Kopf.
Prue blieb im Türrahmen stehen, und wusste nicht, wie sie sie aufmuntern sollte. Zadie war von ihrer eigenen Schwester zu einem Zombie gemacht worden und ihr gesamtes Zuhause war zerstört, da gab es keinen Trost.
Zadie atmete tief durch und versuchte sich zu sammeln. „Aber alles Jammern hilft nichts." erklärte sie entschieden und stieg über ihre kaputten Sachen zu dem umgestürzten Eichentisch. „Wir müssen Belva stoppen." Sie sah sich suchend um und holte dann ein Buch hervor. „Vielleicht kann uns das behilflich sein." meinte sie und ging forschen Schrittes zurück zur Tür.
Prue trat zur Seite und folgte Zadie nach draußen. Sie stiegen in den Wagen und auf dem Weg aus ihrem Viertel, schaute Zadie kein einziges Mal zurück.
Als sie schließlich wieder vor ihrem Haus ankamen, stieg Cole aus und zerrte Josh aus dem Wagen. Prue öffnete die Tür und sie betraten die Halle. Alles war ruhig, nur vom ersten Stock hörten sie einige Geräusche.
„Amy?" rief Prue die Treppe hoch.
„Ja ich komm gleich." ertönte Amys Stimme. „Ich wollte hier nur schon mal ein bisschen saubermachen." erklärte sie. „Damit Mrs. Jennings morgen keinen Herzschlag bekommt, wenn sie die Schweinerei sieht."
„Okay." erklärte Prue und wartete geduldig in der Halle auf Amy, während Cole Josh vor sich her ins Wohnzimmer trieb. Zadie folgte ihnen und ließ sich erschöpft auf dem Sofa nieder.
Als Amy schließlich die Treppe heruntergelaufen kam, sah Prue sie forschend an. „Ist alles mir dir in Ordnung?"
„Ja." Amy nickte und fragte besorgt. „Aber was ist denn nun passiert? Geht es Danny gut? Habt ihr ihn gefunden?"
Prue schüttelte bedauernd den Kopf. „Nein, aber das werden wir, verlass dich darauf." erklärte sie entschlossen.
Sie betraten das Wohnzimmer und Amy blieb ungläubig stehen. „Was will denn der hier?" fragte sie grimmig, als sie Josh mitten im Raum erblickte. „Der hat hier nichts zu suchen."
„Wir haben ihn beim Spionieren in Zadies Haus erwischt." erzählte Cole und sah Josh düster an.
„Ich habe nicht spioniert, wie oft soll ich das noch sagen?" meinte Josh ärgerlich. „Ich bin nur zufällig vorbeigekommen und die Tür war offen."
„Tja und das nehme ich dir nicht ab." erklärte Cole in eisigem Tonfall.
„Was ist denn nun eigentlich passiert." wechselte Amy das Thema und ignorierte Josh dabei völlig.
„Zadie hat Danny bei Judy abgeholt und zu Belva gebracht." erklärte Prue.
Josh lachte auf und zeigte auf Zadie. „Oh klar, und da müssen Sie mir natürlich die Schuld in die Schuhe schieben, obwohl die doch wohl die Schuldige ist."
„Sie ist ein Zombie, sie hatte keine andere Wahl." klärte Prue ihn wütend auf. „Im Gegensatz zu dir."
„Aber ich habe doch gar nichts getan." meinte Josh kopfschüttelnd. „Glaubt mir doch einfach."
„Und woher wusste Belva dann, wo Danny zu finden ist?" fragte Cole mit finsterer Miene. „Du warst dort und du bist der Einzige, der es ihr erzählt haben kann."
„Aber ich kenne keine Belva, wer soll das überhaupt sein?" Josh blickte verzweifelt zu Amy, die seinem Blick jedoch demonstrativ auswich.
„Zadies Schwester." erklärte Prue schließlich und sah ihn forschend an. „Na, klingelt's nun?"
„Hören Sie, ich kenne diese Frau wirklich nicht und ich habe keine Ahnung, wo Ihr Sohn ist." erklärte Josh erneut. „Also lassen Sie mich doch einfach gehen."
„Damit du zu Belva rennst und ihr sagst, dass wir frei sind? Das hättest du wohl gerne." meinte Prue ungläubig.
Cole nickte. „Du gehst nirgendwohin." teilte er ihm so beherrscht wie möglich mit.
„Na gut, dann bleib' ich halt hier, mir doch egal." scheinbar gelassen ließ Josh sich auf einem der Sessel nieder.
Doch Cole zog ihn wieder hoch. „Oh nein, du sagst mir jetzt endlich wo Belva und mein Sohn sind." fuhr er ihn mit eiskalter Stimme an. „Sonst kann ich nicht dafür garantieren, dass du hier lebend wieder hinauskommst." Er ließ ihnen los und sah ihn auffordernd an, doch Josh zuckte nur hilflos mit den Schultern.
„Belva hätte es dem Jungen nie gesagt." meinte Zadie schließlich nachdenklich. „Sie vertraut sich niemandem an."
„Aber er muss sich irgendwie mit ihr in Verbindung setzten können." überlegte Prue und blickte Josh wütend an. „Jetzt sag endlich, was los ist."
„Ich habe keine Ahnung von dem ganzen Mist." erklärte Josh verzweifelt. „Oder soll ich mir irgendwas ausdenken?"
Prue schüttelte skeptisch den Kopf. „Und warum hast du Amy dann einfach stehenlassen?" fragte sie. „Du willst mir doch nicht weismachen, dass du Probleme damit hast, dass sie fälschlicherweise wegen Mordes angeklagt war."
„Doch so ist es." erklärte Josh zögerlich und blickte auf den Boden.
Prue sah ihn verwundert an. Nun, dies war ganz offensichtlich eine Lüge, aber dies musste ja nicht zwangsläufig bedeuten, dass er davor die Wahrheit gesagt hatte. „Du lügst nicht besonders gut, weißt du das?" fragte sie nachdenklich.
„Ist mir nicht neu." meinte er ruhig. „Sie denken vielleicht Straftaten sind für mich an der Tagesordnung, aber so bin ich nicht. Ich halte mich strikt ans Gesetz, ich will mit der Polizei nichts zu tun haben."
„Aber ich habe doch gar nichts getan." erklärte Amy nun wütend und sah ihn gekränkt an. „Die Anklage gegen mich wurde fallengelassen."
Josh zuckte nur mit den Achseln und sah sie nicht an.
„Du Idiot, glaubst du etwa das alles war nicht schon schlimm genug für mich?" fragte sie, doch Josh blickte sie immer noch nicht an. „Da muss ich mich von dir nicht noch als Verbrecherin beschimpfen lassen."
Josh warf ihr einen kurzen Blick zu. „Das habe ich nie getan, ich denke nur wir passen einfach nicht zusammen." stellte er unmissverständlich klar.
Amy verschlug es die Sprache. „Ich bin also nicht gut genug für dich?" brachte sie schließlich heraus und schloss die Augen, um ihre Tränen zurückzuhalten. „Das ist so unfair von dir." Am liebsten wollte sie alles um sich herum vergessen, die Welt ausschalten, wieso schaffte dieser Mistkerl es nur, sie so zu verletzen.
Prue blickte Josh wütend an. „Herzlichen Glückwunsch." fuhr sie ihn für Amy an. „Da hast du ja ganze Arbeit geleistet."
„Herrgott, ich wollte sie doch nicht verletzten, das ist das letzte." erklärte Josh und sah Amy unglücklich an. „Ich mein' doch nicht, dass du nicht gut genug für mich bist, ich bin es."
Amy öffnete die Augen und sah ihn ungläubig an. „Weil du so gesetzestreu bist?"
„Nein weil, ach Mensch!" er blickte zu Boden und fuhr sich fahrig durch die Haare, dann sah er wieder auf. „Ich wollte nicht, dass du es erfährst, weil ... es tut mir so leid."
Prue sah ihn auffordernd an. „Nun mach schon, raus mit der Sprache."
Josh atmete tief durch und erklärte dann schlicht. „Mein Vater ist ... Alan Miller."
„Hä?" Amy sah ihn verständnislos an, während Josh ihrem Blick auswich und Cole ansah.
„Soll uns das irgendetwas sagen?" fragte Cole irritiert und schaute fragend zu Prue, die ebenfalls mit den Achseln zuckte.
„Na toll, macht es mir noch schwerer." murmelte Josh vor sich hin und sah dann wieder Amy an. „Er ist Schuld daran, dass du so leiden musstest." erklärte er und als er bemerkte, dass sie ihn immer noch nicht verstand, fügte er seufzend hinzu. „Er war es, der den Priester erstochen hat."
„Oh." entfuhr es Amy verblüfft. „Du meinst, dein Vater war der Dämon?" erkundigte sie sich zögerlich, oh je, hatte sie gerade erst seinen Vater getötet?
„Dämon?" Josh lachte auf. „Könnte man vermutlich so nennen." meinte er ironisch.
„Also bist du so etwas wie Cole?" fragte Amy verwundert und musterte ihn eingehend.
„Nein Amy, ich denke er meint das anders." meinte Cole ruhig und schüttelte ungläubig den Kopf. „Er meint den Kerl aus der Leichenhalle."
„Was?" Prue blickte von Josh zu Cole und sah ihn ärgerlich an. „Ich wusste es doch. Ich habe gleich gesagt, wir müssen auch an die Verwandten denken."
Cole zuckte lässig mit den Schultern. „Wer konnte denn ahnen, dass so ein Typ noch Angehörige hat."
Amy verstand langsam, wen Josh meinte und warf Cole einen bösen Blick zu. „Der Mann, an den ich mich erinnern sollte?" fragte sie leise und wandte sich dann an Josh, der betrübt auf den Boden schaute.
„Ich habe ihn mir ja nicht ausgesucht." erklärte er deprimiert. „Ich hatte schon genug Ärger wegen ihm und ich wusste das, ... also wenn du es weißt dann..." er zuckte unglücklich mit den Schultern und sah Amy mit einem verlegenen Lächeln an. „Dann war's das und darauf wollte ich es gar nicht erst ankommen lassen."
Amy ging kopfschüttelnd auf ihn zu. „Aber Josh er war...." doch bevor sie weitersprechen konnte, trat Cole ihr in den Weg und hinderte sie daran.
„Nicht Amy, tu es nicht." erklärte er leise aber eindringlich, er traute diesem Josh noch lange nicht.
Amy sah ihn verwundert an und schaute dann hilfesuchend zu Prue, doch auch diese schüttelte leicht mit dem Kopf.
Wahrscheinlich hatten sie ja recht, nachdenklich ging Amy dennoch zu Josh, der unruhig im Wohnzimmer stand. Sie fühlte sich unwohl dabei, ihm nicht die Wahrheit zu sagen, doch wie sah die aus? Ein Dämon hatte Adam getötet, sollte sie ihm das wirklich sagen und würde Josh ihr das glauben? Gut er hatte relativ gelassen auf die Zombies reagiert, aber würde er nicht viel eher annehmen, sie hätten die Justiz betrogen, so wie er das schon immer vermutet hatte.
Zweifelnd sah sie ihn an und nahm dann entschlossen seinen Arm, um ihn aus dem Raum zu ziehen. „Entschuldigt uns kurz." erklärte sie und führte Josh ins Nebenzimmer.
„Ich wollte dir nichts davon sagen, es gibt schon genug Leute, die es wissen." begann Josh zu erklären und ging in dem Raum nervös auf und ab. Dann blieb er plötzlich hinter einem der Sessel stehen. Er stützte sich auf der Lehne ab und sah Amy unglücklich an. „Er war ein widerlicher Typ und ich war immer froh, wenn er weg war." erklärte er unmissverständlich, und es war klar, dass er mit 'weg' Gefängnis meinte. „Ich wusste gar nicht, dass er mal wieder raus war, zum Glück hatte er es aufgegeben, sich bei uns zu melden."
„Oh Josh!" entfuhr es Amy mitfühlend und sie musste sich zurückhalten, ihm nicht die Wahrheit zu sagen. „Wie hast du es denn erfahren?"
Josh zuckte mit den Achseln. „Stand in der Zeitung." erklärte er kühl und sah sie dann seufzend an. „Das schockiert dich jetzt sicher, aber irgendwie war ich sogar erleichtert, dass er tot ist."
„Nein, überhaupt nicht. Ich kann das gut verstehen." teilte Amy ihm mit. „Aber du hättest es mir sagen können, denn du kannst doch nichts dafür."
Josh schüttelte leicht den Kopf. „Du musstest wegen ihm leiden, das kannst du nicht einfach so abtun und vergessen." erklärte er überzeugt.
„Doch!" meinte Amy bestimmt und trat auf ihn zu. „Und vielleicht war er es ja auch gar nicht."
Josh lächelte. „Du bist süß, aber ich weiß wie gewalttätig er werden konnte, gerade wenn er getrunken hat. Da ist es eher ein Wunder, dass er vorher noch nie wegen Mordes angeklagt war." teilte er ihr scheinbar gelassen mit. „Und außerdem hast du ihn identifiziert."
„Naja, nicht so richtig, ich war ziemlich verwirrt, ich schätze ich habe mich einfach geirrt." erklärte sie unglücklich.
„Das musst du nicht sagen, Amy." meinte Josh. Es beeindruckte ihn sehr, dass sie ihm keinen Vorwurf machte, sondern ihm im Gegenteil alles leichter machen wollte.
Amy seufzte, wie sollte sie es ihm nur verständlich machen. „Es tut mir alles so leid." brachte sie schließlich nur heraus.
Josh sah sie ungläubig an. „Und das sagst gerade du, wo er doch...."
Amy legte ihm den Finger auf den Mund. „Du hast doch nichts damit zu tun." flüsterte sie und wünschte, sie genausowenig.
Josh küsste ihren Finger und meinte verwundert. „Es ist dir also egal?"
Amy nickte. „Absolut!" erklärte sie und legte ihre Arme um seinen Hals, um ihn näher an sich zu ziehen.
Dies ließ sich Josh nicht zweimal sagen, warum sollte er sich das von seinem Mistkerl von Vater verderben lassen, er hatte ihn schon vor langer Zeit aus seinem Leben ausgesperrt und würde ihn nach seinem Tod auf keinen Fall wieder hineinlassen. Entschlossen berührte er Amys Lippen und Amy hatte nichts dagegen einzuwenden. Denn auch wenn sie sich noch so mies fühlte, ihm nicht die Wahrheit zu sagen, so konnte sie Joshs Küssen nicht widerstehen.
Es war nicht zu verleugnen, dass Josh wirklich küssen konnte. Er wusste genau, wie er sie berühren musste, um sie fast um den Verstand zu bringen. Vorsichtig löste sie sich von ihm und sah ihn skeptisch an. „Du hattest schon viele Freundinnen, nicht wahr?" erkundigte sie sich nachdenklich.
Verwundert sah Josh sie an. „Wie kommst du darauf?"
Amy zuckte mit den Schultern. „Nun ja." meinte sie und bemerkte, wie sie langsam rot wurde. „Du kannst so gut küssen."
Josh grinste, hoch zufrieden über dieses Kompliment. „Ich bin wohl ein Naturtalent." erklärte er entschieden.
„Wirklich?" fragte Amy und sah ihn skeptisch an. „Das beantwortet aber nicht meine Frage."
„Hm!" Josh sah sie nachdenklich an. „Das Entscheidende ist doch, dass ich dich küssen will, und nur dich."
Zufrieden lächelte Amy und tat ihm nur zu gerne den Gefallen.
Nachdem Josh und Amy das Wohnzimmer verlassen hatten, sah Prue ihnen skeptisch hinterher. „Auch das noch! Hoffentlich sagt Amy ihm nicht, dass wir seinem Vater den Mord nur untergeschoben haben." meinte sie ärgerlich. „Einen Dämon als Mörder wird er wohl kaum akzeptieren, vor allem wenn er nichts mit Belva zu tun hat."
„Also ich traue ihm immer noch nicht über den Weg." erklärte Cole und blickte nachdenklich in Richtung Tür.
„Ich auch nicht." gab Prue zu und blickte Cole dann wütend an. „Aber, ich habe doch gleich gewusst, dass die Sache mit dem Toten einen Haken hat. Ich hätte dich daran hindern müssen."
Cole zuckte mit den Schultern. „Es ging nun mal nicht anders und der Typ war schließlich ein Verbrecher. Da macht ein Verbrechen mehr oder weniger auch nichts aus." erklärte er gelassen.
Prue sah ihn verwundert an. „Hast du nicht wenigstens ein paar Gewissensbisse?" erkundigte sie sich.
Cole schüttelte den Kopf. „Nein, bei dem Kerl war das auch schon egal. Und Josh wird es verkraften." meinte er bestimmt. „Ich kann dir aus Erfahrung sagen, ob meine Mutter nun eine Hexe oder Unschuldigen weniger umgebracht hätte, wäre mir ziemlich egal."
Prue schüttelte den Kopf und wandte sich wieder an Zadie. „Aber leider hilft uns das alles keinen Schritt weiter, wir haben immer noch keine Ahnung, wo Belva Danny hingebracht hat."
Zadie nickte. „Wenn wir nur wüssten, was sie vorhat." erklärte sie seufzend.
„Oh, Belva war so nett uns von ihren Plänen in Kenntnis zu setzen." teilte Cole ihr ironisch mit. „Sie will meinen Sohn der Göttin Ayida opfern, damit diese anschließend Furcht und Schrecken über die Welt bringt."
„Ayida?" Zadie fuhr sich mit der Hand vor den Mund. „Nein, das darf sie nicht, niemand ruft Ayida an. Sie ist ein Teil von Damballah, unserem mächtigen Gott. Er ist der Inbegriff des Guten und er bringt Segen, Errettung und Erlösung in allerhöchster Not. Wir brauchen ihn und sie würde ihn damit zerstören."
Cole zuckte ruhig mit den Schultern. „Das scheint ja der Sinn des Ganzen zu sein."
Zadie schüttelte immer noch fassungslos den Kopf und sagte keinen Ton.
„Hast du irgendeine Idee, wo sie das Ritual durchführen könnte?" versuchte Prue sie in die Wirklichkeit zurück zu holen.
Zadie griff nach ihrem Buch und begann darin herumzublättern. „Ich kenne keine Zeremonie um Ayida alleine anzurufen, das würde Damballah schaden und niemand der bei klarem Verstand ist, würde das wollen." erklärte sie und blickte auf. „Wenn ein Gläubiger die Loa-Petro anruft, also die schwarzen Gottheiten, dann verlangen diese in der Regel Blutopfer."
„Danny." entfuhr es Prue, während Cole keinen Ton von sich gab.
Zadie nickte und sah dann Cole an. „Aber er wird kein akzeptables Opfer für einen Voodoogott sein." erklärte sie ruhig.
Zweifelnd sah Cole Zadie an und konnte nicht entscheiden, wie er diese Neuigkeit aufnehmen sollte. Wie konnte sie es wagen, anzudeuten, dass sein Sohn nicht gut genug für irgendetwas war. „Was willst du damit sahen?"
Zadies Mundwinkel zuckten leicht, als sie den Unterton seiner Frage vernahm. Doch sie konnte sich nicht dazu überwinden, zu lächeln. „Ich habe dir vor gar nicht langer Zeit etwas von ihm gegeben, das du aufbewahrend solltest."
Cole sah sie verwundert an, als ihm plötzlich einfiel, was sie meinte. „Dannys Haarlocke."
„Genau." Zadie nickte zufrieden und blickte Prue an. „Im Voodooglauben gehen wir davon aus, dass ein Kind sein ganzes Haar benötigt, bevor es sterben kann." erklärte sie ihr. „Und darum wird kein Loa deinen Sohn als Opfer anerkennen."
„Doch wird das Belva daran hindern, ihn zu töten?" fragte Prue skeptisch.
Zadie zuckte mit den Schultern. „Sie wird es versuchen, doch traut ganz einfach der Macht der Voodoogötter." erklärte sie ruhig und seufzte dann. „Doch wenn es Belva gelingt, Damballah zu zerstören, dann wäre es möglich, dass sie sich in ihre Welt zurückziehen und unsere Bitten um Hilfe nicht mehr hören."
„Darum müssen wir dies unbedingt verhindern." stellte Prue unmissverständlich klar. „Also, wie könnte die Anrufung von Ayida aussehen?" fragte sie und sah Zadie auffordernd an.
„Während so einer Zeremonie werden Gebete gesprochen und Gesänge angestimmt, um einen Loa anzurufen und um seine Hilfe zu bitten. Dann wird ihm zu Ehren das Opfer mit einem Schnitt in den Hals getötet." erklärte Zadie ruhig, doch sie spürte die eisige Kälte, die ihr bei ihrem Vortrag von Cole und Prue entgegenströmte und sie versuchte, ihren Glauben zu verteidigen. „Um die Loa anzurufen und gnädig zu stimmen, benötigt man ein Opfer und je heiliger und mächtiger dieses ist, desto eher erlangt man die Gunst des Loa. Doch das kann genausogut ein Fetisch oder Nahrungsmittel sein, die Rada Götter verlangen für gewöhnlich kein Blutopfer."
Prue nickte. „Wir verstehen schon, aber bei Belvas Anrufen wird das der Fall sein."
„Ja." gab Zadie zu. „ Ich nehme an Belva wird einen zeremoniellen Tanz aufführen und dabei das Opferblut trinken, um in noch tiefere Trance zu verfallen." spekulierte Zadie. „Götter und Geister kommen durch die Trance zu den Menschen, sie reiten sie und nehmen Besitz von ihnen. Im Grunde dient der Mensch dem Loa nur als Hülle, denn er nimmt die Eigenschaften des übermächtigen Wesens an. Belva wäre dann so mächtig wie Ayida und wenn diese die Menschen vernichten will, dann könnte niemand sie mehr aufhalten."
„Das wird nicht geschehen." erklärte Cole ruhig, er wollte sich das ganze Szenario gar nicht erst vorstellen, er würde es schließlich niemals zulassen.
Zadie sah ihn betrübt an, da hatte sie so ihre Zweifel. Seufzend meinte sie. „Es muss in der Dunkelheit geschehen, wahrscheinlich um Mitternacht."
„Dann bleibt uns noch etwas Zeit." überlegte Prue erleichtert. So lange würde Belva Danny nichts tun, und er wäre in Sicherheit. „Wir müssen nur herausfinden, wo sie ist."
„Da sie einen Teil von Damballah anruft, wird sie es in der Nähe eines Teiches, Weihers oder Sees tun, denn diese sind ihm heilig." mutmaßte Zadie. „Mehr kann ich euch leider nicht sagen."
„Hm." meinte Prue nachdenklich, ihr war ein merkwürdiger Gedanke gekommen, und sie wusste noch nicht, was sie davon halten sollte. „Ich habe eine hölzerne Schlangenstatue bei Belva gesehen. Könnte sie sie für die Zeremonie benutzen?"
Zadie nickte. „Ja, die Loa lieben Fetische und die Schlage steht für Damballah somit auch für Ayida. Und wenn die Statue heilig ist, dann wird es Belva noch leichter gelingen Ayida anzurufen."
Prue nickte. „Ich weiß nicht, ob es von Bedeutung ist, aber naja also ähm..." begann sie zögerlich. „Als ich im Fieberwahn war, da hatte ich so einen Traum."
Zadie sah sie auffordernd an. „Erzähl' es uns Prue. Gerade in Fieberträumen erkennt man oft die Wahrheit."
Prue lachte kurz auf. „Na sicher!" meinte sie und sah Cole an, der sie interessiert beobachtete. „Na gut, ich habe von einer Schlage geträumt, und sie sah genauso aus, wie die Holzstatue." begann sie.
Cole sah sie verwundert an. „Meinst du die Schlange, die mich verschlungen hat, weil du die Tür nicht geöffnet hast?" wollte er wissen.
„Genau die." Prue schüttelte den Kopf. „Wieso hast du dir gerade das gemerkt, es war völlig unwichtig!"
Cole zuckte mit den Schultern. „Es klang sehr interessant." erklärte er.
Prue schüttelte mit einem leichten Lächeln den Kopf und fuhr dann fort. „Die Schlage hat zuerst Cole verspeist und ist dann zurück in ihr Nest gekrochen, das sich in dem Herrenhaus von Wingroves alter Plantage befand." erklärte sie. „Ich wollte ihr folgen, aber ich kam nicht vorwärts und schließlich ist mir David Morgan erschienen, der Danny im Arm hatte und mir mitgeteilt hat, dass die Schlange sicher noch Hunger hätte." fragend blickte sie Zadie an. „Kann das irgendetwas bedeuten?"
Zadie nickte. „Es könnte nicht schaden, wenn wir uns dort einmal umsehen." überlegte sie.
Prue grinste zufrieden. „Belva kann sich auf etwas gefasst machen."
„Darauf kannst du Gift nehmen." stimmte Cole ihr zu.
Die zwei sahen sich siegessicher an, doch Zadie hatte ihre Zweifel. Betrübt blickte sie die beiden an. „Seid euch bloß nicht zu siegessicher. Belva ist stark, wenn sie einen Weg gefunden hat, Ayida anzurufen und sie damit Damballah vernichtet, dann wird sie niemand aufhalten können, noch nicht einmal die Götter." versuchte Zadie ihren Optimismus zu bremsen. „Vielleicht wird es euch gelingen, den Jungen zu retten. Doch Belva wird ihn spielend durch ein anderes Opfer ersetzten."
„Oh, da wär ich mir nicht so sicher." teilte Prue ihr spöttisch mit. „Wir werden sie stoppen! Ich hatte schon andere Gegner, die angeblich unbesiegbar waren, aber mir ist es dennoch gelungen."
Zadie schüttelte den Kopf. „Belva ist sehr mächtig, Prue." erklärte sie bestimmt. „Sie war es schon vorher, aber dadurch, dass sie mich zum Zombie gemacht hat, haben sich meine Kräfte auf sie übertragen und ich befürchte nun ist sie unbesiegbar."
„Das gibt es nicht." stellte Prue unmissverständlich klar. „Wir werden ihr entgegentreten und sie besiegen, verlass dich darauf."
„Hm!" skeptisch blickte Cole Zadie an, da war noch irgendetwas, was sie bisher nicht preisgeben wollte. „Verschweigst du uns noch etwas?"
Zadie seufzte. „Es gibt da eine Legende." erklärte sie zögerlich.
Doch Cole winkte ab. „Die über den Fluch, dass die Wingrove Frauen zu Mörderinnen werden?" fragte er spöttisch. „Den kennen wir bereits."
Überrascht sah Zadie ihn an. „Oh, Edward Wingrove hat es euch tatsächlich gesagt?"
Cole zuckte mit den Achseln „Zwangsläufig." erklärte er ruhig.
Zadie nickte. „Gut, dann muss ich nicht alles erzählen. Doch das was Wingrove euch erzählt hat, ist nicht die volle Wahrheit." meinte sie. „Meine Vorfahren waren Sklaven auf der Plantage der Wingroves. Ursprünglich kamen sie aus Afrika, genauer gesagt, aus dem heutigen Benin. Sie waren dort mächtige Voodoopriesterinnen und dennoch sind sie auf ein Sklavenschiff verschleppt worden und kamen hierher. Natürlich haben die Plantagenbesitzer es den Sklaven untersagt, ihre Sitten und Gebräuche zu bewahren. Doch die Sklaven haben sie im Geheimen am Leben erhalten, aber langsam gerieten sie in Vergessenheit."
„Gut und weiter?" fragte Cole ungeduldig, Zadies Familiengeschichte interessierte ihn nun wirklich nicht, sie mussten schnellstens zu der Plantage und einen Weg finden, Danny zu befreien.
„Eine meiner Urahnen, Lilette, hat sich Voodoo zunutze gemacht. Sie stieg zur Geliebten des Hausherren auf und hat ihn dazu gebracht, ihr alle Wünsche zu erfüllen. Doch Lilette wollte immer mehr und hat dabei nicht an die anderen gedacht. Es ging ihr einzig und allein um ihr Wohl. Sie wollte zur Herrin des Hauses werden und dabei war ihr die derzeitige Herrin im Weg. Sie rief die Götter erneut an und sprach einen Schadenszauber über die Herrin."
Zadie seufzte. „Doch Lilette hatte einen Fehler begangen. Die Herrin verfiel dem Wahnsinn und tötete ihren Mann, dann machte sie sich auf zu Lilette. Auf ihrem Weg tötete sie jeden, der ihr in den Weg kam und schließlich sogar Lilettes Sohn. Der Wahn gab ihr Kraft und Lilette konnte sie nicht aufhalten. Außer sich vor Zorn rief Lilette erneut die Loa an, doch anstatt der bösen Petro-Gottheit erschien ihr Ayizan die mächtige Beschützerin gegen schwarze Magie. Sie befahl Lilette inne zu halten, sie habe schon genug Unheil verbreitet und dies sei ihre Strafe. Wenn sie den Voodooglauben weiterhin zur Verbreitung des Bösen auf der Welt nutzen würde, dann würden die Götter der Herrin des Hauses die Kraft verleihen, Lilette und ihre gesamte Familie zu vernichten. Lilette stimmte widerwillig zu und wandte sich vom Voodoo ab."
Zadie sah Cole und Prue an. „Doch die guten Loa wussten, dass eine ihrer Nachfahren erneut das Übermaß an böser Macht heraufbeschwören würde, darum trafen sie Vorsorge. Sie haben bestimmt, dass wenn eine der Nachfahrinnen von Lilette Voodoo allein für ihre Zwecke einsetzen würde, so dass das Böse die Welt in Chaos stürzt, dann würde in der Familie der Plantagenbesitzer eine Tochter geboren, die die Macht hat, dies zu verhindern und die Familie von Lilette endgültig zu vernichten."
Cole runzelte die Stirn, als er plötzlich verstand, was sie damit sagen wollte. „Du meinst also Wingroves Nachfahren könnten Belva aufhalten?"
Zadie nickte. „Ja, aus diesem Grund hat meine Familie der Legende freien Lauf gelassen, dass Lilette einen Fluch auf die Familie der Wingroves gelegt hat, der besagt, dass die Wingrove Frauen ihre Männer töten und zu skrupellosen Mörderinnen werden. Denn somit haben die Wingroves ihre Töchter schon im Babyalter zu meinen Ahnen gebracht und diese konnten sehen, ob sie zu mächtigen Hexen werden, die die Macht hätten, unsere Familie zu vernichten." erklärte Zadie und sah die beiden bedauernd an. „Und leider kann ich euch versichern, dass weder Vivian noch Charlotte in der Lage sind, dies zu tun. Sie haben keine Chance gegen Belva, und genau das weiß sie auch."
Cole und Prue sahen sich an. „Aber sie weiß nicht alles." erklärte er zufrieden. „Wingrove hat noch eine Tochter."
Zögerlich löste sich Amy von Josh und sah ihn lange an. „Wir müssen zurück." erklärte sie bedauernd.
Josh hob verwundert eine Braue. „Wieso? Ich hatte eigentlich nicht vor, noch einmal zu denen zu gehen." er zeigte mit dem Kopf in Richtung Wohnzimmer. „Der Kerl ist doch verrückt."
Amy schüttelte den Kopf. „Coles Sohn ist verschwunden, da ist es doch nur verständlich, wie er reagiert."
verteidigte sie ihn. „Danny ist wahrscheinlich in Gefahr und er dachte, du hast etwas damit zu tun."
„Der Kleine wurde gekidnapped?" fragte Josh ungläubig. „Wieso denn? Geht es um Geld?"
Amy seufzte. „Nein, leider nicht. Es ist komplizierter." Josh sah sie fragend an. „Eher um Rache." erklärte sie nachdenklich. „Es geht um den Staatsanwalt, der auf dem Gerichtsvorplatz gestorben ist. Seine Mutter will sich an uns rächen."
„Oh!" Josh runzelte die Stirn, jetzt konnte er Coles Verhalten schon eher verstehen. „So ein Mist." entfuhr es ihm.
Amy nickte. „Das kannst du laut sagen, als ob Danny etwas dafür könnte." Sie seufzte. „Also komm, lass uns zurückgehen." Sie reichte ihm ihre Hand und gemeinsam gingen sie zurück in die Halle.
Amy konnte hören, dass sich die drei immer noch im Wohnzimmer berieten. Als sie den Namen Wingrove hörte, blieb sie im Türrahmen stehen, doch was sie dann zu hören bekam, verschlug ihr glatt die Sprache.
„Amy ist die uneheliche Tochter von Edward Wingrove." teilte Cole Zadie gerade mit.
„Was?" kam es entsetzt von der Tür.
Cole und Prue blickten überrascht zur Tür, dort stand Amy, die sie mit offenem Mund anstarrte. „Sag das noch mal." forderte sie Cole mit zitternder Stimme auf.
„Amy, komm erst mal rein und setz dich." schlug Prue vor, doch Amy hörte nicht auf sie.
Stur blieb sie im Türrahmen stehen und stierte Cole an. „Ich will eine klare Antwort, ist Edward Wingrove mein Vater?"
Cole nickte. „Ja, ist er."
„Woher weißt du das, oder warte..." Amy war außer sich. „Seit wann wisst ihr das und wieso hat mir das niemand gesagt? Ich dachte ihr wärt meine Freunde."
„Wir dachten es ist besser für dich, wenn du es nicht weißt." versuchte Prue ruhig zu erklären. „Du hast schon so viel durchgemacht."
Amy schnaubte. „Oh ja und ihr macht es nur noch schlimmer." Wütend starrte sie sie an. „Und euch habe ich vertraut." Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und stürzte auf die Haustür zu.
„Amy warte." Josh folgte ihr, während die anderen wie erstarrt sitzenblieben und sich nicht rührten.
