46. Kapitel

Gefangen im Donnerstein bemerkten Cole und Prue nicht, wie die Zeit verging, für sie stand sie still, denn sie waren zu sehr mit sich beschäftigt. Dannys Opferung während Belvas Ritual war in den Hintergrund getreten, denn nachdem sie die ersten Bedenken abgelegt hatten, gaben sie sich ganz der Faszination hin, den anderen vollständig kennenzulernen.

Sie waren eins und hatten kein Interesse daran, jemals wieder getrennt zu werden, sie tasteten sich erst vorsichtig und dann voll Neugier und Zuversicht vor, um jeden Winkel des anderen zu erforschen.

Als auf einmal ein unbeschreiblicher Sog sie gegen ihren Willen gewaltsam trennte und nach draußen zog. Es wunderte sie, dass es überhaupt möglich sein sollte, sie wieder zu trennen, doch sie hatten keine Chance sich dieser Kraft zu entziehen. Völlig unvorbereitet landeten sie auf einem hölzernen Bretterboden und sahen sich desorientiert um.

Es war mitten in der Nacht. Der Himmel war sternenklar und nur das fahle Mondlicht und zahlreiche Fackeln erhellten den Platz. Cole und Prue blickten sich verwirrt an. Sich gegenüberzusitzen, nachdem sie einander bis ins tiefste Innere gesehen hatten, war merkwürdig und beunruhigend. Doch sie hatten keine Chance länger darüber nachzudenken, denn urplötzlich drängte sich etwas anderes in ihre Köpfe. Verlegen rappelten sie sich auf und versuchten all die Geräusche einzuordnen. Nach der absoluten Stille im Inneren des Donnersteins, war selbst das Knistern der Feuers laut, doch die Trommelgeräusche und Gesänge, fielen wie ein Schwall über sie her.

Cole verspürte den Drang, auf ein Ritualmesser zuzugehen, das auf einem Sockel mitten auf dem Platz lag. Mit all seiner Kraft unterdrückte er diesen Impuls und zwang sich stehenzubleiben und sich einen Überblick zu verschaffen.

Sie standen auf einem hölzernen Steg in der Mitte eines Sees, überrascht sah Cole sich um, es war der See auf der Plantage, den Prue und er bei ihrem ersten Besuch gesehen hatten, doch damals hatte sich noch keine breite Holzplatte darauf befunden.

In einem Halbkreis brannten Fackeln und in der Mitte drehte sich eine Frau im Kreis, ihr prachtvoll verzierter, kreisrunder Umhang bildete dabei einen riesigen Kreis, der im Flammenschein glitzerte. Einige andere Gestalten in schlichten weißen Gewändern wiegten sich im Rhythmus der Geräusche von Trommeln und Rasseln. Ihre Kleidung war mit Blut beschmiert und Cole erkannte einige tote Hühner auf dem Platz. Als ihm wieder einfiel, warum sie überhaupt hier waren, durchfuhr es ihn eiskalt. Hektisch hielt er Ausschau nach Danny, als er bemerkte, dass Prue genau auf den Block mit dem Messer zuging, zu dem es auch ihn gezogen hatte.

„Prue!" versuchte er leise zu hier vorzudringen, doch plötzlich holte eine der weißgekleideten Frauen ein Messer aus ihrem Gewand und stürzte auf Cole zu.

Kurz bevor sie ihn erreicht hatte, trat die Frau mit dem prachtvollen Umhang auf sie zu und hielt ihre Hand fest. „Nein!" befahl sie ehrfurchtgebietend und Cole erkannte Belva.

„Aber ich will, dass er stirbt, und zwar jetzt." fauchte die andere Frau.

„Ich lasse mir von dir nicht meine Zeremonie verderben, Isabell." herrschte Belva sie an und schickte sie zurück in den Kreis. „Er wird leiden, dafür werde ich sorgen." Belva wandte sich wieder an Cole. „So, euch ist es also gelungen, beide in den Stein zu kommen, nun, auch gut." Sie hob ihre Hand, und vor Cole erschien eine durchsichtige Mauer. „Dann wirst du eben zusehen, wie sie ihn tötet." erklärte sie höhnisch und drehte sich wieder um. „Viel Spaß."

„Das werden wir ja sehen." murmelte Cole leise vor sich hin, als Belva zurück in ihren Kreis trat. Prue würde Danny nichts tun, niemals, er musste sich keine Sorgen machen, sie konnte dem Zauber genauso widerstehen, wie er es konnte. Aufmerksam beobachtete er Prue, die im Schneckentempo auf den Sockel zuging, während Belva anfing fremdklingende schon vor Jahrhunderten überlieferte Zauberformeln zu deklarieren.

Prue versuchte unterdessen, ihre Füße davon abzuhalten, vorwärts zu gehen, doch sie hatte keine Macht über sie. Sie taten einfach, wie ihnen befohlen worden war, und Prue hatte noch keinen Weg gefunden, sie davon abzubringen. Sie merkte, wie sie dem Sockel immer näher kam und sich ihre Hand nach dem Messer ausstreckte. Oh Gott, jetzt hatte sie noch nicht einmal mehr die Herrschaft über ihre Arme. Mit steifen Bewegungen ergriff sie das Messer und drehte sich um.

Ein riesiger Altar erschien vor ihr, an dessen äußeren Seiten je eine Schlangenstatue an die drei Meter hoch in den Nachthimmel ragte. In dem goldenen Fackellicht sahen sie beinahe lebendig aus und Prue hätte sich nicht gewundert, wenn sie angefangen hätten, sich zu bewegen. Die Frauen aus der Runde fingen an, hysterisch zu schreien und Prues Blick traf eine silberne Schale in der Mitte des Altars, auf der ein verschnürtes Bündel lag. Es konnte sich nicht rühren, aber Prue konnte die dunklen Haare erkennen und wusste instinktiv, dass es sich dabei um Danny handelte. Im gleichen Augenblick wollte sie auf ihn zustürzen, aber ihre Beine gehorchten ihr nicht, verzweifelt blickte sie zu Cole, der sie ermutigend ansah. Gott, er dachte dass sie Belva nur etwas vorspielte, doch dem war nicht so. 'Ich kann nicht' versuchte sie ihm lautlos zuzuflüstern.

Coles Miene verdüsterte sich, was meinte sie damit, stand sie etwa tatsächlich unter Belvas Zauber? Nein, sie würde Danny nichts tun, oder doch? Verzweifelt versuchte er durch die unsichtbare Mauer zu kommen, doch das war unmöglich. Er prallte davon ab und merkte, wie sich bei jedem seiner Versuche, die Bretterplanken, auf denen er stand, langsam immer mehr nach unten neigten. Wütend hörte er auf und nahm wahr, wie Isabell ihm einen spöttischen Blick zuwarf.

Doch er hatte keine Zeit, sich um Isabell zu kümmern, Prue und Danny waren entscheidend. Erneut sah er zu ihnen hinüber, als Prue erschreckend langsam auf den Altar zuging und dabei das Messer fest in der Hand hielt. Coles Herz blieb fast stehen, doch sie würde es nicht tun, versuchte er sich zu überzeugen, niemals. Und außerdem war Danny kein würdiges Opfer, erinnerte Cole sich erleichtert und fasste in seine Jackentasche, doch da war nichts.

Siedend heiß fiel ihm wieder ein, dass er Prue das Röhrchen mit Dannys Haarsträhne überlassen hatte. Er hatte angenommen, dass sie Danny mit jeder Faser verteidigen würde und es bei ihr sicherer wäre, aber sie hatte ja unbedingt ihren Plan durchsetzen müssen. Sie hatte alles haben wollen und unbedingt in den Donnerstein kommen müssen. Und jetzt hatte sie sich selbst überlistet.

Prue sah erneut zu Cole hinüber und bemerkte, wie er in seiner Jackentasche nach etwas suchte und sie wusste sofort, was es war. Dannys Haarlocke, oh nein, sie hatte sie! Mit Mühe brachte sie ihre linke Hand dazu, in ihre Hosentasche zu greifen. Da war es, das Röhrchen, was sollte sie nur damit tun? Es durfte auf keinen Fall in der Nähe von Danny sein, sonst würde er doch noch zu einem würdigen Opfer werden. Unter Aufbringung all ihrer Kräfte, holte sie es aus ihrer Tasche und warf es in hohem Bogen in den See.

Cole und Belva verfolgten mit ihren Blicken den kleinen Gegenstand, der mit einem leichten Plitschen im Wasser verschwand. Doch nur Cole wusste, um was es sich dabei gehandelte hatte. Dannys Haarsträhne. Er bemühte sich nicht allzu erleichtert auszusehen, sondern blickte Belva mit ausdrucksloser Miene an.

Belva schüttelte den Kopf und wandte sich wieder Prue zu, sie war so weit gekommen, egal wessen sich die junge Dame entledigt hatte, es war nicht von Bedeutung.

Urplötzlich legte sich der Druck von Prue und sie hatte wieder die vollständige Macht über jedes ihrer Körperteile. Erleichtert erkannte sie, dass der Zauber nur so lange gewirkt hatte, wie Belvas Anliegen, Danny Ayida zu opfern möglich gewesen war. Nachdem sie Dannys Haar weit von ihm entfernt hatte, war er kein adäquates Opfer mehr. Ohne Probleme ahmte sie ihren schleppenden Gang von vorhin nach und ging langsam auf Danny zu. Als sie über ihm stand, blickte sie in sein verweintes Gesicht, dessen Stirn mit Kreuzen aus einem pampigen, rotbräunlichen Brei bedeckt war. Sie musste sich beherrschen, ihn nicht sofort an sich zu reißen. Doch sie hob das Messer weit über ihren Kopf.

Cole sah ihr angespannt zu und hielt unwillkürlich die Luft an, sie musste ganz einfach wissen, was sie tat, sie musste es!

Mit einem leichten Zittern hielt Prue das Messer fest, sie verdrängte jeden Gedanken daran, dass sie doch noch die volle Kontrolle über ihre Hand verlieren könnte. Langsam blickte sie nach unten, Danny hatte aufgehört zu weinen und sah sie mit weit geöffneten Augen an. Neben seinem Hals führte eine schmale Rinne an den Rand der Silberschale, unter der ein goldener Krug stand. Prue wusste ganz genau, wofür dieser gedacht war, er sollte Dannys Blut auffangen. Ein Schaudern lief durch ihren Körper.

„Keine Sorge, Schatz." flüsterte sie ihm zu und stieß mit dem Messer nach unten. Doch sie traf nicht Dannys Hals, so wie Belva es geplant hatte, sondern durchschnitt mit zwei schnellen Schnitten die Bänder, die Dannys Arme und Beine an seinem Körper gefesselt hatten. Endlich befreit zappelte er so lange, bis er sie völlig abgestreift hatte und streckte hoffnungsvoll seine Arme nach Prue aus.

Ohne lange zu fackeln, warf Prue das Messer in Belvas Richtung und riss Danny an sich. „Alles ist gut, ich bin ja da." versuchte sie ihn zu beruhigen und wischte angeekelt die Kreuze von seiner Stirn.

Ein wildes Hassgeschrei schwoll hinter ihr an. Das Messer hatte Belva nicht getroffen, aber dennoch war sie außer sich vor Wut. Sie rauschte auf Prue zu, bevor diese die Chance hatte, zu entkommen. „Was hast du ins Wasser geworfen, sag es mir." forderte Belva sie auf und hielt ihr das Messer an den Hals.

„Eine Locke von Dannys Haar." erklärte Prue und sah Belva furchtlos an. „Benötigt ein Baby im Voodooglauben nicht sein gesamtes Haar, um sterben zu können?" wollte sie triumphierend wissen. „Ich glaube du musst dir ein anderes Opfer für Ayida suchen."

Belva sah sie wütend an. „Und da könnte ich ja gleich dich nehmen, wenn Ayida nur keine Babys bevorzugen würde."

„So ein Pech!" meinte Prue und blickte zu Cole hinüber, den auf einmal keine durchsichtige Mauer mehr vom Ritualplatz trennte. Belva hatte für einen Moment die Kontrolle über ihr Bollwerk verloren und Cole nutzte die Gelegenheit, um sich ihnen zu nähern. Als er in einer günstigen Position stand, warf er sofort einen Energieball nach Belva.

Die Voodoopriesterin musste sich unwillig von Prue lösen, doch es gelang ihr schließlich, den Energieball mit Leichtigkeit abzuwehren. Gerade als Cole es erneut probieren wollte, wurde er von der Seite angefallen. Eine furchtbar kreischende Isabell stürzte sich auf ihn und versuchte ihm ein Messer ins Herz zu stechen. Sie kugelten über den Steg und Cole versuchte all seine Kräfte aufbringen, um gegen die durch ihren Verlust schier übermächtige Isabell nicht den kürzeren zu ziehen.

Unterdessen wandte sich Belva wieder Prue zu, die mit Danny an den äußersten Rand der Plattform getreten war und suchend zum Ufer schaute, wo sie aber zu ihrem Verdruss keine Spur von Zadie oder Amy erkennen konnte.

„Du denkst du bist so klug, dass du mich überlisten kannst, aber da hast du dich geirrt." erklärte Belva eiskalt und deutete mit ihrer Rassel auf das Wasser. Ein fremdes Wort kam herrisch aus ihrem Mund und auf dem See tummelten sich auf einmal unzählige Schlangen. Sie kamen auf die Stelle zu, an der Zadie und Prue standen und streckten ihre Köpfe untergeben der Voodoopriesterin entgegen.

„Holt mir das Fläschchen." wies sie sie an und blitzschnell verschwanden die Schlagen in der Tiefe des Sees. Belva wandte sich mit einem triumphierenden Lächeln an Prue. „Niemand ist annähernd so mächtig wie ich es bin." Sie streckte ihre Hand nach vorne, und irgendetwas drängte Prue zurück. Es war als würde eine eiserne Hand sie in Richtung See schieben.

Mit Danny im Arm hatte Prue schon vorher kaum eine Chance gehabt, gegen Belva zu kämpfen. Doch jetzt war es ihr kaum mehr möglich, das Gleichgewicht zu halten. Sie stolperte ein Stück zur Seite und diese Gelegenheit nutzte Belva, um ihr Danny zu entreißen. Mit einem zufriedenen Lächeln trat sie einen Schritt zurück und der eiserne Druck wurde immer heftiger, er warf Prue so weit zurück, dass sie den Halt verlor und in den See fiel.

Sie tauchte in das tiefschwarze kalte Wasser und spürte die glitschigen Körper der Schlangen an ihren Beinen und Armen, doch das war ihre kleinste Sorge, die Schlangen waren mit etwas anderem beschäftigt, sie suchten das Fläschchen mit Dannys Haar auf dem Grund des Sees.

Prue versuchte so schnell es ging, wieder nach oben zu kommen, doch erneut drückte sie eine eiserne Hand nach unten in die Tiefe des Sees. Sie kämpfte verzweifelt dagegen an, sie versuchte alles, um wieder an die Oberfläche zu kommen, doch die Hand drückte sie immer tiefer. Allmählich verlor Prue auch noch das letzte bisschen Kraft, sie spürte, wie sie immer schwächer wurde, ihre Lungen zerbarsten, sie brauchte Luft und das dringend, doch der Druck der Hand ließ nicht nach.

Sie würde ertrinken, erneut sterben, das durfte doch nicht wahr sein! Verzweifelt bäumte sie sich auf, als sie urplötzlich spürte, wie die Kraft der eisernen Hand nachließ. Mit letzter Kraft kämpfte Prue sich an die Wasseroberfläche und sog die köstliche Nachtluft ein. Nach den ersten Zügen, blickte sie sich um. Neben ihr wimmelte es von Schlangen und eine von ihnen hatte das Röhrchen mit Dannys Haar im Maul. Entsetzt blickt Prue nach oben, auf dem Steg stand Belva mit Danny auf dem Arm.

„Na also, wer sagt es denn." meinte sie höhnisch und sah Prue an. „Ich wollte dich nur darüber informieren, dass die Schlangen giftig sind. Ich fand das wäre doch noch ein schönerer Tod für dich, als einfaches Ertrinken." sie beugte sich nach vorne, um der Schlange das Fläschchen abzunehmen.

Währenddessen kam Danny, der die ganze Zeit schon fasziniert die Rassel an Belvas Gürtel bewundert hatte, seinem Ziel ein Stück näher. Begeistert streckte er seine Hände nach dem neuen Spielzeug aus und bekam es zu fassen. Stolz hielt er sie in der Hand und wedelte damit über den See, die Handglocke läutete und die Holzperlen stießen gegeneinander. Zufrieden sah er zu Prue hinunter.

„Danny!" schrie sie und sah ihn bittend an. „Denk an dein Lieblingsspielzeug, Schatz, mir zuliebe."

Danny runzelte die Stirn, während Belva sich ärgerlich zu ihm drehte. „Gib das wieder her." fuhr sie ihn an, doch Danny dachte gar nicht daran, er liebte dieses Spiel, so leicht würde er es der alten Ziege nicht machen. Ärgerlich streckte er seinen Arm aus und dachte an genau das, worum Prue ihn gebeten hatte, sein Lieblingsspielzeug.

Die Schlangen um Prue herum verwandelten sich auf einmal in rosa Plüschhäschen. Sie schwammen auf dem Wasser und das Röhrchen mit Dannys Haar fiel von einem der Hasen hinunter. Mit einem wütenden Schrei beugte Belva sich nach vorne, um das Fläschchen noch zu fassen zu kriegen, doch ohne Erfolg. Es verschwand erneut in den Tiefen des Sees.

Unterdessen war es Cole gelungen, die Oberhand über Isabell zu bekommen. Er drückte sie auf den Boden und bekam endlich das Messer zu fassen, mit dem sie ständig auf ihn einstechen wollte. Er versuchte es ihr aus der Hand zu drehen, aber sie wehrte sich verzweifelt. Sie spuckte und schrie und langsam hatte Cole die Nase voll von ihr. Er hatte Wichtigeres zu tun, als sich mit dieser hysterischen Furie abzuquälen. Mit all seiner Kraft brachte er ihre Hand dazu, sich das Messer selbst ins Bein zu rammen.

Erleichtert sprang er wieder auf, während Isabell sich unter Schmerzen das Messer aus dem Bein zog und ebenfalls versuchte aufzustehen, doch dazu ließ Cole es nicht kommen. Er schubste sie in die Menge der weißgekleideten Gestalten, die den ganzen Geschehnissen starr zusahen und es nicht wagten sich zu bewegen. Isabell schrie auf, als ein noch wütenderer Schrei von Belva Coles Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie stand nach vorne gebeugt am Rande der Holzplattform, so als würde sie irgendetwas auf dem Boden des Sees suchen. Ohne lange nachzudenken stürzte Cole von hinten auf sie zu und stieß sie ins dunkle Nass.

Mit einem lauten Platschen fiel Belva ins Wasser und Cole sah ihr zufrieden dabei zu, bis er Prues entsetzten Gesichtsausdruck sah. „Sie hatte Danny!" schrie sie ihn an und verschwand unter einem Meer von Stoffhasen, die den See bedeckten.

Cole fühlte sich sterbenselend, wie hatte er nur so unüberlegt handeln können, er sprang ins Wasser und versuchte in der tiefschwarzen Dunkelheit des Sees etwas zu erkennen.

Prustend kam Belva derweil wieder an die Wasseroberfläche und schlug wild mit ihren Armen um sich. Irgendwann bei ihrem Versuch wieder nach oben zu kommen, hatte sie Danny losgelassen, denn ihr vollgesogenes Gewand war so schwer, dass es sie nach unten zog. Was kümmerte sie der Kleine, sie würde schon ein anderes Opfer finden, sie schwamm auf den Steg zu und versuchte sich nach oben zu ziehen, doch vergeblich. „Isabell!" schrie sie wütend.

Unterdessen entdeckte Cole endlich seinen Sohn, er trieb im tiefen Wasser und Cole konnte nicht erkennen, ob er sich noch bewegte. Das musste er ganz einfach, dachte Cole verzweifelt, es durfte nicht zu spät sein. Hektisch versuchte er ihn zu fassen zu kriegen, und nach dem dritten Versuch gelang es ihm endlich. Er beeilte sich an die Wasseroberfläche zu kommen und hielt Dannys Kopf so gut es ging über Wasser. Er starb fast vor Erleichterung, als der Junge endlich ein keuchendes Husten von sich gab und Wasser ausspuckte.

„Alles wird gut!" flüsterte er ihm beruhigend zu und sah sich nach Prue um. Sie musste immer noch nach Danny tauchen, denn er konnte nichts von ihr sehen. „Prue!" schrie er und hoffte, dass sie seinen Ruf auch unter Wasser hören konnte.

Sekunden später tauchte sie auf und sah sich hektisch um. Als sie Cole mit Danny sah, entspannte sie sich zusehends und wies mit dem Kopf auf das Ufer. „Lass uns von hier verschwinden."

Während Belva von ihren Anhängern endlich zurück auf den Steg gezogen wurde, schwammen Prue und Cole durch das Heer von Stofftieren auf das Ufer des Sees zu. Wie es schien hatte Danny keinen Schaden davongetragen, denn er versuchte schon wieder nach den Hasen zu greifen, die neben ihm im Wasser schwammen. Endlich gelang es ihm und er bekam einen von ihnen zu fassen, zufrieden zog er den mit Wasser vollgesogenen Stoffhasen hinter sich her, während sie endlich am sicheren Ufer ankamen. Erschöpft ließen sie sich auf den Boden fallen und rangen nach Atem.

Als Prue sich ein wenig aufrichtete und den Hasen in Dannys Hand sah, erschrak sie kurz und wollte ihn ihm sofort aus der Hand nehmen, doch Danny ließ das nicht zu. „Komm, lass ihn los, sonst verwandelt er sich hinterher zurück in eine Schlage." meinte sie besorgt.

„Was?" Cole, der immer noch auf dem Rücken lag, sah sie fragend an. „Woher kamen überhaupt die ganzen Stoffhasen im Wasser?"

Prue grinste. „Dein Sohn hat es geschafft Belvas Schlagen in sein Lieblingsspielzeug zu verwandeln." erklärte sie und gab es auf, Danny den Hasen wieder abzunehmen, sie wollte ihn nicht erneut zum Weinen bringen. Lächelnd strich sie ihm durch sein nasses Haar, dafür hatte er schon genug durchgemacht und Belva hatte sicher auch Besseres zu tun. „Sonst wäre unser Bad sicher nicht so angenehm verlaufen."

„Nein." Cole blickte zurück zum See. „Aber wenigstens hattest du jetzt endlich das Vergnügen deines Nightswimming."

Zur gleichen Zeit waren Amy, Zadie und Josh immer noch nicht weiter gekommen. Sie liefen seit Stunden durch den Wald und Amy verstand die Welt nicht mehr. Sie hatte diesen Weg schon unzählige Male genommen, aber heute stand ihr immer wieder ein Baum im Weg.

„Also wenn ich noch einen Meter gehen muss, dann streike ich." erklärte Josh und ließ sich erschöpft auf einem Baumstumpf nieder. „Wir haben doch schon jeden Weg ausprobiert, es geht nicht weiter."

„Doch!" Amy blickte erneut auf die Bäume. „Ich bin ja nicht das erste Mal hier und von hier kommt man ganz leicht zum See."

„Aber wir gehen jetzt schon stundenlang im Kreis und kommen diesem See kein Stück näher." teilte Josh ihr genervt mit, langsam hatte er wirklich genug davon. Es war ja wirklich schlimm, dass diese Geisteskranke den Kleinen und seine Eltern gefangen genommen hatte, aber da musste es noch andere Lösungen geben, als stundenlang im Wald herumzulaufen. „Wir sollten endlich die Polizei benachrichtigen, dass habe ich schon vor zwei Stunden gesagt."

„Und wir haben dir schon vor zwei Stunden gesagt, dass dies keine Angelegenheit für die Polizei ist." meinte Zadie bestimmt. „Hier geht es um Voodoo, nicht um irgendein Verbrechen gegen das Gesetz."

„Kidnapping ist so viel ich weiß ein Verbrechen." versuchte Josh zu erklären.

„Das gerade du mit der Polizei anfängst ist wirklich seltsam." meinte Amy nachdenklich und sah ihn an. „Glaubst du wirklich die können etwas bewirken?"

„Sicher, diese Verrückte kann sie schwerlich bestochen haben." teilte er ihr überzeugt mit.

Trotz des Ernstes der Situation musste Zadie anfangen zu lachen. „Ach Junge, selbst die Polizei hat Angst vor Voodoo, ich dachte du hast mal in unserem Viertel gewohnt, dann müsstest du eigentlich wissen, wie viel Respekt die meisten Menschen davor haben." entgegnete sie kopfschüttelnd. „Und ganz nebenbei, meine Schwester ist stinkreich."

Josh seufzte, das überzeugt ihn und er stand wieder auf. „Na gut, dann müssen wir halt zum tausendsten Mal im Kreis gehen." meinte er entschlossen, doch Zadie stoppte ihn.

„Nein." erklärte sie bestimmt und sah Amy eindringlich an. „Amy, du bist mächtig, du musst einen Weg finden, denk nach."

„Ich?" entfuhr es Amy überrascht. „Ich bin nicht mächtig, ich bin eine ganz kleine Hexe, die wirklich nichts besonderes kann."

„Du bist eine Hexe?" fragte Josh verwundert, doch Zadie ließ ihn nicht zu Wort kommen.

„Nicht jetzt!" erklärte sie ärgerlich und wandte sich wieder an Amy. „Doch Amy, das bist du, ich spüre es. Du musst es nur selbst glauben."

Amy seufzte, das würde sie ja gerne, aber was konnte sie schon. Sie hatte mit Prues Explosionspulver ein paar Dämonen vernichtet und mit Mrs. Turners Zauberbuch zwei kleine Zauber bewirkt, aber das war auch schon alles, ganz davon abgesehen, dass sie nicht mal ein einziges Zauberutensil mitgenommen hatte. Sie besaß keine Kräfte, von ihrer Fähigkeit Herzen zu sehen einmal abgesehen.

Nachdenklich ließ sie ihre Zauberkraft zu und sah Joshs Herz, von dem sie sich aber schnell wieder abwandte, denn sie wollte nicht zu viel sehen. Sie wandte sich Zadie zu, aber ihr Herz würde aufgrund ihres Zombiedaseins kein schönen Anblick sein, daher sah sie erneut schnell wieder weg und blickte auf die Bäume, die wie ein Wall den kleinen Platz umgaben. Aber das war merkwürdig! Verwundert ging sie auf einen Baum zu und wollte ihn berühren, doch ihre Hand wurde vom Stamm nicht aufgehalten, sondern landete im Nichts. Amy zog ihre Hand verblüfft zurück und sah sich um, in der Mehrzahl der Bäume konnte sie eine grüne fließende Energie sehen, die sich in der Mitte zu einer Art Herz zusammenfand. Doch bei anderen, sah sie nichts, sie trat erneut auf einen dieser Bäume zu und stoppte nicht, als sie ihn erreichte, sondern schritt genau in ihn hinein.

Josh und Zadie sahen ihr verwundert dabei zu und hielten den Atem an, als sie dachten, sie würde gleich mit dem Baum zusammenprallen, doch da war nichts, was sie aufhielt.

Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht drehte Amy sich zu ihnen um. „Ich hab's!" erklärte sie begeistert. „Einige der Bäume sind nicht echt, es sind nur Illusionen, die uns den Weg versperren sollen."

Zadie nickte zufrieden. „Ich habe dir doch gesagt, dass du einen Weg finden wirst."

„Ja!" meinte Amy und blickte in das Bäume- und Sträucherdickicht. „Also worauf wartet ihr noch, folgt mir." Sie winkte sie heran und passierte einen weiteren Phantombaum.

Zadie folgte ihr sogleich und als Josh nach einigem Zögern durch den Baum trat, blieb er verwundert stehen und sah Amy an. „Wow, und wie kannst du die Falschen erkennen?" fragte er bewundernd und kam auf sie zu.

Amy lächelte leicht. „Sie haben kein Herz."