47. Kapitel

Nachdem Prue sich davon überzeugt hatte, dass Danny das Abenteuer unbeschadet überstanden hatte, wandte sie sich wieder dem See zu. Belva war inzwischen wieder auf der Plattform angekommen, und während sie versuchte ihren triefenden Umhang auszuschütteln gab sie ihren Anhängern herrische Anweisungen. „Sie wird nicht aufgeben." erkannte Prue seufzend. „Und wenn sie ihren Plan in die Tat umsetzt, dann war es das."

Cole folgte ihrem Blick, aber im Moment kümmerte ihn sein Sohn mehr als die Geschehnisse auf dem See. Ein leichter Wind war aufgekommen, und obwohl es eine laue Nacht war, fröstelte er in den nassen Kleidern. Er blickte besorgt zu Danny, der dank Belvas Opferritual kaum Kleidung trug. „Wir müssen Danny zurück zum Auto bringen Prue." meinte er entschieden. „Sonst bekommt er am Ende noch eine Lungenentzündung."

Doch Prue schien ihn gar nicht zu hören. Im Gegensatz zu Cole fror sie kein bisschen. Die Situation ließ ihr einfach keine Zeit sich um ihr Wohlbefinden zu kümmern. Ihr wurde nur eiskalt, wenn sie daran dachte, was passieren würde, wenn es Belva gelang, Ayida heraufzubeschwören. Mit verschränkten Armen stand sie am Ufer und beobachtete besorgt, was auf dem See vor sich ging. „Wo Zadie und Amy nur bleiben, ich hoffe sie finden uns."

„Prue!" versuchte Cole sie aus ihren Gedanken zu reißen.

„Hm?" unwillig verließ sie ihren Beobachtungsposten und kam auf die beiden zu. „Wir Halliwells sind nicht so zimperlich." klärte sie ihn auf. „Kannst du ihn nicht irgendwie wärmen?" nachdenklich sah sie sich um, als sie plötzlich Geräusche hörte.

Stolpernd erschienen Amy, Zadie und Josh in der Nähe des Ufers. Als Amy die drei am Ufer des Sees erblickte, lief sie erleichtert auf sie zu, ihren Ärger hatte sie in der Zwischenzeit völlig vergessen. „Prue, Cole. Gott sein Dank, ihr lebt." rief sie und umarmte sie stürmisch. „Aber wieso seid ihr so nass?"

„Ein ungewolltes Bad." erklärte Cole und sah sie fragend an. „Hast du irgendwas für Danny zum Anziehen?"

Amy nickte und zog ihre Strickjacke aus, um Danny darin einzuwickeln. „Hallo mein Kleiner." meinte sie lächelnd. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht."

Währenddessen war Zadie ans Ufer getreten und schaute betrübt auf das Szenario vor ihr. „Mein Gott, sie will es wirklich tun." flüsterte sie leise.

Prue nickte. „Ja, und ich weiß nicht, wie wir sie stoppen sollen."

Als hätte sie sie gehört, wandte sich Belva plötzlich dem Ufer zu. Sie lachte höhnisch auf und schüttelte den Kopf. „Sieh an, meine verräterische Schwester hat sich auch eingefunden, um meinen Triumph mitzuerleben." erklärte sie siegessicher. Sie hob ihren Arm und rund um die Plattform erschien eine durchsichtige Mauer. „Ich dulde keine weiteren Unterbrechungen, aber ihr sollt den Spaß auch nicht verpassen."

„Belva, du kannst es nicht tun, du kannst nicht alles zerstören." versuchte Zadie sie zu überzeugen, doch Belva winkte wütend ab.

„Du wirst ja sehen, was ich alles kann." erklärte sie entschlossen. „Und damit ihr beschäftigt seid, bevor die große Show losgeht, habe ich eine kleine Ablenkung für euch."

Auf einmal erschienen entlang des Ufers zahlreiche Geierdämonen, die sich gehorsam auf sie stürzten.

„Auch das noch!" entfuhr es Prue genervt, während sie sich daran machte den ersten zu erledigen. Mit einem leichten Lächeln wandte sie sich an Cole. „Aber vielleicht wird dir dabei wenigstens warm."

Cole schüttelte den Kopf und grinste. „Du hast recht, ich sehe es einfach als Aufwärmtraining." verkündete er entschlossen und warf einen Energieball auf die Vultare, die furchtlos auf ihn zugestürmt kamen, als hätten sie tatsächlich etwas anderes zu erwarten, als den Tod.

Auch Zadie ließ sich nicht lumpen und bückte sich nach einem der Messer, mit dem sie ärgerlich auf die Dämonen losging.

Josh sah der ganzen Szene ungläubig zu und trat entsetzt einen Schritt zurück, als eine der seltsamen Gestalten auf ihn zukam. Dabei stolperte er über eine Baumwurzel, fiel auf den Boden und schlug sich den Kopf an einem Stein auf.

Sofort war Amy neben ihm. „Josh!" entfuhr es ihr besorgt, als sie das Blut sah, das an seiner Schläfe herunterlief. „Ist alles in Ordnung?"

„Au!" Josh fasste sich an seinen Kopf und setzte sich vorsichtig auf. „Geht schon." meinte er und starrte zu den anderen, die sich gekonnt gegen die eigentümlichen Wesen zur Wehr setzten, während er unfähig auf den Boden gefallen war. Ein schöner Held! Damit würde er Amy wohl kaum beeindrucken können und sie schaute ihn auch schon ganz komisch an. „Sag es ruhig, ich hab's nicht drauf."

Amy runzelte die Stirn, bis sie verstand, was er meinte. „Nein, natürlich hast du das." meinte sie sofort.

Am liebsten hätte Josh mit dem Kopf geschüttelt, aber das wollte er ihm lieber nicht antun. „Ich bin rückwärts gestolpert und umgefallen." erinnerte er sie und obwohl es ihm vorkam, als sehe er einen Film, fragte er sich doch ärgerlich, wieso die anderen mit diesen Biestern fertig wurden und er nicht. „Was sind das überhaupt für Viecher?" fragte er ungläubig.

„Dämonen." erklärte Amy leise und fuhr ihm sanft mir einer Hand durchs Haar. „Bösartige Wesen ohne Herz." Sie seufzte leicht und sah ihn zweifelnd an. Aber wenn jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, wann dann. „Josh.." begann sie leise und versuchte seine Aufmerksamkeit zu erlangen.

Doch Josh sah immer noch wie gebannt zu den Geierdämonen, deren Zahl sich schon erheblich dezimiert hatte, als Cole mit einem Energieball drei weitere Dämonen vernichtete. „Und was macht er da?" fragte er und wies mit der Hand auf Cole.

„Sie werden sie vernichten, bevor sie uns etwas antun können." stellte Amy klar, während sie Josh unverwandt anstarrte und versuchte ihren Mut zusammenzunehmen. „Ich muss dir etwas sagen, es ist wichtig."

Endlich wandte sich Josh von den anderen ab und sah sie neugierig an. „Na dann schieß los." Was sollte jetzt schon noch kommen? Ihn konnte nichts mehr erschüttern.

„Einer von den Dämonen hat Adam getötet." erklärte sie schnell, bevor sie es sich noch einmal anders überlegen konnte. „Dein Vater hatte mit dem Ganzen nichts zu tun, er war nur in der Nähe. Aber das hätte mir doch niemand geglaubt." beschwörend sah sie ihn an, während Josh versuchte, das alles zu verstehen. „Es tut mir so leid, ich wollte doch niemandem weh tun, bitte verzeih mir."

Josh sah sie verständnislos an. „Ich versteh' dich nicht." erklärte er, obwohl er sich sehr wohl vorstellen konnte, was sie meinte, es aber einfach nicht wahrhaben wollte. Amy würde so etwas doch nicht tun, niemals, sie würde keinen anderen Menschen leiden lassen, um ihrer selbst willen.

„Dein Vater hat Adam nicht getötet, ich habe ihn niemals gesehen." erklärte Amy mit trauriger Stimme. „Ich schwöre dir, wenn ich gewusst hätte, dass ich deiner Familie damit Kummer mache, dann hätte ich es nie getan."

Josh nickte, dass konnte er sich auch nicht vorstellen. Kopfschüttelnd sah er hoch und erblickte Cole, und da wusste er es. „Das war doch der Plan deines tollen Anwalts, nicht wahr?" wütend stand Josh auf und sah zu Cole, der gerade auf sie zukam.

Sie hatten die Dämonen schließlich alle vernichtet und Cole wollte Amy Danny abnehmen, denn momentan wollte er unter keinen Umständen zu lange von ihm getrennt sein. Verwundert nahm er den wütenden Blick wahr, mit dem Josh ihn betrachtete. „Was ist?"

„Sie fanden es ist eine tolle Idee, wenn Sie meinem Vater einen Mord unterschieben, den er nie begangen hat, ist es nicht so?" Gott, er hasste diese Anwaltstypen, die dachten, sie könnten mit allem durchkommen. „Ein Penner, der kam Ihnen natürlich gelegen."

Cole nahm Danny auf den Arm und schaute Josh genervt an. „Ja, oder hättest du es lieber gesehen, wenn Amy für immer im Gefängnis gelandet wäre?" wollte er wissen.

Josh sah zu Amy und geriet ins Schwanken, wäre sie wirklich ins Gefängnis gekommen. Nein, niemand hätte Amy des Mordes für schuldig befunden .... oder? Josh zweifelte, aber so leicht wollte er es ihnen nun auch nicht machen. „Sie wäre frei gekommen." erklärte er bestimmt.

Amy schüttelte den Kopf. „Ich konnte doch nicht sagen, dass es so ein Dämon war, niemand hätte mir geglaubt." meinte sie leise. „Ich wäre vermutlich in der Irrenanstalt gelandet."

„Josh!" wandte sich Cole erneut an den jungen Mann. „Dein Vater hat dir einmal im Leben einen Gefallen getan, nimm' ihn an."

„Na freiwillig war der nicht." meinte Josh spöttisch. „Und wenn, dann hat er Amy einen Gefallen getan und nicht ..." bevor er das letzte Wort aussprach, sah er Amy an und stoppte lieber, bevor er etwas falsches sagte. Denn vielleicht hatte der blöde Kerl ja doch nicht ganz unrecht. Er blickte nachdenklich nach unten, als auf einmal ein rosa Plüschhase vor seiner Nase erschien.

Danny streckte Josh seine Trophäe entgegen und sah ihn mit einem breiten Lächeln an, als wolle er ihm ein Friedensangebot machen.

„Danke schön!" Josh nahm den nassen Hasen entgegen und sah von Danny, der ihn zufrieden anstrahlte zu Amy. „Ich wusste doch gleich, dass er mich mag." erklärte er und lächelte zögerlich.

„Na super, dann ist ja alles geklärt." erkannte Cole und blickte in das triumphierende Gesicht seines Sohnes. „Und wir haben auch wirklich andere Sorgen."

Zusammen gingen sie wieder ans Ufer und blickten auf die Geschehnisse vor ihnen. Der Trommelrhythmus und die Gesänge hatten wieder eingesetzt und die weißgekleideten Gestalten, begannen erneut sich im Takt zu wiegen.

Doch bevor Belva in ihren Kreis trat, drehte sie sich noch einmal zu der kleinen Gruppe am Ufer um. „Oh, ihr seid schon fertig." erkannte sie verwundert. „Nun, ich bin froh, dass ihr mich von diesen nervigen Kreaturen befreit habt. Sicher erwartet ihr keinen Dank, aber als Belohnung dürft ihr meine Zeremonie verfolgen. Für solch einen Logenplatz würden viele ein Vermögen bezahlen."

„Belva stopp es, du kannst es noch." versuchte Zadie es erneut. „Lass nicht zu, dass unsere Familie vernichtet wird."

„Sprichst du von der alten Legende Zadie?" fragte Belva höhnisch und blickte sich demonstrativ um. „Nun ich sehe keine von den Wingrove Töchtern hier, sie sind noch nicht einmal in der Stadt."

„Sei dir lieber nicht so sicher!" meinte Zadie ruhig.

Doch Belva zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. „Keine Sorge die Wingrove Töchter sind hilflose Geschöpfe, die mir nichts anhaben können. Das weißt du selbst gut genug, Zadie. Der Wille der Götter hat sich nicht erfüllt."

„Oh doch." Zadie seufzte leise und blickte Amy an, die erschrocken zurücksah.

„Welche Legende?" fragte sie leise, obwohl sie es eigentlich gar nicht wissen wollte. Wingrove Töchter, Gott, gehörte sie jetzt nicht auch dazu. „Was wollte sie damit sagen?"

„Du bist unsere Chance Kind, die Loa haben es dir bestimmt, sie zu besiegen." erklärte Zadie schlicht und einfach, bevor sie sich wieder ihrer Schwester zuwandte. „Belva, lass es sein, du kannst...." begann Zadie und fasste sich plötzlich an den Hals.

„Sei still." erklang es wütend vom See. Belva starrte ihre Schwester an, in ihren Händen hielt sie eine Strohpuppe, die sie zu würgen begann. „Du wirst mein Ritual nicht noch einmal stören." erklärte sie, während Zadie röchelnd auf den Boden fiel. Belva nahm ihre Hände herunter und sah die anderen bedrohlich an. „Lasst euch das eine Lehre sein." sie drehte sich wieder um und die Trommelklänge und Gesänge wurden immer lauter.

„Ich versteh' das nicht, wieso sollte ich etwas bewirken können?" fragte Amy derweil, die unruhig am Ufer hin und her ging und immer wieder zu der Plattform hinüber starrte.

Zadie hielt sich den Hals. Sie konnte zwar wieder atmen, aber als sie versuchte zu reden, kamen nur krächzende Laute aus ihrem Mund.

„Geht es dir gut?" fragte Prue, die neben Zadie getreten war und ihr langsam aufhalf.

Zadie nickte und wies auf ihren Hals.

„Sie kann nicht reden." erkannte Josh und bückte sich, um einen langen Stock vom Boden aufzuheben und ihn ihr zu geben. „Hier, damit können sie etwas schreiben."

Zadie schlug ihm dankbar auf die Schulter und begann ein Wort in den Sand am Ufer zu schreiben.

„Loa!" las Amy und blickte Zadie fragend an. „Was ist das?"

„Das sind ihre Götter." erklärte Prue. „Sie will, dass du ihre Götter um Hilfe anrufst."

Zadie nickte bestätigen, während Amy ungläubig den Kopf schüttelte. „Ja wie denn? Ich weiß noch nicht einmal, wer das ist."

„Du musst es einfach versuchen." meinte Cole, der zusah, wie die Tänze auf dem Steg immer ekstatischer wurden. Belva drehte sich wie wild im Kreis und die Worte, die aus ihrem Mund kamen, wurden immer lauter.

Uralte fremde Laute erfüllten die gesamte Gegend und Amy erschauderte. Sie wollte damit nichts zu tun haben, alle sahen sie erwartungsvoll an, aber sie hatte nicht den Hauch einer Ahnung, was sie machen sollte. Auf einmal verstummten die Geräusche. Nur noch ganz leise erklang ein monotoner Trommelschlag und Belva ging gemessenen Schrittes auf den Altar zu. Erst jetzt erkannte die Gruppe am Ufer, dass eine der weißgekleideten Gestalten ihren Kopf auf die Silberschale gelegt hatte.

„Das ist Isabell." erkannte Cole ungläubig, als er den roten Blutstreifen an ihrem rechten Bein sah.

„Oh Gott, Belva will sie opfern." entfuhr es Prue schockiert. Die junge Frau rührte sich nicht, es schien, als wäre sie betäubt, denn sie machte keine Anstalten zu entkommen. Belva tunkte ihre linke Hand in einen Krug und hob mit der rechten den Kopf von Isabell an. Dann malte sie je ein Kreuz auf ihre Wangen und ihre Stirn.

„Wir müssen ihr helfen, das können wir nicht zulassen." erklärte Prue. Sie schleuderte einen schweren Ast nach Belva, doch schon auf halbem Weg prallte er von der unsichtbaren Mauer ab und fiel in das tiefschwarze Wasser. „Tut doch was." fuhr Prue die Umstehenden an.

Ihr zuliebe warf Cole einen Energieball gegen die Mauer, doch wie er bereits erwartet hatte, gab es auch für diesen kein Durchkommen. Er fiel ins Wasser, ohne irgendeinen Schaden anzurichten.

Zadie sah die ganze Zeit nur Amy an, die den Tränen nah war, solch einem Druck konnte sie nicht standhalten. „Was verlangt ihr denn von mir?" wollte sie verzweifelt wissen. „Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll."

Josh trat neben sie und legte ihr den Arm um die Schultern. „Keiner kann dich zu irgendetwas zwingen, dafür werde ich sorgen." erklärte er mutig.

„Fein, dann vernichtet Ayida bald die Welt." meinte Cole sarkastisch, während er die Geschehnisse auf dem See verfolgte.

Mit einem triumphierenden Blick zu ihren Zuschauern, hob Belva das Ritualmesser hoch und schnitt Isabell mit einer schnellen Bewegung die Kehle durch. Das Blut rann in die Schale und tropfte schließlich in den Krug darunter. „Jetzt seid ihr wieder vereint." proklamierte Belva und hob ihre Hände. Ein Donnerschlag erklang und selbst am Ufer konnte man die Vibration der Erde spüren.

Amy war derweil in die Hocke gegangen und hielt sich die Augen zu. Sie wollte nicht sehen, was dort geschah und sie wollte nicht dafür verantwortlich sein.

„Amy." Prue kniete sich neben sie. „Versuch dich zu konzentrieren. Schließ deine Augen und lass es einfach geschehen. Du wirst wissen, was zu tun ist." sie stand wieder auf und nahm Joshs Arm. „Komm, lass sie jetzt allein."

Josh blickte Prue unwillig an, er wollte Amy nicht alleine lassen. Unschlüssig blieb er, wo er war, als wilde Schreie vom See seine Aufmerksamkeit auf sich zogen.

Belva war in die Mitte der Plattform getreten. Den goldenen Kelch, der im Fackelschein schimmerte, hielt sie mit beiden Händen hoch über ihren Kopf. Fünf der weißgekleideten Frauen traten auf sie zu und fassten sich an den Händen. Die Lautstärke der Trommelklänge und Gesänge schwoll wieder an und die Frauen begannen sich im Kreis um Belva zu drehen, die Ayida anrief und schließlich den Kelch an ihren Mund hielt und das Blut mit großen Schlucken trank. Langsam stellte sie den Kelch wieder ab und wandte sich einem Korb zu, der neben ihr im Kreis stand. Sie öffnete ihn und holte eine gut zwei Meter lange weiße Python hervor. Mit ausgestreckten Armen hielt sie sie in die Luft und nahm sie dann wieder herunter um sie auf den Kopf zu küssen, wo ein blutiges Mal zurückblieb.

Ihre Anhänger schrieen auf und Belva schlang sich die Riesenschlange um die Schultern. Sie begann sich im Rhythmus der Trommeln zu wiegen, ihre erst gemächlichen Tanzschritte wurden mit der Zeit immer rasanter und ihre Bewegungen immer wilder. Als sie in völliger Trance war, öffnete sich auf einmal Belvas Mund und ein lautes Zischen kam daraus hervor.

'Ayida' schrieb Zadie in den Sand. Die Voodoogöttin hatte von ihrer Schwester Besitz ergriffen und Zadie hatte keine Ahnung, wer sie jetzt noch retten konnte. Sie sah erneut zu Amy, aber es war offensichtlich dass die junge Frau nicht wusste, was zu tun war. Zadie seufzte laut auf, sie wollte gar nicht wissen, was nun mit ihrer Schwester geschah, doch Cole, Prue und Josh verfolgten mit Grauen, was sich auf dem See abspielte.

Belva trat neben die beiden Schlangenstatuen und erweckte sie mit einer bloßen Handbewegung zum Leben. Sie bäumten sich auf und mit dem Zischen ihrer langen Zungen versprühten sie ein grünliches Gift über die gläserne Mauer. In hohem Bogen erreichte es einige der Bäume und vernichtete alles, was es traf.

Neben Amy knickte einer der Bäume ein und sie fuhr erschrocken hoch. Entsetzt sah sie wie die Schlangen begannen, weiteres Gift über die Umgebung zu spritzen. Die kleine Gruppe sah sich nach einem Platz zum Entkommen um, während Amy mutig auf den See zuging. Genau vor ihr fiel erneut ein Baum ins Wasser und Amy schnaubte wütend auf. Wie konnte dieses Miststück es wagen, die wunderschönen alten Bäume zu vernichten. Vögel flatterten in ihrer Nachtruhe gestört wild herum und auf dem See schwamm ein Vogelnest mit ein paar hilflos vor sich hin piependen Vögeln davon.

Als Amy auch noch das Vogelnest sah, war das Mass voll. Dieses Gelände gehörte ihr, ihrer Familie und sie würde einen Teufel tun und einfach zusehen, wie diese Schlangen die ganze Landschaft verwüsteten. Wenn sie die Möglichkeit hatte, dem allen ein Ende zu machen, fein, dann würde sie es tun. Der Baum, der auf der Wasseroberfläche liegen geblieben war, bot ihr die Gelegenheit, auf die Plattform zu gelangen. Mutig stieg sie hinauf und balancierte auf die Mitte des Sees zu.

Prue und Cole wollten Amy sofort folgen, doch Zadie hielt sie zurück. Sie schüttelte energisch mit dem Kopf und zeigte auf den giftigen Regen, der hier und da niederging. Jede Stelle die die grüne Flüssigkeit traf, wurde versengt, doch Amy traf sie nicht. Als sie die gläserne Mauer erreicht hatte, blieb sie ärgerlich stehen. „Hör auf mit dieser sinnlosen Vernichtung." schrie sie Belva zu, die sie amüsiert betrachtete.

„Na Kleine, was willst du hier?" fragte sie mit einer Stimme, die nicht ihr gehörte.

„Ich bin eine Nachfahrin der Wingroves." erklärte Amy furchtlos. „Und ich lasse es nicht zu, dass deine widerlichen Schlangen meine Plantage zerstören."

Belva lachte bösartig und ihre Augen leuchteten dabei gelb auf. „Oh, wo haben sie dich denn noch hervorgekramt?" fragte sie höhnisch und sah Amy abschätzend an. „Geh' lieber du kannst es mit einer Göttin wie mir nicht aufnehmen." erklärte sie überheblich und schickte ihre Schlangen in Amys Richtung.

Wütend schloss Amy die Augen und breitete ihre Arme aus. Aus ihrem Mund kamen Worte, die sie nicht kannte und noch niemals gehört hatte, doch auf einmal kam ein Sturm auf und begann gegen die Mauer zu stürmen. Der Wind wurde immer heftiger und einzelne Steine lösten sich. Sie wirbelten durch die Luft und der erste traf eine der Schlagen die mit einem schmerzenden Zischen stehenblieb. Immer mehr Steine flogen durch die Luft und obwohl sie durchsichtig waren, hatten sie eine unglaubliche Kraft. Sie stoppten die Schlagen und bedeckten schließlich die gesamte Plattform, die langsam anfing zu sinken.

Als Amy keine Mauer mehr am Weitergehen hinderte, ging sie auf die Mitte des Sees zu. Die Schlangen lagen erschlagen unter einem durchsichtigen Steinhaufen und die weißgekleideten Gestalten hatten sich in die Fluten gestürzt, um dem Chaos zu entkommen.

Nur Belva stand noch unbeeindruckt in der Mitte und starrte Amy an. „Du wirst mich nicht vernichten, dazu hast du nicht die Macht." verkündete sie.

„Du hast doch gesehen, was ich kann." erklärte Amy furchtlos und hob ihre Arme zum Himmel.

Belva nahm sich die Schlange von den Schultern und begann in schlangenartigen Bewegungen auf Amy zuzugehen. Dabei zischte sie der Schlange die ganze Zeit einen bedrohlich klingenden Zauberspruch ins Ohr. Als sie nur noch einen Meter von Amy entfernt war, streckte sie die Schlage aus und diese zeigte Amy ihre spitzen Zähne.

Doch ohne sich dadurch beeindrucken zu lassen, zog Amy in einer schnellen Bewegung die Arme nach unten und ein Blitz erschien am Himmel. Mit einem donnernden Knall ging er auf Belva nieder, die wild aufschrie und auf den Boden fiel. Sie fing an zu brennen und all ihr Aufbäumen half nichts, sie schrie erneut auf und Amy trat entsetzt einen Schritt zurück. Sie konnte Belva nicht leiden sehen, mit einer weiteren kreisrunden Handbewegung fuhr sie über das Wasser. Ein riesiger Strudel begann sich zu bilden, der sich langsam darauf vorbereitete, alles zu verschlingen.

„Amy, komm her." schrie Prue ihr vom Ufer aus zu, denn Amy machte keine Anstalten, zu entkommen. Sie stand wie entrückt da und schien Prue gar nicht zu bemerken. Sie war wie in Trance, vollkommen fasziniert davon, wie sie die Kräfte der Natur hatte einsetzen können.

Prue blickte Cole bestürzt an und rannte dann auf den Baum zu. Josh folgte ihr und Cole überreichte Danny schweren Herzens Zadie, die ihn aber zurückhielt. „Was ist?" wollte er ärgerlich wissen.

Zadie sah ihn bittend an und schrieb ein Wort in den Sand.

'Puppe' Cole runzelte die Stirn, als ihm die Strohpuppe einfiel, die Belva gewürgt hatte. „Ich werd's versuchen." Versprach er Zadie und eilte dann Prue hinterher, die bereits auf den Baum geklettert war, während Josh ungeduldig daneben wartete und immer wieder zu Amy sah.

Als Cole sie erreicht hatte, hielt er Prue krampfhaft fest. „Bleib hier Prue, ich regele das schon." erklärte er entschlossen.

Prue öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch dann schloss sie ihn wieder und nickte. Sie stieg von dem Baum und hielt Josh fest. „Bring sie in Sicherheit, okay." schärfte sie Cole ein.

„Was sonst!" Cole beeilte sich über den Baum auf die Plattform zu klettern, die angefangen hatte, sich wie wild zu drehen. Mit einem weiten Sprung gelang es ihm schließlich neben Amy zu gelangen, die die brennende Belva wie gebannt anstarrte.

„Amy!" versuchte Cole sie zurück in die Wirklichkeit zu holen, als er ein Stück von Belva entfernt, die Strohpuppe liegen sah, um die Zadie ihn gebeten hatte. Wie durch ein Wunder hatte sie noch kein Feuer gefangen, sondern lag auf dem Boden, der langsam begann, sich aufzulösen. Cole griff mit der einen Hand nach der Puppe und fasste mit der anderen nach Amy, die wie angewurzelt auf den Bretterplanken stand. Als er die beiden endlich zu fassen bekam, sah er, wie Belva in der nächsten Sekunde in den Strudel gerissen wurde und alles umliegende ihr unverzüglich folgen würde.

Ohne lange darüber nachzudenken, ob sich irgendwo noch präparierte Donnersteine befanden oder wie es momentan mit seiner Zielgenauigkeit aussah, schimmerte Cole sie weit weg von diesem Inferno.

Als Cole und Amy plötzlich verschwanden, blieb Josh der Atem stehen. „Wo sind sie?" fragte er entsetzt, doch als er sich umsah, erschienen Amy und Cole direkt hinter ihm. „Amy!" erleichtert lief er auf sie zu und nahm sie in den Arm.

Zum See gewandt sahen sie zu, wie die gesamte Plattform im Wasser verschwand und nichts davon übrigblieb. Der Sturm flaute ab, das Wasser wurde wieder ruhig und der See lag schließlich still und idyllisch vor ihnen, als wäre das Ganze nie geschehen.

„Ich weiß nicht, wie das alles passiert ist." meinte Amy immer noch völlig überwältigt und blickte Cole an. „Du hast mich wohl schon wieder gerettet."

Cole zuckte mit den Achseln. „Das war das mindeste, nachdem du Belva besiegt hast."

Amy sah sich um. An den Stellen, wo die giftige Schlangensubstanz auf die Erde gefallen war, war alles zerstört, doch glücklicherweise war es ihr gelungen, die Schlangen früh genug zu stoppen, bevor sie noch größeren Schaden anrichten konnten. „Die Natur hat mir gehorcht." meinte Amy kopfschüttelnd. „Das war ein berauschendes Gefühl."

„Das waren die Loa, sie haben dich unterstützt." erklärte Zadie, die zu ihnen getreten war. Sie hielt immer noch Danny im Arm und streckte Cole die Hand entgegen. „Die Puppe." meinte sie ruhig.

Prue sah sie verwundert an. „Wieso...."

„Wieso ich nicht tot bin?" fragte Zadie mit einem leichten Lächeln. „Nun, als Belva die Puppe gewürgt hat, da habe ich es gewusst. Wenn ich ein vollständiger Zombie gewesen wäre, dann hätte sie durch die Puppe keinen Einfluss auf mich haben können. Also hatte sie es nicht über sich gebracht, mich vollständig in einen Zombie zu verwandeln." erklärte sie entschlossen, obwohl sie eher annahm, dass Belva sie zu früh zurückgeholt hatte, wodurch sie keine Chance gehabt hatte, Zadies Seele aus ihren Körper zu entfernen. „Sie hat es nur geschafft meine Seele einzufrieren und sie somit, genau wie mein Bewusstsein, von meinem Zugriff zu trennen. Daher habe ich mich wie eine Untote gefühlt und ich habe so gehandelt wie ihr willenloser Sklave. Endlich hatte sie einmal Macht über mich."

„Und jetzt ist bist du wieder lebendig?" wollte Prue immer noch verwundert wissen.

Zadie nickte. „Ja, mit ihrem Tod ist ihre Macht über mich gewichen. Ich habe meine Voodookräfte zurückbekommen, und sie haben meine Seele geheilt."

Cole nahm seinen Sohn und gab ihr die Puppe. „Und warum wolltest du dann unbedingt die Puppe?"

Vorsichtig nahm Zadie die Puppe entgegen und sah sie nachdenklich an. „Belva hat sie zu mir gemacht, wenn sie vernichtet worden wäre, dann wäre dies auch mein Schicksal gewesen." Mit einem kleinen Ritualspruch versuchte sie, die eiserne Kette vom Hals der Puppe abzunehmen, doch es gelang ihr nicht. Entsetzt sah sie auf. „Sie sind weg, meine Voodookräfte sind weg. Ich muß sie aufgebraucht haben, um meine Seele zu retten." erkannte sie unglücklich. „Das ist meine Strafe."

„Keine Sorge, wir haben eine Kastanie im Garten." erklärten Cole und Prue gleichzeitig.

Verwundert sah Zadie sie an. „Was meint ihr damit?" wollte sie wissen, doch dann schüttelte sie den Kopf und hob abwehrend die Hand. „Aber erzählt mir das lieber auf dem Weg nach Hause, ich habe genug von diesem Platz."

Dem konnten die anderen nur zustimmen. Mit einem letzten Blick auf den ruhigen friedlichen See, machten sie sich auf zu den Autos, um die Plantage endgültig zu verlassen.