Kapitel 1
Leises Vogelgezwitscher drang in ihr Bewusstsein als Serena erwachte. Ihr Kopf dröhnte und sie versuchte vorsichtig die Augen zu öffnen. Schnell überlegte sie es sich wieder anders als sie das Gefühl hatte dass das helle Licht ihr den Schädel zu spalten schien.
Mit geschlossenen Augen versuchte sie Ordnung in den Wirrwarr in ihrem Kopf zu bringen, versuchte krampfhaft sich zu entsinnen was passiert war. Es war anstrengend die verschwommenen Bilder zu sortieren, sie richtig zu interpretieren.
Langsam kamen die Erinnerungen wieder, doch bevor sie sich damit näher befassen konnte versuchte sie erst einmal mit ihren übrigen Sinnen die Umgebung zu erkunden.
Serena stellt fest dass sie auf frischem Gras lag, ihre Notebooktasche daneben. Ein angenehmer Wind strich über ihr Gesicht und es roch nach Lavendel. Etwas beunruhigte sie dennoch, nur konnte sie nicht sagen was es war, die Kopfschmerzen ließen sie nicht klar denken.
Daher versuchte Serena ihre geistigen Fühler auszustrecken, wofür sie mit noch höllischeren Schmerzen belohnt wurde.
*okay lassen wir das!*
Als sie die Augen öffnete, diesmal aber langsamer, wurde ihr mit einem Mal klar was sie die ganze Zeit gestört hatte.
Das frische Gras… sie sah hinab, überall grün obwohl der Sommer doch so heiß gewesen war. Erschrocken blickte sie weiter und erstarrte: Dies hier war nicht ihr Zuhause, hier war kein Haus, keine Strasse, nichts, nur Wald und Wiese.
*Wie kann das sein?*
Erneut begann Panik sich in ihr zu regen. Was war nur geschehen? Wie war sie hierher gekommen? Und wo war "hier" überhaupt?
Allmählich begann sich in ihren Geist zu schleichen… Sie musste sich teleportiert haben. Zum ersten Mal in ihrem Leben wäre ihr das gelungen. Und dies, obwohl sie doch eigentlich nicht einmal kleinere Gegenstände geistig transportieren konnte.
„Der Blitz. Oh mein Gott das kann doch nicht wahr sein!"
„Was kann doch nicht wahr sein?"
Entsetzt blickte Serena auf: vor ihr standen 3 hochgewachsene Männer. Zwei zielten mit Pfeil und Bogen auf sie, der Dritte musterte sie interessiert mit vor der Brust verschränkten Armen. Zuerst war sie zu schockiert um zu reagieren. Als sie jedoch keine Anstalten machten irgendetwas zu unternehmen, betrachtete sie sie näher und begann schallend zu lachen.
Alle drei schienen sie einem Fantasy - Cosplay entlaufen zu sein, sie trugen einfache grüne Gewänder und hatten sich sogar spitze Ohren angeklebt.
„Wow, die habt ihr ja super hinbekommen", sagte sie bewundernd, rappelte sich auf und ging ohne auf die auf sie gerichteten Pfeile zu achten auf den jetzt eher verdutzt dreinblickenden Dritten zu. Vor ihm blieb sie stehen und stellte sich auf Zehenspitzen, war er doch einiges größer als sie.
„Wie habt ihr das denn so makellos geschafft?" fragend griff sie an eines seiner Ohren und zog daran.
„Autsch!" keuchte der Mann und schlug ihr Hand beiseite.
„Die sind ja echt", entfuhr es ihr, dann drehte sich alles.
„Ah wie ich sehe kommt Ihr wieder zu Euch." war das Erste was sie wahrnahm als sie kurze Zeit später wieder zu Bewusstsein kam. Leider klang es nicht sonderlich freundlich. Schuldbewusst blickte sie zu dem Mann, der neben ihr kniete und nahm ihn nun wirklich wahr. Er hatte langes, helles Haar, wie schimmerndes Gold, silbergraue Augen und wirkte sehr graziös. Trotzdem wollte sie sich nicht eingestehen was er war. Wieder wanderte ihr Blick zu den Ohrspitzen und blieb daran haften.
„Es kann doch nicht wahr sein. Ich muss halluzinieren."
„Verzeiht mir wenn ich Euch enttäuschen muss, aber ich bin fest davon überzeugt sehr real zu sein. Und nun erklärt mir bitte warum Ihr hier auf dem Grund und Boden meines Herren seid, warum Ihr meint an meinem Ohr ziehen zu müssen, und vor allem wer Ihr seid."
Streng und fordernd blickte er in ihre Augen.
Zu gern hätte Serena jetzt seine Emotionen gelesen aber die Kopfschmerzen blockierten ihre ‚Kräfte' noch immer.
Um nicht in Schwierigkeiten zu geraten erzählte sie ihm von dem Gewitter, und auch von ihrer Panik vor Blitzen. Zuerst stockend, die richtigen Worte suchend, doch bald immer flüssiger.
„Es tut mir leid, aber ich kann Euch nicht erklären warum ich hier bin, ich weiß ja nicht einmal wo ich bin." Entschuldigend lächelte sie ihn an, doch er reagierte nicht. Sein Gesicht blieb ausdruckslos. Ungewollt drang die Erkenntnis in ihren Geist dass er immer noch auf Antworten wartete.
„Und an euren Ohren habe ich gezogen weil ich dachte sie wären nicht echt, sondern nur aufgeklebt…" Zu spät viel ihr auf wie blöd diese Erklärung klingen musste. Errötend brach sie ab und hielt ihre Hände vors Gesicht als ihr Zuhörer nun anfing schallend zu lachen.
„Aufgeklebt? Das ist das Beste was ich seid Jahrhunderten gehört habe von einer Frau." Er wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Jetzt werde ich auch noch für einen Scharlatan gehalten, aber glaubt mir ich bin ein echter Elb."
„Ja natürlich, hätte ich mir gleich denken müssen. Passiert mir ständig dass ich plötzlich vor irgendwelchen Phantasiegeschöpfen stehe. Verzeiht meine unangemessen Reaktion."
*Verdammt* schoss es ihr durch den Kopf *Dass du nie dein vorlautes Mundwerk im Zaum hast* Doch ihr Gegenüber ignorierte die Bemerkung einfach, bis auf ein kurzes Heben seiner sanft geschwungenen Augenbrauen.
Er war ihr ein Rätsel, so ausgeglichen und ruhig, aber gefährlich wachsam. Sie wusste eine falsche Bewegung und er wäre weniger freundlich.
Hinter ihrer Stirn begann es wieder stärker zu pochen, also versuchte sie so schnell wie möglich diese Unterhaltung zu beenden: „Bevor Ihr noch einmal fragt, mein Name ist Serena, aber wie ich hierher gelangt bin weiß ich wirklich nicht. Ich hoffe Ihr besitzt die Freundlichkeit Euch auch Vorzustellen und würdet mir danach etwas Ruhe gönnen."
Er runzelte die Stirn und schien kurz zu überlegen.
„Mein Name ist Glorfindel, und ich werde Euch zum Hause des Herrn Elrond führen. Dort könnt Ihr ruhen."
Elegant erhob er sich und bot ihr die Hand zur Hilfe. Wohlwissentlich das es unhöflich war stand Serena alleine auf. Ihr waren Berührungen von anderen unangenehm, weil diese ihre Gefühle nicht abschotten konnten und sie somit auf sie übertrugen.
Glorfindel schritt voran und vorsichtig folgte sie ihm. Er brauchte sich nicht zu sorgen dass sie versuchen würde zu verschwinden, dafür hatte er seine beiden Begleiter die sie sehr wachsam im Auge behielten. Außerdem war Serena immer noch schwach auf den Beinen und versuchte das eben Erfahrene zu verarbeiten. Der Name Elrond war ihr ganz und gar nicht fremd, und allmählich schlich sich die Erkenntniss um ihren Aufenthaltsort in ihr Bewusstsein.
*Da sollte ich wohl wirklich in Mittelerde sein, aber wie? Und wieso existierte diese Welt wirklich? Und selbst wenn sie existierte wie haben wir davon erfahren sodass Tolkien Geschichten darüber schreiben konnte?*
Zu viele Gedanken schwirrten in ihrem Kopf und sie begann wieder zu taumeln.
Schnell war Glorfindel neben ihr, ergriff ihren Arm und hielt sie fest. Erst wollte sie ihn von sich stoßen aber als sie merkte dass die Kopfschmerzen noch immer ihre Empathie unterdrückten ließ sie ihn gewähren.
Dankbar lächelte Serena zu ihrem Helfer hoch, zu mehr hatte sie nicht die Kraft. Ihr war bewusst dass sie sehr erschöpft war. Egal wie sie hierher gekommen war, es hatte viel Kraft gekostet.
Kurze Zeit später hielten sie an. Die beiden bewaffneten Elben banden drei Pferde los. Es waren die Schönsten die Serena je gesehen hatte. Besonders angetan hatte es ihr der große weiße Hengst auf den Glorfindel sie jetzt zuschob.
„Ich hoffe es macht Euch nichts aus mit mir auf Asfaloth zu reiten?" fragte er höflich. Den Kopf schüttelnd hielt sie dem Hengst die Hand hin, sodass er daran schnuppern konnte. Seine Barthaare kitzelten auf ihrer Handfläche.
„Nein, es ist in Ordnung er ist wirklich ein bezauberndes Tier. Nur glaube ich es nicht das ich noch die Kraft habe von alleine aufzusitzen."
Rücksichtsvoll griff Glorfindel ihr unter die Arme und hob sie hoch als wöge sie nicht mehr als ein Feder. Kurz darauf spürte sie wie er hinter ihr aufsaß und die Zügel ergriff.
Durch den ruhige Gangart des Pferdes schlief sie kurze Zeit später ein.
~ TBC ~
