Die Kehrseite der Medaille

Kapitel: Sapio

Unsanft wurde Harry am nächsten Morgen aus dem Schlaf gerissen. Der Grund dafür war ein schriller Schrei seiner Tante aus dem Korridor der Durselys. Dem Schrei folgte die wütende Stimme von Vernon Dursley.

„POTTER!!"

Harry zuckte zusammen. Was hatte er denn jetzt gemacht? Die gesamte letzte Woche hatte er nichts dergleichen gehört. Zügig schlüpfte er aus dem Bett und in seine Klamotten hinein. Kaum hatte er seine Hose geschlossen, flog die Tür zu seinem Zimmer auf. Ein vor Wut rotangelaufener Dursley stand in der Tür. Seine Augen waren schon kaum noch in seinem Gesicht auszumachen.

„POTTER!! WAS MACHT DIESE KREATUR HIER?! WIR HABEN ALLES SO GEMACHT, WIE DIESER SCHÄBIGE KERL AM BAHNHOF GESAGT HAT!!"

Bei den Worten seines Onkels wurde Harry wütend. Es störte ihn schon nicht mehr, wenn seine Verwandten Harrys Vater beleidigten, aber dass sie Menschen beleidigten, die er als Freunde ansah, wurmte ihn über alles.

„Diesem schäbigen Kerl – so wie du ihn beschreibst – verdankst du Dudleys Leben! Hätte er mir nicht den Patronuszauber beigebracht, dann wäre dein Sohn jetzt Seelenlos! Daran solltest du denken, wenn du ihn siehst! Präg dir diesbezüglich noch den Namen Remus Lupin ein, denn so heißt dieser ehrenwerte Mann!"

Seine Stimme war im starken Kontrast zu seinen inneren Empfindungen ganz ruhig geblieben, als er seinem Onkel diese kurze Einweisung gab. Dieser wurde daraufhin nur noch wütender und baute sich bedrohlich vor Harry auf. Bevor er etwas sagen konnte, ergriff Harry erneut die Initiative.

„Was meintest du, als du vorhin von ‚dieser Kreatur' gesprochen hast?"

Fragend blickte der junge Mann seinen Onkel an. Dieser übertraf sich noch immer im Rotwerden, als er langsam seinen Arm hob und mit diesem die Treppe hinunter zeigte. Etwas verwirrt folgte Harry der Bewegung des Armes mit seinen Augen. Jedoch konnte er nichts sehen und blickte etwas verwirrt zu dem Dursley. Dieser hatte seinen Arm immer noch in diese Richtung ausgestreckt und Harry beschloss, die Treppe hinunter zu steigen.

Auf halber Treppe erkannte er die ‚Kreatur' und achtete in diesem Moment nicht auf die kaputte Stufe. Dieses Missgeschick wurde ihm klar, als er mit einem lauten Krachen die Treppe hinunter purzelte und vor den Füßen einer Person mit einem spöttischem Grinsen auf dem Gesicht und einer hochgezogenen Augenbraue landete. Verdutzt blickte er auf die schwarz gekleidete Person.

„Sie sollten Ihren Mund schließen, wenn Sie keine Fliegen oder jegliche anderen Art von Insekten verspeisen wollen, Potter!"

Verwirrt rappelte sich der junge Potter auf und starrte die Person vor sich immer noch verdutzt an.

„Was tun Sie hier, Sir?"

Ehe der Angesprochene antworten konnte, hatte Vernon sich wieder gefangen und polterte die Treppe hinunter. Unten angekommen, ergriff er Harry grob an der Schulter. Mit wutverzerrtem Gesicht wandte sich Dursley an den Besucher.

„WIR HABEN IHN BISHER IN RUHE GELASSEN! WAS WOLLEN SIE MEHR?!"

Der Angeschriene hob nur gelangweilt die Augenbrauen und blickte auf den Jungen in Dursleys Armen, der bei Vernons Worten von diesem durchgeschüttelt wurde.

Als Vernon sich des Blickes bewusste wurde, stieß er Harry von sich, so dass dieser an die Wand knallte. Das große Familienfoto der Dursleys, das an dieser Wand hing, ging dabei zu Bruch.

Dursleys Versuch auf Potter loszugehen, wurde durch die kalte Stimme des Besuchers unterbunden.

„UM Ihre Frage zu beantworten, Dursley! Ich bin hier, weil ich Potter abholen soll! Der Direktor ist um seine Sicherheit besorgt und wünscht ihn heute bei Leuten zu wissen, die im Falle eines Übergriffs im Stande wären, ihn zu schützen! Und davon Dursley haben Sie nicht die leiseste Ahnung!"

Der Angesprochene wurde immer zorniger, doch den Mann störte dieser Umstand nicht im Geringsten. Harry im Gegenzug dazu, starrte seinen Lehrer nur total verwundert an.

„HEUTE?!"

Harry und Vernon hatten wie aus einem Munde gesprochen.

„Ja, heute"Heute Abend wird er wieder hier sein!"

Er funkelte Dursley zornig an und wandte sich dann an Harry.

„Wo ist Ihr Zimmer, Potter?"

Verwirrt dirigierte Harry seinen Tränkemeister die Treppe hinauf zu seinem Zimmer. Oben trafen sie einen Dudley in Nachtzeug an, der quiekend in sein eigenes Zimmer lief. Dieses Fluchtverhalten wurde von Harry mit einem kühlen und gehässigen Auflachen quittiert. Snape zog daraufhin etwas verwundert über den Jungen die Augenbrauen hoch und folgte ihm in sein Zimmer.

Dort schloss er die Tür und sprach einen Zauber auf diese, so dass die Gespräche immer Inneren des Raumes von draußen nicht gehört werden konnten. Eine Bewegung in der Ecke wahrnehmend drehte er sich zu dieser und hatte seinen Zauberstab schon angriffsbereit, als er ihn wieder senkte. Mit einem interessierten Blick ging er auf die Schlange zu.

„Guter Kauf Potter! Sie ist ein Prachtexemplar!"

Anerkennend nickte er Harry zu, ehe Snape einen ernsten Gesichtsausdruck aufsetzte.

„Genug geredet, Potter! Suche deine wichtigsten Sachen zusammen, aber nur die Wichtigsten! Also, Schlange, Buch und Brille, der Rest bleibt hier!"

Perplex schaute der Angesprochene auf seinen Professor. Dieser bemerkte Harrys Verwirrtheit und antwortete genervt.

„Den Rest erfährst du, wenn wir da sind! Komm nun!"

Potter griff noch schnell seine Schlange und verstaute diese zusammen mit seinem Buch und den Mitschriften in seine Tasche. Die Brille hatte er bereits auf der Nase und lief hinter Snape hinterher. Dieser hatte derweil den Zauber wieder aufgehoben und lief zur Tür hinaus.

Vor der Tür fing sie Vernon erneut ab. Vor Wut kochend schien er noch etwas sagen zu wollen, wurde jedoch erneut von Severus unterbrochen.

„Wollen Sie Ihrem Neffen nicht einen schönen Tag wünschen?!"

Diese sarkastische Bemerkung von Seiten Snapes ließ Vernon nur noch wütender werden und ehe er etwas sagen konnte, waren Potter und Snape schon zur Haustür hinaus.

„Wo gehen wir hin, Sir?"

„Zu Arabella Figg, Poter! Wohin denn sonst?!"

Verwirrt und leicht wütend blickte Harry Snape an, sagte jedoch nichts. Zusammen liefen sie zu Mrs. Figgs Haus und traten ein.

„Ah, da seid ihr zwei ja. Wollt ihr einen Tee?"

Ohne auf eine Antwort zu warten, hatte sie drei Tassen Tee und etwas Gebäck auf den Tisch gestellt. Severus nahm seine Tasse und stellte sich mit dieser auf die Terasse. Harry schien es, als wäre sein Professor mit seinen Gedanken meilenweit weg. In diesem Moment der Ruhe fragte sich Harry, was hier eigentlich vorging.

Warum hat ausgerechnet Snape mich abgeholt? Warum durfte ich nur drei Dinge mitnehmen? Und wo gehen wir hin? Hat es etwas mit dem Brief zu tun?

Harry konnte sich keinen Reim daraus machen und beschloss, abzuwarten. Er trank seinen Tee und wollte gerade etwas vom Gebäck greifen, als Snape wieder das Haus betrat.

„Wir gehen jetzt!"

Mrs. Figg nahm Snape seinen Tee ab und blickte lächelnd zu Harry.

„Wir sehen uns ja heute Abend, Harry! Viel Spaß!"

Harry lächelte sie an und ging dann auf Snape zu. Dabei stieg er über eine von Mrs. Figgs unzähligen Katzen. Snape hielt Potter ein Gefäß mit Flohpulver hin und warf dann sein eigenes in die Flammen. Als diese sich verfärbten, stieg er in den Kamin und sagte mit deutlicher Stimme: „Grimmauld Platz Nr. 12"

Entsetzt starrte Harry auf den Kamin.

Nein, nicht dorthin zurück!

Das war definitiv nicht das, was er wollte. Nicht zurück zum Grimmauld Platz. Mrs. Figg nahm dam erstarrten Harry das Flohpulver ab und warf es in den Kamin. Auch sie nannte das gewünschte Ziel und schubste Harry in die Flammen.

Ehe er sich versah, stolperte Harry aus dem Kamin im Grimmauld Platz Nr. 12. Dort traf er einen Snape an, der gerade dabei war, sich die Asche vom Umhang zu klopfen. An sich hinab blickend entschied sich Harry, es Snape gleich zu tun.

„Wie es scheint hat das Treffen bereits angefangen! Warte hier Potter!"

Mit diesen Worten und großen anmutigen Schritten war der Tränkemeister aus der Küche verschwunden und lief den Korridor entlang. Da er nicht in der Küche bleiben wollte, verließ Harry ebenfalls diesen Raum und lief in die entgegengesetzte Richtung von Snape. Als er eine Meter gelaufen war, stieß er mit dem Fuß gegen einen Regenschirmhalter.

„SCHLAMMBLÜTER!! DU ELENDIGES HALBBLUT, WAS TUST DU IN DIESEM HAUS? MÖRDER MEINES UNEHRENWÜRDIGEN SOHNES!!"

Durch das Geräusch wurde das Portrait von Mrs. Black wach und schrie Harry an. Die Worte stachen auf Harry ein, wie tausend Messerstiche.

Plötzlich erschien eine Gestalt auf der Treppe und lief auf das Portrait zu.

„AH, EIN REINBLÜTER! WAG ES JA NICHT, DICH MIT DIESEM GESINDEL ABZUGEBEN!! SONST WARST DU EINMAL MEIN ENKELSOHN!! ABER IN DIR FLIEßT JA DAS BLUT DEINER MUTTER, NICHT DAS DEINES VERRÄTERISCHEN VATERS!!"

Enkelsohn? Noch ein Black? Verräterischer Vater? Hat Sirius einen Sohn?

Die Gestalt hatte seinen Zauberstab gezückt und das Portrait mit Hilfe einen Zauberspruchs zum Schweigen gebracht. Harry musterte den Rücken der Person. Sie hatte seine Größe und Statur, jedoch längere Haare. Diese hatte dieselbe schwarze Farbe, wie Harrys Haare, gingen dem jungen Mann jedoch bis zur Taille.

„Entschuldige ihr Verhalten, Harry!"

Als er sich zu Harry drehte und diese Worte sprach, klappte dem Angesprochenen der Kiefer kurz auf.

„Deswegen also Enkelsohn! Du bist doch der Cousin von Malfoy, nicht wahr?"

Harry wusste nicht, warum er plötzlich so gesprächig war.

„Ja, allerdings! Du hast das Gespräch in der Gasse zwischen meinem Cousin und mir mitbekommen, aye? Wie laufen deine Studien?"

Der junge Mann lächelte ganz leicht und zog mit seinen langen feingliedrigen Fingern – die Harry sehr stark an seinen Zaubertrankunterricht erinnerten – eine schwarze Feder und strich sich mit dieser nachdenklich über sein Kinn, während er Harry schmunzelnd musterte.

Dieser klappte bei einer erneuten Erkenntnis wieder der Kiefer auf.

„Du bist ein Animagus und warst in der Winkelgasse, um mich auszuspionieren?"

Diese Erkenntnis machte Harry leicht wütend. Er war wütend darauf, dass er sich hat täuschen lassen.

Wer spioniert mich denn aus? Versucht Dumbledore mich dadurch unter Kontrolle zu halten? Und was hat das mit Malfoy zu tun?

„Ja, ja und nein! Ich bin ein Animagus, war auch in der Gasse, aber nicht um dich auszuspionieren! Zumindest nicht in diesem Sinne! Ich habe dich die Tage über beobachtet, aber warum erzähl ich dir später!"

Harry verstand nicht ganz, aber wollte es im Moment auch nicht drauf ankommen lassen. Ihm war sein Gegenüber seltsamster Weise auf eine Art sympathisch. Potter musterte den jungen Mann weiterhin und zog verwundert die Brauen hoch. Der Grund seiner Verwunderung, waren die Ähnlichkeiten zwischen dem Cousin Malfoys und ihm selbst. Schwarze Haare, gleiche Größe, gleiche Statur und grüne Augen, nur waren Harrys Augen hellgrün und die des Fremden schwarz-grün.

„Wer bist du?"

„Mein Name ist Sapio!"

„Sapio? Und wie weiter? Inwiefern bist du mit Malfoy verwandt? Und was hat das mit den Blacks zu tun?"

„Lass uns in die Küche gehen, dort werde ich dir dann deine Fragen beantworten!"

Harry folgte Sapio in die Küche und setzte sich ihm gegenüber an den Tisch.

Ende des 3. Kapitel

Anmerkung:

Falls jemanden ein Ähnlichkeit zwischen Sapio aus meiner Story und dem Sapio aus dem Rollenspielforum „The awaking"aufgefallen ist, wundert euch bitte nicht. Der ist auch von mir und entstand erst nach Beginn der FanFiction Die Kehrseite der Medaille.

Ich bedanke mich rechtherzlich für alle Reviews!