Titel: Tom Riddle                                                                             

Autor: Black Luna (Email: Black.Luna@web.de)

Inhalt: Wie wuchs Tom Riddle auf? Wie war seine Zeit im Waisenhaus?

Disclaimer:  Der ganze Harry Potter Kram gehört JK Rowling. Ich leih ihn mir nur aus.

„Verschwinde!"

„Wir wollen dich nicht dabei haben!"

„Ja, hau ab!"

Die Kinder warfen ihm feindselige Blicke zu, solange bis er außer Sichtweite war, erst dann nahmen sie ihr Ballspiel wieder auf.

Er schlich sich durch das Gebüsch zu dem Platz, von dem er wusste, dass sie dort nach dem Spielen hingehen würden und versteckte sich hinter einem alten Baum. Er lag eine halbe Stunde ganz still da und wartete. Kaum ein anderes Kind war mit gerade mal zehn Jahren so geduldig.

Dann  kamen sie. Die fünf Jungen stürzten lärmend durch den Wald und warfen sich auf den Boden.

„Hast du gesehen, wie ich den Ball mit voller Wucht ins Tor geknallt hab?", fragte einer.

„Wäre aber noch besser gewesen, wenn du ihn Riddle ins Gesicht geklatscht hättest!" Alle anderen lachten schallend. Der Junge hinter dem Baum ballte wütend seine Hände zusammen.

„Der Typ ist echt das Letzte! Der totale Oberstreber, alle Schwestern im Waisenhaus lieben ihn."

„Du bist so ein höflicher, braver Junge! Nicht so wie der Rest der ungezogenen Bande!", ahmte einer die dicke Direktorin nach.

„Dann noch dieses Aussehen, so richtig fein, als wäre er etwas besseres!" Zustimmendes Gemurmel.

Der Junge betrachtete seine Hände. Sie waren schmal und irgendwie aristokratisch, wie seine Gesichtszüge. Die meisten Kinder im Waisenhaus stammten aus einfachen Verhältnissen und sahen allesamt aus wie Bauernsöhne: Groß, kräftig, kantiges Gesicht. Er wusste nichts über seine Eltern, außer, dass seine Mutter nicht mehr lebte, aber er sah nicht so aus wie die übrigen Kinder, viel adeliger, hatte er mal eine Erzieherin leise zu einer anderen sagen hören. Darum stellte er sich seinen Vater gern als einen reichen Grafen vor, der ihn irgendwann abholen würde, raus aus dem Waisenhaus in eine prächtige Villa, oder vielleicht sogar ein Schloss! Auch diese Tagträume unterschieden ihn von den übrigen Kindern.

„Aber da stimmt noch etwas nicht mit ihm." Der Sprecher hatte seine Stimme so weit gesenkt, dass der Junge hinter dem Baum leicht den Kopf hob und seine Ohren spitzte.

„Er ist seltsam", hörte er ihn in einem Ton flüstern, der wohl geheimnisvoll klingen sollte.

„Erinnert ihr euch noch, wie Danny, der letzte Woche adoptiert wurde, zu ihm sagte, Riddles Vater würde ihn nur deshalb nicht sehen wollen, weil seine Mutter eine Hure war, die er gevögelt hatte?" Der Junge presste seine Fäuste noch stärker zusammen und gab sich Mühe, kein Geräusch zu verursachen.

„Ja, ich erinnere mich. Riddle hat ihn nur angesehen und dann war da diese komische Kraft, seine Haare standen so merkwürdig vom Kopf ab, als wären sie elektrisch geladen, oder so. Und dann ist Danny hingefallen, aber nicht einfach so, sondern als hätte ihn ein harter Schlag getroffen, ein richtig harter. Da war überall Blut und so und es war wirklich unheimlich." Betretenes Schweigen machte sich breit, bis einer der größeren Jungs die Stille durchbrach. „Das ist doch alles Unsinn! Gruselgeschichten für kleine Babys. Ich wette, Danny ist nur aus Ungeschicklichkeit aufs Maul gefallen und will sich mit seiner Version der Geschichte interessant machen."

„Du warst nicht dabei, du hast es nicht gesehen", verteidigte sich der Erzähler. „Du kannst mir sagen was du willst, aber mit Riddle stimmt etwas nicht", schloss er trotzig.

„Mit Riddle stimmt etwas nicht."

„Der Junge ist seltsam."

Wie oft hatte er so was schon gehört? Selbst die Schwestern sagten es manchmal. Er konnte doch nichts dafür! Egal, wie sehr er sich bemühte, er würde es nie schaffen, wie die anderen Kinder zu sein. Er war ein Außenseiter und Schuld daran waren mehrere Faktoren. Er war intelligenter als die anderen. Er beschäftigte sich viel mit lesen, strebte immer danach, sein Wissen zu vergrößern, er sah anders aus und achtete auf sein Äußeres. Er tobte nicht im Schlamm und achtete sorgfältig darauf, dass seine Kleidung nicht zerriss. Er war von Natur aus ein Einzelgänger und fand viele Dinge, welche die anderen Kinder taten, einfach niveaulos, mancher würde ihn vielleicht sogar als arrogant bezeichnen. Aber was ihn eigentlich von dem Rest unterschied, war die Tatsache, dass er seltsam war. Selbst wenn er beim Spielen mitmachte, nicht las und auch nicht auf seine Kleidung achtete, so passierten doch früher oder später merkwürdige Dinge. Die Sache mit Danny war nur eine davon. Wenn er ängstlich oder wütend war, geschahen oft solche Dinge. Das Schlimmste war, als ihn eine Schwester mit dem Rohrstock für etwas bestrafen wollte, was die anderen getan hatten und ihm untergeschoben hatten. Er hatte verzweifelt versucht, ich klar zu machen, dass er es nicht gewesen war, doch sie hatte ihm nicht zu gehört. Darüber war er so wütend geworden, und sicher kam auch die Angst vor den Schlägen hinzu, dass er plötzlich eine Kraft fühlte. Er spürte, wie etwas durch ihn floss und aus ihm raus wollte. Er wusste, dass es gefährlich war aber er konnte trotzdem nicht anders und ließ es frei. Sekunden später hatte das Haus angefangen zu brennen. Rasend schnell bereitete sich da Feuer aus und stand alles stand in Flammen. Die Feuerwehr hatte zwar das Gebäude retten können, aber innen war fast alles zerstört.

Der Junge wusste, dass er das Feuer gelegt hatte, allein mit der Kraft seines Willens. Aber das war es nicht, was ihm Angst machte. Wirklich Angst machte ihm die Tatsache, dass er diese unheimliche Kraft nicht völlig kontrollieren konnte und das er keinerlei Gewissensbisse empfand. Er wusste, er hätte sich schämen sollen aber er tat es nicht. Es tat ihm auch um Danny nicht Leid oder den großen Schlägertypen, der von einer herabstürzenden Dachpfanne fast erschlagen worden war und dessen Gehirn für immer beschädigt sein würde. Es war damals ein windstiller Tag und man konnte sich bis heute nicht erklären, wie es dazu kommen konnte. Der seltsame Junge namens Tom Riddle schon.

Heute würde etwas besonderes geschehen. Schon beim Aufwachen spürte er es. Er sah durch das schmale Fenster, aber draußen war nichts ungewöhnliches und es hatte auch nichts mit seinem Geburtstag zu tun. Er beeilte sich mit dem Anziehen und verließ sein Zimmer. Er war der einzige Junge, der sich sein Zimmer mit niemandem teilen musste. Zu oft war er Opfer von gemeinen Streichen geworden und zu oft waren seltsame Dinge in seiner Nähe passiert.

Sein Zimmer war klein und war nur ein umgebauter Dachboden, dass hieß im Sommer war es hier oben unerträglich heiß und im Winter bitterkalt, aber das machte nichts, Hauptsache er war allein und hatte seine Ruhe.

Unten in der Frühstückshalle musste er noch warten, denn die meisten Jungen waren noch nicht aufgestanden und die Direktorin bestand darauf, dass bei den Mahlzeiten immer alle Kinder anwesend waren. Tom rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her. Er wusste selbst nicht, warum er von solcher Unruhe erfüllt war, es sah ihm gar nicht ähnlich. Doch seine Anspannung wuchs immer weiter, beim morgendlichen gebet konnte er sich nicht auf die Worte konzentrieren und beim Essen griff er so fahrig nach seinem Glas, dass es umkippte.

„Tom! Nach dem Essen bleibst du hier und leistest zur Strafe für deine Ungeschicklichkeit Küchendienst!", befahl die Direktorin streng, sie konnte Störungen beim Essen nicht leiden.

Tom fiel es schwer, seine Wut zu unterdrücken, aber er wollte nicht schon wieder etwas seltsames geschehen lassen und bemühte sich, seine Selbstbeherrschung nicht zu verlieren. „Natürlich, Frau Direktorin. Ich entschuldige mich für mein Fehlverhalten", antwortete er höflich, konnte ihr dabei aber nicht in die Augen sehen, aus Angst, sie würde darin seinen unbändigen Zorn sehen, doch sie deutete seinen gesenkten Blick als ein Zeichen der Reue und fuhr zufrieden mit dem Essen fort.

Wenn sie noch fetter wird platzt sie vielleicht eines Tages, dachte er gehässig. Er wusste aus seinen Büchern, dass so etwas für gewöhnlich nicht passierte, aber die Vorstellung, wie ihr Bauch anschwoll und sie schließlich explodierte, fand er lustig. Ob ich sie wohl platzen lassen könnte? Wenn ich es wirklich wollte?

Nachdem alle anderen Jungen und Erzieherinnen den Raum verlassen hatten, musste er zurückbleiben und der Hilfskraft, einer jungen Frau mit einfacher Kleidung, abräumen helfen. Er stapelte gerade die ersten Teller, als die Direktorin die Tür öffnete. Daran, dass sie betont langsam und mit festen Schritten auf ihn zukam erkannte er, dass etwas nicht in Ordnung war.

„Tom, komm mit in mein Büro! Sofort!" Er folgte ihr den dunklen Flur entlang und wusste, er sollte sich eigentlich Sorgen machen, doch ein unglaubliches Glücksgefühl hatte ihn ergriffen. Er wusste nicht, woher es kam doch er spürte deutlich, dass es etwas mit dem zu tun hatte, was die Direktorin ihm zu sagen hatte.

Ihr Büro war groß, doch war es so voll gestellt mit Bücherregalen und einem riesigen Schreibtisch, dass nur noch wenig Platz blieb. Schwaches Licht flutete von einem Fenster herein, welches den düsteren Raum mit den altertümlichen Möbeln nur schwer erhellen konnte. Die Erzieherin ließ sich schwer auf ihren Stuhl hinter dem Tisch fallen, der unter ihrem Gewicht ein bedrohliches Ächzen von sich gab.

„Setz dich!", forderte sie ihn auf, da er bis dahin respektvoll bei der Tür stehen geblieben war. Tom setzte sich gehorsam auf den unbequemen, harten Stuhl mit der hohen Lehne und schaute sie erwartungsvoll an.

Sie holte einen Schlüssel aus ihrer Tasche und öffnete eine Schublade. Mochte er auch ein recht ungewöhnlicher Junge sein, so hatte er doch eins mit allen zehnjährigen Kindern gemeinsam, eine unersättliche Neugier, die besonders verbotenen Dingen galt und Sachen, die eingeschlossen wurden, waren immer verboten. Unwillkürlich lehnte er sich etwas vor um jedes Wort der Direktorin genau verstehen zu können und um den Brief genauer betrachten zu können. Doch sie verdeckte ihn mit ihrer fleischigen Hand, so dass er bloß erkennen konnte, dass er nicht aus normalem Papier, sondern Pergament bestand. Ungewöhnliche Dinge waren fast genauso interessant wie verbotene.

„Tom, heute ist ein Brief für dich gekommen." Skeptisch sah er die Frau an. Natürlich war der Brief für ihn, sonst hätte sie ihn ja nicht rausgeholt, oder? Aber warum überließ sie ihm das Pergament nicht einfach?

„Ich denke, es wird Zeit, dass du mehr über deine Vergangenheit erfährst."

Atemlos rutschte er bis an den äußersten Rand des Stuhles. Um die Eltern von keinem andern Kind wurde so ein Geheimnis veranstaltet wie um seine. Bei manchen kannte man Mutter und Vater gar nicht und konnte deshalb nicht viel über sie sagen, aber er spürte genau, dass es bei seinen um mehr ging. Seine Mutter war tot und sein Vater wohnte weiter weg in einer kleinen Stadt, mehr hatte man ihm nie gesagt.

„Deine Mutter starb, kurz nach deiner Geburt, wie du weißt. Fünf Monate, nachdem sie deinen Vater geheiratet hatte." Entsetzt keuchte er auf. Er war ein uneheliches Kind! Seine Mutter war bereits schwanger, als sie seinen Vater ehelichte. War sie etwa doch eine Hure gewesen? Wenn das jemand erfahren würde, welche Schande! Natürlich gab es im Waisenhaus jede Menge Bastarde, bei manchen war der Vater gänzlich unbekannt und hatte die Mutter nie geheiratet, aber trotzdem. Es gab schließlich auch eine Welt außerhalb des Waisenhauses. Niemand würde je davon erfahren, dass schwor er sich.

„Doch dein Vater hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits wieder von ihr entzweit. Von dem Grund zur Trennung hat mich die Hebamme unterrichtet, die deiner Mutter bei deiner Geburt zur Seite gestanden hat und dich zu mir gebracht hat."

Und die meine Mutter dem Tode überlassen hat, wollte er böse hinzufügen, doch er bezähmte sich.

„Deine Mutter vertraute ihr auf dem Sterbebett alles an. Das, was du jetzt hören wirst, solltest du unbedingt für dich behalten, niemand außer dir und mir weiß davon, denn die alte Hebamme ist mittlerweile gestorben, außerdem war sie auch eine von ihnen, sie hat dein Geheimnis nur an mich weiter gegeben. Ich wollte dir eigentlich nichts davon erzählen, es hätte ja sein können, dass du davon nicht betroffen sein würdest, aber die Zeichen deuten schon lange darauf hin und nach diesem Brief gibt es keine Möglichkeit mehr, es zu verleugnen."

Beunruhigt blickte er hoch. Was für Zeichen meinte sie? Doch nicht etwa die seltsamen Zwischenfälle in seiner Nähe? Man hatte ihm nie etwas beweisen können, dass war unmöglich!

„Tom, dein Vater hat sich von deiner Mutter getrennt, weil sie eine Hexe war und du bist allem Anschein nach ein Zauberer."

Erst wollt er ungläubig den Kopf schütteln doch in seinem Inneren fühlte er, dass sie die Wahrheit sprach. Er hatte eine Bestimmung und der war er nun ein ganzes Stück näher gekommen.

Umständlich öffnete sie den Brief und über gab ihn an Tom. Schon die Adresse war ungewöhnlich:

Mr. T. Riddle, Dachboden, St. Anne's Waisenhaus, London

HOGWARTS-SCHULE FÜR HEXEREI UND ZAUBEREI

                                               Schulleiter: Armando Dippet

        (Orden des Merlin, Dritter Klasse)

Sehr geehrter Mr. Riddle,

freuen uns, ihnen mitteilen zu können, dass Sie an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei aufgenommen sind. Beigelegt finden Sie eine Liste aller benötigten Schulbücher und Ausrüstungsgegenstände.

Das Schuljahr beginnt am 1. September.

Mit freundlichen Grüßen,

Albus Dumbledore

Stellvertretener Schulleiter

Auf dem zweiten Pergament standen die Namen der merkwürdigsten Bücher, die er je gesehen hatte. Er bezweifelte, dass er sie ihn einem gewöhnlichen Buchladen erstehen konnte und wie er an Sachen wie Schutzhandschuhe aus Drachenhaut oder gar einen Zauberstab kommen sollte, war ihm schleierhaft.

Sprachlos und verwirrt spähte er von seinem Brief hoch zu der Direktorin, die sehr ernst und grimmig aussah.

„Die Hebamme war ebenfalls eine Hexe, darum ist deine Mutter sicher zu ihr gegangen, und hat mir genau erklärt, was ich tun müsse, wenn du den Brief aus dieser Schule bekommst. Ihre Worte waren so seltsam, dass ich sie immer noch haargenau im Kopf habe. Tom, wir brechen auf in die Winkelgasse!"

„Wo soll das sein?" der Junge war zwar immer noch von der Nachricht erschüttert, aber so langsam breitete sich ein Glühen in seinem Inneren aus. Er war ein Zauberer, er würde auf diese Schule gehen, Zaubern lernen wie seine Mutter und dem Waisenhaus endlich entfliehen.

„Das wirst du schon sehen."

Der Abend in der Winkelgasse war das außergewöhnlichste, was Tom jemals erlebt hatte. Seine Mutter hatte ihm etwas Geld vererbt, welches in einer Zaubererbank lagerte. Es war nicht viel, aber zusammen mit dem Geld vom Waisenhaus würde es für seine Schulsachen reichen. Madam Malkins fand er eher langweilig; die Kleidung, die er dort kaufte, war zwar außergewöhnlich aber nichts desto trotz Kleidung und er hasste es, ewig lange still stehen zu müssen, besonders wenn es in seiner unmittelbaren Umgebung die fantastischsten Dinge zu entdecken gab. Da es schon relativ spät war und die Läden bald schließen würden beeilte sich seine Direktorin und ließ ihn bei weitem nicht so viel Zeit zum gucken, wie er sich gewünscht hätte. Aber nicht nur die Zeit schien der dicken Frau im Nacken zu sitzen. Tom beschlich das Gefühl, dass sie sich hier nicht besonders wohl fühlte.

Natürlich gefällt es ihr hier nicht, denn schließlich wird ihr diese Welt immer verschlossen bleiben und auch die Menschen um uns rum scheinen das zu wissen, dachte Tom, nachdem er die scheelen Blicke von den Personen mit dem befremdlichen Kleidungsstil bemerkte. Fasziniert wandte er den Kopf in alle Richtungen, fast alle trugen weite Roben und Umhänge in allen Farben und Spitzhüte.

Aber das aufregendste war nicht die magische Backsteinmauer, die den Eingang in diese neue Welt freigab oder die bizarren Menschen, nein, das Aufregendste war der Besuch bei einem unheimlichen Mann namens Ollivander, der Zauberstäbe verkaufte. Tom wusste, dass er die silberhellen Augen des alten Mannes so bald nicht vergessen würde, und vor allem nicht seine Worte, als er nach endlosen Versuchen den richtigen Stab gefunden hatte: „Stechpalme und Phönixfeder, eine kraftvolle Mischung. In den richtigen Händen kann dieser Zauberstab Großes bewirken, gebrauche ihn klug." Dabei hatte er einen kaum zu deutenden Gesichtsausdruck gehabt.

Zweifelt er etwa an meinen Fähigkeiten? Ich werde ihm beweisen, dass ich ein fähiger Zauberer bin auch wenn ich bisher nichts von meinen Kräften gewusst habe. Nie wieder werde ich ein unbedeutender Junge sein, sondern der mächtigste Magier der Welt! Trotzig erwiderte er den undurchdringlichen Ausdruck des Alten und nahm sich fest vor, zu den besten Magiern dieser Schule zu gehören. Er war schon immer ehrgeizig gewesen und wollte immer schon allen beweisen, dass er mehr konnte, als der Rest der Trampel und Dummköpfe im Waisenhaus und hier bot sich eine Gelegenheit, die die andern niemals haben würden. Mit diebischer Freude dachte er daran, was für entsetzte Gesichter die Jungen machen würden, wenn er sie alle erst mal in Ratten verwandelt hatte und wie die Mädchen kreischen würden.

Fast hätte er laut losgelacht, aber die Direktorin lenkte ihn ab, da sie zur Heimkehr drängte. Einen Moment lang überlegte er, was er mit der strengen Frau machen würde, wenn er erst seine vollen Zauberkräfte hätte. Er betrachtete die kleinen Schweißperlen, die langsam über ihre Stirn rannen und besann sich anders. Sie hatte ihm sein wahres Schicksal gezeigt und dafür würde er sie verschonen.

Plötzlich blieb sie stehen und sah ihn verwundert, fast ein bisschen erschrocken an. Sofort bemühte er sich, eine brave Miene aufzusetzen und folgte ihr aus der schäbigen Kneipe hinaus in die Straßen Londons.

Mir tut es nicht besonders Leid, ihn gehen zu sehen. Er war zwar immer der wohlerzogenste und stillste der ganzen Bande gewesen, aber irgendetwas stimmt mit ihm nicht und damit meine ich nicht die Tatsache, dass er ein Zauberer ist. Hier laufen viele Kinder rum, die zaubern können, aber sie benehmen sich trotzdem wie normale Kinder, springen in den Zug und wieder raus, um ihre Eltern zu verabschieden, lachen mit Freunden und sind aufgeregt, sogar die älteren Schüler. Er aber nicht. Er hat sich höflich von mir verabschiedet, ist in sein Abteil eingestiegen und sitzt dort ganz ruhig und allein.

Ich werde jetzt wohl gehen, ich habe alles für ihn getan, was ich konnte und außerdem fühle ich mich in dieser Umgebung alles andere als wohl. Eben ist ein großer Mann an mir vorbeigelaufen und hat verächtlich Muggel gesagt. Ich weiß nicht, was es bedeutet, aber es klang jedenfalls nicht freundlich. Ich gehöre nicht hierher.

Ich frage mich, wie Tom wohl sein wird, wenn er Weihnachten zurückkehrt. Wird er sich verändert haben? Wird er nicht mehr in die Menschenwelt gehören, ebenso wenig, wie ich in die Welt dieser Hexen und Zauberer?

Er hat übersinnliche Kräfte aber da ist noch mehr, ich spüre es.

Etwas Dunkles sitzt tief in seinem Inneren.