Titel: Tom Riddle                                                                 

Autor: Black Luna (Email: Black.Lunaweb.de)

Inhalt: Wie wuchs Tom Riddle auf? Wie war seine Zeit im Waisenhaus und in Hogwarts?

Disclaimer:  Der ganze Harry Potter Kram gehört JK Rowling. Ich leih ihn mir nur aus

Es war eine völlig neue Welt. Er spürte die Magie an diesem Ort, die Kraft! Die Halle war riesig mit vier langen Tischen an denen die Schüler saßen und einem für die Lehrer. Staunend betrachtete Tom den Himmel. Die Decke musste verzaubert sein, er konnte sich unmöglich gerade unter freiem Himmel befinden, es hätte windiger sein müssen.

„Jetzt werden sie uns in eines der Häuser einteilen, mein Cousin hat mir davon erzählt", hörte er ein Mädchen sagen. Er drehte sich um und blickte in freundliche braune Augen.

Nach all seinen schlechten Erfahrungen war er misstrauisch geworden und es lag nicht in seiner Natur unbefangen mit fremden Kindern zu sprechen, aber hier, unter seinesgleichen, wollte er einen Neuanfang wagen und die Angst vor dem Unbekanten schweißte die Erstklässler, welche noch nicht durch den Sprechenden Hut getrennt waren, zusammen.

„Welche Häuser?", fragte er vorsichtig und hoffte, er würde sich durch seine Unwissenheit nicht lächerlich machen.

„Na, die vier Häuser: Hufflepuff, Slytherin, Gryffindor und Ravenclaw. Bist wohl nicht aus einer Zaubererfamilie, oder?"

Er zögerte einen Moment. Wollte er wirklich einem völlig fremden Mädchen erzählen, dass sein Vater seine Mutter verlassen hatte und zwar nur, weil er ein gewöhnlicher Mensch war und die magische Welt nicht verstand? Nein, er hatte sich geschworen, dass niemand von seiner Vergangenheit erfahren sollte.

„Meine Eltern waren beide Zauberer aber sie sind früh gestorben, ich habe sie nie kennen gelernt." Es war nicht mal richtig gelogen, es war mehr eine Halbwahrheit, schließlich hatte er seine Eltern wirklich nie kennen gelernt, rechtfertigte er sich selbst.

Das Mädchen sah ihn bedauernd an. „Das tut mir Leid. Bist du also unter Muggeln aufgewachsen? Ich hab noch nie einen Muggel getroffen, wie sind die so?" Ihre braunen Augen strahlten ihn neugierig an. Ein ungewohntes Gefühl überkam ihn. Hier war jemand, der ganz freundlich mit ihm sprach und ihn nicht ablehnte. Er wollte sie auf keinen Fall wieder verscheuchen und beschloss alles zu tun, damit sie ihn weiterhin so freundlich ansah. Das Wort Muggel kannte er nicht aber es war wohl die Bezeichnung der Zauberer und Hexen für einen Mensch ohne magische Fähigkeiten.

„Sie sind scheußlich, ich hasse sie!", erwiderte er heftiger, als er eigentlich wollte. Wie kam er dazu, dieser Fremden seine Gefühle zu offenbaren?

Sofort wechselte die freundliche Mimik hin zu einer schockierten. Sie wich einen Schritt zurück und Tom hatte das dringende Bedürfnis, sie fest zu halten und sich für seine eigene Dummheit zu schlagen. Er war einfach nicht dazu in der Lage, Freundschaften zu knüpfen, immer machte er etwas falsch.

Das Mädchen runzelte ernst die Stirn und eine ihrer roten Locken fiel ihr widerspenstig ins Gesicht. „Meine Mutter hat mir beigebracht, dass alle Menschen gleichwertig sind und ich jeden respektieren soll, egal ob Zauberer, Halbblut, Muggel oder sogar Squib. Deswegen hat mein Großvater sie auch von zu Hause rausgeschmissen, er vertritt nämlich die gleiche Meinung wie du und hält sich für etwas Besseres, nur weil er reinblütig ist!" Zornig funkelte sie ihn an.

Er wusste nicht wieso aber aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, dass die Meinung der jungen Hexe für ihn äußerst wichtig war. Er hatte gerade erst hier angefangen und wollte nicht schon bei der ersten Person alles so beginnen lassen, wie es im Waisenhaus geendet hatte.

„Du hast mich missverstanden, ich habe nichts gegen Muggel aber dort wo ich her komme wurde ich schlecht behandelt, weil ich der einzigste Zauberer war und keiner mich verstand. Bitte sei mir nicht böse, ich hab es nicht so gemeint!", flehte er sie verzweifelt an.

Sie schien einen Moment lang mit sich selbst zu kämpfen aber ihre gütige Seite gewann. „Schon gut. Ich reagiere bei dem Thema nun mal etwas empfindlich, weil auch ich keine einfache Vergangenheit hatte. Wenn ich dir davon erzähle, berichtest du mir dann von deiner? Wir könnten Freunde werden und uns gegenseitig helfen", schlug sie vor.

Nichts war zu vergleichen mit der Freundschaft unter Kindern. Sie war so einfach und unkompliziert – Ganz im Gegensatz zu der von Erwachsenen, wie Tom Jahre später feststellen sollte.

Er nickte und damit war es beschlossen, die beiden Kinder, die nicht einmal den Namen des jeweils anderen kannten, waren Freunde.

Er konzentrierte sich wieder auf das Geschehen vor ihm und bemerkte erstaunt, wie der rissige Hut, den ein Zauberer mit langem kastanienbraunen Bart und Haar aufgestellte hatte, zu singen begann. Er sang über die vier Häuser, die das Mädchen schon erwähnte und Tom begriff, dass jeder von ihnen diesen Hut wohl aufsetzen musste, um einem Haus zugeteilt zu werden. Er war vor seiner neuen Freundin dran und schritt auf den Stuhl mit dem Hut zu. Alle Blicke waren auf ihn gerichtet, doch er fühlte sich dadurch kein bisschen nervös, im Gegenteil. Er genoss ihre Aufmerksamkeit, er war etwas Besonderes und die anderen würden dies auch noch merken. Plötzlich stockte er. Sein Blick traf den des Lehrers mit dem braunen Haar, der den Hut geholt hatte und er spürte eine seltsame Abneigung gegen den Besitzer dieser hellblauen Augen, die ihn achtsam musterten. Verwirrt schüttelte er dieses Gefühl ab und setzte den Hut auf. Sofort hörte er eine leise Stimme in seinem Kopf.

„Schwierig, sehr schwierig. Viel Mut, wie ich sehe. Ein sehr heller Kopf außerdem. Da ist Begabung, du meine Güte, ich habe selten einen so brillanten Kopf gesehen. Und da ist Ehrgeiz, du willst dich beweisen, allen deine Stärke zeigen. Aber da ist noch etwas. Du meine Güte! Das Blut eines Gründers! Dann ist die Entscheidung klar: SLYTHERIN!"

Der Hut hatte sein Haar nur wenige Sekunden berührt und schon verkündete er laut seine Wahl, bei den meisten anderen Kindern hatte er viel länger gebraucht.

Zögernd ging Tom zu dem Tisch mit den grün-silbernen Farben und wurde klatschend begrüßt. Was meinte der Hut mit „Das Blut eines Gründers"? Augenblicklich wusste er, dass hier ein Schlüssel zu seiner Vergangenheit lag. Dann wurden seine Gedanken von dem rothaarigen Mädchen abgelenkt, von dem er nun erfuhr, dass sie Elizabeth hieß. Sie wurde dem Haus mit den rot-goldenen Farben zugeteilt und betrachtete ihn enttäuscht. War sie nur traurig, dass sie nicht im gleichen Haus waren? Doch er spürte, dass da noch mehr dahinter steckte. Wann immer ein Schüler für Slytherin ausgewählt wurde pfiffen die anderen Häuser und ihr Haus, Gryffindor, pfiff am lautesten. Die beiden Gruppen schienen sich nicht sonderlich zu mögen.

„Elendes Pack!", zischte ein Junge neben Tom, nachdem „Weasley, William!" zu einem Gryffindor gemacht wurde. Tom sah den Älteren fragend an.

Der Junge schaute ihn überheblich an, ließ sich aber zu einer Erklärung herab.

„Es gibt Zauberer, die mehr Wert sind als andere, dass wirst du bald merken. Die Weasleys sind ein besonders schlimmer Abschaum, sie sind Blutsverräter!", schloss er gewichtig, aber nachdem er bemerkte, dass Tom immer noch nicht klar war wovon er redete, schüttelte er verständnislos den Kopf und sprach in einem belehrenden Tonfall weiter. „Die Weasleys sind reinblütig, geben sich aber trotzdem mit Schlammblütern ab und mögen Muggel. Nur Reinblüter sind es wert, zaubern lernen zu dürfen. Wir sind eine privilegierte Klasse und der Gründer unseres Hauses, Salazar Slytherin wusste das. Merk dir das gut! Halte dich am besten von den anderen Häusern fern und bleib unter deinesgleichen. In Ravenclaw sitzen die ganzen Streber und Lehrerlieblinge, nach Hufflepuff stecken sie die Flaschen und Dummköpfe, aber am übelsten sind die Gryffindors. Sie sind alle stolz und überheblich, halten sich für was besseres." Er warf dem Tisch einen angewiderten Blick zu und ein Gryffindor, der diesen Blick bemerkte, grinste und machte eine sehr unhöfliche Geste.

„Siehst du? Alles Pack!"

„Ich hasse Muggel." Tom hatte das Gefühl, er müsse irgendetwas sagen und der Junge würde zustimmender auf seine Äußerung reagieren als das Mädchen Elizabeth. Er wollte von jemandem verstanden werden und er wusste, dieser Fremde würde seine Meinung teilen. Der Ältere grinste und schlug ihm anerkennend auf die Schulter. „Ich glaube, du passt gut zu uns, Kleiner. Wer waren deine Eltern?" Die Frage klang beiläufig aber Tom entging nicht der lauernde Unterton und er spürte, dass diese Frage ungemein wichtig war. „Sie waren beide reinblütige Zauberer und lebten weit weg von hier. Sie sind früh gestorben, ich hab sie nie kennen gelernt. Ich habe keine anderen Verwandten und musste darum in einem Waisenhaus der Muggel leben", verdrehte er die Realität etwas.

Der ältere Slytherin verzog ein klein wenig das Gesicht. Seine Abstammung schien zwar nicht perfekt zu sein, aber es genügte wohl, dass seine Eltern angeblich beide reinblütig waren.

„Mein Name ist Morpheus Lestrange und ich bin Vertrauensschüler in Slytherin. Wenn du Fragen hast, kannst du dich an mich wenden." Der Junge wandte sich seinem Essen zu, dass aus dem Nichts erschienen war. Tom begutachtete staunend die riesige Auswahl. Im Waisenhaus hatte er zwar nicht hungern müssen aber ein solches Festessen hatte er noch nie gehabt. Er aß reichlich und boshafte Freude durchströmte ihn bei dem Gedanken, was die minderwertigen Muggel wohl gerade essen mussten. Endlich hatte er seinen Platz erreicht, endlich war ihm das zuteil geworden, was er verdiente. Während die dreckigen, ungehobelten Jungen aus St. Annes' s irgendwann alle mal als Arbeiter mit niedrigem Lohn in ärmlichen Verhältnissen dahin vegetieren würden, konnte er eine hervorragende Schulausbildung genießen und  ein mächtiger Zauberer werden, dem überall der höchste Respekt entgegen gebracht wurde. Er empfand kein Mitleid mit den Kindern, mit denen er jahrelang unter einem Dach gelebt hatte. Es war die natürliche Ordnung, manche Menschen waren einfach besser als andere und jeder hatte seinen Platz in der Welt, jeder bekam, was er verdiente. Er konnte schließlich nichts dafür, dass ihr Platz ganz unten war und er weit über ihnen stand. Er lächelte bei der Vorstellung, dass er vielleicht eines Tages nach St. Anne' s zurückkehren würde und ihnen mal zeigte, wer er war. Er konnte es gar nicht abwarten all die Flüche und Verwandlungszauber zu lernen und den Muggeln einen Besuch abzustatten.

Die ersten Wochen vergingen wie im Fluge und Tom bekam Elizabeth höchstens einmal im Vorbeigehen zu Gesicht, er war zu sehr damit beschäftigt, alles über die Magie in sich auf zu saugen, was er zu hören und zu sehen bekam. Selbst die langweiligsten Vorträge der ältesten Professoren waren für ihn Offenbarungen von Wissen. Den Lehrern fiel der zurückhaltende und intelligente Junge positiv auf und Tom sonnte sich in ihrer Anerkennung. Nur ein Professor war nicht von ihm begeistert. Bereits in der ersten Stunde Verwandlung hatte der Junge das Gefühl, dass der große Zauberer mit dem langen kastanienbraunen Bart ihn mehr beobachtete als den Rest der Klasse. Es war der gleiche, der ihm schon an seinem ersten Schultag aufgefallen war.

„Was stimmt nicht mit diesem Professor? Er verhält sich irgendwie merkwürdig", hatte er einmal Morpheus beim Essen gefragt. Der Ältere hatte wohlwollend auf ihn herabgeblickt und lässig geantwortet: „Du bist wirklich ein kluger Bursche, dass muss man dir lassen." Tom reckte unwillkürlich seine magere Brust und fühlte Stolz in sich hochsteigen. Lob von anderen Jugendlichen war er nicht gewöhnt, besonders nicht von älteren.

„Die meisten brauchen länger, um Dumbledore zu durchschauen. Auf den ersten Blick erscheint er wie ein freundlicher Onkel aber ich sage dir, er besitzt große Macht und setzt sie falsch ein. Er liebt Muggel und Schlammblüter. Trau ihm nie über den Weg, er ist gegen Slytherins Ansichten, welche wir vertreten und traue überhaupt nie jemandem, der auf den ersten Blick harmlos scheint, meistens stellen sie sich hinterher als zwielichtige Gestalten heraus, die Dreck am Stecken haben", philosophierte Morpheus weise.

Tom schaute ihn erstaunt an, dachte an Elizabeth, die ihm mit ihren sanften Augen ebenfalls alles andere als gefährlich erschien und warf einen eingehenden Blick auf den Professor, der in einem grünen Umhang mit Planeten drauf am Lehrertisch saß und sich mit dem kleinen Lehrer für Zauberkunst Flitwick unterhielt.

„Woher weißt du das alles, Morpheus?"

„Von meinem Vater", antwortete der Junge in einem Tonfall, als ob damit alles gesagt wäre. „Er kennt Dumbledore und seine Anschauungen, ebenso wie mein Bruder, der war auch hier in Hogwarts und ist in seinem fünften Schuljahr nach Durmstrang gegangen."

Tom runzelte verständnislos die Stirn. „Durmstrang? Was ist das denn?"

Morpheus seufzte theatralisch. „Weißt du denn gar nichts?" Angesichts der verzweifelten Miene des kleinen Jungen ließ er sich zu einer Erklärung herab. „Durmstrang ist eine Schule im hohen Norden, die sich viel mehr mit den Dunklen Künsten beschäftig als es hier üblich ist", sagte er verächtlich. „Ich wäre auch gerne dahin gegangen, aber Mutter hat bei mir und meinem Bruder darauf bestanden, dass wir zumindest die ersten Jahre in ihrer Nähe in England verbringen. Ich könnte augenblicklich wechseln aber jetzt bin ich nun mal Vertrauensschüler und dass bringt so einige Privilegien mit sich, die ich nicht mehr missen möchte." Er feixte.

„Welche denn?" wollte Tom wissen.

Morpheus Grinsen wurde noch breiter. „Du darfst anderen Punkte abziehen, das Badezimmer ist besser und dann sind da noch die Mädchen." Er schenkte Mary Avery, einem hübschen Slytherin-Mädchen, ein selbstbewusstes Grinsen, woraufhin diese errötete, kurz zurück lächelte und sich wieder ihrem Essen widmete.

Tom war verwirrt. „Was hat dass denn mit den Mädchen zu tun?" Doch Morpheus Geduld war zu Ende. „Du stellst zu viele Fragen, geh mir nicht auf die Nerven!", wies er ihn scharf zurecht und der kleine Junge zuckte zusammen und schwieg für den Rest des Mahls. Auf keinen Fall wollte er es sich mit dem großen Vertrauensschüler verscherzen.

Tom lernte in dieser ersten Zeit nicht nur alles über Magie sondern auch einiges über die magische Gesellschaftsordnung. Er wollte diesmal alles richtig machen um nur ja nicht wieder als Außenseiter zu gelten und nach und nach verinnerlichte er sich die gängigen Meinungen der anderen Slytherins. Er erfuhr von Morpheus alles über den Gründer ihres Hauses, Salazar Slytherin, welcher größer und mächtiger gewesen war als alle drei anderen.

„Darum hat er ja auch die Schule verlassen, er hat gesehen, wie sie den Bach runter ging. Bei alldem Abschaum, den die anderen Gründer rein gelassen haben, ist das auch kein Wunder." Hatte Morpheus einmal zu ihm gesagt. Die Gruppe Ravenclaws, welche das Gespräch mitgehört hatten, warfen ihnen schockierte Blicke zu, doch Morpheus interessierte das nicht. „Es heißt sogar, dass er eine Kammer gebaut hat, in der eine Kraft steckt, welche nur sein wahrer Erbe beherrschen kann und diese Kraft solle eines Tages befreit werden und alle unreinen Schüler dieser Schule beseitigen."

Toms größte Angst war es, dass jemand raus fand, dass er ebenfalls unreinen Blutes war, ein Halbblut. Er wollte kein Abschaum sein, er wollte respektiert werden, jeder sollte ihm Achtung zollen und nicht auf ihn herabblicken. Er würde es allen beweisen, dass er ein richtig er Zauberer war und kein Muggel wie sein Vater!

Die Zeit verstrich und an Halloween bekam er dann die Gelegenheit zu zeigen, auf welcher Seite er stand. Nach dem Festessen ging er nicht mit den anderen Erstklässlern zurück in seinen Schlafraum, sondern blieb noch bei den Fünftklässlern sitzen. Morpheus, der selbst seinen älteren Bruder vergötterte und beschlossen hatte, Tom als kleinen Bruder zu adoptieren, duldete ihn großmütig. Er durfte mit den großen Jungen zurück gehen und erlebte als einziger Erstklässler das Schauspiel mit.

Ein Kampf brach in dem Korridor aus, den sowohl die Hufflepuffs als auch die Slytherins benutzten, um zu ihren Gemeinschaftsräumen zu kommen. Ein Streit aus zwischen den Fünftklässlern der beiden Häuser. Angefangen hatte es mit einer Bemerkung von Mary Avery zu einem lockigen Hufflepuff-Mädchen. „Schon über den Verlust deines Muggelvaters hinweg? Deine Mutter wird die Strafe auch noch treffen. Wie kann man sich nur als reinblütige Hexe mit einem Muggel einlassen und dann auch noch so ein Schlammblut wie dich produzieren?", hatte sie ihr laut zugerufen. Tom hatte von der Geschichte im Tagespropheten gelesen. Die Großeltern des Mädchens mütterlicherseits hatten ihren Schwiegersohn ermorden lassen, da sie die Schande, einen Muggel in ihrer reinblütigen Familie zu haben nicht ertragen konnten. Die Hufflepuff brach in Tränen aus, der Tod ihres Vaters lag nicht mal eine Woche zurück.

Einer ihrer Freunde aus Hufflepuff stürzte sich auf Mary Avery und schlug ihr hart ins Gesicht, was sonst gar nicht die Art dieses Hauses war. Soweit Tom wusste, waren sie alle von gutmütiger, freundlicher Natur.

 „Was fällt dir ein du widerliches Miststück!?", schrie der Hufflepuff und war völlig außer sich, doch sofort gingen Morpheus und seine Bande dazwischen und knöpften sich den Jungen vor. Es dauerte nicht lange und eine handfeste Prügelei war im Gange. Tom stand etwas abseits und beobachtete mit einer Mischung aus Entsetzen und Faszination wie Morpheus grinsend ausholte und seine Faust mit einem Übelkeit erregenden Knirschen die Nase des Jungen traf, der zuvor Mary angegriffen hatte. Blut spritzte an die Wand, der Junge schrie von Schmerz gepeinigt auf und sackte zu Boden, direkt vor Toms Füße. Der elfjährige hatte plötzlich den Eindruck, die Zeit würde viel langsamer verstreichen als sonst. Er fühlte die abwartenden Blicke der Hufflepuffs und Slytherins auf sich ruhen, wusste, dass seine nächste Handlung entscheiden würde, was die anderen von ihm dachten. Nun musste er beweisen, wie er zu der Sache mit dem reinen Blut stand. Während er noch zögerte durchströmten ihn Erinnerungen an das Waisenhaus, die Kinder, die ihn verspottet hatten und er hatte das einzige Bild seines Muggelvaters vor Augen, welches er je gesehen hatte. Ein Zeitungsfoto auf dem ein schlanker, aristokratischer Mann abgebildet war, dem er unheimlich ähnlich sah. Wut stieg wie eine gewaltige, heiße Woge in ihm hoch und er spürte nichts mehr, nur noch die Hitze dieser Wut. Plötzlich war ihm alles egal, er wusste nur, dass er diese unbändige Hitze nicht länger in sich behalten durfte, er musste sie rauslassen, sie würde ihn sonst verbrennen und er ließ sie raus.

Er wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war, vermutlich nur Sekunden, aber nachdem sich sein Körper abkühlte und sein Kopf wieder klar wurde blickte er auf eine gekrümmte Gestalt am Boden, welcher die Tränen übers Geicht liefen. Da lag ein großer Junge zu seinen Füßen, den er besiegt hatte, dem er gezeigt hatte, wer der Stärkere war. Er hob den Kopf und bemerkte die furchtsamen Gesichter der Hufflepuffs und den zufriedenen, fast stolzen Blick von Morpheus. Er hatte sich als würdig erwiesen.

Laute Schritte hallten durch den Korridor und alle Schüler versuchten so schnell wie möglich das Weite zu suchen. Morpheus packte den versteinerten Tom am Arm und wollte ihn die Treppe zum Kerker der Slytherins schleifen, doch es war zu spät.

„Stehen bleiben! Keiner rührt sich!", herrschte eine barsche Stimme, der alle gehorchten. Ihr Lehrer für die Verteidigung gegen die Dunklen Künste und gleichzeitig Hauslehrer von Slytherin betrachtete den immer noch am Boden liegenden Hufflepuff, die Blutlache, welche sich langsam bildete und die zerschrammten Gesichter der anderen Schüler. Seine kalten, eisgrauen Augen verengten sich zu katzenhaften Schlitzen.

„Du", er wies auf den blutenden Jungen. „Krankenflügel. Fünfzig Punkte Abzug für Hufflepuff und zwanzig für Slytherin."

„Aber Sir", begehrte das immer noch heulende Mädchen auf. „Die andern haben angefangen! Avery sagte zu mir, dass mein Vater-"

Doch der Professor schnitt ihr das Wort ab. „Die andern haben angefangen", äffte er sie nach. „Meine Güte, in welcher Klasse sind Sie? Es waren eindeutig mehr Hufflepuffs an dem Streit beteiligt, folglich müssen sie auch mehr Punkte abgezogen kriegen, oder geht das nicht in ihren dummen Schädel hinein? Bloß weil ihr Vater gestorben ist fasse ich Sie nicht mit Samthandschuhen an. Und jetzt verschwindet, aber zügig!", herrschte er die Hufflepuffs, welche ihm bitterböse Blicke zuwarfen, an.

Er wartete, bis keiner mehr von ihnen zu sehen war, dann wandte er sich zu den Schülern seines Hauses um. „Seid froh, dass ich es war, der euch entdeckte. Ich will dieses Jahr den Hauspokal gewinnen und euch nicht noch einmal dabei erwischen, dass ihr eure Auseinandersetzungen hier in einem Korridor austragt, wo jederzeit ein Lehrer vorbei kommen kann, der eine etwas andere Mentalität zum Thema Reinblütigkeit hat." Er kräuselte verächtlich die Lippen und verschwand mit wehendem schwarzen Umhang. In der Dunkelheit schimmerten seine Haare silbern und kalt.

Morpheus grinste breit. „Francis Malfoy, das ist mal ein vernünftiger Lehrer, der hat die richtige Einstellung. Er kann übrigens Dumbledore nicht leiden", fügte er verschwörerisch hinzu. Dann klopfte er Tom anerkennend auf die Schulter und ging zum Versteckten Eingang des Gemeinschaftsraumes der Slytherin. Tom folgte ihm langsam und stieg schwerfällig die Treppe zu seinem Schlafsaal hoch. Im Spiegel betrachtete er sein Gesicht. Er sah furchtbar blass aus und ein ganz schmales Blutrinnsal lief über seine Wange, doch er war nicht verletzt, es war nicht sein eigenes Blut. Leuchtend rot stach es auf seiner weißen Haut hervor. Wieder stieg das Bild seines Vaters in ihm hoch, er hatte die gleiche schmale Nase gehabt, die gleichen dunklen Augen.

Doch ich bin nicht wie mein Vater!, schrie er innerlich auf. Ich bin nicht wie er, ich hasse Muggel! Ich bin ein Zauberer, ein richtiger, reinblütiger Zauberer, dass habe ich heute bewiesen! Doch er wusste, dass es nicht stimmte. Er war nicht reinblütig und würde es nie werden, dass hatte er seinem Vater zu verdanken. Am liebsten hätte er geschrieen und getobt, er wollte irgendetwas zerschmettern, am besten sein Spiegelbild, doch es ging nicht, er hätte nur die anderen geweckt und dann hätte er erklären müssen, doch es würde nie jemand erfahren, wer er war. Den Makel seines Vaters konnte er nicht los werden, er würde immer an ihm haften, aber nur er selbst würde davon wissen, niemand sonst, niemand!

©Black Luna 13.06.04