Kapitel 12

Während die Vertrauensschüler ihre Schützlinge eingesammelt hatten um sie in ihre Häuser zu bringen, machten sich die größeren Schüler allein auf den Weg in ihre Gemeinschaftsräume.
„Na Potter, gibst mal wieder den perfekten Helden ab?", schnarrte Malfoy ihn von der Seite an.
„Was riskierst du hier eigentlich ne dicke Lippe? Hast wohl nichts Besseres zu tun?", konterte Harry prompt und sah ihn genauso herablassend an, wie es Draco mit ihm tat. „Und wieso geb ich schon wieder nen Helden ab? Bei dir brauchts dazu wohl nicht viel, dass du jemanden als Helden ansiehst?"
„Wieso bist du eigentlich hier? Bist dir wohl zu fein eure Erstklässler zu begleiten?", fragte Neville und lief dabei rosarot an.
„Oh jetzt war aber jemand mutig", höhnte Malfoy und rubbelte Neville mit den Fingerknöcheln über den Kopf. Doch der packte unerwartet beherzt zu und verdrehte den Arm, der ihm gerade unliebsam nahe gekommen war.
„Solltest dir in Zukunft überlegen mit wem du dich anlegst, deine Bodyguards sind dir ja leider untreu geworden", zog Harry Neville mit sich die Marmortreppe hinauf und ließ den bedeppert dreinschauenden Malfoy allein am Fuße stehen.
„Feuervogel", rief Harry schon von weitem der Fetten Dame zu, damit sie ihnen Einlass gewährte.
Der Gemeinschaftsraum war proppenvoll, sodass sie beschlossen sich in den ruhigen Schlafsaal zurück zu ziehen, um ungestört Nevilles Habseeligkeiten durchstöbern zu können.
Auch Dean und Seamus waren bereits hier und wühlten in ihrem Gepäck nach ihren Schlafanzügen.
Neville öffnete den Gürtel, den er vorsichtshalber um den vollgestopften Koffer geschnürt hatte.
Schwungvoll schlug er den Deckel zurück und mit einem Zauberstabwedel vergrößerte der die gesamten magisch verkleinerten Bücher auf ihre normale Größe. Mit einem Knall riss es die Seitenwände des Koffers auseinander.
„Huch, ich hätte sie wohl vorher rausnehmen müssen", lief er abermals rot an und sammelte hastig die Werke ein, die durch die Gegend geflogen waren und stapelte sie feinsäuberlich auf der kleinen Kommode, die neben seinem Bett stand, auf.
„Reparo", nahm Harry seinen Zauberstab und ließ den zerborstenen Lederfetzen wieder zum Koffer werden.
Höchst gespannt setzte er sich auf dem Bett nieder und ließ seinen Finger neugierig über die Buchrücken gleiten.
„Wow", brach es überrascht aus seinem Mund hervor und er zog ein altes halbzerschlissenes Buch aus dem Stapel.
„Oh ja, das find ich auch sehr interessant", lugte Neville über Harrys Schulter, als er die ersten Seiten durchblätterte.
„Was habt ihr da?", interessierten sich nun auch Dean und Seamus für den ungewöhnlichen Wust an Büchern.
„Hab ich alle von meinem Onkel Algie bekommen", antwortete Neville mit stolzgeschwellter Brust. „Er meinte, die könnten wir für unsere Übungen in der DA gebrauchen."
„Du hast zu Hause davon erzählt?", fragte Seamus entsetzt.
„Ja klar. Warum auch nicht. Schließlich hat es uns allen was gebracht. Ich wäre sonst garantiert durch die Prüfung gerasselt", klopfte er Harry noch immer dankbar auf die Schulter.
„Naja, bei mir ist es sowieso egal, ob ich was erzählt hätte. Meine Eltern hätten es sowieso nicht verstanden", winkte Dean ab. „Die hätten mich wahrscheinlich eher noch von der Schule genommen, wenn sie von den Verhältnissen hier wüssten."
„Ach hier seid ihr alle", kam Ron in den Schlafsaal. „Was macht ihr denn da? Man ich wär froh, wenn ich noch einen Monat Ferien hätte und ihr hängt gleich am ersten Abend mit Büchern ab."
„Sind ja auch keine Schulbücher", verteidigte sich Neville.
„Bücher sind Bücher. Die schlag ich nur auf, wenn sich's nicht verhindern lässt", schmiss sich Ron auf sein Bett, ohne einen Blick auf Nevilles Habseeligkeiten zu werfen.
Die halbe Nacht schlugen sich Harry und Neville noch mit den Büchern um die Ohren, gerade so als würden sie sich jeden Moment in Luft auflösen, ohne ihre Geheimnisse preisgegeben zu haben.
Als ein Schnarchen hinter den Vorhängen der anderen zu hören war, beschlossen sie nach unten in den Gemeinschaftsraum zu gehen. Nur noch ein paar vereinzelte Gryffindors saßen dort und schwatzten miteinander oder stöberten auch in ihren Schulbüchern.
„Oh, auch noch wach?", kam es aus einem Sessel nahe des Kamins. Hermine saß über irgendwelchem Papierkram und sah überrascht auf, als die beiden Nachtschwärmer mit Büchern beladen bei ihr Platz nahmen.
„Was tust du da?", fragte Harry neugierig, als sie hektisch ihre Pergamentrollen zusammenklaubte.
„Ach, ich glaub das interessiert dich nicht wirklich", redete sie sich raus und vermied es dabei ihn anzusehen. Er beließ es auch dabei, in der Ahnung, dass sie sich neue Hoffnungen für ihre B.Elfe.R.-Geschichte machte und darüber zu diskutieren hatte er wirklich keine Lust.
„Das sind wohl die Bücher von deinem Onkel?", lenkte Hermine von ihrer Geheimniskrämerei ab.
„Ja, die sind echt cool. Hier schau dir das mal an", reichte Harry ihr das Büchlein, welches er sich vorhin zuerst aus dem Stapel gezogen hatte.
„Mysteriöse Mysterien – Geheimnisse in den Kellern des Ministerium", las Hermine vor. „Wer da wohl ausgepackt hat?", schüttelte sie ungläubig den Kopf und begann flink in den Seiten zu blättern, als ob sie wüsste, was sie sucht. „Oh Mann, wenn wir das Buch ein paar Monate früher gehabt hätten, wäre uns einiges erspart geblieben."Mit beinahe zitternden Augen überflog sie die Zeilen.
Der Gemeinschaftsraum war mittlerweile bis auf die Drei völlig leer. Nie hätte sich Harry träumen lassen, dass er mal so sehr in Bücher versinken würde.
„Hilfe, wir sollten langsam mal ins Bett", sprang Hermine auf, nachdem sie festgestellt hatte, dass es bereits halb Vier war. „Habt ihr schon auf eure Stundenpläne geschaut? Morgen früh als erstes Doppelstunde Verteidigung, dann Doppelstunde Zaubertränke und nach dem Mittagessen Doppelstunde Kräuterkunde."
„Ich hab noch gar nicht drauf geschaut, aber ich hab ja die selben UTZ-Kurse wie du, zumindest von den Fächern, die wir morgen haben", antwortet Harry und gähnte herzhaft.
„Dann hab ich wohl morgen gleich 2 Freistunden, wenn ihr euch bei Snape rumquält", grinste Neville und warf ihnen mitleidige Blick zu.
„Naja, mal schauen wie er sich in diesem Jahr so anlässt. Wir haben ihn ja in den Ferien öfter gesehen", wollte Harry losplappern, als er Hermines warnenden Blick sah. Harry hatte völlig vergessen, dass Neville nichts vom Orden wusste und damit auch nicht von den ganzen Schutzmaßnahmen rund um Harry. Aber wenn sie ihn gerade heute darüber aufklären wollten, würden sie gar nicht mehr ins Bett kommen.
Die Nacht war verdammt kurz und Harry schwor sich, nie wieder so spät ins Bett zu gehen, wenn er das Schuljahr durchhalten wollte. Auch Hermine kam mit verquollenen Augen die Treppe zu den Mädchenschlafsälen herunter.
„Oh Mann, das fängt ja gut an. Na wenigstens haben wir nicht gleich die ersten beiden Stunden bei Snape, der würde uns aber den Kessel anheizen. Lasst uns Frühstücken gehen, ich brauch jetzt einen großen Kaffee", henkelte Hermine Harry und Ron ein, als ob sie sich vor lauter Schwäche abstützen müsste.
„Na warten wir's erstmal ab, was die Bowman für eine ist. Wir wollen mal hoffen, dass uns der erste Eindruck getäuscht hat, denn noch so eine Schrulle, die nichts auf dem Kasten hat, können wir wirklich nicht gebrauchen", führte Harry seinen Trupp in die Eingangshalle.
„Morgen Hagrid", begrüßten sie ihren großen Freund, der bepackt von draußen herein kam.
„Morgen ihr Drei. Hab hier das Gepäck von der Neuen", deutete er stolz auf seinen Fund. „Lag mitten im Wald. Muss froh sein, dass ihr nix passiert ist. Werd's ihr gleich auf ihr Zimmer bringen"
Madam Bowman war das ganze Frühstück nirgends am Lehrertisch zu entdecken, so dass sie auf ihren zweiten Eindruck wohl noch warten mussten.
Nachdem der Kaffee sie ein wenig munterer gemacht hatte und Hermine Bianca viel Glück für ihre allererste Stunde in Hogwarts (Zaubertränke) gewünscht hatte, gingen sie zurück in den Gryffindorturm, um sich ihre Schulsachen zu holen.
Erwartungsvoll stellten sie sich zusammen mit den Ravenclaws vor dem Verteidigungsklassenraum auf, als Madam Bowman ihnen von innen die Tür öffnete.
Heut Morgen sah sie schon viel besser aus, als gestern Abend. Ihr langes schwarzes Haar glänzte im Schein der Fackeln, die den dunklen Raum erleuchteten und sie trug einen türkisfarbenen leichten Samtumhang.
„Guten Morgen die Errschaften, nehmt Platz, fühlt eusch wie zu Ause", lud sie mit einer ausschweifenden Bewegung in ihren Klassenraum ein.
Madam Bowman hatte den gesamten Raum umgestaltet, die harten Bänke waren durch gepolsterte Stühle ausgetauscht worden und die Tische standen nicht mehr trist hintereinander. Aus 2 Reihen hatte sie drei gemacht und bei den beiden äußeren, waren die Tische fischgrätenartig angeordnet, so dass jeder Schüler einen guten Blick auf eine freie Fläche inmitten des Raumes hatte.
„So", klatschte sie selbstbewusst in die Hände um sich Gehör zu verschaffen.
„Zu allererst nehmen wir eute etwas grundlegendes durch, dass uns den Umgang miteinander erleichtern wird, aber bevor wir damit beginnen, wär es für misch sischer leischter, wenn ich eure Namen kennen würde", begann sie den Unterrischt und klappte ihre Klassenbücher auf. Der Reihe nach rief sie die Namen auf und mit einem Wedel ihres Zauberstabes, erschien über dem Kopf des sich meldenden Schülers der jeweilige Name.
„Und nun zu mir, mein Name ist Madeleine Bowman, isch habe 3 Jahre lang in Beauxbatons unterrischtet. Mein Vater ist Amerikaner, meine Mutter ist Französin und isch bin in Frankreisch aufgewachsen, da'er auch mein niedlischer Akzent", sprach sie in die schmunzelnden Reihen. „Ihr könnt zu mir Madam Bowman sagen oder Prof. Bowman, das bleibt eusch überlassen. Isch bin 34 Jahre alt, abe keine Kinder und bin nischt vereiratet. Aber isch bin zu alt für eusch, also macht eusch keine Offnung", zwinkerte sie verschmitzt in die Klasse, die ihre Ausführungen mit einem Grinsen beantwortete.
„Die scheint ja cool drauf zu sein", flüsterte Ron zu Harry. „Und schlecht sieht sie wirklich nicht aus, ob sie es sich im Laufe des Jahres vielleicht noch mal anders überlegt?"
Lachend gab Harry Ron einen Knuff in die Seite.
„Und nun zum Unterrischt, bitte tauscht so die Plätze, dass immer ein Junge neben einem Mädschen sitzt", forderte sie die verdutzt schauenden Schüler auf.
„Isch werde eusch vorerst nischt verraten, was wir eute be'andeln, ihr werdet es früh genug se'en. Mädels, macht eusch bereit, die Jungs in Schach zu alten."
Mit einem Augenaufschlag verwandelte sie sich in eine Veela und die Jungen begannen sich vor ihr zu brüsten, der eine mehr, der andere weniger.
„Beim Merlin, sie sind eine Veela und noch dazu ein Metamorphmagus", bracht es aus Hermine heraus, die Harry nur eine Ohrfeige verpassen musste, um ihn wieder zu Verstand zu bringen.
Die anderen Mädchen hatten mit ihren Partnern weitaus mehr Probleme. Seamus war auf den Tisch gestiegen und gebärdete sich wie ein brünftiger Hirsch. Padma Patil schlug mit ihren Fäusten auf ihn ein, was ihn scheinbar nur noch wilder machte.
„Rischtisch erkannt Ms Granger, 5 Punkte für Gryffindor. Ok, ich werd erstmal wieder eine andere Gestalt annehmen, damit isch eusch erklären kann, wie ihr die Erren besser in den Griff bekommt."
Mit einem weiteren Augenaufschlag sah sie aus, wie eine alte Frau.
„So nehme ich sie aber nicht", rief Ron gespielt enttäuscht nach vorn, erntete aber nur ein müdes Lächeln von Madam Bowman. „Schon vergessen was isch vor'in gesagt abe?"
Die restliche Zeit verlief wie im Fluge, aber alle Mädchen schafften es letztendlich, ihren Partner zur Vernunft zu bringen, als es auch schon zum Ende der Stunde läutete. Außer Hermine packten alle kommentarlos ihre Schulsachen ein und verließen den Raum.
„Das war wirklich Klasse. Ich hab hier was für sie, sollten sie sich mal durchlesen", schlug sie ihre Schulmappe auf und holte einen dicken Wälzer heraus.
„Ah die Geschischte von Ogwarts, danke meine Liebe, das werd isch tun."
„Tat mir ziemlich Leid gestern Abend, wie sie so völlig verstört ankamen. Wenn sie das Buch vorher gekannt hätten, wär das alles gar nicht passiert.
„Gute Idee", sagte Harry, der alles wartend von der Tür aus beobachtet hatte. „Sag mal, hast du den Wälzer immer und überall dabei?"
„Natürlich nicht, aber ich hatte es mir vorgenommen, ihr das Buch zu empfehlen. Und da sie wirklich nett ist, hab ich das auch getan. Wenn sie eine Schrulle wie Umbridge gewesen wäre, hätte sie ruhig in ihr Verderben laufen können."
„Ich frag mich nur, was sie mit der Veelavorführung heut bezwecken wollte, wenn sie sich doch sowieso verändern kann", kamen von Harry Zweifel.
„Meinst du sie will jeden Morgen daran denken müssen, dass sie sich noch zu verwandeln hat, um uns oder besser gesagt euch Jungs nicht vom Lernen abzulenken?", sah Hermine ihn fragend an, als sie sich auf den Weg in die Kerker machten.
„Auf alle Fälle war sie die erste, die sich ausführlich bei uns vorgestellt hat, wenn man mal von Lockhart absieht", gab Harry zwinkernd hinzu.
„Ja und so herzlich, im Gegensatz zu dem was uns jetzt erwartet", holte Hermine sie in die dunkle Wirklichkeit des Zaubertränkekerkers zurück.
Scheinbar waren alle Häuser in diesem Kurs, da Snape nur die Allerbesten nahm, von denen es in diesem Fach nicht allzu viele gab. Doch ein Blick durch den Nebel der vorangegangenen Klasse verriet ihnen, dass es doch ziemlich viele geschafft hatten und gerade noch zwei Plätze für sie frei waren, die natürlich weit voneinander entfernt waren. Während sich Harry einen Platz zwischen den Ravenclaws sichern konnte, blieb für Hermine nur einer neben einem Slytherin.
Die schlechten Erinnerungen an das letzte Jahr ließen sie schwer durchatmen, bevor sie sich zu ihm setzte. Ein entschuldigender Blick von Dean, der mit Parvati zwischen Hufflepuffs saß, verriet, dass auch er zu spät gekommen war um vier Plätze nebeneinander zu sichern.
„So und das was ich jetzt vor mir habe, ist also das Beste was Hogwarts zu bieten hat", begrüßte Snape seinen UTZ-Kurs mit einem abschätzenden Blick durch die Reihen, als ob er noch nicht wüsste, wer es hierher geschafft hatte.
„In diesem Jahr wird es keine Partnerarbeit mehr geben, jeder ist selbst für seinen Kessel und damit für seinen Trank den er zusammenbraut verantwortlich. Bewertet wird nach UTZ-Richtlinien, also noch härter als im letzten Jahr", blieb sein gehässiger Blick an Harry hängen, der daraufhin schwer schluckte. „Aber ich nehme an, dass alle hier Anwesenden die Ferien ausgiebig genutzt haben, um sich auf meinen Unterricht vorzubereiten, was wir in diesem ersten Test feststellen werden. Ihr habt 20 Minuten Zeit die Fragen zu beantworten", überreichte er Ernie Macmillan einen Stapel Pergamente mit 10 Fragen. „Austeilen!", forschte Snape ihn an.
‚20 Minuten für 10 Fragen, der hat sie doch nicht mehr alle', las sich Harry die Fragen durch und musste schmunzeln als er die erste Aufgabe erfasst hatte. ‚Wie ist die Wirkungsweise von Glumbumbelsirup?' Hatte Snape das etwa vergessen, dass er und Hermine fast schon damit gearbeitet haben, oder wieso gab er ihnen diesen Vorteil? Vorsichtig drehte er sich zu Hermine um, die scheinbar das Selbe dachte und ihm zuzwinkerte.
Snape hatte sich derweil hinter seinem Schreibpult niedergelassen und studierte irgendwelche Papiere. Außer dem Rascheln des Pergaments und ab und an mal einem undefinierbaren Pfeifton, war nichts von ihm zu hören.
Harry legte seine ganze Konzentration wieder auf den Fragebogen. ‚Nennt zwei Anwendungsgebiete des Murtlap und die möglichen Nebenwirkungen!'
Na toll, wie stellt sich Snape das eigentlich vor? Denkt der wir kaufen die Schulbücher gleich in der ersten Ferienwoche? Mag ja sein dass das zu seiner Schulzeit anders war, aber wir kriegen die Listen erst ein paar Tage vor Schulbeginn.
Harry blieb nichts weiter übrig, als das hinzuschreiben was ihm sofort einfiel. Gedankenversunken kratzte er sich über die Hand, deren Schmerzen im letzten Jahr von der Murtlapessenz gelindert wurden.
Eifrig kratzten die Federkiele über die Pergamente, als Snape ohne jegliche Vorwarnung „Accio Testbögen"in den Unterrichtsraum brüllte.
Teils flogen die Blätter sofort Richtung Lehrertisch, teils hörte man ein Reißen von Papier von denjenigen, die krampfhaft ihre Tests festhielten um noch die letzten Worte zu beenden.
„Ich habe mir in der Zwischenzeit die Ergebnisse der ZAG-Prüfungen angeschaut und ich muss schon sagen, ich bin überrascht mit welchen Tricks es manche unter euch geschafft haben, sich in diesen Kurs zu mogeln. Aber ich werde keine weiteren Spielchen dulden, noch hat niemand von euch einen Abschluss in der Tasche und ich bin stark davon überzeugt, dass einige unter euch dieses Jahr bei mir nicht überstehen werden. Schließlich werden die Titel bei uns nicht verschenkt und nur die Besten der Besten werden am Ende die ihnen zustehende Ehre erhalten, sich im Fach Zaubertränke ‚Unheimlich Toller Zauberer' nennen zu dürfen", schnarrte Snape die Klasse an und mit einem Schlag gegen die Tafel, erschien die Rezeptur eines Trankes, den sie in der verbliebenen Zeit brauen sollten.
„Ich erwarte vor allem von den Slytherins, dass sie die Ehre des Hauses retten, wenn sie doch schon allen zahlenmäßig unterlegen sind."Snape ließ seinen funkelnden Blick durch die Reihen wandern. „Und nun holt euch endlich die Zutaten, oder wartet ihr auf etwas bestimmtes?"Die Türen zum Vorratsschrank flogen scheppernd auf.
‚Was? Allen zahlenmäßig unterlegen? Da haben wir Gryffindors ja nur 4 Leute dabei.' Harry sah sich neugierig um und konnte tatsächlich nur drei schwarz-grüne Umhänge ausmachen, die Malfoy, Parkinson und dem Nachbarn von Hermine gehörten. Ein gehässiges Grinsen huschte ihm übers Gesicht.
„Dass die armen Slytherins so wenige in diesem Kurs sind liegt sicher daran, dass Crabbe und Goyle uns verlassen haben", flüsterte Harry grinsend Hermine zu, während sie sich im Gedränge vor dem Vorratsschrank ihre Zutaten raussuchten.
„Oh ja, da könntest du Recht haben", zwinkerte sie zynisch zurück. „Konzentrier dich bitte Harry, ich möchte nicht, dass er dich wieder vor allen so runtermacht wie im letzten Jahr. Denk an die Ferien bei Arabella."Hermine sah ihn dabei mit einem besorgten Blick an.
"Danke Hermine, ich geb mein bestes. Ich weiß schon, dass Snape vorhin mich gemeint hat, aber ich werd ihm schon zeigen, dass ich keine Tricks benötigt habe um hier zu sein", antwortete er mit fester Überzeugung.
„Er meint sicher alle außer seine Lieblinge. Aber auch ein Severus Snape wird noch dahinter kommen, dass man in Prüfungen nur auf seine eigenen Fähigkeiten angewiesen ist. Ob nun auf Umwegen oder nicht, nur das Ergebnis zählt. Und nun fang an, wir haben nicht mehr viel Zeit", ermutigte sie Harry und schob ihn sanft zu seinem Platz.
"Und Potter kann mal wieder nicht lesen", wurde er auch schon von hinten angeschnarrt, als er gerade dabei war getrocknete Aalaugen mit dem Mörser zu bearbeiten.
„Was steht da vorn geschrieben?", packte er Harrys Kinn und riss es hoch, dass er unweigerlich an die Tafel schauen musste.
„P..pürierte ... Aalaugen", stotterte Harry und wand sich aus Snapes Griff.
„Und was glaubst du, tust du hier gerade?"
„Aalaugen zerkleinern?", kam es fragend von Harry.
„Allerdings! Nur auf die falsche Weise. Pürieren kann man nur frische Aalaugen", zischte Snape ihn überlegen an.
Aus dem Augenwinkel konnte Harry erkennen, dass er nicht der einzige war, der diesen Fehler begangen hatte, nur war er mal wieder ein gefundenes Opfer, das Snape besonders gern bloß stellte. Selbst ein Draco Malfoy schlich sich verstohlen an den Vorratsschrank um die Zutaten auszutauschen, nicht ohne ein hämisches Grinsen Richtung Harry zu schicken.
„Es sind keine frischen Aalaugen mehr da", stand Harry suchend vor dem offenen Schrank.
„Tja, Pech gehabt Potter, dann geh bei deinen Klassenkameraden betteln, vielleicht gibt dir ja jeder eins ab, das dürfte dann gerade so reichen", antwortet Snape und zuckte unbekümmert mit den Schultern.
Harrys erster Weg war natürlich zu Hermine, die ihm einen kleinen Teil abgeben konnte. Er sah, dass ihr Nachbar noch jede Menge hatte. Doch er war sich zu stolz, gerade einen Slytherin zu fragen, als der ihm plötzlich das Schälchen hinschob und Harry mit einem stummen Nicken aufforderte sich zu bedienen.
Nichtmal ein ‚Danke' brachte Harry hervor, so sehr war er überrascht.
„Das war wirklich nett", hörte er Hermine zu dem Jungen flüstern, als er sich umdrehte um an seinen Platz zu gehen.
Noch einmal las sich Harry das Rezept durch, noch so einen Fehler konnte er sich nicht leisten, wenn er heute damit fertig werden wollte. Sicher würde er für Snapes Hinweis trotzdem Punkte abgezogen bekommen, auch wenn er den Trank doch noch hinbekommen würde, aber was ihn wirklich ärgerte, dass er mal wieder allein als Idiot dargestellt wurde.
Kaum hatte Harry seinen Trank in eine Phiole abgefüllt und verkorkt, schellte auch schon die Glocke.
"Sag mir bitte nicht, dass Snape schon immer so zu dir war", kam Hannah Abbott kopfschüttelnd auf Harry zu.
„Doch leider und das war heut sogar noch harmlos", legte Hermine tröstend ihre Hand auf Harrys Schulter.
„Also ich an deiner Stelle hätte den Kurs sausen lassen", empörte sich auch Ernie.
„Kann ich leider nicht, ausgerechnet Zaubertränke wird dringend empfohlen, wenn ich Auror werden möchte."
„Oh, echt?! Ja passt zu dir und mal ehrlich, so blöd kannst du nicht sein, sonst wärst du nicht in den Kurs reingekommen", munterte Ernie ihn mit einem Schulterklopfen auf.
„Wir können ja ne Anti-Snape-Liga gründen", schlug Hannah grinsend vor.
„Ich komm schon klar, danke."Harry konnte ihnen ja schlecht erzählen, dass er auch einen kleinen Teil zu Snapes Einstellung ihm gegenüber beigetragen hatte, wenngleich der Anteil seines Vaters und auch von Sirius um einiges größer war.
„Ich hab nen Mordshunger", lenkte Harry vom Thema ab, als sie die Große Halle betraten.
Die anderen Gryffindors saßen bereits am Tisch und begrüßten die arg mitgenommenen Zaubertränkler mit mitleidigen Blicken.