Anschuldigungen

Die meisten Schüler in der Großen Halle waren wie erstarrt, keiner traute sich, sich zu bewegen, oder einen Ton von sich zu geben. Aller Augen waren auf die riesigen giftgrünen Lettern geheftet, die über der Eingangstür prangten.

Schließlich war es Professor Longbottom, der nach vorn ging. Ihm folgten die Professoren Thomas Baddock, Crouch und Cauldwell und auch Madame Longbottom. Professor Wennell blieb, wo er war. Sein sonnengelber Spitzhut war ihm vom Kopf gefallen.

Die Zauberstäbe immer noch erhoben, näherten sich die Lehrer den schwarz vermummten Gestalten und beschworen Tragen herauf, um mit den bewusstlosen Schülern die Große Halle zu verlassen, offenbar um sie in den Krankenflügel zu bringen.

Zurück blieben Professor Longbottom, Crouch, und Baddock.

„Liebe Schüler, Professor Crouch, Professor Baddock und ich werden euch nun abwechselnd und in Gruppen zurück in eure Gemeinschaftsräume führen", rief Professor Longbottom über die noch immer stumme Schülerschar hinweg.

Lily nutzte die Gelegenheit, um endlich unter dem Tisch hervorzukriechen.

„Die Slytherins zuerst", sagte Professor Baddock eilig.

Langsam erhoben sich die Schüler am Slytherintisch und wollten sich gerade aufmachen, als plötzlich drei Gestalten hinter Professor Longbottom und Professor Thomas auftauchten und Lily traute ihren Augen nicht, aber es waren James, Fred und Marius.

„Hi", sagte James gelassen, als sie die Große Halle betraten.

„Was ist denn hier passiert?", fragte Fred.

„Habt ihr auf uns gewartet?", fragte Marius scherzhaft.

„Das ist nicht komisch!", blaffte Professor Crouch die drei an.

Lily schluckte.

„Nicht ihr Ernst!", sagte Rose ungläubig und sah fassungslos zu ihren Cousins hinüber.

„Ich habe das Gefühl, wir haben irgendetwas Wichtiges verpasst", raunte James seinen beiden Freunden zu, allerdings so, dass es jeder hören konnte.

„Allerdings", sagte Professor Longbottom und deutete auf die Schrift an der Wand.

Verdattert drehten sich die drei zur nun geschlossenen Tür der großen Halle und lasen die giftgrüne Aufschrift.

„Spiegel der Rache?", fragte Fred, „Was soll das sein?"

„Vielleicht, Mr Weasley, möchten Sie uns zunächst erklären, wo Sie den Abend verbracht haben?", fragte Professor Baddock.

„Todestagsfeier vom Fast Kopflosen Nick", antwortete James für ihn.

„Sie denken doch nicht etwa, dass Mr Potter, Mr Weasley und Mr Proudfoot etwas mit diesem Anschlag zu tun haben, Malcolm", mischte sich nun Professor Wennell ein.

„Nun", sagte Professor Baddock, „Wer sagt uns, dass es nicht ein Halloween-Streich war, der nach hinten losging? Mr Potter, Weasley und Proudfoot haben es schließlich in ihren nun fünfeinviertel Schuljahren hier geschafft ungefähr die Hälfte der Schüler meines Hauses zu verhexen."

„Nur die, die wir nicht mögen", sagte Fred frei heraus.

„Aber das waren wir nicht!", sagte Marius eindringlich und deutete auf die grünen Buchstaben.

„Das wird sich zeigen, wenn wir die Opfer befragt haben", sagte Professor Baddock kühl, dann wandte er sich wieder an die Slytherins.

„Mitkommen!", blaffte er sie an.

„Wir waren das nicht, ehrlich!", sagte James zu Professor Longbottom, doch es war kaum zu hören, da die Slytherins, die nun versuchten eiligst die Halle zu verlassen, solch einen Lärm veranstalteten.

„Also, wenn sie es waren, ist das echt cool", hörte Lily Oliver McKinnon seinem besten Freund Steven Thomson zuflüstern, der bestätigend nickte.

„James, Fred, Marius, in mein Büro!", sagte Professor Longbottom zu den dreien und winkte auch sie aus der Großen Halle.

„Hagrid, wären Sie so freundlich, die Gryffindors zu übernehmen? Ich kümmere mich dann um die Hufflepuffs", sprach nun Professor Wennell.

Hagrid nickte, erhob sich von seinem Stuhl und kam geradewegs auf den Gryffindortisch zugestapft.

„Meinst du, das könnte wirklich dein Bruder gewesen sein?", fragte Eric Lily.

„Nie im Leben", antwortete Colin für sie, „Die machen kleine Scherze, ja, und haben sicherlich auch schon den ein oder anderen Schüler verhext, aber das geht doch im Grunde alles nur gegen die Slytherins, wie bei Oliver und Steven."

Lily nickte.

„Das denke ich auch", sagte sie, während sie sich ein wenig Essen vom Buffet in ihren Umhang steckte.

„Hast du noch nicht genug gegessen?", fragte Emma sie und zog die Brauen hoch.

„Ich schon", sagte Lily, „aber James, Fred und Marius nicht."

Emma nickte und half ihr.

„Ich kenne sie ja nicht gut genug, aber ich glaube auch nicht, dass sie es gewesen sind", sagte sie.

„Vor allem war es genau dasselbe, wie beim letzten Mal. Der schwarze Rauch, die Bewusstlosen und haben wir James, Fred und Marius da irgendwo gesehen?", fragte Eric.

Lily warf ihm einen Blick zu.

Hatte er etwa vergessen, dass man James nicht unbedingt sehen musste, um zu wissen, dass er da war? Es war kein besonders guter Beweis für seine Unschuld.

Lily, genauso wie ihre Freunde und Albus, Rose und Ascella gingen ganz vorn in der Schlange zusammen mit Hagrid.

„Also wenn das James war, dann bin ich 'n Flubberwurm", sagte dieser mit leicht säuerlicher Stimme.

„Ich denke, Professor Longbottom erfüllt nur seine Pflicht", entgegnete Rose, „Ich bezweifle, dass er wirklich glaubt, einer der drei könnte dahinterstecken."

„Und Wennell schon gar nicht", grinste Ascella breit.

Sie alle schwiegen und gingen weiter die Treppen bis zum Turm hinauf.

„So, sin' alle da?", fragte Hagrid und blickte über die lange Schar an Gryffindor-Schülern, die nun alle nacheinander durchs Porträtloch kletterten.

Ein paar Schüler nickten, andere zuckten die Schultern.

„Also dann", verabschiedete sich Hagrid und winkte ihnen kurz zu, als auch sie sich durch das Porträtloch machten.

Der Gemeinschaftsraum war nun komplett überfüllt und viele Schüler weigerten sich, nach dem, was geschehen war, ins Bett zu gehen. Lily und ihre Freunde blieben mit all ihren Verwandten auf, um auf James, Fred und Marius zu warten.

„Glaubst du, sie waren es?", flüsterte Madeleine Towler ihrer Freundin Gracie Conner unsicher zu.

Gracie schüttelte vehement den Kopf.

„Nein, dann müssten sie das vor ein paar Wochen ja auch gewesen sein und da haben sie nicht einmal miteinander geredet", flüsterte Gracie zurück.

Lily wusste, dass sie sich bei der Lautstärke, die im Gemeinschaftsraum herrschte, sicher fühlten, aber Lily, Colin und Emma hörten trotzdem jedes Wort, denn sie saßen ganz in ihrer Nähe.

„James und Fred schon", sagte Madeleine leise.

„Ja, aber das ist eben zu viel gewesen, Maddie, zu groß. Das würden James, Fred und Marius sich nie erlauben", sagte Gracie empört.

„Marius vielleicht", fügte sie hinzu, „aber eigentlich stoppt James ihn immer. Weißt du noch damals, als er einen Slytherin bei Minusgraden in den Großen See werfen wollte. Wer hat ihn da aufgehalten?"
„Okay", sagte Madeleine einsichtig.

„Und außerdem, sowohl letztes als auch dieses Mal waren unter den Schülern nicht nur Slytherins, die angegriffen wurden. James, Fred und Marius würden niemals Gryffindors angreifen!"

„Hast du etwa gesehen, wer unter diesen Geisterkapuzen gesteckt hat?", fragte Madeleine.

„Nein, aber ich habe die Schüler beim Rausgehen gezählt und die einzigen, die vollzählig waren, waren die Slytherins!"

Emma und Colin warfen sich alarmierte Blicke zu.

„Typisch", zischte Eric, doch Lily legte den Finger an die Lippen, damit sie nicht bemerkt wurden, wie sie lauschten.

„Aber das spricht doch eher dafür, dass es James, Fred und Marius waren", sagte Madeleine nun Stirnrunzelnd.

Gracie schüttelte den Kopf.

„Überleg doch mal, wem das Ganze in erster Linie geschadet hat. Wer wurde wirklich verletzt? Nur die Geister selbst, oder?"

Lily wusste nicht, ob Gracie Madeleine wirklich überzeugt hatte, aber offenbar hatte das Gespräch der beiden Freundinnen hiermit ein Ende gefunden, denn Gracie war aufgestanden und begann nun alle Erstklässler aufzufordern, hoch in ihre Schlafsäle zu gehen.

Emma verzog das Gesicht, als Gracie kurz vor der Ecke angelangt war, in der Lily, Colin, Eric und auch sie sich niedergelassen hatten.

„Sie gehört zu uns", sagte Colin zu Gracie und Emma strahlte ihn an.

„Das ist mir egal, Colin, du auch. Lily kann meinetwegen bleiben, um auf James zu warten, aber ihr anderen drei", sie nickte lediglich mit dem Kopf in Richtung der Schlafsäle.

Lily warf ihren Freunden einen entschuldigenden Blick zu und sah zu, wie sie niedergeschlagen in ihre Schlafsäle hinaufkletterten.

Hugo und Rose schafften es schließlich, Gracie davon zu überzeugen, dass sie als Cousin und Cousine auch warten wollten, und Gracie, die wohl genug zu tun hatte, die anderen Schüler aus dem Gemeinschaftsraum zu bekommen, gab sich geschlagen. Lustig war auch, dass ihr keiner der anderen Vertrauensschüler zu Hilfe kam. Alan Gamp aus ihrem Jahrgang verbrachte fast den ganzen Abend in einer Ecke mit Lilys Cousine Molly und Dominique, die in diesem Jahr auch stolz das Vertrauenschülerabzeichen trug, hatte sich erstaunlich wenig darum bemüht, ihren Pflichten nachzukommen. Stattdessen stand sie tuschelnd in einer Ecke mit Roxanne und den anderen drei Mädchen aus ihrem Schlafsaal.

Nachdem Gracie sämtliche Schüler, die nicht der Familie Weasley angehörten, weggeschickt hatte, ließen James, Fred und Marius auch gar nicht mehr lang auf sich warten.

„Unglaublich, dass die wirklich dachten, wir waren es", beschwerte sich Fred, als die drei durch das Porträtloch traten.

„Mr Potter, Sie haben es einzig und allein ihrem Nachnamen zu danken, dass sie überhaupt noch auf der Schule sind", äffte Marius Professor Baddocks Stimme nach.

James lachte.

„Klar, dass er nicht auf unserer Seite ist", sagte er, „aber Crouch und Cauldwell?"

„Einfach unfassbar", stimmte ihm Marius zu, „Als ob wir etwas so Dämliches planen würden."

Gerade wollte James wieder ansetzen etwas zu sagen, doch er verstummte augenblicklich. Er hatte nämlich festgestellt, dass er und seine Begleiter von genau zehn Augenpaaren angestarrt wurden, seit sie das Porträtloch betreten hatten.

Stumm starrten die drei zurück auf Lily, Hugo, Albus, Rose, Roxanne, Dominique, Molly, Alan, Gracie und Madeleine. Keiner rührte sich oder sagte etwas. Es war, als würde jeder von den anderen erwarten anzufangen.

„Ihr glaubt also auch, dass wir es waren?", fragte James ungläubig in die Runde.

„Wart ihr es denn?", fragte Albus zurück.

„Nein!", empörte sich James.

„Was hat denn Professor Longbottom gesagt?", fragte Gracie sofort.

„Er hat nur gefragt, wo wir waren", erklärte Fred.

„Und dann hat er uns erzählt, was genau passiert ist. Am Ende kamen dann Baddock, Crouch und Cauldwell dazu", berichtete James.

„Baddock ist überzeugt, dass wir dahinterstecken", erzählte Marius, „aber Professor Longbottom hat uns geglaubt."

„Und Crouch und Cauldwell aber nicht?", fragte Gracie misstrauisch weiter.

James zog nun die Brauen hoch.

„Nein", antwortete Marius für ihn.

„Aber es klang eher so, als würden sie hoffen, dass wir es gewesen sind", sagte Fred.

„Weil sie lieber glauben wollen, dass es ein Scherz von uns war, als dass irgendetwas Ernstes dahintersteckt", erklärte James.

„Wisst ihr, wer verletzt wurde?", fragte Rose.

„Größtenteils Erstklässler", erzählte James, „aus Hufflepuff. Genaueres wissen wir auch nicht, aber deshalb war Cauldwell so sauer."

„Also die schwarzen Gestalten, die verschwunden sind, waren sicherlich keine Erstklässler", warf Lily nun ein.

„Eher Siebtklässler", sagte Hugo.

„Und jetzt?", fragte Gracie weiter, „Haben sie gar nichts unternommen?"

James warf ihr einen seltsamen Blick zu.

„War ja klar, dass du auch glaubst, dass wir dahinterstecken. Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, Gracie, aber Longbottom hat uns nicht einmal Nachsitzen aufgebrummt."

Bevor sie antworten konnte, war er an ihr vorbeigegangen und stieg nun die Treppen zu seinem Schlafsaal hinauf. Marius und Fred folgten ihm stumm, allerdings nicht ohne den Anwesenden noch eine gute Nacht zu wünschen.

Fassungslos und stumm sah Gracie ihnen nach.

„Mach dir nichts draus", murmelte Molly und gähnte nun, „Das wird sich schon wieder legen."

Doch es legte sich nichts. Am nächsten Morgen beim Frühstück warfen die Hufflepuffs James, Fred und Marius jeweils böse Blicke zu, als sie zwischen ihren Tischen vorbeigingen. Lily hatte Colin, Eric und Emma alles erzählt, was sie gestern Abend im Gemeinschaftsraum noch erfahren hatte und, da das nicht besonders viel gewesen war, bot Emma an, sich umzuhören, welche Erstklässler genau betroffen waren. Lily, Colin und Eric jedoch hatten schnell feststellen müssen, dass James sich geirrt hatte. Es waren auch Schüler aus ihrem Jahrgang betroffen: John Jones und Helena Branstone lagen bewusstlos im Krankenflügel.

Am Dienstagnachmittag nach ihrer letzten Stunde saßen die drei im Gemeinschaftsraum, als Emma zu ihnen kam.

„Sophie Clifford war auch betroffen", sagte sie sofort, „aber sie war heute schon wieder im Unterricht."

Lily, Colin und Eric horchten auf.

„Sie hat gesagt, dass sie irgendwann von einer Macht ergriffen wurde, eine Macht, die plötzlich in ihr war und ihr gesagt hat, was sie tun soll. Allerdings kann sie sich nicht erinnern, wann das angefangen hat. Sie erinnert sich an nichts mehr. Nicht einmal an das Quidditchspiel!"

Alle drei hatten Emma aufmerksam zugehört und tauschten nun Rat suchende Blicke.

„Der Imperius-Fluch?", fragte Colin.

„Da vergisst man aber nicht, was man vorher getan hat", antwortete Emma, bevor Lily den Mund aufmachen konnte.

„Nicht schon wieder in die Bibliothek", murrte Colin, „Da haben wir schon letztes Jahr so viel Zeit verbracht."

Eric warf ihm einen tadelnden Blick zu.

„Wer sagt denn etwas von Bibliothek?", fragte Lily, „Ich finde, wir sollten einfach abwarten. Viel mehr können wir sowieso nicht tun. Viel wichtiger ist es, dass wir beim nächsten Mal alle Schüler schocken können, die uns angreifen wollen."

„Wollen wir einfach abwarten und nichts tun?", fragte Eric zweifelnd.

„Was sonst?", sagte Lily, „Wenn die Lehrer nicht wissen, was es sein kann, wie sollen wir dann durch irgendwelche staubigen Bibliotheksbände darauf kommen?"

„Ich finde, Lily hat Recht. Lasst uns lieber Professor Thomas fragen, wie man den Schockzauber richtig ausführt", begeisterte sich Colin.

Lily wusste natürlich, dass er ihr nur zustimmte, weil er keine Lust hatte, in die Bibliothek zu gehen, aber den Schockzauber zu lernen, hielt sie für eine sehr gute Idee. Aus diesem Grund sprach sie Professor Thomas auch gleich nach der nächsten Stunde Verteidigung gegen die Dunklen Künste darauf an.

„Ich bin sehr froh, dass bei Ihnen offenbar Interesse besteht, sich selbst zu verteidigen, Miss Potter, aber Schockzauber stehen eigentlich erst auf dem Plan für die vierte Klasse."

„Aber wie sollen wir uns denn sonst verteidigen?", fragte Lily verzweifelt.

„Glauben Sie mir, Professor Longbottom und ich haben schon eine Idee. Wir müssen nur vorher noch Professor Wennell überzeugen", beruhigte er sie.

Lily nickte und verabschiedete sich.

Das Misstrauen gegenüber James, Fred und Marius vonseiten der Hufflepuffs hielt an und inzwischen wurden sie auch von den Ravenclaws gemieden.

„Wer hätte gedacht, dass Harry Potters Sohn irgendwann selbst einmal auf die dunkle Seite überwechselt", zischte Hayden Smith Melania MacMillan am Freitag Nachmittag vor einer Doppelstunde Zaubertränke zu, als er Lily gesehen hatte.

„Wahrscheinlich ist es nur ein schief gegangener Unfall gewesen", beschwichtigte ihn Melania, doch Hayden war sich sicher.

„Die Zauber, mit denen sie John und Helena belegt haben. Das war schwarze Magie!"

Professor Cauldwell ließ sich zwar nichts anmerken, aber er war nicht so gut gelaunt wie sonst und verteilte auch nicht so viele Punkte.

Fred und Marius machten sich inzwischen einen Spaß daraus und riefen auf den Gängen lautstark, dass die anderen Schüler ihnen doch bitte Platz machen sollten, wenn sie nicht auch verhext werden wollten. Interessanterweise fand James das Verhalten seiner Freunde gar nicht mehr zum Lachen und beteiligte sich auch nicht daran.

Am darauffolgenden Tag war das zweite Spiel der Saison, Hufflepuff gegen Ravenclaw, zu dem Lily natürlich hingehen würde. James hatte befohlen, dass alle Mitspieler des Teams zum Spiel gehen würden, um sich die Taktiken der Hufflepuffs und Ravenclaws anzuschauen. Lily störte das nicht, denn sie hätte es auch so getan.

„Und hier die Mannschaften", verkündete Marius Proudfoot durch sein Megafon, als die Hufflepuff und Ravenclaw-Spieler aufs Feld hinaustraten.

„Nachdem im letzten Jahr alle drei Jäger der Hufflepuffs gegangen sind und Lucas Hitchens zum Kapitän ernannt wurde, hat sich das Team der Hufflepuffs grundlegend verändert. Mal sehen, was die drei neuen Jäger Melissa Bird, Paul Butler und Jane Hamlin so draufhaben und ob Hufflepuff damit in diesem Jahr eine bessere Figur machen kann, als noch unter Derricks. Hitchens hat seine Trainingsmethoden ja immer kritisiert. Ich bin gespannt, wie er sich schlägt."

„Die Ravenclaws dagegen setzen in diesem Jahr auf Vetternwirtschaft - "

„Proudfoot!", brüllte Professor Crouch.

„Tut mir leid, aber wir wollen ja bei den Fakten bleiben, Professor. Jedenfalls musste die in meinen Augen sehr gute Jägerin Melinda Clarks gehen, um Platz für Corners kleinen Bruder zu machen. Lassen wir uns also überraschen, ob Marcus mit Clarks mithalten kann."

„Marcus Corner ist jetzt im Team?", fragte Colin ungläubig, während die Spieler in den Himmel hinaufstiegen.

Lily zuckte die Schultern und verfolgte dann eifrig das Spiel.

Tatsächlich war es, wie James vor einem Monat beim Training gesagt hatte. Die Hufflepuffs hatten sich unter der Führung von Lucas Hitchens zu einem richtig guten Team hochgearbeitet. Damit waren sie den Ravenclaws haushoch überlegen und die drei Jäger flogen sehr gut, besonders Jane Hamlin. Daran gab es keinen Zweifel.

„Ob Maurice Corner Melinda Clarks nach diesem Spiel anbettelt, in die Mannschaft zurückzukommen?", fragte Marius, nachdem Marcus Corner seinen dritten Wurf auf die Torringe versemmelte.

Tatsächlich hielt er sich sonst mit den Kommentaren sehr zurück und Lily überlegte, ob das an Professor Crouch lag, mit der er ja ohnehin schon Ärger hatte, da sie ihn verdächtigte.

„Dafür, dass Maurice so viel über Quidditch redet, scheint er aber wenig Ahnung davon zu haben", raunte Madeleine Gracie zu, die daraufhin kicherte.

Die beiden saßen in der Reihe vor Lily, Colin, Eric und Emma und Lily fiel ein, dass sie James bei Gelegenheit noch einmal sagen würde, dass Gracie nicht glaubte, dass er hinter den Anschlägen steckte. Sie war sich sicher, dass ihm das viel bedeuten würde. Andererseits aber wollte sie auch nicht, dass Gracie erfuhr, dass Lily sie belauscht hatte. Es war also irgendwo eine verzwickte Lage.

„Hitchens hat den Schnatz gesehen!", ertönte Marius Stimme, „Wenn er den jetzt nicht fängt, dann weiß ich es auch nicht. Die Ravenclaw-Treiberinnen Quike und Utley versuchen ihr Bestes, aber Hitchens kann einfach zu geschickt fliegen."

Lily beobachtete, wie Lucas Hitchens im Zickzack den Klatschern auswich und dem Goldenen Schnatz hinterherjagte. Dem Ravenclaw-Sucher war der Schnatz erst durch Marius' Ansage aufgefallen und er flog ihm hinterher, war aber viel zu weit entfernt und dann trafen ihn plötzlich die Klatscher, die die Hufflepuff-Treiber Owen Greaf und Mandy Malone auf ihn schossen. Summers wurde somit noch weiter zurückgeworfen und es dauerte nur noch ein paar Sekunden, bis Marius durch sein Megafon verkündete: „Hufflepuff gewinnt! 250 zu 40."

Tosender Jubel ging von den Rängen der Hufflepuffs aus. Im ganzen letzten Jahr hatten sie kein einziges Spiel gewonnen und nun dieser haushohe Sieg.

„Hitchens, Hitchens, Hitchens!", riefen die Hufflepuffs im Chor.

Lily, Colin, Eric und Emma und auch viele der anderen Gryffindors klatschten aus Anstand. Ein Blick auf Lilys Bruder Albus verriet jedoch, dass dieser alles andere als erfreut war. Die Hufflepuffs schienen in diesem Jahr wirklich überragend gut zu sein. Es würde schwer werden gegen sie zu spielen.

Am Sonntag Abend beim Abendessen folgte dann die nächste Überraschung Professor Longbottom klopfte mit einem Löffel gegen seinen Becher und sofort verstummte die gesamte Große Halle. Neville erhob sich, warf Professor Thomas einen vielsagenden Blick zu und fing an zu sprechen.

„Auf Grund der jüngsten Ereignisse, haben Professor Thomas und ich entschieden, dass es das Beste ist, euch beizubringen, wie ihr euch im Falle eines weiteren Anschlages verteidigen könnt."

Ein Gemurmel ging durch die Halle und einige Schüler flüsterten: „Hat er gerade etwas von weiteren Anschlägen gesagt?"

„Wir hoffen natürlich, dass es keine weiteren Anschläge hier in Hogwarts geben wird", fuhr er über das Gemurmel hinweg fort, „Dennoch halten wir es für sinnvoller. euch entsprechend vorzubereiten. Dazu rufen wir Dumbledores Armee wieder ins Leben. Die, wie manche von euch vielleicht wissen, vor über 20 Jahren eine Widerstandsbewegung der Schüler Hogwarts' war. Wir alle haben im Krieg gekämpft und dort gemeinsam gelernt, wie man sich richtig verteidigt. Professor Thomas und ich werden in den nächsten Wochen wieder regelmäßige Treffen organisieren und, auch wenn die Teilnahme freiwillig ist, kann ich nur jedem empfehlen, mitzumachen. Ab Morgen Früh werdet ihr eine Liste am Schwarzen Brett in euren Gemeinschaftsräumen vorfinden, in die ihr euch eintragen könnt."

„Das war es also, was Professor Thomas meinte", sagte Lily zu den anderen, „Er hat gesagt, dass er und Professor Longbottom nur noch Professor Wennell überzeugen müssen."

„Ich hoffe, jedem von euch ist klar, wie ungeheuer wichtig es ist, sich selbst zu verteidigen, Flüche zu lernen, die man erst in höheren Jahrgangsstufen lernen würde, oder auch und das ist etwas, das euch im echten Leben nützen wird, den Imperius-Fluch abzuschütteln", fuhr Professor Longbottom fort.

Dieses Mal ging ein Staunen durch die Halle gefolgt von aufgeregtem Flüstern. Die meisten Schüler starrten jedoch vollkommen gebannt nach vorn, darauf erpicht zu hören, ob Professor Longbottom noch mehr zu sagen hatte. Dem war jedoch nicht so und er beendete seine Rede, indem er sich wieder niederließ.