Eine schwierige Mission
von nici1807

Disclaimer: Nichts aus dem Harry Potter Universum, was ihr wieder erkennt, gehört mir, sondern JKR und Warner Bros. (und wer da sonst noch seine Hand aufhält). Ich verdiene kein Geld mit dieser Story und werde Alles nach Gebrauch wieder zurückgeben. Lediglich die Handlung und die erfundenen Figuren, Orte und Gegenstände gehören zu meinem geistigen Eigentum.

Bevor es losgeht, möchte ich mich für alle Reviews bedanken - besonders bei dem Reviewern, die ich nicht per Mail erreichen konnte.
Ich hoffe, Euch gefällt das zweite Kapitel auch wieder und er schreibt wieder ein Review (ob kurz oder lang, ist völlig egal. Hauptsache ein Lebenszeichen...)

Und nun viel Spaß beim Lesen!


Kapitel 1 – Alle Jahre wieder

„Oh, wie süüüüüüüüß. Ist die aber niedlich!" Ein schriller, lauter Schrei durchbrach die Stille der Nacht, die Sekunden zuvor noch über dem Schloss gelegen hatte. Das dunkelhaarige Mädchen hoch oben im Schlafsaal des Ravenclawturms schreckte aus dem Schlaf hoch. Sie brauchte einen Moment, um sich zu orientieren.

„Sarah? Sarah, bist du schon wach? Hast Du das süße Kätzchen gesehen?" Emma lief aufgeregt vor den geschlossenen Vorhängen des zweiten Himmelbetts im Raum hin und her und versuchte die kleine pechschwarze Katze mit den niedlichen weißen Pfoten einzufangen. Diese scherte sich aber in keinster Weise um das aufgeregte Mädchen und suchte zwischen den Vorgängen nach einem Eingang. Endlich hatte sie einen kleinen Durchlass gefunden und schlüpfte hinein. Während sie kleine Pfotenabdrücke auf der Bettdecke hinterließ und suchend nach einem lauschigen Plätzchen Ausschau hielt, schnurrte sie leise vor sich her. Als sie einen akzeptablen Platz gefunden hatte, kuschelte sie sich in das warme Federbett und ließ sich den Bauch kraulen.

Als Sarah den warmen Körper der Katze an ihrer Seite spürte, öffnete sie die Augen und zog das Fellbündel näher an sich heran.
Wenigstens ein vertrauter Anblick, dachte sie seufzend.
„Sarah?", flüsterte Emma wieder. „Sag doch was. Ist das deine Katze?"
„Ja, das ist Merlin und er ist ein Kater", antwortete eine noch vom Schlaf belegte Stimme durch die Vorhänge. „Wie spät ist es denn?"
„Gleich sieben. Der Unterricht beginnt in einer Stunde. Du solltest langsam mal aufstehen, wenn du nicht gleich am ersten Tag zu spät kommen möchtest. Ich bin schon fertig und warte im Gemeinschaftsraum auf dich, ok?"

Das folgende Gemurmel ihrer Zimmerkameradin deutete Emma als Zustimmung und verließ leicht kopfschüttelnd den Raum. Sie war alles andere als ein Langschläfer und immer sehr früh auf den Beinen.
Im Gemeinschaftsraum angekommen, kramte sie in ihrer Tasche nach ihrem Buch Verwandlung für Fortgeschrittene und begann zu lesen.

-o-

Eine Langschläferin war Sarah für gewöhnlich auch nicht. Sie hatte allerdings noch bis nach zwei Uhr wach gelegen und nachgedacht. Nun trottete sie ziemlich schlaftrunken ins Badezimmer und gähnte mit halb geschlossenen Lidern erstmal ausgiebig ihr Spiegelbild an, während sie den Wasserhahn suchte und aufdrehte. Sie senkte den Kopf und schob sich erstmal eine Ladung eiskaltes Wasser ins Gesicht. Merklich erfrischt griff sie mit einer Hand nach einem Handtuch, während sie mit der anderen nach Zahnbürste und Zahnpasta suchte.

Nachdem die Zähne geputzt waren - drei Minuten, wie sie es von ihren Eltern eingetrichtert bekommen hatte, betrachtete sie sich wieder im Spiegel. Was sie darin sah, beruhigte sie auf der einen Seite: Ein sechzehnjähriges Mädchen mit schulterlangen, tiefschwarzen Haaren, braunen Augen und ein wenig zu blasser Haut. Nicht gerade ein perfektes Model, aber doch strahlte sie eine verborgene Schönheit aus, die erst auf den zweiten Blick sichtbar wurde. Diese Äußerlichkeiten waren ihr jedoch nicht wichtig. Ihr kam es mehr auf die inneren Werte an. Auf der anderen Seite hatte der Anblick im Spiegel sie aber auch erschreckt. Sie konnte sich nur schwer an diesen Anblick gewöhnen.

Sie seufzte. Für Selbstmitleid war nun keine Zeit. Schnell zog sie sich an, setzte ihre Brille auf und verließ dann mit ihrer Schultasche in der Hand das Zimmer. Der schwarze Kater folgte ihr dicht auf den Fersen.

„Guten Morgen Sarah", begrüßte Emma sie freundlich. „Hast du gut geschlafen?" Sie nickte und ging auf Emma zu, die schnell ihr Buch wieder in die Tasche steckte und sich dann erhob.
„Dein Kater ist echt niedlich. Wie alt ist er denn?" Sie versuchte den kleinen Kater zu streicheln, der sich aber scheu hinter den Beinen seines Frauchens versteckte.
„Drei Monate."
„Oh, ob er sich wohl mit Harry vertragen wird?"
„Harry?"
„Ach ja, den kennst du ja noch nicht. Harry ist mein Kater. Er ist schon ziemlich alt und die meiste Zeit im Schloss unterwegs. Ich habe ihn nach Harry Potter benannt. Kennst du ihn? Er hat damals du-weißt-schon-wen besiegt. Als Kind war er mein Held." Emma Stimme hatte nun einen schwärmerischen Ton.
Unmerklich war die Dunkelhaarige zusammengezuckt, als der Name ‚Harry Potter' fiel. Sie atmete einmal tief durch, bevor sie sagte: „Hm, habe davon gehört. Gehen wir zum Frühstück."
Sie wollte möglichst schnell das Thema wechseln, was ihr zum Glück auch gelang.
Emma nickte und riss sich von Merlin los. Gemeinsam verließen sie den Gemeinschaftsraum.

-o-

Von den 142 Treppen im Schloss schienen an diesem Morgen ausgerechnet diejenigen, die hinunter in die Große Halle führten, sehr zu Späßen aufgelegt zu sein und wechselten andauernd ihre Richtungen. So hatte Emma viel Zeit, um ihrer neuen Freundin die wichtigsten Sachen über die Schule zu erzählen.

„Es gibt hier vier Häuser, die mehr oder weniger miteinander befreundet sind. Eigentlich kommen wir alle gut miteinander aus, bis auf Slytherin. Die Slytherins sind ein wenig merkwürdig. Sie sind ziemlich eingebildet und lieber unter sich. Ihr Hobby ist es, über die Schüler der anderen Häuser herzuziehen. Ihre Lieblingsopfer sind die Gryffindors. Du musst nur bedenken, dass die meisten dunklen Magier aus Slytherin stammen, dann weißt Du eigentlich genug. Den Gryffindors wird Mut und Tapferkeit vorausgesagt. Sie leben oben im Westturm, glaube ich. Die Hufflepuffs gelten als gerecht, treu und hilfsbereit. Ansonsten sind sie eher unauffällig. Naja, und wir Ravenclaws sind die Strebsamen und Lernfreudigen hier. Aber davon hat der Hut ja gestern in seinem jährlichen Lied schon gesungen. In der Eingangshalle stehen unsere Stundengläser. Jedes Haus hat ein eigenes. Für gute Leistungen bekommt man Punkte, wenn man die Regeln bricht, werden Punkte abgezogen – natürlich nur, wenn man erwischt wird. Das Haus, das am Ende des Jahres die meisten Punkte hat, gewinnt den Hauspokal. Der ist neben dem Quidditchpokal sehr beliebt. Spielst du Quidditch? Nein? Ich auch nicht. Ich interessiere mich nicht so für Sport. Wie dem auch sei, in den letzten Jahren waren es immer die Slytherin gewesen, die beide Pokale gewonnen habe. Also, wenn Du mich fragst, dann liegt das hauptsächlich an ihrem Hauslehrer. Professor Snape. Er ist genau, wie seine Schüler. Er hasst die anderen Häuser und zieht deren Schülern mit Begeisterung Punkte ab. Seine eigenen Schüler dagegen bevorzugt er immer… Oh, wir sind schon da."

Emma hatte ohne Punkt und Komma geredet, während ihre Begleiterin nur immer mal wieder abwesend genickt hatte. Sarah hatte keine Lust auf derartige Unterhaltungen am frühen Morgen. Außerdem wusste sie schon alles, was Emma da erzählte. Ihre Bettnachbarin schien ein nettes Mädchen zu sein, mit der sie sich sicher gut verstehen würde, wenn da nicht ein großer Nachteil an ihr wäre: Sie redete einfach zuviel.

Die beiden Mädchen suchten sich einen freien Platz am Ravenclawtisch und begannen mit dem Frühstück. Professor Flitwick, der kleine Hauslehrer von Ravenclaw kam gegen Ende des Frühstücks an den Tisch und verteilte die Stundenpläne. Bei der neuen Schülerin blieb er stehen.
„Guten Morgen, Miss Watson. Ich freue mich, Sie hier als Schülerin begrüßen zu können. Wie ich sehe, haben Sie schon Anschluss gefunden." Emma nickte ihm von der Seite bestätigend zu. „Ja, wenn Sie Fragen oder Probleme haben, dann steht Ihnen meine Türe jederzeit offen. Ich denke, wir sehen uns dann spätestens heute Nachmittag im Unterricht. Hier ist ihr Stundenplan. „Er hielt Sarah den Stundenplan hin und verabschiedete sich dann mit einem „Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag".

Die Mädchen betrachteten ihre Stundenpläne.
„Oh, ich habe in den ersten drei Stunden Verwandlung für Fortgeschrittene und danach eine Stunde Wahrsagen." Emma verzog etwas angewidert das Gesicht, bevor sie fortfuhr. „Heute Nachmittag eine Doppelstunde Kräuterkunde und dann eine Stunde Zauberkunst. Und du?" Sie sah von ihrem Stundenplan auf und schien doch halbwegs zufrieden zu sein.

„Drei Stunden Zaubertränke, eine Freistunde und dann eine Doppelstunde Verteidigung gegen die dunklen Künste und Zauberkunst."

Emma sah ihre neue Freundin mitleidig an. „Oh man, das nenn ich Hardcore. Fünf Stunden Snape - und das am ersten Tag. Du tust mir echt leid. Sei bloß froh, dass du keine Gryffindor bist. Die kann er nämlich am allerwenigsten leiden."

Emma sah auf die Uhr und griff nach ihrer Schultasche. „Wir sehen uns spätestens beim Mittagessen und in Zauberkunst können wir uns ja nebeneinander setzen, wenn du magst." Emma erhob sich und wollte sich schon verabschieden, als ihr noch etwas einfiel. „Ach ja, Zaubertränke ist unten im Kerker. Aus der Halle heraus und dann links die Treppe runter. Dann immer gerade aus, bis es nicht mehr weitergeht. Und versuch bloß pünktlich zu sein. Snape hasst Unpünktlichkeit."

-o-

Der Zaubertrankunterricht verlief entgegen aller Erwartungen und anfänglichen Schwierigkeiten doch recht angenehm. Es nahmen insgesamt nur sieben Schüler an diesem Fortgeschrittenenkurs teil. Neben dem Ravenclawmädchen waren nur noch vier Schüler aus Slytherin und zwei aus Gryffindor in dem Kurs eingeschrieben.

Als Sarah das Klassenzimmer betrat, sah sie, dass sich alle Schüler auf das hintere Viertel des Raumes verteilt hatten. Unsicher ging sie zu einem freien Platz links außen. Als sie sich setzten wollte, zischte ihr ein Slytherin von der Seite zu: „Hier ist schon besetzt." Sarah sah ihn an, verkniff sich aber einen Kommentar und ging zu dem freien Platz in der Mitte. Dort wurde sie wieder – diesmal von einem anderen Slytherinjungen – darauf aufmerksam gemacht, dass der Platz besetzt sei. Sie seufzte. Ohne ein Wort zu sagen, entschloss sie, sich dann eben einen Tisch vorne, weit ab von den anderen, hinzusetzten.

Sie hatte sich gerade hingesetzt, als Professor Snape auch schon das Klassenzimmer betrat und Sarahs erste Unterrichtstunde nahm ihren Lauf.
Wie Emma vorhergesagt hatte, war Professor Severus Snape ein sehr penibler Mensch. Er hasste Unaufmerksamkeit, unsauberes Arbeiten und Störungen des Unterrichts.
Nachdem er einen kleinen Test über den Lehrstoff des letzten Schuljahres hatte schreiben lassen, war er in der Letzten der drei Stunden dazu übergegangen, in einen schier endlosen Monolog über die Wichtigkeit und Kunst der perfekten Zaubertrankbrauerei zu verfallen und gab ihnen einen Überblick über den Stoff des kommenden Schuljahrs.
Die Schüler schienen sich kollektiv zu langweilen, versuchten sich aber nichts anmerken zu lassen. Einzig die schwarzhaarige Ravenclaw vorne in der ersten Reihe machte sich fleißig Notizen, was von den Slytherins mit Spot bedacht wurde.

Als es schließlich läutete und Snape die Klasse entlassen hatte, drängelten sich die Slytherins an dem Ravenclawmädchen vorbei und einer von ihnen, der strohblonde, spindeldürrer Junge mit stechendem Blick, der sie zu Beginn der Stunde von dem Platz vertrieben hatte, flüsterten ihr ein „Alte Streberin" zu, während er ihr die Schultasche aus der Hand riss und achtlos fallen ließ. Bücher, Federkiele und Tintenfässchen verteilten sich direkt vor der Tür auf dem Boden.
Stumm bückte das Mädchen sich und sammelte ihre Sachen wieder ein. Mit ein paar Zaubersprüchen reparierte sie die zersplitterten Tintenfässer und reinigte die mit Tinte bespritzten Bücher und Pergamentrollen. Mit gesenktem Blick ging sie dann langsam nach draußen.

-o-

Severus Snape hatte die Szene an der Tür mitbekommen und stumm beobachtet, wie das Mädchen ihre Sachen ohne Murren eingesammelt hatte. Einen kurzen Moment hatte er vorgehabt, die Rüpel, die sie absichtlich angestoßen hatten, zu bestrafen. Aber nur einen ganz kurzen Augenblick. Sie waren aus Slytherin - aus seinem Haus. Er hütete sich seinen eigenen Schülern Punkte abzuziehen und dadurch Gefahr zu laufen, den Hauspokal zu verlieren.

So hatte er geschwiegen und sich stattdessen den Tests gewidmet, die er kurz zuvor eingesammelt hatte. Ganz oben lag der Test der neuen Schülerin, Sarah Watson. Er nahm das Pergament und begann zu lesen.
Sehr zu seinem Erstaunen, war der Test fehlerfrei, ja nahezu perfekt. Watson hatte nicht nur sämtliche Zutaten und Tränke richtig zugeordnet, sie hatte sogar die Zutaten in der richtigen Reihenfolge notiert und die Wirkung der Tränke ausführlich erläutert. Severus konnte gar nicht anders, als ihr ein Ohnegleichen zu geben.

Er wollte die Pergamentrolle gerade beiseite legen und sich dem nächsten Test zuwenden, als er stutzte. Irgendetwas kam ihm seltsam vor. Da war etwas, was ihn irritierte. Er nahm das Pergament noch einmal in die Hand und betrachtete es von allen Seiten. So angestrengt er aber auch nachdachte, er kam einfach nicht dahinter.
Kopfschüttelnd beschloss er, dass die restlichen Arbeiten bis heute Abend Zeit hatten.
Mittlerweile hatte es auch schon wieder geläutet und der Geräuschpegel draußen im Gang zeigte ihn, dass seine nächste Klasse schon angekommen war.

Mit einem gemurmelten Alohomora ließ er die Tür aufspringen. Etwas schüchtern drückte sich ein Erstklässler nach dem Anderen durch die Tür und beinahe einvernehmlich suchten sich alle einen Platz möglichst weit hinten im Raum. Nur leider war das Platzkontingent in den hinteren Reihen nicht unendlich groß, deshalb mussten einige Schüler, die von ihren Kameraden mit mitleidigen Blicken bedacht wurden, auch in den vorderen Reihen Platz nehmen.

Nachdem jeder Schüler Platz genommen hatte, zählte Severus sie durch. Es waren genau dreißig. Dieser Jahrgang war der Erste bei dem die vier Häuser zu einer Klasse zusammengefasst wurden. Sie waren alle zu einer Zeit geboren, als der Dunkle Lord auf dem Hochpunkt seiner Macht agiert hatte. Viele, Muggel wie Zauberer, ließen damals ihr Leben. Entweder waren sie im Kampf gegen die dunkle Seite gefallen oder von Voldemorts Todessern, teilweise aus Spaß oder zu Übungszwecken zu Tode gequält worden.
Nach elf Jahren zeigten sich nun die ersten Auswirkungen dieser grausamen Zeit: Die Geburtenrate war dramatisch zurückgegangen und nur noch wenige Kinder bekamen den Hogwartsbrief.

Damals bestanden die Jahrgänge noch aus bis zu 50 Schülern. Aber jetzt: Gerade einmal dreißig Schüler.
Eigentlich viel zu viele, um einen einigermaßen normalen Unterricht durchzuführen. Wenn es ganz schlimm kommt, dann habe ich hier gerade dreißig Hohlköpfe sitzen, die allesamt Verwandte von Neville Longbottom sein könnten, dachte Severus und formulierte in Gedanken schon einmal den Antrag für eine ganze Kutschenladung neuer Kessel.

Seufzend fuhr er mit einem plötzlichen Ruck von seinem Stuhl hoch, der geräuschvoll einen Meter nach hinten rutschte. Sofort herrschte Ruhe.

„Ihr seid hier, um die schwierige Wissenschaft und exakte Kunst der Zaubertrankbrauerei zu lernen." Mit seidiger, fast geflüsterter Stimme, die jedem der neuen Schüler einen eisigen Schauer über den Rücken jagte, begann er seine alljährliche Rede, die er bis zur Perfektion ausgearbeitet hatte. Mittlerweile kam sie ihm schon zum Hals heraus und er hätte sie nur allzu gerne weggelassen, aber er hatte einen Ruf zu verteidigen. Und dieser erfüllte wenigstens einen Zweck: Er schaffte Respekt. Respekt ihm als Lehrkörper gegenüber und, so hoffte er jedes Jahr aufs Neue, auch Respekt der Kunst des Zaubertrankbrauens gegenüber.

Er beendete seine kurze Ansprache, indem er seinen Trumpf aus der Tasche zog. Auf diesen Satz war er besonders stolz. „Ich kann euch lehren, wie man Ruhm in Flaschen füllt, Ansehen zusammenbraut, sogar den Tod verkorkt – sofern-" Er holte zum großen Finale aus. „sofern ihr kein großer Haufen Dummköpfe seid, wie ich sie sonst immer in der Klasse habe!" Von Letzterem war er nicht sehr überzeugt, als er seinen Blick durch die Runde schweifen ließ. Er fixierte jeden einzelnen Schüler für einen Moment und spürte dessen Angst. Angst und Respekt. Er war zumindest halbwegs zufrieden.

Nun begann der zweite Teil.
„Sie da vorne, stehen Sie auf." Er zeigte mit seinem langen Zeigefinger auf einen kleinen, blonden Jungen in der ersten Reihe, der sich zitternd erhob. „Wie ist Ihr Name?"
„Terrie Mitchell, Sir. Aus Gryffindor", stotterte der Junge.
Perfekt. Gute Wahl, Severus, lobte er sich selber.

„Mitchell, sagen Sie mir, was bekomme ich, wenn ich einem Wermutaufguss geriebene Affodillwurzeln hinzufüge?" Er wartete. Keine Antwort. Wie ich es mir gedacht habe.
„Nun, versuchen wir es noch einmal. Wo würden Sie suchen, wenn Sie mir einen Bezoar beschaffen müssten?" Wieder keine Antwort. Sollte er es dieses Jahr wieder nur mit Hohlköpfen zu tun haben? Er lies seinen Blick über die Menge schweifen. Keiner schien irgendeinen blassen Schimmer von dem zu haben, was er wissen wollte. Seufzend wagte er einen letzten Versuch.
„Können Sie mir wenigstens sagen, was der Unterschied zwischen Eisenhut und Wolfswurz ist, Mitchell?"
Er hatte es fast schon geahnt. Sein üblicher Test zu Beginn jedes Schuljahres war aus dieses Mal enttäuschend. Er schien es wirklich wieder einmal mit einer Klasse Dummköpfe zu tun zu haben. Wie frustrierend.
Seufzend wies er den Jungen an, sich zu setzen und zog fünf Punkte von Gryffindor wegen Unwissenheit ab.
Dann begann er mit seiner Erklärung: „Zu Ihrer aller Information, werde ich es Ihnen ausnahmsweise erklären. Affodill und Wermut ergeben einen Schlaftrank, der so stark ist, dass er als Trank der Lebenden Toten bekannt ist."
Den Namen des Trankes zog er absichtlich in die Länge. Amüsiert betrachtete er die bleichen Gesichter vor sich, bevor er fortfuhr: „Ein Bezoar ist ein Stein aus dem Magen einer Ziege, der vor den meisten Giften retten kann und Eisenhut und Wolfshurz bezeichnen ein und dieselbe Pflanze."
Er stockte und blickte in die Runde. „Und warum, " Seine Stimme war nun ganz leise und hatte einen bedrohlichen Unterton. „schreibt das niemand von Ihnen auf?"
Am Schluss war seine Stimme immer lauter geworden und zur Unterstützung haute er noch mit der Hand auf die Tischplatte. Terrie Mitchell ließ vor Schreck seinen Federkiel fallen und bückte sich rasch danach.

Severus' Auftreten hatte den gewünschten Effekt erzielt. Bis zum Ende der Stunde war nur das Kratzen der Federkiele zu hören, während sich die Schüler, Tausend Zauberkräuter und –pilze von Phyllida Spore aufgeschlagen vor sich liegend, Notizen machten.

Als es zur Mittagspause läutete, entließ er die Schüler. Muckmäuschenstill verließen alle den Klassenraum. Doch einmal auf den Gängen angekommen, fingen die Schüler an, sich lauthals zu beschweren. Auch etwas, dass sich nie ändern würde, dachte Severus seufzend, während er seine Sachen zusammenpackte.

Er versiegelte das Klassenzimmer und ging nach oben zum Mittagessen. In einer Stunde würde er seine erste Stunde Verteidigung gegen die dunklen Künste unterrichten. Er wollte darauf vorbereitet sein, wenn er den Siebtklässlern, die den Fortgeschrittenenkurs in dem Fach belegt hatten, gegenübertrat.

-TBC-

(A/N: Severus' berühmte Ansprache und die Befragung habe ich mir von JKR - nachzulesen in „Harry Potter und der Stein der Weisen"- ausgeliehen)