Eine schwierige Mission
von nici1807
Disclaimer: Nichts aus dem Harry Potter Universum, was ihr wieder erkennt, gehört mir, sondern JKR und Warner Bros. (und wer da sonst noch seine Hand aufhält). Ich verdiene kein Geld mit dieser Story und werde Alles nach Gebrauch wieder zurückgeben. Lediglich die Handlung und die erfundenen Figuren, Orte und Gegenstände gehören zu meinem geistigen Eigentum.
Da ich die Klausur am Montag wohl bestanden habe, bekommt Ihr als Belohnung heute ein neues Kapitel ;-)
Ich bedanke mich bei allen Lesern, die ein Review hinterlassen habe und auch bei denen, die es (sicherlich) nur vergessen haben! Eine Runde Butterbier und Kekse für alle!
Bevor es losgeht, wie immer ein riesiges Dankeschön an meine Beta CallistaEvans! Ohne sie wäre mein Geschreibsel nur halb so schön lesbar!
Solltet Ihr aber trotzdem noch Rechtschreibfehler etc. finden, dürft Ihr sie gerne behalten ;-)
Und jetzt viel Spaß beim Lesen!!
Kapitel 5 – Die Folgen des Streits
Die Große Halle war - wie jedes Jahr an Halloween - bunt geschmückt. In den Ecken lagen die riesigen Kürbisse, die Hagrid wie in jedem Jahr gezüchtet hatte und an der Decke schwirrten Fledermäuse herum.
Der Schulleiter bahnte sich seinen Weg durch die tanzende Schülerschaft und steuerte direkt auf den Tisch zu, an dem einige Siebtklässlerinnen aus Ravenclaw beieinander saßen.
„Miss Smith, wo ist denn Miss Watson? Ich habe sie heute Abend noch gar nicht gesehen."
„Hallo Professor Dumbledore. Sarah ist oben im Schlafsaal. Als ich vorhin in unser Zimmer kam, lag sie schon im Bett und hatte die Vorhänge zugezogen. Sie sagte, sie habe wahnsinnige Kopfschmerzen und wolle lieber schlafen."
„Kopfschmerzen? Hm, sagen Sie ihr doch bitte, dass sie sich in der Krankenstation melden soll, wenn die Schmerzen morgen noch nicht weg sind."
„Ja, mache ich, Professor Dumbledore." Emma sah dem Schulleiter verwundert nach, als dieser sich mit einem „Schönen Abend noch, Miss Smith" von ihr verabschiedete und sich den Weg zurück an den Lehrertisch bahnte.
Seltsam. Seit wann ist der Schulleiter denn so in Sorge um einen einzelnen Schüler, dachte Emma. Dann zuckte sie mit den Schultern und wandte sich wieder ihrem Gespräch mit Hanna Woodward zu.
-o-
Albus Dumbledore war besorgt. Er kannte seinen Zaubertrankprofessor zu gut, um direkt zu erkennen, dass dieser ziemlich schlecht gelaunt war, als er den Kopf durch seinen Kamin gesteckt hatte. Er fragte sich, was wohl zwischen ihm und Miss Watson vorgefallen sein konnte. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, Severus zu bitten, sich um Miss Watson zu kümmern. Vielleicht wäre Poppy die bessere Mentorin gewesen… Aber nein, Severus war der beste Mann, wenn es um Zaubertränke ging.
Albus beschloss, sich morgen darum zu kümmern. Heute Abend konnte er sowieso nichts mehr machen.
„Minerva meine Liebe, darf ich um diesen Tanz bitten?"
Die Hauslehrerin von Gryffindor nickte erfreut. Gemeinsam suchten die beiden Professoren sich einen freien Platz auf der Tanzfläche und waren bald in eine angeregte Unterhaltung vertieft.
-o-
Sarah lag tatsächlich hoch oben im Ravenclaw-Turm in ihrem Bett. Kopfschmerzen hatte sie allerdings keine.
Nach dem Streitgespräch mit Professor Snape, war sie wutentbrannt auf direktem Weg in ihren Schlafsaal geeilt. Sarah war froh gewesen, dass Emma nicht da war und hatte erst einmal eine heiße Dusche genommen, um sich abzureagieren. Sie musste einfach einen klaren Kopf bekommen, bevor sie sich wieder unter Menschen trauen konnte. Sie war so aufgewühlt, wie schon lange nicht mehr. Was bildete sich Professor Snape nur ein. Sie war doch kein kleines Kind mehr. Traute er ihr denn gar nichts zu?
Bedrückt hatte sie in ihrem Schrank nach ihrem Lieblingskuschelpullover und einer Tafel Schokolade gesucht und war dann mit Merlin an ihrer Seite unter die Bettdecke gekrochen. Um alleine und ungestört zu sein, hatte sie noch die Vorhänge ihres Himmelbetts geschlossen und die Decke bis über den Kopf gezogen.
Je mehr Abstand, sie zu dem Streit bekam, desto verwirrter wurde sie. Sie war immer noch wütend auf Snape - und enttäuscht. Enttäuscht, dass er ihr so wenig vertraute. Warum behandelte er sie nur wie ein kleines Kind? Hatte er nicht selber zugegeben, dass sie Talent hatte? Was wäre gewesen, wenn sie keine Ravenclaw sondern Slytherin wäre? Hätte er dann genauso reagiert? Oder hätte sie vielleicht gleich zu ihm gehen sollen, statt zu Madam Pomfrey? Aber er war es doch selber schuld. Wäre er nicht immer so ein Ekelpaket, dann würden die Schüler vielleicht auch ein wenig Vertrauen zu ihm fassen und sich mit ihren Problemen direkt an ihn wenden. Vielleicht wollte er gerade das aber auch nicht. Vielleicht wollte er gar nicht, dass man ihn mit Problemen belästigte. Aber warum hatte er sich dann so darüber aufgeregt?
Sarah war mehr als verwirrt und schloss seufzend die Augen. Warum wurde man aus dem Mann nur nicht schlau?
Irgendwann war Emma geräuschvoll in das Zimmer gestürmt.
„Sarah? Bist du schon da?", hatte sie gefragt. „Wir müssen uns langsam für das Halloweenfest umziehen."
Das Halloweenfest. Darauf hatte Sarah ja nun absolut keine Lust. Sie wollte alleine sein und in Ruhe nachdenken. Und sie wollte unter keinen Umständen auf Professor Snape treffen. Schlimm genug, dass sie ihm am nächsten Tag im Unterricht begegnen würde. Vielleicht sollte sie sich einfach ein paar Tage krank melden?
„Emma, ich habe wahnsinnige Kopfschmerzen. Geh ruhig alleine zum Fest, ja?" hatte sie Emma geantwortet.
„Na gut, wie du meinst." Emma klang enttäuscht. Sie hatte sie so auf das Fest gefreut. „Soll ich lieber hier bleiben? Brauchst Du irgendwas?"
Emmas Enttäuschung hatte Sarah in der Seele wehgetan, aber sie hatte einfach keine Lust auf die Party.
„Nein, Emma. Das ist lieb von Dir. Aber geh ruhig alleine! Ich versuche einfach ein wenig zu schlafen."
Nachdem Emma dann endlich wieder verschwunden war, ließ Sarah ihren angestauten Emotionen freien Lauf. Tränen schossen ihr aus den Augen und sie schluchzte hörbar. Was um alles in der Welt hatte sie verbrochen, dass sie das alles hier durchmachen musste? War sie so ein schlechter Mensch, dass das Leben ihr immer so übel mitspielte? Sie wollte doch nur in aller Ruhe das Schuljahr hinter sich bringen – ohne besonders aufzufallen. Aber das Vorhaben schien schon nach zwei Monaten gescheitert.
Merlin reagierte etwas verstört auf den plötzlichen Weinkrampf seines Frauchens und kuschelte sich tröstend näher an sie heran.
„Ach Merlin, du bist mein einziger Freund. Der einzige, den ich habe. Der einzige, der mich wirklich versteht." Merlin maunzte zustimmend und Sarah musste kurz lächeln.
„Nur noch ein paar Monate, dann ist alles vorbei, mein Schatz. Dann kommen wir hier wieder raus. Dann wird alles gut, das verspreche ich dir."
Dann wird alles gut. Dann kommen wir hier raus. Sehr überzeugt war Sarah von ihrem eigenen Worten nicht. Wenn sie ehrlich war, dann gefiel es ihr hier doch eigentlich ganz gut. Sogar besser, als sie zu Beginn des Schuljahres geglaubt hatte. Die beiden Monate hier waren wie im Flug vergangen. Bald war schon Weihnachten und dann dauerte es nicht mehr lange, bis die Abschlussprüfungen anstanden.
Die Abschlussprüfungen. Der Gedanke daran, ließ sie wieder an den Unterricht denken. Und daran, dass am nächsten Tag ihr Projekt in Zaubertränke starten würde. Ihr lief ein kalter Schauer über den Rücken, als sie daran dachte. Professor Snape wollte mit den Schülern nacheinander in Einzelgesprächen über die Projektthemen sprechen. Sie würde morgen wieder mit ihm alleine sein, ihm wieder Auge in Auge gegenübertreten.
Sarah schluckte. Sie bezweifelte, dass das gut gehen würde. Sie fürchtete sich vor dem Gespräch. Vorhin hatte Professor Snape ihr keine Punkte abgezogen und ihr auch keine Strafarbeit aufgedrückt. Er schien zu überrascht von ihrem plötzlichen Wortschwall gewesen zu sein. Aber was würde morgen sein? Würde Ravenclaw morgen Mittag das einzige Haus sein, das den November mit null Hauspunkten begann? Was würden ihre Mitschüler sagen, wenn sie davon erfuhren?
Sarah schüttelte den Kopf. Warum machte sie sich Gedanken über die Reaktionen ihrer Mitschüler? Sie hatte ein viel größeres Problem und das hieß Severus Snape. Je länger sie über das Gespräch mit ihm nachdachte, desto mehr wich die anfängliche Wut über ihren Professor einem anderen Gefühl: Schuld. Ja, sie hatte auf einmal große Schuldgefühle. Wie um Merlins Namen konnte sie nur so mit ihrem Professor reden? Was um alles in der Welt hatte sie dazu bewegt ihm diese Dinge an den Kopf zu werfen? Natürlich war er nicht gerade freundlich zu ihr gewesen, aber gab ihr das das Recht, ihn so anzubrüllen und ihm solche Vorwürfe zu machen?
Sarah fühlte sich immer schlechter. Am liebsten hätte sie jetzt einen Zeitumkehrer gehabt und die letzten Stunden rückgängig gemacht. Wenn sie gekonnt hätte, dann wäre sie an diesem Morgen nicht zur Medihexe sondern runter in den Kerker gegangen. Dann wäre das alles vielleicht gar nicht erst passiert.
Aber es war nun mal passiert und nun musste sie mit den Konsequenzen leben – ob sie wollte oder nicht.
Ein erneuter Weinkrampf erfasste die Ravenclaw und wieder ließ sie den Tränen freien Lauf, bis sie irgendwann erschöpft in einen unruhigen Schlaf fiel.
-o-
Severus Snape hatte den Abend in Gesellschaft mehrerer Gläser Feuerwhiskey verbracht, bis Madam Rosmerta ihn irgendwann nach Mitternacht hinausgeworfen und zurück zum Schloss geschickt hatte.
Der Alkohol hatte seine Sinne betäubt und er fühlte sich irgendwie leichter und unbekümmerter, als er den Hügel zum Schloss hoch schwankte.
Er musste zweimal das Passwort für sein Quartier murmeln, bis die eiserne Rüstung es akzeptierte und ihn einließ. Severus stolperte mit der Tür in sein Wohnzimmer, aber er merkte es gar nicht. So betrunken wie jetzt, war er schon lange nicht mehr gewesen.
Die Tür knallte mit voller Wucht gegen die Wand, prallte ab und fiel geräuschvoll wieder zurück ins Schloss.
„Da bist du ja endlich. Ich habe mir schon Sorgen gemacht", wurde er in einem ziemlich vorwurfsvollen Ton begrüßt. Leider war der Ton auch ziemlich schrill, so dass Severus schmerzvoll das Gesicht verzog und sich auf das Sofa fallen ließ.
„Du bist betrunken! Severus Snape, du bist stockbetrunken! Du hast dich schon seit Jahren nicht mehr so vollaufen lassen."
„Dasss had Rosmerda auch gsagt. Jetz halt en Mun!" Mehr als ein Lallen brachte er nicht zustande.
Severus ließ seinen Kopf in den Nacken fallen und versuchte seinen ihn wieder klar zubekommen, ohne Erfolg. Er blieb einen Moment in der Position, bis ihm ein kalter, pitschnasser Lappen mitten ins Gesicht platschte. Erschrocken fuhr er hoch.
„Wahsss soll'n das?" Er warf dem schwarzen Schatten, der kichernd von der Decke auf ihn zuschoss, einen giftigen Blick entgegen.
„Werde erstmal nüchtern und dann unterhalte ich mich mit dir. Vorher nicht! Nebenan ist noch was von dem Aufpäppelungstrank. Mir sind die Flaschen zwar vorhin umgekippt, aber eine ist noch ganz."
Aufpäppelungstrank war eine gute Idee.
Severus erhob sich schwankend und ging zu seinem Labor. Tatsächlich sah es aus, als hätte ein Orkan darin gewütet. Er fand schnell die Flasche mit dem Aufpäppelungstrank und leerte sie mit einem Schluck. Sofort fühlte er sich merklich besser und besah sich das Chaos genauer.
„Und? Geht es Dir besser?", piepste das schwarze Wesen.
„Ja", grummelte er. „Was ist hier passiert, Wusch?" Severus sah seinen Gesprächspartner wütend an.
Wusch, die kleine Flederratte floh augenblicklich zurück an die Decke, um aus der Schusslinie zu gelangen.
Severus hatte die Flederratte vor ein paar Jahren im Verbotenen Wald entdeckt, als sie noch ein Baby war. Seine Mutter hatte tot neben ihr gelegen. Sie hatte wohl einen Angriff nicht überlebt. Severus hatte die kleine Flederratte mitgenommen und in seinem Kerker aufgepäppelt. Er wusste heute nicht mehr, was ihn damals dazu getrieben hatte, das Tier nicht einfach dort liegen zu lassen oder bei Hagrid abzugeben. Und mehr als einmal hatte er in den letzten Jahren bereut, es nicht getan zu haben.
Die kleine Flederratte wuchs schnell heran und schien sich in seinem Quartier sehr wohl zu fühlen. Nach einem Jahr hatte sie plötzlich angefangen mit ihm zu reden. Das war das erste Mal gewesen, dass Severus sich Vorwürfe gemacht hatte, das Tier nicht einfach liegen gelassen zu haben. Wusch redete ohne Punkt und Komma, hatte zu allem und jedem einen Kommentar abzugeben und wusste sowieso alles viel besser. Für Severus, der eher zurückgezogen lebte und nicht viel Wert auf Konversation legte, war es eine große Herausforderung gewesen, das kleine Wesen nicht einfach vor die Tür zu setzen. Tief in seinem Inneren, genoss er jedoch dessen Anwesenheit. Wusch war so etwas wie ein fester Bezugspunkt in seinem Leben geworden. Severus konnte sich fortan darauf verlassen, dass da jemand war, der auf ihn wartete und sich freute ihn zu sehen. Selbst einem frustrierten Eigenbrödler tat ein wenig Gesellschaft manchmal ganz gut.
Wusch war, wie seine Verwandten, die gemeinen Fledermäuse, ein nachtaktives Tier und schlief den ganzen Tag über. Erst abends, wenn Severus frei hatte und sich meistens in seiner Wohnung oder im angrenzenden Labor aufhielt, wurde sie munter, tobte in der Wohnung herum oder flog über die Ländereien.
„Wusch, ich frage dich ein letztes Mal: Was ist passiert?" Langsam riss Severus der Geduldsfaden.
„Das müsste ich eigentlich dich fragen. Kommst stockbesoffen mitten in der Nacht nach Hause und veranstaltest so ein Theater und -"
„Wusch, ich meine es ernst. Ich schmeiß dich in den See!"
„Tust Du nicht, tust du nihicht!" Die Flederratte fing den funkelnden Blick von Severus auf und stockte. Der Blick des schwarzhaarigen Zauberers war ein ziemlich deutliches Zeichen dafür, dass die Flederratte zu weit gegangen war. Sie flog herunter, ließ sich auf Severus' Schulter nieder und versuchte mit einem der überdimensional großen Flügel sein Ohr zu kraulen.
„Als ich vorhin erwacht bin, bin ich von der Decke gefallen und unglücklicherweise auf dem Tisch mit den Flaschen gelandet", berichtete die Flederratte zerknirscht und fügte noch ein gemurmeltes „Es tut mir Leid, ehrlich!" hinzu.
Severus, dem die ungeschickte Art von Wusch mehr als bekannt war, brummte etwas Unverständliches, schloss die Labortür und ging wieder zum Sofa. Zum Glück hatten auf dem Tisch neben dem Aufpäppelungstrank fast nur leere Phiolen gestanden. Er mochte gar nicht daran denken, welche verheerenden Folgen es gehabt hätte, wenn sich zwei oder mehrere Tränke miteinander vermischt hätten. Er beschloss das Chaos am nächsten Tag zu beseitigen und ließ sich ächzend auf das Sofa fallen und schloss wieder die Augen.
Er atmete tief durch. War das ein Tag gewesen. Erst das Treffen bei Albus, dann der Disput mit Sarah Watson und jetzt noch das. Er wollte nur noch ins Bett und alles schnell vergessen. In sieben Stunden würden die Schüler auf der Matte stehen und dann musste er fit sein.
„Erzählst du mir jetzt was los ist?", fragte Wusch, die den Zauberer stumm beobachtet hatte, nach einer Weile.
„Ich hatte einen anstrengenden Tag. Mehr nicht." Severus, der keine Lust auf ein Gespräch hatte, stand abrupt von der Couch auf, so dass Wusch, die sich nicht mehr halten konnte, mit einem lauten Plumps hinter der Couch auf die Erde fiel
Das Mistvieh hat genauso viel Geschick wie Tonks. Ich hätte sie vielleicht lieber ‚Platsch' nennen sollen, das hätte besser gepasst, dachte Severus, während er beobachtete, wie die Flederratte sich mühsam aufrappelte und auf den Kaminsims flatterte.
„Du hättest mich ja ruhig vorwarnen können", maulte sie.
„Und du hättest mich in Ruhe lassen können", erwiderte Severus, während er sich auf den Weg ins Badezimmer machte. „Jetzt mach, dass du raus kommst. Draußen warten sicherlich ein paar Insekten darauf, von dir verspeist zu werden."
Immer noch maulend hob Wusch mit einem eleganten Sprung vom Kaminsims ab und wäre sicherlich genauso elegant nach draußen gesegelt, wenn sie sich nicht ausgerechnet das Fenster als Weg nach draußen ausgesucht hätte, welches noch geschlossen war.
Vom lauten Aufprall aufmerksam geworden, drehte Severus sich noch mal um und sah, wie die Flederratte in kleinen Spiralen kopfüber Richtung Boden fiel und unter lautem Fluchen dort aufprallte. Er wartete, bis Wusch sich wieder aufgerappelt hatte und dann durch ein offenes Fenster nach draußen flog. Seufzend setzte Severus seinen Weg ins Bad fort.
Als Severus kurze Zeit später im Bett lag und vergeblich versuchte einzuschlafen, kam ihm wieder der Streit mit Sarah Watson in den Sinn. Er war immer noch sehr wütend. Wütend auf sie, dass sie es gewagt hatte, derart mit ihm zu reden. Noch nie hatte jemand es gewagt, in so einem Ton mit ihm zu reden. Schon gar nicht ein Schüler und schon gar nicht in seinem Büro. Die einzige Person, die je mit ihm derart geredet hatte, war der Schulleiter gewesen. Und selbst nach diesem Gespräch war Severus wütend gewesen. Das war aber nichts im Vergleich zu der Wut, die jetzt wieder in ihm hoch kochte. Was bildete diese Watson sich nur ein? Ihm den ganzen Abend zu versauen.
Aber noch wütender war er über sich selbst. Sie hatte ja so verdammt Recht gehabt mit dem, was sie gesagt hatte. Er war ein Ekel. Er war der verhasste Zaubertrankmeister, dem jeder aus dem Weg ging. Er war ein frustrierter, ekliger, verhasster Lehrer, dem es wichtiger war, dass sein Haus beim Punktestand vorne lag, als das Talent der Schüler aus anderen Häusern zu sehen und zu fördern. Er hasste sich selber und seine Situation. Er wusste, dass er im Grunde genommen an dieser Situation selber schuld war. Er alleine hätte die Chance, etwas daran zu ändern. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied, so sagten die Muggel doch. Und obwohl er frustriert war, harrte er aus und wartete der Dinge, die da kommen könnten. Er hätte sich schon lange einen neuen Job suchen können und seiner großen Leidenschaft, der Forschung, nachgehen können. Aber nein, er war immer noch hier.
Er stöhnte innerlich auf. Ihm stand der Sinn nach einem weiteren Glas Feuerwhiskey, aber er wusste auch, dass Alkohol auch keine Lösung war. Nein, es lag ganz allein an ihn, mit der Sache umzugehen und das Beste daraus zu machen.
Mit Schrecken dachte er an den morgigen Unterrichtstag. Fünf Stunden würde er Sarah Watson im Unterricht sitzen haben. Fünf Stunden lang würde eine tickende Zeitbombe dem Unterricht beiwohnen. Wie würde sie sich verhalten? Würde sie Reue zeigen? Sich entschuldigen? Das wäre ja wohl das Mindeste. Aber im Grunde gab es eigentlich nichts, für das sie sich entschuldigen könnte. Sie hatte keine Fehler gemacht. Er war es, der den Fehler gemacht hatte. Er hatte ihr Talent und ihre Fähigkeiten verkannt und ihr Böses unterstellt. Dabei hatten Poppy und Albus vollkommen Recht. Sie hatte ein besonderes Talent, welches unbedingt gefördert werden sollte. Und er war der Einzige hier, der sie angemessen fördern konnte, der ihr die Unterstützung geben konnte, die sie brauchte. Aber wollte er das wirklich? Ihr Unterstützung geben, bedeutete womöglich noch mehr Arbeit und noch weniger freie Abende. Auf der anderen Seite käme er vielleicht so auch wieder zum Forschen. Und was machte er schon sonst an seinen freien Abenden anderes, als durch das Schloss zu schleichen und Schülern aufzulauern. Wenn er mit dieser Schülerin zusammenarbeiten würde, dann würde er vielleicht etwas Sinnvolleres mit seiner Zeit anfangen…
Das Chaos in seinem Kopf machte ihn vollkommen fertig. Er musste abschalten und die ganze Sache zumindest für ein paar Stunden vergessen. Zum Glück war er ein Meister der Okklumentik. Doch so sehr er sich auch anstrengte, das Gesicht der schwarzhaarigen Schülerin aus Ravenclaw verschwand nichts aus seinem Kopf. Und da war noch mehr: Eine leise Stimme, die ihm sagte, er solle ihr helfen und sie unterstützen und das zu seinem eigenen Vorteil nutzen.
Er schloss seufzend die Augen und der letzte Gedanke, bevor er in das Reich der Träume wegdriftete galt Sarah Watson.
-o-
„He, Watson. Du bist die nächste." Steven Miller trat, gefolgt von seinem Kumpel Andy Carr, aus der Tür, die Snapes Büro mit dem Klassenzimmer verband, und grinste Sarah hämisch an. „Er hat ziemlich schlechte Laune, unser guter Professor. - Aber mit deinem Charme wirst du ihn schon weich kriegen."
Na klasse, das fehlte mir noch. Sarah erhob sich langsam, während Steven und Andy, die anscheinend bester Laune zu sein schienen, pfeifend das Klassenzimmer verließen. Sarah wollte den Moment, an dem sie auf ihrem Professor treffen würde, so lange wie möglich herauszögern und packte nur langsam das Buch, in dem sie bis gerade gelesen hatte, ein.
Sie hatte ziemlich schlecht geschlafen und war mehrmals schweißgebadet aufgewacht. Emma hatte ihr am Morgen einen mitleidigen Blick geschenkt und ihr angeboten, sie auf die Krankenstation zu begleiten, aber Sarah hatte abgelehnt. Sie musste schrecklich ausgesehen haben, wenn sie die Blicke von Emma richtig gedeutet hatte. Sie fühlte sich aber auch wirklich so elend, wie sie aussah – was ihr ein kurzer Blick in den Spiegel bestätigt hatte. Sie hatte schlicht Angst vor der bevorstehenden Konfrontation. Und diese Angst bereitete ihr ziemliche Bauchschmerzen.
Beim Frühstück hatte sie nur unruhig an einem trockenen Toast geknabbert und immer wieder verstohlen Blicke zum Lehrertisch hochgeworfen. Professor Snape schien ihr zu dem Zeitpunkt schon nicht gut gelaunt. Mit versteinerter Miene hielt er sich an seiner Kaffeetasse fest und blickte starr ins Leere. Bei dem Anblick und bei dem Gedanken an den folgenden Unterricht, war ihr das Herz in die Hose gerutscht. Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel und wünschte sich am liebsten an den Nordpol oder sonst irgendwo hin – Hauptsache weit, weit weg von dieser Schule und von Snape. Sie wusste zwar, dass Snape sie nicht umbringen würde (oder hoffte es zumindest – bei einem ehemaligen Todesser musste man mit allem rechnen), aber trotzdem hatte sie Angst.
Sarah seufzte und gab sich einen Ruck. Sie erhob sich, strich noch einmal ihren Umhang glatt und ging so selbstbewusst wie nur möglich auf die Bürotür des Professors zu. Sie hatte letztendlich eingesehen, dass sie, wenn sie noch länger zögerte, die ganze Sache nur vor sich her schob. Außerdem würde ihr Trödeln die Laune von Professor Snape sicher nicht verbessern.
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Auch Severus war alles andere als fit an diesem Morgen. Ihm steckte - trotz Aufpäppelungstrank und einer großen Kanne schwarzen Kaffees - der gestrige Abend noch gehörig in den Knochen. Sein Kopf schmerzte und er schaffte es kaum die Augen aufzuhalten. Er hatte nicht gut geschlafen und war mehrmals aufgewacht. Als dann sein Wecker klingelte, war der Morgen für seinen Geschmack viel zu schnell da gewesen.
Während des Frühstücks hatte Albus ihn die ganze Zeit versucht über das gestrige Gespräch mit Sarah Watson auszufragen. Severus hatte nur mit halbem Ohr zugehört, als der Schulleiter irgendetwas davon gefaselt hatte, dass die Schülerin wohl nicht auf den Halloweenfest erschienen sei und angeblich Kopfschmerzen hätte. Außerdem fände er, Albus, es merkwürdig, dass Severus, ebenfalls kurz vorher abgesagt hätte und dass er sich Sorgen um ihn machen würde.
Severus hatte dem Schulleiter deutlich zu verstehen gegeben, dass er nicht sein Sohn sei und alt genug, um eigene Entscheidungen zu treffen. Er hatte Albus deutlich zu verstehen gegeben, dass er sich doch gefälligst ein Haustier anschaffen sollte, wenn er seinen Beschützerinstinkt ausleben wolle.
Dann hatte er sich ruckartig erhoben und war mit wehendem Umhang aus der Großen Halle hinaus und hinunter in die Kerker gestürmt.
Die darauf folgenden Projektgespräche mit seinen Siebtklässlern hatten seine Laune auch nicht gerade aufgebessert. Die Dreistigkeit, die die Schüler an den Tag legten, war schon mehr als unverschämt. Die Schüler wollten sich doch tatsächlich durch die Auswahl besonders einfacher Tränke, die jeder Erstklässler normalerweise ohne Probleme brauen könnte, aus der Affäre ziehen und die Zeit absitzen. Aber nicht mit ihm. Er hatte einem nach dem anderen einen neuen, schwierigeren Trank aufs Auge gedrückt und das unterschwellige Stöhnen der Schüler demonstrativ überhört.
Jetzt fehlte nur noch ein Gespräch und das war das Schlimmste. Er hatte Sarah Watson ganz nach hinten auf die Liste gesetzt und wollte die Konfrontation möglichst weit vor sich herschieben.
Mal sehen, welchen Trank sie sich ausgesucht hat, dachte Severus und atmete noch einmal tief durch. Dann öffnete sich auch schon die Tür und die schwarzhaarige Ravenclaw trat ein.
-TBC-
Ja, ich weiß, dass ich sehr gemein bin. /versteckt sich hinter dem Monitor/
Ihr wollt natürlich wissen, wie es mit den beiden weitergeht? Kann ich verstehen.
Freut Euch am Besten schon einmal auf das nächste Kapitel… ;-)
Ach ja, ich muss noch was zu Wusch sagen. Die niedliche Flederratte entspringt (leider) nicht aus meiner Phantasie (so was könnte ich gar nicht). Wolfgang und Heike Hohlbein haben Wusch in ihrem Roman „Dreizehn" erfunden. Mir hat sie so gut gefallen, dass ich sie einfach Severus als Haustier aufs Auge gedrückt habe. Meiner Meinung nach passen die beiden gut zusammen, oder? Und warum sollte Severus nicht auch ein Haustier haben…
Bis zum nächsten Kapitel. Dort erfahrt ihr mehr über das Projekt von Sarah und wie Severus mit ihr umgeht…
Liebe Grüße
Nici
P.S. Nicht vergessen auf den kleinen Knopf da unten zu drücken, ok?!?!?
