Eine schwierige Mission
von nici1807
Disclaimer: Nichts aus dem Harry Potter Universum, was ihr wieder erkennt, gehört mir, sondern JKR und Warner Bros. (und wer da sonst noch seine Hand aufhält). Die kleine Wusch gehört der Familie Hohlbein, die hoffentlich nichts dagegen hat, dass ich sie mir ausgeliehen habe. Ich verdiene kein Geld mit dieser Story und werde Alles nach Gebrauch wieder zurückgeben. Lediglich die Handlung und die erfundenen Figuren, Orte und Gegenstände gehören zu meinem geistigen Eigentum.
Sorry, dass dieses Kapitel ein bißchen länger gedauert hat. Ich hatte wegen der Klausuren wenig Zeit und hänge momentan gesundheitlich und was die Kreativität betrifft in einem kleinen Loch. Ich hoffe aber, dass es bald aufwärts geht.
Ich bedanke mich bei Malina, Angel-of-Mystic, MomoSnape, McAbe, CallistaEvans, Lady Janien und Little Nadeshiko die ein Review hinterlassen habe und auch bei denen, die es (sicherlich) nur vergessen haben! Eine Runde Butterbier und Kekse für alle!
Bevor es losgeht, wie immer ein riesiges Dankeschön an meine Beta CallistaEvans! Ohne sie wäre mein Geschreibsel nur halb so schön lesbar!
Solltet Ihr aber trotzdem noch Rechtschreibfehler etc. finden, dürft Ihr sie gerne behalten ;-)
Und jetzt viel Spaß beim Lesen!!
Kapitel 6 – Das Projekt
Sarah betrat Snapes Büro. Professor Snape saß an seinem Schreibtisch und sah sie mit undurchsichtigem Blick an.
„Miss Watson. Schön, dass Sie den Weg hierher gefunden haben." Die Stimme des Professors triefte nur so vor Sarkasmus. Sarah, der augenblicklich klar wurde, dass Snape sie nur provozieren wollte, schluckte einen Kommentar hinunter und ging schweigend zu dem Stuhl, der vor dem Schreibtisch stand. Nachdem Snape ihr angedeutet hatte, sich zu setzen, nahm sie Platz und sah ihn wartend an.
„Nun, Miss Watson. Dann bin ich mal gespannt, was Sie mir zu sagen haben." Snape lehnte sich zurück und verschränkte seine Arme vor der Brust.
Sarah schluckte. „Also – ähm – wegen gestern Abend. Ich wollte, ich -"
„Miss Watson", unterbrach Snape sie. „Sie sind heute Morgen hier, um mit mir Ihre Pläne für das Projekt in Zaubertränke zu besprechen. Also, welchen Trank haben Sie sich ausgesucht." Während er sprach, hatte Snape sich wieder nach vorne gebeugt und sah sie mit festem Blick an.
Sarah brauchte einen Moment, um sich zu sammeln, bevor sie sprach: „Ja, also, ich habe mich für den Wolfsbann-Trank entschieden."
„So, so. Der Wolfsbann-Trank." Snape lehnte sich wieder entspannt zurück. „Warum gerade der Wolfsbann-Trank, Miss Watson?"
Sarah, die mit der Frage gerechnet und sich eine entsprechende Antwort parat gelegt hatte, begann mit ihrer Erklärung: „Ich habe mich für diesen Trank aus mehreren Gründen entschieden. Zum einen, weil ich schon einmal damit begonnen hatte meine Aufmerksamkeit auf diesen Trank zu richten. Auf seinen fragenden Blick hin fügte sich schnell hinzu: „Das war in meiner alten Schule, während einer Arbeitsgemeinschaft. Zum zweiten tun mir die Werwölfe Leid. Sie können nichts für ihre Krankheit und müssen sich damit abfinden, dass sie von aller Welt verstoßen werden. Ja, und zum dritten, weil ich einen Werwolf kenne und ihm gerne helfen möchte. Mein Wunsch ist es, dass es irgendwann einmal möglich sein wird, den Trank so zu verändern, dass er nicht mehr jeden Monat getrunken werden muss, sondern vielleicht nur zweimal im Jahr. Wenn ich schon nicht diejenige bin, die dies schafft, so möchte ich doch versuchen, den langen und schwierigen Weg dahin zu ebnen."
Sie machte eine Pause um Luft zu holen und sah ihren Professor an. Sie hoffte, dass dies genug an Erklärung war.
Snape schwieg ebenfalls, hielt ihrem Blick allerdings stand. Nach einer Weile, die Sarah wie eine Ewigkeit vorkam, begann er zu sprechen: „Sie haben also schon Erfahrungen mit diesem Trank. Es ist eine ziemlich schwierige Materie, Miss Watson. Ich weiß nicht -"
„Bitte, Professor Snape", unterbrach Sarah ihn. „Ich habe noch genau im Ohr, was Sie mir gestern über das Thema ‚Selbstüberschätzung' gesagt haben. Sie brauchen es nicht zu wiederholen. Ich bin mir nämlich durchaus darüber im Klaren, dass die Materie schwierig ist. Ich möchte nur mit meiner Analyse fortfahren. Das ist auch schon alles, was man in den vier Monaten, in denen das Projekt läuft, schaffen kann. Außerdem habe ich nicht vor, auf eigene Faust den Trank zu verändern oder an Menschen zu testen. Und schließlich sind Sie ja auch die ganze Zeit über jeden meiner Schritte informiert."
Severus hatte sich die Argumente seiner Schülerin angehört. Er war überrascht gewesen, dass sie sich gerade diesen Trank ausgesucht hatte. Er selber hatte vor Jahren damit begonnen, an dem Wolfsbann-Trank zu forschen. Leider hatte er bisher nur mäßigen Erfolg gehabt. Der Trank war in der Tat schwierig und führte selbst ihn mit seinem Wissen und Können an die Grenzen. Aber es war doch typisch für sie, dass sie sich einen solchen Trank ausgesucht hatte. Seine Vermutungen vom Vortag bestätigten sich einmal mehr. Sie war selbstbewusst und verfolgte stur was sie sich einmal in den Kopf gesetzt hatte. Ihre Argumente klangen überzeugend und sie konnte eigentlich auch nichts kaputt machen. Im Gegenteil, wenn er ein Auge auf sie hatte, dann konnte er ihre Begeisterung und ihr Wissen sogar für sich nutzen...
Zu dieser Erkenntnis war er schon während ihrer ersten Erklärungen gekommen. Trotzdem hatte er es sich nicht verkneifen können, sie weiter zu provozieren. Dass sie sich nicht provozieren ließ, amüsierte ihn mehr, als dass es ihn ärgerte. Normalerweise duldete er es in keinster Weise von jemandem unterbrochen zu werden. Aber dieses eine Mal hatte er eine Ausnahme gemacht. Warum, konnte er allerdings auch nicht sagen.
„In Ordnung, Miss Watson. Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihr Projektthema der Wolfsbann-Trank sein soll, dann werde ich Ihre Entscheidung akzeptieren. Sie sind sich aber hoffentlich darüber im Klaren, dass sich Ihre Projektnote ganz entscheidend auf Ihre Abschlussnote auswirken kann. Sowohl in positiver, als auch in negativer Richtung. Nicht, dass Sie später enttäuscht sind."
„Das werde ich nicht sein, Professor Snape", antwortete Sarah selbstbewusst. Innerlich sprang sie vor Freude darüber in die Luft, dass Snape ihr Projektthema so schnell akzeptiert hatte.
„In Ordnung. Ganz wie Sie meinen, Miss Watson." Snape erhob sich. Für ihn war das Gespräch soweit beendet. „Wenn Sie dann keine Fragen mehr haben, dann sind Sie für heute entlassen. Bereiten Sie bitte bis zur nächsten Stunde Ihre bisherigen Aufzeichnungen in einer für mich lesbaren Form vor."
Sarah nickte, stand ebenfalls auf und ging zur Tür. Bevor sie den Raum allerdings verließ, drehte sie sich noch einmal um. „Vielen Dank, Professor Snape", rief sie ihrem Professor zu. Dieser sah seine Schülerin einen Moment irritiert an und nickte nur.
Als er alleine war, begann er damit die Pergamente auf seinem Schreibtisch zu sortieren. Dabei wanderten seine Gedanken immer wieder zu dem vorangegangenen Gespräch. Es war doch besser gelaufen, als er gedacht hatte. Sarah Watson hatte ein großes Maß an Professionalität gezeigt und er war überrascht, dass eine sechzehnjährige Schülerin so etwas besaß. Allerdings fragte er sich, wofür seine Schülerin sich bedankt hatte. Dafür, dass er ihr Projekt genehmigt hatte oder dafür, dass er ihr für das Gespräch vom Vorabend nicht den Kopf abgerissen hatte? Letzteres hatte er aus Eigeninteresse nicht getan. Er musste seine Position als Lehrer und als Respektperson. Der Disput war privater Natur, hier ging es aber jetzt um schulische Angelegenheiten.
-o-
Der November ging schnell vorüber. Das Wetter wurde immer ungemütlicher und der Winter kam schneller und heftiger, als erwartet.
Anfang Dezember wurde das Schloss von einer Grippewelle überrollt. Die Krankenstation war überfüllt und Madam Pomfrey wusste bald nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. Sie und Professor Snape waren Tag und Nacht damit beschäftigt, Heiltränke zu brauen. Professor Dumbledore, der einer der ersten war, den die Grippe erwischt hatte, wies die Hauselfen an, nur noch vitaminreiche Nahrung zuzubereiten. Und die höheren Klassen übten sich in jeder Unterrichtstunde in der Zubereitung von Stärkungstränken.
Den Nikolaustag verbrachte nicht nur der kleine Professor Flitwick auf der Krankenstation, sondern auch Mister Filch und Professor McGonagall. Da niemand den Unterricht der beiden Professoren übernehmen konnte, bekamen die Schüler Freistunden.
Sarah und Emma verbrachten diese meistens in der Bibliothek mit ihren Nachhilfeschülern. Sarah und Terrie kamen sehr gut voran und auch Emma besserte ihr Taschengeld mittlerweile damit auf, dass sie einigen Erstklässlern Nachhilfe gab.
Sarah hatte angeboten, Professor Snape und Madam Pomfrey bei der Zubereitung der Heiltränke zu helfen. Während Madam Pomfrey von ihrem Angebot begeistert war, hielt Professor Snape nichts davon, ließ sich aber von Sarah dann doch dazu überreden, sein Labor für ihre Forschungen zu benutzen, wenn Snape ebenfalls anwesend war.
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Die Grippewelle ging glücklicherweise genauso schnell wieder vorüber, wie sie gekommen war und der Alltag kehrte ein.
Sarahs Projekt ging gut voran. Sie war mittlerweile fast jeden Abend unten in den Kerkern. Wie er anfangs schon vermutet hatte, hatte keiner der anderen Schüler ihn bisher um die Reservierung des Labors außerhalb der Unterrichtsstunden gebeten.
Severus, der von Sarahs bisherigen Aufzeichnungen positiv überrascht war, konnte gar nicht umhin, selber Spaß an der Arbeit zu entwickeln und mischte sich immer mehr in die Arbeit der Schülerin ein. Er erlaubte ihr mittlerweile sogar, in seinem privaten Labor zu arbeiten. Er ließ sie dort auch schon mal für ein paar Stunden alleine, wenn er seinen Pflichten aus Hauslehrer nachgehen musste oder eine Strafarbeit zu beaufsichtigen hatte. Nach und nach entwickelte sich das Schulprojekt mehr und mehr zu einer richtigen Forschungsarbeit und beschränkte sich schon lange nicht mehr auf reine Analysearbeiten.
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Eine Woche vor Weihnachten war Sarah wieder in Snapes Labor – diesmal alleine - und brütete über ihren Aufzeichnungen.
„Wer bist du? Wo ist Severus?" Eine piepsige Stimme durchbrach die Stille.
„Der ist im Klassenzimmer und beaufsichtigt eine Strafarbeit", antwortete Sarah wahrheitsgemäß und mehr instinktiv als bewusst, ohne das Lesen zu unterbrechen.
„Wie lange denn noch? Ich muss mit ihm reden", fragte die Stimme wieder und riss Sarah damit endgültig aus ihrer Konzentration. Sie schreckte hoch und blickte sich erschrocken im Labor um. Sie hatte sehr konzentriert gelesen und nicht mitbekommen, dass jemand den Raum betreten hatte. Doch da war auch niemand.
Seltsam, dachte Sarah und wandte sich wieder dem Buch vor ihr zu.
„Sprichst du nicht mit mir, oder was? Das ist sehr unhöflich von dir. Weißt du das?" Plötzlich spürte Sarah einen Luftzug an ihrem linken Ohr und sah überrascht auf. Sie konnte gerade noch erkennen, wie etwas schwarzes, ziemlich hässliches an ihrem Kopf vorbeischoss und dann auf die Gardinenstange hüpfte.
„Wer bist du?", fragte Sarah irritiert. Sie hatte keine Ahnung, was das für ein Wesen war und ob die Stimme, die sie vorhin gehört hatte, zu diesem schwarzen Etwas gehörte.
„Schön, dass du dich entschlossen hast, an dem Gespräch teilzunehmen. Ich bin Wusch. Wusch, die Flederratte."
„Flederratte?" Sarah die sich nicht sicher war, ob sie richtig verstanden hatte, fragte lieber noch einmal nach.
„Sag ich doch. Hast du was an den Ohren oder was?"
„Nein, habe ich nicht", verteidigte Sarah sich. „Ich dachte nur -"
„Jaja", wurde sie von Wusch unterbrochen, „du dachtest nur. Weißt du, das ist das Problem von euch Menschen. Ihr denkt einfach zuviel. Also, wann kommt Severus wieder?"
„Seve - ich meine Professor Snape müsste in einer Stunde wieder hier sein." Sarah blickte auf die Uhr und hoffte, dass sie damit falsch lag. Sie wusste nicht so recht, was sie mit diesem Wesen da auf der Gardinenstande anfangen sollte, und wäre froh gewesen, wenn ihr Professor bald zurückkommen würde.
„Na gut, dann warte ich eben hier." Wusch, die mittlerweile kopfüber an der Gardinenstange hing und heftig hin und her schaukelte, schien überhaupt nicht zu merken, dass Sarah für einen Moment genervt das Gesicht verzog und plapperte fröhlich weiter: „Wer bist du?"
„Sarah Watson. Eine Schülerin von Professor Snape", antwortete Sarah kurz und knapp und versuchte sich wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren – ohne Erfolg.
„Sarah Watson? Die Sarah Watson?", fragte Wusch erstaunt.
„Ja! Warum? Was ist mit mir?"
„Severus hat schon von dir erzählt, deshalb", druckste Wusch herum. Nun wurde Sarah doch neugierig. Was hatte Snape wohl von ihr erzählt?
„Und was?"
„Nun ja, er hat gesagt, dass du mit ihm schon eine ganze Weile zusammenarbeitest. Ich glaube, dass es ihm viel Spaß macht. Er ist irgendwie viel – hm, netter zu mir. Seit Halloween geht es ihm auch besser, glaube ich und -"
„Halloween? Was war denn an Halloween mit ihm?"
Sarah hatte sich mittlerweile von ihrem Stuhl erhoben und war ans Fenster getreten.
„Och nichts." Wusch schaukelte mittlerweile so heftig und ungeschickt an der Gardinenstange, dass Sarah befürchten musste, die Flederratte würde jedem Moment wie ein Katapult abheben und durch den Raum schleudern.
„Jetzt sag schon", bettelte Sarah. „Erst neugierig machen und dann nichts sagen. Das ist echt unfair, Wusch!"
„Na gut", Wusch senkte die Stimme zu einem Flüstern. „Aber es ist ein Geheimnis. Du darfst es niemandem sagen. Versprichst du das?" Sarah nickte. „Wenn er jemals davon erfährt, dann bin ich geliefert, weißt du! Dann bringt er mich um."
Wusch versuchte wieder ins Gleichgewicht zu kommen und flog dann ungeschickt auf Sarahs Schulter.
„Er war ziemlich betrunken, als er an Halloween nach Hause gekommen ist. Er konnte kaum gerade stehen und hat nur rumgelallt. Irgendetwas muss an dem Tag passiert sein. So hatte ich ihn schon seit Jahren nicht mehr erlebt. Irgendetwas hat ihn bedrückt. Nicht wütend gemacht – nein, dann hätte er anders reagiert – sondern traurig. Verstehst du, was ich meine?"
Sarah nickte. Sie konnte sich vorstellen, was Snape so aufgewühlt hatte. Plötzlich fühlte sie sich ganz elend. Sie war schließlich nicht ganz unbeteiligt an der Sache gewesen.
„Du sagst, dass es ihm jetzt wieder besser geht?", fragte sie Wusch und ging mit ihr auf der Schulter wieder zu ihrem Stuhl und setze sich. Wusch hüpfte auf die Stuhllehne, bevor sie antwortete: „Ja, jetzt geht es ihm wieder besser. Er scheint viel ausgeglichener zu sein und gestern Abend hat er sogar ein Lied vor sich her gepfiffen. Das hat er noch nie gemacht", berichtete Wusch der staunenden Sarah.
Dass Professor Snape gut gelaunt war und ein Lied pfiff, konnte sich das Mädchen beim besten Willen nicht vorstellen. Obwohl, wenn sie darüber nachdachte, dann erschien ihr der Professor doch um einiges entspannter, wenn sie beide zusammen an dem Projekt arbeiteten, als er es im Unterricht war. Natürlich war er immer noch sehr sarkastisch und schnell aus der Ruhe gebracht, aber dennoch hatte Sarah schon mehrmals beobachtet, wie sich seine Gesichtsmuskeln entspannten und er mit einer beinahe friedlichen, entspannten Haltung über seinen Unterlagen brütete, sobald er sich unbeobachtet fühlte. Er verbreitete dann so eine friedliche, entspannte Stimmung, in der Sarah sich sehr wohl fühlte. Sie hätte vorher nie gedacht, dass die bloße Anwesenheit von Snape, so auf sie wirken könnte. Oder, dass sie sich in seiner Gegenwart entspannen konnte…
„Miss Watson, was ist los?", eine seidig weiche Stimme holte Sarah in die Realität zurück. Sie blickte nach rechts zur Tür und sah Professor Snape dort stehen. Sie wusste nicht, wie lange er sich schon dort befand und hoffte für Wusch, dass er gerade erst gekommen war und nichts von dem Gespräch mitbekommen hatte. Die Flederratte war erschrocken hoch geflattert und hing jetzt kopfüber am Kronleuchter, der gefährlich wackelte.
„Professor Snape! Ich habe gar nicht bemerkt, dass Sie rein gekommen sind. Entschuldigen Sie bitte."
„Das ist mir durchaus aufgefallen, Miss Watson. Sie haben den Eindruck erweckt, als wären Sie im Sitzen eingeschlafen." Snape trat an Sarahs Tisch und blicke sie skeptisch an. „Vielleicht sollten Sie für heute Schluss machen und schlafen gehen. Sie sehen ziemlich blass aus."
Das kommt nur, weil ich mich so erschrocken habe, dachte Sarah, hütete sich aber es laut zu sagen. „Ich habe mich nur mit Ihrem Haustier unterhalten", sagte sie stattdessen und deutete auf den wackelnden Kronleuchter. „Wusch ist wirklich sehr nett."
Severus blickte zur Decke und Wusch sah ihn mit unschuldigem Gesicht an. Wenn Wusch ihn so ansah, dann konnte das nichts Gutes bedeuten. Er warf der Flederratte einen giftigen Blick zu, bevor er sich an Sarah wandte: „Sie sollten jetzt besser gehen, Miss Watson."
Er beobachtete ungeduldig, wie seine Schülerin eilig ihre Sachen zusammenpackte und den Tisch aufräumte. Mit einem freundlichen „Gute Nacht, Professor Snape" und einem Lächeln auf den Lippen verabschiedete Sarah sich dann endlich kurze Zeit später.
Severus nickte ihr nur kurz zu und ließ sich dann auf dem Stuhl nieder, an dem Sarah vor einem Moment noch gesessen hatte. Die Sitzfläche war noch warm und ein leichter Hauch ihres Parfüms lag in der Luft. Der Duft von Vanille stieg Severus in die Nase, aber er empfand es keineswegs als unangenehm. Er lehnte sich entspannt zurück, schloss die Augen und genoss den Augenblick. Durch seinen Umhang hindurch konnte er die in der Stuhllehne gespeicherte Körperwärme seiner Schülerin spüren.
Er seufzte. Es war wirklich ein anstrengender Tag für ihn gewesen und sein Kopf schmerzte. Die Ruhe tat ihm gut.
Nach den anstrengenden Tagen, während die Grippe im Schloss gewütet hatte, wünschte er sich einfach ein wenig mehr Ruhe. Die Schüler, die anscheinend von der vorweihnachtlichen Stimmung im Schloss angesteckt waren und den Weihnachtsferien entgegen fieberten, schienen ihm diese aber nicht gönnen zu wollen. Sie waren im Unterricht so aufgekratzt, unruhig und vor allem unkonzentriert wie schon lange nicht mehr. Die Stundengläser hatten mittlerweile fast alle ihren Jahrestiefstand erreicht. Severus war sogar dazu übergegangen, die Kessel aus dem Klassenzimmer zu verbannen und nur noch theoretischen Unterricht abzuhalten. Die Gefahr, dass durch die Unkonzentriertheit der Schüler ein Kessel oder sogar die ganze Schule in die Luft flog, war einfach zu groß.
Nur noch drei Tage, dachte er, dann sind die Knallköpfe endlich weg und ich kann mich endlich mal entspannen. Naja, wenn da nicht ein Haken an der Sache wäre: Albus und sein ausgeprägter Sinn für Weihnachten.
Der Schulleiter hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, jeden abtrünnigen Weihnachtsmuffel zu bekehren und ihm an Weihnachten eine Freude zu machen. Severus, Albus' liebstes Opfer, mochte gar nicht daran denken, was der Schulleiter sich in diesem Jahr einfallen lassen würde. Er legte sich aber vorsichtshalber schon mal Ausreden zurecht, um vom Weihnachtsessen fern leiben zu können. Zu dieser Jahreszeit bereute er es manchmal, dass er damals den Kontakt zu seiner Familie abgebrochen hatte. Nicht, weil Weihnachten das Fest der Liebe und der Familie war. Nein, weil er so vielleicht eine Ausrede dafür gehabt hätte, die Weihnachtsferien nicht im Schloss verbringen zu müssen.
Ein Schlag auf den Kopf riss Severus aus seinen Gedanken. Sekunden später bohrten sich zwei mit scharfen Krallen besetzte Füße in seine Kopfhaut und zwei lederartige Lappen nahmen ihm die Sicht.
„Wusch!", schleuderte er der Flederratte wütend entgegen. „Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du dich von meinem Kopf fernhalten sollst?"
„Wenn du sonst nicht reagierst, dann habe ich doch keine andere Wahl", versuchte Wusch sich zu verteidigen. „Ich versuche schon seit Ewigkeiten mit dir zu reden, aber du reagierst ja gar nicht."
Severus fuchtelte mit den Händen über seinem Kopf herum und versuchte Wusch zu verscheuchen. Diese hingegen dachte gar nicht daran, ihren Platz zu verlassen und entkam immer wieder hüpfend seine Händen. Ihre Krallen bohrten sich dabei wie kleine Nadeln schmerzhaft in Severus' Kopf.
Schließlich reichte es dem Zauberer. Er stand so plötzlich auf, dass Wusch den Halt verlor und kopfüber auf den nun freien Stuhl plumpste.
„He, was soll denn das?", schimpfte die Flederratte. „Macht dir das Spaß oder was? Warum schmeißt du mich immer runter? Das ist nicht nett von dir."
„Ich bin nicht auf der Welt um nett zu sein, Wusch! Begreif das endlich."
Severus war mittlerweile an den Vorratsschrank getreten und suchte nach einem Trank gegen seine Kopfschmerzen. Nachdem er die Phiole gefunden und den Trank zu sich genommen hatte, wandte er sich wieder an Wusch.
„Was machst du überhaupt hier? Habe ich dir nicht gesagt, dass mein Labor für dich tabu ist?", fragte er.
„Ich wollte nur mal sehen, was du die ganzen Abende so treibst. Und ich wollte mal einen Blick auf deine nette Assistentin werfen", erklärte Wusch, die mittlerweile wieder auf die Gardinenstange gehüpft war.
„Sarah ist nicht meine Assistentin. Sie ist meine Schülerin."
„Aber du magst sie. Und du findest sie nett."
„Das tue ich nicht", brummte Severus empört.
„Doch, das tust du. Das tust du", trällerte Wusch.
„Nein, das tue ich nicht. Und jetzt hör auf mit dem Mist!" Severus, dessen Kopfschmerzen durch die schrillen Töne der Flederratte wieder neuen Nährboden gefunden hatten, fasste sich an die Schläfe.
„Und warum nennst du sie dann Sarah?", hackte Wusch nach.
„Das mache ich doch gar nicht."
„Doch, das hast du. Du hast gesagt ‚Sarah ist nicht meine Assistentin'."
„Na gut, dann habe ich das eben gesagt. Aber es ändert nichts. Miss Watson", diesen Namen betonte er besonders, „ist eine Schülerin. Nicht mehr und nicht weniger. Und jetzt halt endlich den Mund."
„Aber sie ist trotzdem nett. Ich mag sie." Wusch flog hinter Severus her, der die Kerzen im Labor löschte und dabei war, in seine angrenzende Wohnung zurückzukehren.
„Sie ist nett und hübsch und klug, das kannst du nicht verleugnen."
Seufzend ließ Severus sich auf die Couch vor dem Kamin fallen. „Weiß ich nicht."
„Was weißt du nicht?"
„Ich weiß nicht, ob sie nett oder hübsch ist. So genau habe ich mich noch nicht mit ihr beschäftigt. Und jetzt lass mich in Merlins Namen endlich in Frieden und tue, was eine Flederratte tun muss."
Nachdem Wusch endlich weg und er alleine war, entzündete Severus das Feuer im Kamin. Aufgrund der Jahreszeit war es in dem ohnehin schon ungemütlichen Kerker besonders kalt. Severus liebte seinen Kerker. Er fühlte sich hier wohl. Hier war er ungestört und für sich. Selten verirrte sich jemand in sein Reich. Nur der Schulleiter kam ab und an mal auf ein Schwätzchen vorbei, was Severus aber zum Glück immer so kurz wie möglich halten konnte.
„Accio Whiskey." Er richtete seinen Zauberstab auf den kleinen Tisch mit den Getränken.
Er musste jetzt abschalten und zur Ruhe kommen. Das Geplapper von Wusch hatte ihn verunsichert. Auch, wenn er dies nie zugegeben hätte, aber die Flederratte hatte mit ihren Behauptungen doch mehr ins Schwarze getroffen, als sie vermutlich wusste.
Er würde zwar nicht von sich behaupten können, dass er Sarah Watson nett fand. Aber ihre Anwesenheit war ihm auch nicht unangenehm. Nein, er genoss es mittlerweile sogar, mit ihr Abende lang zusammen im Labor zu arbeiten. Sie strahlte eine gewisse innere Ruhe aus, die er oft dringend nötig hatte. Es war ihm sogar schon das ein oder andere Mal gelungen, sich in ihrer Gegenwart ein wenig zu entspannen. Er bewunderte sie um die Ruhe und ihren Verstand, mit der sie an die Aufgaben heranging. Sie war ihm so ähnlich in ihrem Handeln. Ähnlicher, als sie vermutlich jemals erfahren würde. Aber sie war auch noch so jung. Sie war so jung und brachte doch Tugenden mit, die man in ihrem Alter so nicht erwarten konnte oder durfte. Das war etwas, dass Severus oft irritierte. Je länger er mit ihr zusammen war, desto weniger sah er sie als Schülerin vor sich. Er sah sie oft unbewusst als eine erwachsene Frau. Wenn ihm das dann auffiel, war er mehr als irritiert. Er hatte keine Ahnung, wie das Mädchen dies anstellte. Es war ihm schleierhaft. Genauso schleierhaft, wie ihm ihr brillanter Verstand war.
Er konnte sich nur an eine Schülerin erinnern, die jemals ähnliche Ansätze wie Sarah Watson gezeigt hatte: Hermione Granger. Seit Jahren und bis heute Hogwarts beste Schülerin. Sie war die beste Schülerin gewesen, die jemals in seinem Zaubertrankunterricht gesessen hatte. Obwohl sie eine Muggelgeborene war, wusste sie an ihrem ersten Schultag schon mehr über die Zaubererwelt, als so mancher Mitschüler, der aus einer Zaubererfamilie stammte. Sie war ein wandelndes Lexikon, wusste alles und hatte immer einen Antwort parat. Wie sehr hatte ihn am Anfang ihre besserwisserische Art genervt? Wie oft hatte er ihren in die Höhe schießenden Arm verflucht? Er wusste es nicht mehr.
Irgendwann hatte sich zu seiner Genervtheit etwas anderes hinzugesellt: Die Erkenntnis, dass Miss Granger keineswegs nur die ewige Besserwisserin war, die ihre Bücher auswendig gelernt hatte und mit diesem erlernten Wissen protzte. Mehr und mehr überkam ihn die Erkenntnis, dass die Schülerin auch wusste, wovon sie sprach. Sie hatte sich nicht nur das Schulwissen angeeignet, sondern darüber hinaus auch noch Hintergrundinformationen gesammelt und verarbeitet. Sie wusste nicht nur, welche Zutaten sie in einen Trank geben musste. Sie wusste auch, warum sie das tat und welche Effekte sie mit welchen Zutaten erzielen konnte. Und genau das glaubte er jetzt auch bei Sarah Watson erkennen zu können. Wenn sie so weitermachte, dann würde man noch viel von ihr hören. Sie könnte es zu etwas bringen.
Severus seufzte. Hermione Granger war ein brillanter Kopf gewesen. Er fragte sich, was sie in der Zwischenzeit wohl machte. Nachdem sie vor zehn Jahren die Schule verlassen hatte, hatte er nichts mehr von ihr gehört. Was auch immer sie nun mit ihrem Leben angefangen hatte, er hoffte nur, dass sie ihren Verstand nicht nur mit Kinderkriegen und Hausputz vergeudete.
Geräuschvoll setzte Severus das leere Whiskeyglas ab. Warum dachte er in letzter Zeit so oft über seine Schüler nach? Hatte er nicht tagsüber schon genug mit ihnen zu tun? Warum musste er sich auch abends noch mit ihnen auseinander setzen?
Seine Kopfschmerzen waren immer noch nicht besser geworden. Der Trank schien nicht richtig zu wirken. Das könnte natürlich auch am Alkohol gelegen haben. Eine heiße Dusche würde ihm jetzt gut tun. Severus beschloss danach früh schlafen zu gehen und ging in sein Badezimmer.
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Wusch hatte den schwarzhaarigen Mann auf der Couch noch einmal angesehen und war dann widerwillig hinaus in die dunkle, kalte Nacht geflogen. Sie war davon überzeugt, dass Severus sie belogen hatte. Er musste Sarah mögen, sonst hätte er sie nicht alleine in sein Labor gelassen. Das Labor war sein Heiligtum und er ließ ungern jemanden dort hinein. Noch nicht einmal die Hauselfen durften dort saubermachen. Wenn Severus Sarah aber erlaubt hatte dort zu forschen, dann musste das schon einen besonderen Grund haben, dachte Wusch und fasste einen Plan. Anstatt in den Verbotenen Wald zu fliegen, machte sie sich auf den Weg zum Ravenclawturm.
Manchmal muss eine Flederratte einfach tun, was eine Flederratte tun muss, und dem Schicksal auf die Sprünge helfen.
-TBC-
Ja, ich weiß, dass ich sehr gemein bin.
Ihr wollt natürlich wissen, was Wusch vorhat und wie es weitergeht, oder? Habt bitte ein bißchen Geduld. Ich habe mit dem nächsten Kapitel zwar schon angefangen, komme aber nicht so weiter, wie ich es gerne hätte :-(
Eine Anmerkung habe ich noch zu Sarahs Projektthema. Der Wolfsbann-Trank wird in vielen SS/HG - Storys verwendet. Meine Absicht war es aber in keinster Weise, die Idee einfach zu klauen. Mir ist nur kein anderer Trank eingefallen (ich gebe es ja zu).
Der Wolfsbann-Trank kommt unter anderem in folgenden Stories vor, die ich jedem nur wärmstens empfehlen kann:
- Time does not heal all wounds (Die Zeit heilt nicht alle Wunden)
- Some scars never fade (Manche Narben verblassen nie)
- Pawn to Queen
Die ersten beiden Storys sind von WendyNat. Sie wurden von Bausel für translations-for-harry ins deutsche übersetzt und es lohnt sich meiner Meinung nach, sie zu lesen. Die Originale findet Ihr auf ff-net (oder in der NC-17 Version auf Ashwinder)
Pawn to Queen ist leider nie beendet wurden. Die fertigen Kapitel findet Ihr aber auch auf ff-net.
Tja, das war es dann auch schon wieder für diese Woche. Ich hoffe, ihr bleibt mir treu und lest weiter!
Liebe Grüße
Nici
P.S. Nicht vergessen auf den kleinen Knopf da unten zu drücken, ok?!?!?
