Eine schwierige Mission
von nici1807
Disclaimer: Nichts aus dem Harry Potter Universum, was ihr wieder erkennt, gehört mir, sondern JKR und Warner Bros. (und wer da sonst noch seine Hand aufhält). Die kleine Wusch gehört der Familie Hohlbein, die hoffentlich nichts dagegen hat, dass ich sie mir ausgeliehen habe. Ich verdiene kein Geld mit dieser Story und werde Alles nach Gebrauch wieder zurückgeben. Lediglich die Handlung und die erfundenen Figuren, Orte und Gegenstände gehören zu meinem geistigen Eigentum.
Ich bedanke mich bei Sevena, CallistaEvans, Little Nadeshiko, MomoSnape und McAbe, die so freundlich waren und ein Review hinterlassen. /Klopft an den Bildschirm/ Ist da draußen noch jemand? Bitte meldet Euch doch (auch, wenn es nur ein Wort ist…)
Bevor es losgeht, wie immer ein riesiges Dankeschön an meine Beta CallistaEvans! Ohne sie wäre mein Geschreibsel nur halb so schön lesbar!
Solltet Ihr aber trotzdem noch Rechtschreibfehler etc. finden, dürft Ihr sie gerne behalten ;-)
Und jetzt viel Spaß beim Lesen!!
Kapitel 8 – Weihnachten in Hogwarts
Das kann nicht mein Ernst sein. Das muss ein Traum sein, aus dem ich jetzt gleich erwache, dachte Sarah und kniff sich vorsichtshalber in den Arm. Bis auf einen stechenden Schmerz in eben diesem passierte aber nichts. Sarah befand sich immer noch an derselben Stelle, am oberen Absatz der Treppe, die hinunter in die Kerker führte. Sie seufzte. Auf was hatte sie sich da nur eingelassen? Wie konnte Wusch ihr nur so etwas antun? Gut, Wusch war nur eine kleine Flederratte. Sie wusste so gut wie nichts von der Welt. Und sie wusste auch nicht, wie es in Sarah aussah und welchen wunden Punkt sie bei ihr getroffen hatte.
Langsam setzte Sarah ihren Weg fort und dachte über die letzten Tage nach.
-o-
Nach dem seltsamen Traum vor zwei Tagen, war Sarah vor dem Kamin noch mal eingeschlafen und konnte sich am frühen Morgen nicht mehr genau erinnern, was sie, während sie in ungemütlicher Stellung in dem sonst eher gemütlichen Sessel, geträumt hatte. Ob das nun ein positives oder eher ein negatives Zeichen war, konnte sie nicht sagen.
Immer noch verwirrt und mit steifem Nacken war sie dann zurück in den Schlafsaal gegangen und hatte Emma geweckt. Dieser konnte man die nächtliche Störung auch noch gut ansehen und ziemlich müde hatten die beiden Mädchen sich auf den Weg hinunter in die Große Halle gemacht. Sie wollten das letzte gemeinsame Frühstück in diesem Jahr noch einmal so richtig genießen. Die beiden alberten und spaßten herum und hatten bald die Ereignisse der vorangegangenen Nacht vergessen oder in Sarahs Fall verdrängt.
Sarah hatte Emma nach dem Frühstück hinunter nach Hogsmeade begleitet und am Bahnsteig verabschiedet. Dann war sie noch ins Dorf gegangen und hatte sich vom dort herrschenden Weihnachtstrubel anstecken lassen.
Hogsmeade hatte sich in eine wunderschöne weihnachtliche Winterlandschaft verwandelt. Wo man auch hinsah, überall glitzerte und funkelte es. Aus fast jedem Haus wehte Sarah ein Duft von Frischgebackenem entgegen. Sie atmete tief durch und ließ sich von den vielen Hexen und Zauberern, die durch die kleinen Straßen und Gassen strömten, mitziehen. Eigentlich hatte sie keine Einkäufe mehr zu erledigen. Sie war nur froh, den dunklen Mauern des Schlosses für ein paar Stunden zu entfliehen und die Zeit an der frischen Luft zu genießen.
Während sie so durch die Gassen schlenderte, entdeckte sie plötzlich einen kleinen, dunklen Laden zwischen zwei Wohnhäusern. „Magische Buchhandlung, Hogsmeade" stand auf dem kleinen Schild über der Tür. Und darunter in kleineren Lettern „Hier finden sie Bücher, die sie anderswo vergeblich suchen werden".
Neugierig betrat Sarah das Geschäft. Büchern konnte sie noch nie widerstehen und schon gar keiner Buchhandlung. Als sie die Tür öffnete, begann eine kleine, goldene Glocke über dem Eingang zu läuten und kündigte ihren Besuch an.
Sie sah sie um. Der Raum war klein, dunkel und an jeder Wand befanden sich unendlich viele Regale, alle bis an die Decke mit Büchern voll gestopft. Es roch ein bisschen modrig und nach Alter. Der fahle Lichtschein, der durch das Schaufenster in den Raum drang, zauberte eine unheimliche Atmosphäre in den Laden. Der feine Staub, der sich überall festgesetzt hatte, wurde durch das Öffnen der Tür aufgewirbelt und tanzte nun auf den eindringenden Lichtstrahlen.
Sarah kam es vor, als tauche sie in eine völlig andere Welt ein. Die himmlische Ruhe, die hier drinnen herrschte, war völlig gegensätzlich zu dem bunten Treiben draußen auf den Straßen. Hier herrschte eine fast friedliche, romantische Stimmung.
Sarah wanderte an den Bücherreihen entlang und las fasziniert die Titel von den Buchrücken ab. Einige Bücher kannte sie, von anderen hatte sie noch nie gehört. Plötzlich stockte sie. Auf dem Buchrücken eines braunen in dickes Leder eingebunden Buches, welches ein wenig weiter vorstand als die anderen, stand in goldenen Buchstaben „Träume und ihre wahre Bedeutung". Sarah dachte an die vergangene Nacht und an den seltsamen Traum, zog das Buch aus dem Regal und schlug es auf.
Träume sind mehr oder weniger bizarre, konfuse, zusammenhanglose Erlebnisse, die in der REM-Phase (Rapid-Eye-Movement Phase des Schlafes, in der verstärkt Augenbewegungen beobachtet werden) des Schlafes auftreten und im Wachzustand meist nur sporadisch erinnert werden können.
In der Psychoanalyse werden Träume als ein Ausdruck verdrängter Triebregungen und damit zusammenhängender Phantasien gesehen. Sie gelten als die symbolische Verarbeitung von Problemen, die während des Tages ungelöst bleiben.
Nach Siegmund Freud (Anmerkung: Muggel Wissenschaftler, 1856-1939) sind Träume verdrängte Wünsche, die sich mit empfangenen Sinneseindrücken vermengen.
Es wird angenommen, dass insbesondere mit Konflikten verbundene Erlebnisse und Erfahrungen im Traum weiterverarbeitet werden. (1)
Sarah klappte das Buch zu. Ein Ausdruck verdrängter Triebregungen und damit zusammenhängender Phantasien? Nein, das konnte nicht sein. Sie hatte doch keine verdrängten Phantasien von Snape. Niemals! Kopfschüttelnd stellte sie das Buch wieder zurück ins Regal.
„Kann ich Ihnen helfen, Miss?" Die seidenweiche Stimme, die plötzlich an ihr Ohr drang, erschreckte Sarah. Sie taumelte einen Schritt auf das Regal zu, welches bedrohlich zu schwanken begann. Langsam drehte sie sich um und blickte in die braunen Augen eines grauhaarigen Mannes, der sie freundlich anlächelte. Offenbar der Besitzer des Ladens.
„Oh, ich wollte Sie nicht erschrecken, Miss. Mein Name ist Grant. Ich bin der Besitzer dieser Buchhandlung."
Mr. Grant war ein kleiner Mann mit ziemlich langen, grau gelockten Haaren und einem fröhlichen Gesichtsausdruck. Sein Gesicht war von kleinen Lachfalten durchzogen und machte auf Sarah einen mehr als sympathischen Eindruck. Er war einen halben Kopf kleiner als sie, was aber wohl auf die gebeugte Haltung, mit der er dort vor ihr stand, zurückzuführen war. Er stütze sich auf einen schwarzen Holzstock, der so seltsam gebogen war, dass man meinen könnte, es handelte sich um einen natürlich gewachsenen Ast eines Baumes. Der Zauberer lächelte Sarah immer noch freundlich an und entblößte dabei seine strahlend weißen Zähne. Sarah wurde bewusst, dass sie den Mann anstarrte und senkte schnell den Blick.
Sie räusperte sich. „Guten Tag, Mr. Grant. Mein Name ist Sarah Watson. Ich bin Schülerin oben im Schloss und beim Bummel durch Hogsmeade zufällig auf Ihr Geschäft aufmerksam geworden. Ich frage mich, warum ich es erst jetzt entdeckt habe und nicht schon viel früher."
Tatsächlich wurde Sarah in diesem Moment genau das bewusst. Sie war diese Straße schon oft entlang geschlendert, aber der Buchladen war ihr dabei nie aufgefallen. Ob er wohl neu war? Nein, die Einrichtung und die Atmosphäre deuteten eher darauf hin, dass das Geschäft schon seit mehreren Jahrzehnten bestand. Tatsächlich entdeckte sie, als sie den Blick durch den Raum wandern ließ, das kleine Messingschild über der Verkaufstheke: „Magische Buchhandlung, Hogsmeade. Seit 1893. Inhaber Bartholomäus Grant"
„Nein, mein Fräulein, das liegt vielleicht an dem Zauber, der über dem Geschäft liegt. Nur Hexen und Zauberer, deren Geist offen ist für die kostbaren Schätze hier", er deutete mit einer Handbewegung auf die Regale um sie herum, „werden den Laden finden."
„Aber ich interessiere mich schon mein ganzes Leben lang für Bücher", protestierte Sarah. Sie war etwas verwirrt und wusste nicht so recht, was sie von dem freundlichen, alten Mann halten sollte.
„Das glaube ich Ihnen gerne, Miss Watson. Als sie heute durch diese Gasse gegangen sind, muss irgendetwas schwer auf ihrer Seele gelegen haben. Etwas, auf das Sie dringend eine Antwort suchten."
Sarah dachte nach. Ihr Gesicht drückte immer noch Skepsis aus.
„Das muss nicht unbedingt bewusst gewesen sein, Miss Watson", fuhr er fort. „Die unbewussten Gefühle und Gedanken, sind es, die uns oft mehr beschäftigen, als die offensichtlichen Dinge." Der alte Zauberer senkte die Stimme und flüsterte jetzt fast. „Auch, wenn uns gerade das nicht immer bewusst ist. Haben Sie es nicht auch schon einmal erlebt, dass sie unkonzentriert waren, dass ihr Geist nicht frei war, sie aber nicht wussten, warum und woran das lag?"
Sarah nickte und Grant fuhr fort: „Sehen Sie, meine Liebe. Genau das muss heute der Fall gewesen sein, als Sie an meinem Geschäft vorbeigegangen sind."
Der Zauberer zog das Buch, welches Sarah vorhin wieder zurück in das Regal gestellt hatte, heraus und betrachtete es.
„Traumdeutung", murmelte er und sah dann Sarah an. „Das ist es also. Hatten Sie in letzter Zeit einen ungewöhnlichen Traum, der sie sehr beschäftigt hat?"
Sarah nickte wieder. Sie hatte das Gefühl, dass jemand in ihren Geist eingedrungen war und sie von innen durchleuchtet hatte. Woher wusste dieser Fremde, was sie dachte und fühlte?
Ohne, dass sie etwas dagegen tun konnte, erzählte Sarah ihm von dem Traum, der sie schon lange Zeit quälte und vom Tod ihrer Eltern. Natürlich erwähnte sie nicht, wer der Fremde war, der sie letzte Nacht zum ersten Mal im Traum getröstet hatte.
Als sie geendet hatte, nickte der alte Zauberer wissend. „Es ist nicht gut, wenn man sich nur mit der Vergangenheit beschäftigt, meine Liebe. Das verhindert nur, dass man die Gegenwart sieht. Leben Sie nicht in Erinnerungen. Versuchen Sie die Erinnerungen als das anzusehen, was sie sind und nutzen Sie sie. Schauen Sie nach vorne und lassen Sie sich treiben. Miss, wenn Sie den Rat eines alten Mannes annehmen möchten, dann lassen Sie sich folgendes sagen: Manchmal ist das Glück zum Greifen nah und man muss nur die Hand ausstrecken, um es zu fassen."
Sarah sah den Zauberer verwundert an und begann langsam zu begreifen. Sie musste mit der Vergangenheit abschließen und anfangen zu leben. Das Beste aus dem machen, was sie hatte.
„Und ich sage Ihnen noch etwas, meine Liebe. Wer aufhört zu Träumen, hat keine Kraft mehr zu kämpfen", fuhr Grant fort und verwirrte Sarah damit vollends. Was sollte sie denn nun? In der Gegenwart leben oder träumen?
Sarah, die nun eine Menge Dinge erfahren hatte, über die sie nachdenken musste, verließ bald darauf das merkwürdige Geschäft. Der alte Zauberer drückte ihr auf dem Weg zur Tür noch einen Mistelzweig in die Hand. Als kleines Geschenk, wie er augenzwinkernd meinte. Sarah bedankte sich und wünschte ihm ein frohes Weihnachtsfest. Als sie wieder draußen auf der Straße stand und sich noch einmal umdrehte, was das Geschäft verschwunden.
Verwundert blickte Sarah sich um. War das gerade nur ein Traum gewesen? Lag es an ihrem Schlafmangel? Ein Blick auf den Zweig in ihrer Hand zeigte Sarah allerdings, dass sie nicht geträumt hatte.
Plötzlich wusste sie, was sie zu tun hatte und lief zurück auf die Hauptstraße in das kleine Weingeschäft am Ortausgang.
Ziemlich durchgefroren war Sarah am frühen Nachmittag zum Schloss zurückgekehrt und hatte noch einen kurzen Abstecher in die Küche gemacht. Sie wurde von den kleinen Hauselfen, die sich wie immer über hungrige Gäste freuten, freundlich willkommen geheißen und mit einem üppigen Mittagessen versorgt. Dankbar setzte sie sich an den kleinen Tisch in der Mitte des Raumes und betrachtete die herumwuselnden kleinen Elfen, die eifrig das Weihnachtsessen vorbereiteten.
Nach dem Essen verabschiedete sie sich und ging zurück in den verlassenen Gemeinschaftsraum im Ravenclawturm.
In dieser Nacht hatte sie wieder den seltsamen Traum. Sie war wieder in dem Krankenhaus. Und wieder teilte der Arzt ihr mit, dass ihre Eltern tot waren. Und wieder tauchte Severus Snape auf, der sie tröstete. Sie war kurz davor aufzuwachen um den unangenehmen Dingen und dem Schmerz über den herben Verlust zu entfliehen, als eine weitere Person auftauchte. Es war Mr. Grant, der alte Besitzer des seltsamen Buchladens. Er sah sie an und sagte: „Manchmal ist das Glück zum Greifen nah und man muss nur die Hand ausstrecken, um es zu fassen." Er zwinkerte ihr wissend zu und verschwand.
Schweißgebadet wachte Sarah auf.
Den ganzen folgenden Tag verbrachte Sarah im Gemeinschaftsraum vor dem Feuer und machte ihre Hausaufgaben. Nur zum Frühstück und Abendessen erschien sie in der Großen Halle.
Sie musste schon beim Frühstück feststellen, dass sie nur eine von insgesamt vier Schülern war, die im Schloss geblieben waren. Die Haustische waren verschwunden. Stattdessen stand ein großer Tisch in der oberen Hälfte der Halle, den sich die Schüler mit den Lehrern teilten. Sarah hatte sich beide Male zwischen zwei Erstklässler aus Hufflepuff gesetzt und stumm ihr Mahl zu sich genommen. Danach war sie so schnell es möglich und höflich war, wieder in den Gemeinschaftraum oder in die Bibliothek verschwunden. Sie hatte bewusst den Blick ihres Professors für Zaubertränke gemieden und nur aus dem Augenwinkel gesehen, dass er sich ebenfalls mehr als unwohl zu fühlen schien. Wie zufällig waren sich ihre Blicke dann doch einmal begegnet und sofort kamen Sarah wieder die Szenen aus ihrem Traum und die Worte von Mr. Grant in den Kopf. Beschämt hatte sie schnell den Blick gesenkt. Sie spürte, wie sich ihre Wangen auf einmal ganz heiß anfühlten.
Am Heiligen Abend hatte Sarah wieder Besuch bekommen. Sie hatte sich gerade ein Bad eingelassen und sich in das warme, wohltuende Nass sinken lassen, als das Geräusch von heftig schlagenden Flügeln ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Suchend hatte sie sich im Badezimmer umgesehen und einen Moment später war Wusch durch die Tür gesegelt. Ohne Probleme hatte Sarah den Grund für den Besuch erraten und Wusch damit beschwichtigt, dass sie am nächsten Abend mit neunundneunzigprozentiger Sicherheit kommen würde. Wusch, die offensichtlich mit der Antwort zufrieden war, hatte sich auch schnell wieder verabschiedet und Sarah konnte endlich in Ruhe das Bad genießen.
Am nächsten Morgen wurde Sarah durch ein Klopfen am Fenster geweckt. Müde rieb sie sich die Augen, warf einen Blick auf die Uhr und stand auf um sich um den Störenfried zu kümmern. Als sie das Fenster öffnete, segelte eine große, braue Eule, deren Federkleid mit kleinen Eiskristallen gespickt war ins Zimmer. Sie brachte neben einem großen Paket, welches an ihrem Fuß festgebunden war, auch die eisige Kälte von draußen mit hinein.
Sarah nahm der Eule das Paket ab und fütterte sie mit ein paar Brotkrumen. Dann erzählte sie der Eule, dass es in der Eulerei oben noch frisches Wasser und Eulenkekse gab und schickte sie dann wieder hinaus.
Frierend kroch Sarah wieder unter die Decke und packte das Paket aus. Merlin, der neugierig an den Paket geschnüffelt hatte, beobachtete sie neugierig, während Harry nur müde ein Auge öffnete und dann friedlich weiterschlief. Die beiden Kater hatten sich ihr Nachtquartier auf Emmas Bett eingerichtet. Merlin aber, der anscheinend sein Frauchen vermisste, kroch irgendwann nachts immer wieder zu Sarah ins Bett.
Diese hatte mittlerweile die Verschnürung des Pakets geöffnet und zog einen Brief heraus. Neugierig entfaltete sie ihn und erkannte Emmas ordentliche Handschrift:
Liebe Sarah,
ich hoffe, es geht Dir gut und alles ist in Ordnung.
Zuhause ist es wie immer: Mami arbeitet viel und ich muss auf die beiden Racker aufpassen. Stevie geht es ausgesprochen gut. Meine Mutter meint, dass der Trank sehr gut wirkt und er seitdem keine Anfälle mehr hatte. Er kann auch wieder ganz normal rumtoben. Mami lässt Dir liebe Grüße ausrichten und bedankt sich noch mal herzlich bei Dir! Du weißt gar nicht, was Du mir und meiner Familie für einen Gefallen getan hast.
Ich habe gestern mit Stevie und Henry Plätzchen gebacken. Mami hat Dir außerdem noch einen Pullunder und einen Schal gestrickt. Wir hoffen, die Kekse schmecken Dir und die Sachen passen.
Frohe Weihnachten wünscht Dir die ganze Familie Smith!
Liebste Grüße
Deine Freundin Emma
P.S. Lass Dich bloß nicht zu sehr von den Lehrern ärgern!
P.P.S. Viele Grüße an Harry (ich hoffe, er macht Dir nicht allzu viel Ärger)
Sarah schmunzelte, faltete den Brief zusammen und packte weiter aus. Neben einer großen Dose Plätzchen, fand sie auch die selbst gestrickten Sachen. Emmas Mutter hatte ihr einen bordeauxroten Pullunder und einen dazu passenden Schal gestrickt. Beides war mit goldenen Fäden durchzogen und passte wie angegossen. Sarah beschloss den Pullunder heute Abend zu tragen, zog ihn aber jetzt wieder aus und legte ihn vorsichtig zusammengefaltet neben sich auf das Bett. Prompt kam Merlin von Fußende des Bettes hoch getapst. Ihm folgte Harry und beide Kater nahmen sofort die weiche, rote Wolle in Beschlag und wollten sich darauf niederlassen. Fast panisch verscheuchte Sarah die beiden Kater und lockte beide mit einem Keks aus der Gefahrenzone. Schnell verstaute sie Schal und Pullunder katzensicher im Schrank und verschwand dann im Badezimmer.
Als sie in das Zimmer zurückkehrte, saß eine weiße Schleiereule draußen auf dem Fensterbrett und sah sie ungeduldig an.
Nanu, was gibt das denn? Noch mehr Post? Sarah öffnete schnell das Fenster und ließ die Eule herein. Diese ließ ein kleines verschnürtes Päckchen auf das Bett fallen, drehte noch eine Runde durch das Zimmer und flog dann durch das noch geöffnete Fenster wieder hinaus in das Schneegestöber.
Sarah zog die kleine Karte aus der Verschnürung und las:
Wer immer nur sieht, was ihm das Schicksal verweigert hat,
wird nie sehen, was es ihm schenkt. (2)
Nur diese Zeilen. Kein Absender. Keine Anrede.
Seltsam, dachte Sarah und öffnete neugierig das Päckchen. Zum Vorschein kam das Buch über Traumdeutungen, welches sie in der Buchhandlung in Hogsmeade in der Hand gehabt hatte.
Mr. Grant schickte ihr das Buch? Aber woher wusste er? – Ach ja richtig! Sarah hatte ihren Namen genannt und ihm gesagt, dass sie hier zur Schule ging. Aber trotzdem. Warum schickte er ihr ein Buch? Und dann noch ein so wertvolles und altes.
Sie blätterte in dem Buch herum und fand ein zweites kleineres Buch darin: Das Christmas-Survival-Buch von Joshua Piven und David Borgenicht. (3)
Auch in diesem steckte ein Zettel.
Manchmal sind Bücher ein Eisbrecher. Wenn man nicht über das Wetter und die kleinen und großen Wehwehchen reden möchte, dann hilft vielleicht ein Buch, um neuen Gesprächsstoff zu finden.
Irgendwie kam Sarah das alles mittlerweile sehr seltsam vor. Erst der seltsamen Buchladen, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Mr. Grant, der ihr seltsame Ratschläge gab und sogar in ihrem Traum auftauchte und jetzt noch das hier. Wenn sie es nicht sowieso schon gewusst hätte, dann hätte Sarah vermutet, dass hier Magie im Spiel war. Und zwar mehr Magie als die offensichtliche.
Völlig in ihre Gedanken versunken ging Sarah erst zum Frühstück, dann wieder in den Gemeinschaftraum und am Abend zum großen Weihnachtsfestessen in der Großen Halle. Sie bekam alles irgendwie nur am Rande mit und war mehr mit sich selber als mit ihrer Umwelt beschäftigt. Sie wusste nur noch, dass die Hauselfen sich mit dem Essen wieder einmal selber übertroffen hatten und der Schulleiter irgendwelche typischen Kinderspiele spielen wollte. Professor Snape hatte sich irgendwann entschuldigt und war mit wehendem Umhang verschwunden.
Dann fand Sarah sich auf einmal mit einer Flasche Wein, einer Tüte Kekse und einem eingewickelten Buch in der Umhangtasche vor dem Klassenzimmer für Zaubertränke wieder.
Sie wusste nicht genau, wo die Privaträume von Snape waren. Da es aber nur noch eine andere Tür in diesem Gang gab, ging sie auf diese zu. Die alte Rüstung neben der Tür klapperte und Sarah erschreckte sich kurz. Dann nahm sie ihren ganzen Mut zusammen, atmete einmal kräftig durch und klopfte an.
-o-
Severus hatte die ersten Ferientage abschieden für sich und in angenehmer, himmlischer Ruhe verbracht. Er hatte endlich mal wieder ein gutes Buch gelesen und stundenlang vor dem Kamin gesessen. Das Labor hatte er Labor sein lassen und an die Schüler hatte er auch nicht gedacht.
Wenn das Leben doch nur immer so sein konnte, dachte er, als er nach dem Weihnachtsessen vor dem Kamin saß und in die Flammen starrte.
Plötzlich hörte er lautes Flügelschlagen, dann das Klirren des Kronleuchters und sah, wie Wusch auf ihn zugeflattert kam.
Wäre ja auch zu schön gewesen, dachte Severus und sah Wusch fragend an.
„Was gibt es so dringendes, das du mit deinen unprofessionellen Flugkünsten meine Ruhe stören musst?", fragte er ein wenig heftiger als angebracht.
„Ich wünsche dir auch ein frohes Weihnachtsfest, mein lieber Severus", flötete Wusch.
Severus stöhnte innerlich. Warum musste sich nur immer alles um dieses blöde Weihnachtsfest drehen? Waren es nicht eigentlich ganz normale Tage? Tage, wie andere auch? Warum mussten die Menschen gerade an drei Tagen im Dezember nett zueinander sein und gemeinsam feiern? Warum gerade an diesen Tagen? Warum konnte man sich nicht bemühen, das ganze Jahr über nett zu sein? Severus musste schmunzeln. Wenn jemand wüsste, dass ausgerechnet er, der als allgemein menschenscheu und ewig schlecht gelaunt galt, es war, dem diese Gedanken durch den Kopf gingen. Derjenige hätte vermutlich an seinem Verstand gezweifelt und sich zu Lockhart in die geschlossene Abteilung von St. Mungo´s einweisen lassen.
Dabei hatte Severus gar nichts gegen Feste. Einzig das Weihnachtsfest mit dem Friede-Freude-Eierkuchen Getue ging ihm auf die Nerven.
Wusch zog wieder seine Aufmerksamkeit auf sich.
„Bleibst du heute hier?", fragte sie.
„Nein, natürlich nicht. Ich appariere gleich zu meinen drei Frauen und zu den 20 Kindern. Wusch, Heute ist doch Weihnachten, das Fest der Liebe!", antwortete er sarkastisch. Was denkt Wusch denn, wo ich heute noch hingehen würde? Die Drei Besen sind geschlossen und auch sonst ist mir kein öffentliches Lokal bekannt, das heute Abend geöffnet hat.
„Natürlich bleibe ich hier, Wusch", setzte Severus noch nach, als er Wuschs erschrockenes Gesicht sah. Ihm entging nicht, dass die Flederratte anscheinend erleichtert ausatmete und fragte sich, was sie wohl wieder ausgeheckt hatte.
Plötzlich klopfte es an eines der Fenster. Severus stand verwundert auf und ließ die Eule hinein. Der Brief, den die Eule brachte, verwunderte ihn allerdings noch mehr.
Sehr geehrter Professor Snape,
wie uns zu Ohren gekommen ist, beherbergen Sie in Ihrer Wohnung eine kleine Flederratte namens Wusch.
Wir vom Schreiberlingers Treffpunkt haben uns gerade mit mehreren Leuten zusammen getan und einen Zoo gegründet. Er heißt „Unser kleiner Zoo" und befindet sich in Deutschland. Wir sind noch auf der Suche nach seltenen oder bedrohten Tierarten und würden Ihre Wusch aus diesem Grund gerne bei uns aufnehmen.
Wir würden Wusch selbstverständlich höchstpersönlich bei Ihnen abholen und wir versichern Ihnen, dass ihre Flederratte es bei uns sehr gut haben wird.
Bitte teilen Sie uns doch eulenwendend mit, ob und wann wir die kleine Flederratte bei Ihnen abholen können.
Mit freundlichen Grüssen
Malina, Maria3261102, Amruniel und McAbe
(Zoovorstand) (4)
„Wusch, hier will dich jemand kaufen." Na, wenn das mal nicht ein schönes Weihnachtsgeschenk war. Da konnten selbst die Socken, die er wie jedes Jahr von Albus bekommen hatte, nicht mithalten.
„Was ist los?" Wusch klang ziemlich aufgeregt. Jemand wollte sie kaufen? Sie sollte weg von hier? Weg von Severus? Nein, dass würde sie auf keinen Fall zulassen. Sie flatterte auf Severus' Schulter und ließ sich den Brief vorlesen.
„Das ist doch nur ein Scherz, Severus", meinte sie dann und fügte ein verzweifelt klingendes „Oder?" hinzu.
Severus tat so, als würde er einen Moment über das Angebot des Zoos nachdenken, zerknüddelte dann das Pergament und warf es ins Feuer. So sehr ihm Wusch auch auf die Nerven ging, so froh war er doch, die kleine Flederratte als Gesellschaft zu haben.
Doch eins hatte ihn stutzig gemacht: Woher wusste dieser Zoo von Wusch? Niemand außer Albus und Sarah wussten, dass Wusch hier bei ihm lebte. Oder doch? Hatte es jemand herausgefunden? Wer? Und vor allem wie?
Bevor Severus weiter darüber nachdenken konnte, klopfte es an der Tür.
-TBC-
Fussnoten:
(1) Entnommen aus meinem Psychologie Lexikon
(2) Zitat von (Frida Romay)
(3) Das Buch gibt es wirklich (erschienen im Ullstein Verlag)
(4) Als kleiner Dank an die Lieben aus dem ST…
Tja, das war es mal wieder. Nicht sehr Snape-lastig,wie ich zugeben muss, aber es fällt mir leichter aus Sarahs POV zu schreiben, als aus seiner (sonst laufe ich schnell Gefahr, ihn OOC werden zu lassen).
Ich hoffe, Euch hat das Kapitel gefallen – trotz des kleinen Cliffhangers...
Wenn Ihr fleißig Reviews schreibt, dann bemühe ich mich, bald das nächste Kapitel zu veröffentlichen.
Bis zum nächsten Mal!!
LG
Nici
