Eine schwierige Mission
von nici1807
Disclaimer: Nichts aus dem Harry Potter Universum, was ihr wieder erkennt, gehört mir, sondern JKR und Warner Bros. (und wer da sonst noch seine Hand aufhält). Die kleine Wusch gehört der Familie Hohlbein, die hoffentlich nichts dagegen hat, dass ich sie mir ausgeliehen habe. Ich verdiene kein Geld mit dieser Story und werde Alles nach Gebrauch wieder zurückgeben. Lediglich die Handlung und die erfundenen Figuren, Orte und Gegenstände gehören zu meinem geistigen Eigentum.
Ich bedanke mich bei allen Reviewern, die mir geschrieben haben – und das heute mal persönlich:
Malina: Ich habe Dich verwirrt?? Wie das denn? /grins/. Hoffe, Du blickst jetzt wieder durch. Du beschwerst Dich über Cliffhanger? Hm, hoffentlich reißt Du mir nach dem Kapitel nicht den Kopf ab ;-) Ich muss mich auch entschuldigen, dass Sev Euren Brief einfach ignoriert. Aber Du wirst merken, dass er die Sache doch nicht so leicht vergessen kann…
SevenaVielen Dank für Dein Review, liebe Sevena. Und noch mal sorry, dass ich Dich wegen dem Update verwirrt habe. FF-net hatte einfach das Kapitel gefressen…
Nifilwen: Vielen Dank für Dein Review! Ich hoffe, Dir gefällt das neue Kapitel auch.
Nadja.H Auch bei Dir bedanke ich mich für das Review. Ich weiß, dass das Kapitel auf sich warten ließ, aber dafür ist es auch ziemlich lang und… - ach, lass Dich einfach überraschen ;-)
MomoSnapeIch baue doch keine Cliffies aus Rache!! Oder doch?? Nein! Nein! Nein! Na gut, der Cliffie in diesem Kapitel ist heftig – aber auch gewollt…
Maria3261102: Nicht traurig sein! Vielleicht bekommt Ihr Wusch ja noch. Aber ich brauche ich noch ganz, ganz dringend!! Ich hoffe, dass Du in Bezug auf die Spekulationen zu Sarah in diesem Kapitel wieder auf Deine Kosten kommst. Aber: Die Lösung ist nah…
CallistaEvans: Schön, dass Dir der Bartholomäus Grant gefällt. Ich finde ihn mittlerweile auch ganz interessant. Ich denke, da kann man noch was draus machen… Meine innere Hermione? Hm, ja die habe ich. Aber auch ein bisschen Dr. Watson ist in mir. Da sich sonst niemand als Mrs. Snape angeboten hat, denke ich, dass wir ihn uns aufteilen und Bitch13 auch etwas abgeben, oder?? /zu Bitch wink/
Little Nadeshiko: Da ich keine MarySue mag, denke ich, dass ich auch keine gebastelt habe… Aber, man kann ja nie wissen, oder? Die Auflösung gibt es bald – aber noch nicht heute… Dafür aber wieder mehr Handlung!!
Anny An: Vielen Dank für Dein Review! Ich befürchtet, dass Du noch nicht aus dem Grübeln herauskommst. Aber bald!! ;-) Freut mich, dass Dir die Story gefällt!
McAbe: Wegen dem Brief entschuldige ich mich auch bei Dir. Zur Erklärung siehe bei Malina und Maria. Es musste so sein!! Ein extra Butterbier auch für Dich, weil Dir Mr. Grant und die Gryffindorfarben aufgefallen sind (letzteres ist übrigens Zufall). Mit der erwarteten Fortsetzung ist leider auch ein (gehasster) Cliffie gekommen. Sorry!!! ;-)))
Kelten-Vivien Ein Neuling?? /freu/ Es freut mich, dass Dir die Story so gut gefällt. Ich stimme mit Dir voll überein, dass man nicht genug von SS/HG-Stories bekommen kann. Ich hoffe, dass ich mit dem Kapitel Deinen Erwartungen entspreche. Es gibt noch ein bisschen was mit Gefühl (oder auch ein bisschen mehr). Ich hoffe, dass Dir das Kapitel gefällt! Alan ist keltisch? Wusste ich gar nicht. Aber Vivien gefällt mir sowieso super gut. Einen schönen Namen hat Deine Tochter da.
Angel-of-Mystic Der Engel ist wieder da!!! /freu/ Schön, dass Du wieder da bist. Habe Deine Reviews wirklich vermisst ;-) Du hast Glück, dass Du das Kapitel erst gestern gelesen hast. Heute bekommst Du schon die Fortsetzung. Ist das kein Service???
Bei CallistaEvans muss ich mich noch separat für das betalesen bedanken (und den schönen Abend gestern!!!! Ohne Dich wäre mein Geschreibsel nur halb so schön lesbar! DANKE!!!!!
Uff, das hat jetzt viel Zeit gekostet, war aber auch dringend nötig!!
Und jetzt viel Spaß beim Lesen!! /Butterbier und Kekse verteil/
Kapitel 9 - Unerwartete Wendung
Wenn Severus vorher erstaunt oder stutzig gewesen war, war das nichts im Vergleich zu dem, wie er sich jetzt fühlte. Nachdem er die Tür geöffnet und gesehen hatte, wer dort draußen stand, hätte er beinahe mit offenem Mund dagestanden: Im Türrahmen stand Sarah Watson und wippte augenscheinlich ziemlich nervös von einem Bein auf das andere. Sie kaute auf ihrer Oberlippe und wusste anscheinend selber nicht, was sie hier wollte.
Severus, der zuerst einen üblen Scherz vermutete, musterte die Ravenclaw. Sie trug einen knielangen dunkelgrauen Rock, eine farblich passende Bluse und darüber einen bordeauxroten mit goldenen Fäden durchzogenen Pullunder. Die Farbkombination passte sehr gut zu dem langen, fast tiefschwarzen Haar, welches ihr in leichten Wellen über die Schulter fiel und ihr ausgesprochen gut stand. Das musste Severus, obwohl er kein Experte in Sachen Mode war, doch zugeben. Über Rock, Bluse und Pullunder trug sie ihren Schulumhang, was Severus sehr gut verstehen konnte. Im Gang war es viel kühler, als in seinem vom Kamin beheizten Wohnzimmer. Da er selber nichts weiter als eine dünne schwarze Stoffhose und ein dunkelgrünes Hemd trug, begann er allmählich in der Zugluft zu frösteln.
„Miss Watson", meinte er nach einem Moment stummer Musterung. „Kann ich Ihnen helfen?"
Sein Besuch blickte auf.
„Guten Abend, Professor Snape. Ich – ich bin gekommen, um Ihnen ein frohes Weihnachtsfest zu wünschen und Ihnen das hier zu geben."
Sie hielt ihm die eingewickelte Flasche Wein und die Tüte mit Emmas Weihnachtsplätzen hin, welche Severus mit einer Mischung aus Unglauben und aufkommender Freude betrachtete. Er hob fragend eine Augenbraue, sagte aber nichts. Er machte auch keine Anstalten, die Sachen entgegen zu nehmen.
Sarah schien sein Zögern zu bemerken und war offensichtlich der Meinung, dass er eine Erklärung verlangte.
„Ich wollte mich bei Ihnen bedanken, dass Sie mir mit dem Projekt so sehr geholfen haben und immer noch helfen. Sie haben mir ja sogar Ihr privates Labor zur Verfügung gestellt haben. Und – naja, ich dachte, dass Sie vielleicht ein bisschen Gesellschaft gebrauchen könnten."
Severus starrte sie an. Wie kam sie darauf, dass er Gesellschaft und dann auch noch von einer Schülerin bräuchte? Und das ausgerechnet an Weihnachten – in den Schulferien.
„Und wie kommen Sie darauf, dass ich Gesellschaft brauche?", fragte er ein bisschen härter als angebracht.
Sarah senkte den Kopf und schluckte hörbar.
„Weil … weil, ich dachte, ich …" Weiter kam Sarah nicht mit ihrem Gestotter, weil in dem Moment ein schwarzer Schatten aus der Mitte des Raumes hinter Severus an dessen Ohr vorbeirauschte, um sich auf Sarahs Schulter fallen zulassen.
„Sarah!", rief Wusch freudig, „Da bist du ja endlich. Ich dachte schon, du kommst nicht mehr!"
„Hallo Wusch", sagte Sarah kaum hörbar und versuchte Wusch am Kopf zu Kraulen.
Sarah fand die Idee plötzlich gar nicht mehr zu so gut und hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst. Da man aber in Hogwarts bekanntlich nicht Apparieren konnte und ihr auch sonst kein Zauber einfiel, um sich schnell zu immaterialisieren, blieb ihr nichts anderes übrig, als die Suppe auszulöffeln, die sie sich beziehungsweise Wusch ihr eingebrockt hatte. Deshalb schwieg sie erst einmal und wartete ab. Vielleicht fiel Wusch ja etwas ein, um die Situation zu retten.
„Komm doch rein", meinte Wusch dann auch schon und flatterte fröhlich in Richtung Wohnzimmer davon. Als die Flederratte schon halb im Zimmer war, bemerkte sie, dass ihr offensichtlich niemand folgte. Leicht wütend drehte sie sich in der Luft schwebend um. „Was ist denn los? Seid ihr da festgewachsen, oder was?"
Sarah warf ihrem Professor, der sie immer noch mit undurchsichtiger Miene anstarrte, einen unsicheren Blick zu und meinte: „Ich denke, ich sollte dann wieder gehen. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend, Professor Snape."
Sie wollte ihm Wein und Kekse in die Hand drücken, was sich aufgrund seiner vor dem Körper verschränkten Arme, als äußerst schwierig erwies. Dann drehte sie sich langsam um und ging mit gesenktem Blick in Richtung Treppe davon. Dabei wickelte sie sich eng in ihren Umhang, da ihr mittlerweile doch sehr kalt wurde.
„Warten Sie, Miss Watson!" Erst als Severus die Worte an seinem Ohr hörte, realisierte er langsam, dass er es war, der sie ausgesprochen hatte. Woher die Worte und sein plötzlicher Sinneswandel gekommen waren, wusste Severus nicht. Aber nun, da er die Worte formuliert hatte, war es sowieso egal. Er beobachtete, wie Sarah stehen blieb, sich langsam zu ihm umdrehte und ihn fragend ansah. Anscheinend wollte sie sicher gehen, dass sie sich nicht verhört hatte. Mit einer einladenden Geste bedeutete er ihr, einzutreten.
„Kommen Sie schon rein, Miss Watson. Sonst erkälten Sie sich noch hier draußen." Er versuchte so freundlich, wie es ihm möglich war, sie zum Eintreten zu überzeugen. Er hatte keine Lust mehr sinnlos hier draußen in der Kälte zu stehen.
Zögernd ging Sarah an ihrem Professor vorbei und betrat zum ersten Mal seine Privatgemächer. Sie hatte eine kühle unpersönliche Atmosphäre erwartet oder zumindest etwas, was von der Einrichtung her einer Wohnung im Kerker eines Schlosses gerecht wurde. Was sie aber sah, übertraf ihre kühnsten Erwartungen.
Der Raum vor ihr war in warmes, weiches Licht getaucht, das von unzähligen Fackeln und Leuchtern ausging. Diese hingen an beinahe jeder freien Stelle an den Wänden, wo Regale und Bilder Platz dafür gelassen hatten. In der gegenüberliegenden Wand war ein großer Kamin eingelassen, in dem fröhlich ein kleines Feuer prasselte, welches dem Raum die nötige Wärme verlieh. Vor dem Kamin lag ein dicker weißer Teppich.
Sarah überlegte, wie es sich wohl anfühlen würde, auf dem Teppich zu liegen, ein Buch zu lesen und dem Knistern des Feuers zu lauschen. Schnell verscheuchte sie die Gedanken wieder. Dies war schließlich der Teppich und der Kamin ihres Professors und nicht ihr Eigener. Er wäre wahrscheinlich nicht gerade erfreut, wenn eine Schülerin es sich derart in seinen Räumen gemütlich machen würde.
Sie ließ den Blick weiter schweifen. Auf dem großen Teppich stand ein großes, sehr einladend wirkendes dunkelblaues Sofa. Auf der gegenüberliegenden Seite ein dazu passender Ohrensessel und ein kleiner Beistelltisch.
Die Regale an der Wand waren mit hunderten von Büchern übersät. Wo die Bücher eine Lücke gelassen hatten, fanden kleine Skulpturen und Döschen ihren Platz. Sarah musste ihre Neugier bremsen, um nicht sofort an die Regale zu treten und die Bücher anzusehen. Die Buchtitel konnte sie von ihrem Platz an der Tür nicht erkennen. Aber sie traute sich nicht, näher heranzutreten.
Severus hatte zwischenzeitlich die Tür geschlossen und war vor sie getreten.
„Wollen Sie da so stehen bleiben oder setzen Sie sich lieber?" Er sah sie fragend an, wie sie mit halboffenem Mund da stand und sich umsah. Er schnaubte innerlich. Wahrscheinlich hatte sie nicht erwartet, dass er in einer ganz normalen Wohnung lebte. Wie der Großteil der anderen in diesem Schloss vermutete sie wahrscheinlich auch, dass er in einem verlies-ähnlichen Raum hauste und auf dem harten Steinfußboden schlief.
Sarah schien aus ihren Gedanken hochzuschrecken und sah ihn fragend an.
„Also, ich bevorzuge es, meinen Wein im Sitzen zu trinken", meinte er schließlich und ging mit der Weinflasche und der Kekstüte in der Hand auf das Sofa zu. „Sie sollten Ihren Umhang ausziehen, sonst wird es Ihnen gleich zu warm. Da vorne ist ein Haken."
Er zeigte auf eine Stelle neben der Tür, wo tatsächlich eine Art Garderobe hing. Zwei der Haken waren von seiner eigenen Lehrerrobe und einem dickeren Ausgehumhang belegt. Dazwischen war noch ein dritter freier Haken, an den Sarah nun ihren Umhang hing. Dann ging sie unschlüssig in Richtung Sitzecke. Sie war nicht sicher, ob es angebracht war, sich in den Sessel oder doch lieber auf die Couch zu setzen. Sie entschied sich für die Couch und setzte sich in angemessenem Abstand neben ihren Professor.
Snape, der sie die ganze Zeit dabei beobachtet hatte, zückte seinen Zauberstab und murmelte „Accio Flaschenöffner und Weingläser". Dann erhob er sich und zog den Beistelltisch, der neben dem Sessel stand, dichter an die Couch heran. Dabei konnte Sarah einen Blick auf das Hinterteil ihres Professors werfen. Was er sonst immer geschickt unter seinem weiten Umhang versteckte, raubte Sarah fast den Atem. Sie hatte schon immer eine Schwäche für wohlgeformte Männerpos gehabt. Und dieser vor ihr, war ein besonders knackiges Exemplar. Sie hielt die Luft an, um nicht laut zu keuchen und, um die Schmetterlinge, die augenblicklich in ihrer Magengegend munter wurden, zu ersticken.
Sarah beobachtete, wie ihr Gastgeber die Gläser auf den kleinen Glastisch positionierte und sich anschließend daran machte, mit geschickten Handgriffen die Weinflasche zu öffnen.
„Ein sehr guter Jahrgang, Miss Watson", meinte er anerkennend. „Woher wussten Sie, dass ich gerne Rotwein trinke?"
„Wusch hat es mir verraten", antwortete Sarah vorsichtig. Sie wollte der kleinen Flederratte keinen Ärger machen. Andererseits hatte sie auch kein Recht, dem Professor irgendwelche Lügenmärchen aufzutischen. Einen Lehrer anzulügen war ihr schon immer suspekt gewesen. Also entschied sie sich für die Wahrheit.
„Soso", murmelte Severus. „Wusch hat es Ihnen verraten. Dann war Wusch es sicher auch, die Sie hierher gelockt hat, nicht wahr?" Severus hatte mittlerweile eins und eins zusammengezählt und war sich mehr als sicher, dass Sarah nicht freiwillig hier war. Diese Erkenntnis versetzte ihm einen kleinen Stich in der Brustgegend. Aber es war auch typisch. Niemand, außer vielleicht Albus, kam freiwillig zu ihm, um ihm Gesellschaft zu leisten.
Sarah nickte und warf Wusch, die es sich auf dem Kaminsims bequem gemacht hatte, einen entschuldigenden Blick zu.
„Weil du sonst wieder alleine hier rum gehangen hättest, Severus!", mischte Wusch sich in das Gespräch ein.
„Wir beide sprechen uns später noch", zischte Severus seinem Haustier zu. Dann wandte er sich wieder an Sarah und reichte ihr ein Glas. Aber nun war sie schon mal hier. Dann konnte er auch das Beste aus der Situation machen. Er musste sich eingestehen, dass er auf einen weiteren Abend nur in Gesellschaft einer nervigen, kleinen Flederratte wirklich keine allzu große Lust hatte.
„Auf Ihr Wohl, Miss Watson!" Sie stießen an und sahen sich dabei in die Augen. Sarah hatte einmal gelesen, dass es unhöflich war und Unglück brachte, wenn man sich beim Zuprosten nicht ansah. Eigentlich bedeutete es ja, dass man dann keinen guten Sex mehr hatte, aber diesen Gedanken verscheuchte Sarah ganz schnell wieder. Trotzdem konnte sie spüren, wie sie leicht errötete. Ihr Gegenüber schien das nicht zu bemerken oder überging es höflich.
„Nun, Miss Watson. Was führt Sie zu mir?", fragte Snape, nachdem sie beide einen Moment schweigsam dagesessen hatten.
„Wie ich eben schon gesagt habe, war es Wuschs Idee", erzählte Sarah seiner rechten Schulter. Sie wagte es nicht, ihm direkt in die Augen zu sehen. Obwohl sie wusste, dass es mehr als unhöflich war, seinen Gesprächspartner nicht anzusehen. „Außerdem wollte ich mich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie mich bei dem Projekt für den Zaubertrankunterricht so sehr unterstützt haben. Ohne Ihre Unterstützung wäre ich sicher nicht so weit gekommen."
Sarah stockte. Eigene Schwächen zuzugeben, war normalerweise nicht so ihr Ding. Aber es entsprach nun einmal der Wahrheit. Am Anfang hätte sie nie damit gerechnet, dass Snape ihr derart helfen würde. Nach dem Streit an Halloween war sie vielmehr davon ausgegangen, dass er ihr Steine in den Weg legen und ihr das Leben im Schloss zu Hölle machen würde. Das hätte zu dem Snape gepasst, den sie kannte. Während der gemeinsamen Abende im Labor hatte sie jedoch einen völlig anderen Snape kennen gelernt. Einen Snape, der ihr sehr sympathisch war – und vielleicht auch mehr. Und genau dieser Snape saß nun neben ihr und machte sie unheimlich nervös. Sie fühlte sich wie ein kleines Schulkind, das nach vorne an die Tafel gerufen worden war und sich vor der ganzen Klasse blamierte.
Sarah räusperte sich leise und fuhr fort. „Und außerdem hat Emma mir diesen riesigen Berg Kekse geschickt, die ich niemals alleine aufessen kann." Sie deutete auf die Tüte mit den Keksen, die Snape ordentlich neben die Weinflasche auf den Tisch gelegt hatte. Leise fügte sie hinzu: „Und ich wollte an Weihnachten nicht alleine sein."
Sie biss sich auf die Lippe. Den letzten Satz bereute sie in dem Moment, in dem sie ihn ausgesprochen hatte und hoffte, dass Snape ihn überhört hatte. Leider hatte ihr Professor sehr gute Ohren.
„Warum sind Sie denn hier im Schloss geblieben und nicht nach Hause zu Ihrer Familie gefahren?", fragte er und sah sie an.
„Ich habe keine Familie zu der ich gehen könnte", antwortete Sarah kaum hörbar und griff nach der Tüte mit den Keksen, um schnell das Thema zu wechseln. Über ihre Familienverhältnisse wollte sie heute Abend nicht sprechen. Das fehlte noch, dass sie vor ihrem Professor die Kontrolle über sich verlor und anfing zu weinen. Schnell wischte sie eine kleine Träne weg, die sich in ihrem rechten Auge gebildet hatte und fragte: „Mögen Sie lieber Schokoladenkekse oder die mit den Nüssen?"
Severus hatte die Traurigkeit in Sarahs Augen gesehen. Auch die kleine Träne, die sie dezent wegwischte, wobei sie schnell das Thema wechselte, war ihm nicht entgangen. Für einen Moment hatte er das Gefühl, eine erwachsene und reife Frau vor sich zu haben, die sich perfekt unter Kontrolle halten konnte, und keine siebzehnjährige Schülerin.
Er nahm trotz mangelnden Hungers und einer Abneigung gegen Plätzchen, aus Höflichkeit einen mit Schokolade überzogenen Keks und begann mit ein bisschen Smalltalk. Er hatte selber keine Lust, sich mit tief greifenden, persönlichen Themen zu beschäftigen.
Kurze Zeit später waren beide in ein angeregtes Gespräch über die neusten Forschungsergebnisse im Bereich Heiltränke vertieft. Beide bemerkten nicht, wie schnell die Zeit verging. Die Flasche Rotwein war schnell leer getrunken und Severus war in den kleinen Vorratsraum gegangen um eine zweite zu holen. Wusch, die sich in der Zwischenzeit einen Keks gemopst hatte, beobachtete die beiden vom Kaminsims aus und war zufrieden. Sarah und Severus gingen miteinander um, als wären sie alte Freunde. Glücklich beschloss sie, dass sie die beiden einen Moment alleine lassen konnte, um sich ein bisschen proteinhaltigere Nahrung zu suchen und flatterte in die dunkle Nacht hinaus.
Nachdem Wusch sie alleine gelassen hatten saßen beide da und schwiegen.
Sarah fühlte sich mittlerweile sehr wohl und bereute es nicht mehr, dass sie sich von Wusch hatte überreden lassen hierher zu kommen.
Während ihre Hände sich mit dem Weinglas beschäftigten, rasten viele Fragen durch Sarahs Kopf. Wie tief kann man in schwarze Augen eintauchen, ohne zu ertrinken? Ist das Kribbeln in meinem Magen und auf meiner Kopfhaut eine physikalisch messbare Größe? Wie kann mein Herz nur so stark schlagen, obwohl ich hier mit Severus Snape sitze und es doch vor langer Zeit schon in tausend Stücke zerbrochen ist? Ist der Ausbruch meiner Gefühlsdusselei durch die weihnachtliche Stimmung oder durch die Anwesenheit von Snape oder durch beides verursacht?
„Miss Watson? Träumen Sie?", Snape, der sie anscheinend schon mehrfach angesprochen hatte, sah sie mit durchdringendem Blick an. Sarah wurde bewusst, dass sie ihn die ganze Zeit angestarrt hatte. Vor Schreck ließ sie ihr zum Glück leeres Glas fallen, welches weich auf dem Teppich landete. Sie bückte sich schnell um es aufzuheben und spürte, wie sie schon wieder rot wurde. Hektisch griff sie nach dem Glas, erwischte aber nur die Hand von Severus, der sich gleichzeitig nach dem Glas gebückt hatte.
Das Gefühl der warmen, weichen Haut, welche die ihre berührte, ließ Sarah schwindelig werden. Tausend kleine Blitze gingen von dem Punkt aus, wo sich ihre Hände berührten und verbreiteten sich mit einem angenehmes Kribbeln schnell in ihrem ganzen Körper. Sie fühlte sich wie elektrisiert und hielt die Luft an.
Severus schien entweder geschockt zu sein oder dasselbe zu empfinden. Auch er zog die Hand nicht sofort weg, sondern verharrte einen Moment in der halb gebückten Position mit der Hand halb auf dem Glas, halb an Sarahs Haut. Er drehte den Kopf und sah sie an. Ihre Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt und Sarah konnte seinen warmen Atem an ihrer Wange spüren. Sie wusste, dass es falsch war, aber es fühlte sich so richtig an. Er war ihr Lehrer, aber auch gleichzeitig der Mann, den sie begehrte. Sie sah ihrem Lehrer direkt in die Augen. Jetzt, in diesem Moment, wo sie in diese wahnsinnig dunklen Augen blickte und sich darin verlor. Jetzt, wo sie den warmen Atem von ihm spüren konnte und seinen Duft einatmete, wurde ihr bewusst, was ihr so lange schon gefehlt hatte. Wonach sie sich schon so lange gesehnt hatte. In diesem Moment wurde es ihr ganz deutlich bewusst. Ihre Umwelt reduzierte sich auf den schwarzhaarigen Mann neben ihr. Sie nahm nichts anderes mehr wahr, als seinen warmen Atem auf ihrer Haut, seinen betörenden Duft in ihrer Nase und diese tiefen schwarzen Augen, die sie mit einem Blick ansahen, der sie zum Schmelzen brachte.
Manchmal ist das Glück zum Greifen nah und man muss nur die Hand ausstrecken, um es zu fassen.
Sarah schluckte. Sie hörte die Stimme von Mr. Grant in ihrem Kopf und zögerte. War das Glück wirklich zum Greifen nah? Jetzt? In diesem Augenblick? Aber der Mann, in dessen Blick sie sich geradezu verlor, in dessen Duft sie ertrank, war jetzt ihr Lehrer. Außerdem wollte sie ihn nicht enttäuschen. Ihre Situation war viel zu kompliziert, als das es nicht zwangsläufig genau darauf hinauslaufen würde. Sie durfte ihn nicht lieben. Oder doch? Sie bewegte ihren Kopf langsam auf ihn zu; völlig von ihrem Herzen geführt, das ihren Verstand besiegt hatte. Und als wären sie zwei gegensätzliche Pole eines Magneten, bewegte sich auch sein Kopf in ihre Richtung. Sein Blick veränderte sich. Sie konnte nicht genau deuten, was sie jetzt sah. Sie glaubte, es wäre Sehnsucht. Sehnsucht wonach? Bevor sie es richtig erfassen konnte, schreckte ein Geräusch sie auf und die Seifenblase, die sich wie ein Schutzfilm um sie gelegt hatte, sie vor der Umwelt abgeschottet hatte, zerplatzte.
Auch Severus wurde von dem besonderen Augenblick erfasst. In dem Moment, als Sarah das Glas hatte fallen lassen und ihre Hände sich berührten, war etwas mit ihm geschehen, was er nicht deuten konnte. Die Berührung hatte einen Schwarm feuriger Blitze durch seinen Körper geschickt und ein Gefühl wachgerüttelt, welches er schon so lange nicht mehr gespürt hatte, was schon so lange vergraben war. Er wurde eingesogen in die Aura, die von Sarah ausging. Ihr Duft, ein Gemisch aus Vanille und Eigenduft, stieg ihm in die Nase und betörte ihn. Er konnte nicht anders, als seinen Kopf drehen und sie ansehen. Es war wie eine magische Anziehungskraft, die von ihr ausging und der er sich nicht entziehen konnte. Ein leichtes Kribbeln machte sich in seiner Bauchgegend breit und kroch durch jede Sehne, jede Ader seines Körpers. Er war wie berauscht von der Frau, die so nah neben ihr war, dass er meinte das Pulsieren ihres Blutes spüren zu können. Die kleinen Härchen auf seinen Armen stellten sich auf und er bekam eine Gänsehaut. Ein Zustand, den er seit vielen Jahrzehnten nicht mehr gespürt hatte und von dem er glaubte, dass er ihn niemals wieder erleben würde – zumindest nicht aufgrund der Anwesenheit einer Frau. Er spürte, wie sein Verstand aussetzte und seinem Verlangen nachgab. Verlangen nach Nähe, Geborgenheit, Zuneigung. Dinge, der er in diesem Moment in ihren Augen sehen konnte. Er wurde von Sarah angezogen und konnte sich nicht dagegen wehren. Er wollte es auch nicht. Die Vernunft war verdrängt, das Gefühl hatte gesiegt.
Ein leises Geräusch holte ihn auf den Boden der Tatsachen zurück. Er hatte das Gefühl zu fallen und schlug hart auf den Boden der Realität auf. Fast ruckartig setzte Severus sich auf und drehte sich in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Er wusste nicht, was eben mit ihm passiert war. Und er wusste nicht, ob er dem Verursacher dieses Geräusches dankbar sein sollte oder ihn innerlich verfluchte.
„Ah, Severus. Da bist du ja." Der Kopf des Schulleiters lächelte ihm aus den Flammen des Kamins entgegen.
„Ich wollte nur mal nach dir sehen und fragen, wie es dir geht." Der Schulleiter entdeckte Sarah, die sich ebenfalls wieder aufgerichtet hatte, und stockte einen Moment, ehe er fortfuhr: „Miss Watson? Welch eine Überraschung. Ich hatte nicht erwartet, Sie hier anzutreffen."
Der Schulleiter klang alles andere als anklagend oder streng. Dennoch fühlte Sarah sich irgendwie ertappt.
„Miss Watson ist nur kurz vorbeigekommen, um -" Severus, der mittlerweile seine Sprache wieder gefunden hatte, setzte in seinem gewohnt kühlen Ton zu einer Erklärung an. Sarah kam ihm zur Hilfe.
„Ich bin nur kurz gekommen, weil ich mit Professor Snape etwas wegen meines Projektes für den Zaubertrankunterricht besprechen wollte", erklärte sie dem Schulleiter. Innerlich war sie sehr aufgewühlt, hoffte aber, dass man dies ihrer Stimme nicht anmerkte. Sie räusperte sich und setzte noch schnell hinzu: „Ich hatte da noch eine Frage, mit der ich nicht klar gekommen bin."
Dem Schulleiter schien die Erklärung zu genügen. „Ah ja, der Wolfsbanntrank. Severus hat mir davon erzählt. Nun gut, dann will ich nicht länger stören. Gute Nacht, Ihr beiden."
Severus murmelte etwas, dass sich entfernt nach „Gute Nacht" anhörte und Sarah winkte dem Schulleiter zum Abschied kurz zu. Als dessen Kopf verschwunden war, atmete sie erleichtert aus.
Severus saß einfach nur da und starrte in die Flammen. Seine eben noch entspannte Haltung und die freundlichen Züge in seinem Gesicht waren verschwunden. Er hatte sich wieder hinter die Maske, die er ständig trug, zurückgezogen.
„Ich denke, ich sollte dann besser gehen", meinte Sarah nach einer Weile. Sie wollte nicht gehen, aber ihr Verstand, der mittlerweile wieder seinen Dienst aufgenommen hatte, sagte ihr, dass es das Beste sei. Da Severus nicht reagierte, stand sie auf und holte ihren Mantel. Zögernd ging sie noch mal zur Couch zurück, wo Severus immer noch wie versteinert saß und Löcher in die Luft starrte. Sie räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen.
„Vielen Dank für den schönen Abend, Professor Snape."
Er schreckte aus seinen Gedanken hoch und starrte sie an. Dann erhob er sich und begleitete sie zur Tür. Er wollte nicht, dass sie durch diese Tür ging und ihn alleine ließ. Aber es war wohl das Beste. Sie war nur seine Schülerin. Eine aus dem Haufen der Nervensägen, die ihm das Leben hier zur Hölle machten. Er wusste, dass er sich in dem Moment selber belog, und dass Sarah längst mehr für ihn war, als nur eine Schülerin. Aber es durfte nicht sein.
„Kommen Sie gut zurück in Ihren Turm, Miss Watson."
Er versuchte soviel Kühle und Abweisung wie nur möglich in seine Stimme zu legen, aber an ihrem Blick sah er, dass es ihm nicht gelang. Entweder das oder sie hatte keine Angst vor ihm und ließ sich nicht einschüchtern.
Energisch ging er den letzten Schritt zur Tür und öffnete diese schwungvoll.
Sarah wollte gerade hinausgehen, als Wusch durch eines der Fenster geflattert kam und keuchend und völlig außer Atem auf die Tür zugeflogen kam. Die Flederratte trug irgendetwas grünes, stacheliges in ihren Krallen. Als sie über ihm und Sarah zum stehen kam, wusste Severus, was es war und stöhnte innerlich auf.
„Du darfst nicht gehen, Sarah. Du musst bleiben", meinte Wusch bestimmt.
Sarah sah das flatternde Wesen mit einem fragenden Blick an.
„Ich denke, das geht dich nichts an, Wusch", schaltete sich Severus ein.
„Doch, es geht mich was an. Sie darf nicht gehen. Weil -"
„Weil was?", fragte Severus genervt und wünschte sich einmal mehr, Wusch niemals kennen gelernt zu haben. Ich muss gleich nachsehen, ob ich den Brief von diesem Zoo noch heil aus dem Kamin fischen kann, dachte er völlig entnervt.
„Weil ihr Euch erst küssen müsst!", antwortete Wusch patzig.
„Und wie kommst du darauf, Wusch?", fragte Sarah, die bisher nur stumm dagestanden hatte.
„Weil es Tradition ist. Wenn zwei Menschen unter einem Mistelzweig stehen, müssen sie sich küssen", erklärte Wusch.
„Das gilt aber nur, wenn der Mistelzweig zuerst da war und nicht von einem keuchenden Wesen erst angeschleppt wird, wenn die beiden Menschen schon da stehen!" Severus' Worte duldeten keinen Widerspruch und er wandte sich von Wusch weg und wieder Sarah zu, die ihn verlegen ansah.
„Ja, dann gute Nacht, Professor Snape. Und vielen Dank für den schönen Abend!" Sarah sah ihrem Lehrer noch einmal tief in die Augen und wandte sich dann schnell ab. Sie spürte, wie die Schmetterlinge in ihrem Bauch wieder anfingen zu flattern und ihre Knie weich wurden. Über die Schulter hinweg verabschiedete sie sich noch kurz von Wusch und lief dann mit zitternden Beinen zu ihrem Schlafsaal.
Schlaf fand sie in dieser Nacht nicht. Sobald sie die Augen schloss, sah sie Severus vor sich und meinte seinen warmen Atem und seine Berührung noch immer zu spüren.
Nachdem Sarah gegangen war, fühlte Severus sich seltsam leer. Sein Wohnzimmer wurde merklich kühler und es war, als hätte Sarah die Wärme mitgenommen.
Er ließ sich auf die Couch fallen, auf die Stelle, an der Sarah vor ein paar Minuten noch gesessen hatte. Er konnte ihre Körperwärme spüren und ihr süßlicher Duft lag noch in die Luft. Er inhalierte tief und schloss die Augen.
Das konnte gerade nicht passiert sein. Oder doch? Es durfte nicht. Sie war seine Schülerin und er war mehr als doppelt so alt wie sie. Aber was wäre gewesen, wenn Albus sie nicht gestört hätte? Hätte er seinen Gefühlen nachgegeben? Und was wäre dann passiert?
Er setzte sich ruckartig auf. „Das darf nie wieder passieren, Severus!", sagte er energisch zu sich selber. „Nie wieder! Du weißt, was beim letzten Mal passiert ist, als deine Gefühle über die Vernunft gesiegt haben." Damals hatte er sich geschworen, dass er diese Erfahrung niemals wieder machen wollte. Und er hatte auch ganz gut damit leben können – bis heute Abend. Doch jetzt war da dieses Gefühl in ihn, dass ihn zweifeln ließ, ob seine Entscheidung von damals heute noch Sinn machte und richtig war.
Er saß eine Weile so da, vollkommen in seine Gedanken versunken und starrte die Weinflasche an, die immer noch vor ihm auf dem kleinen Tisch stand.
Natürlich, dachte er. Das ist es. Sie hat den Wein nicht vertragen. Das erklärt, warum sie auf einmal so geworden ist, wie sie geworden ist. Morgen früh wird sie sicher mit Kopfschmerzen aufwachen und ihr Verhalten bereuen. Wenn sie sich überhaupt noch daran erinnern kann.
Severus griff nach der Weinflasche, die immer noch zu einem Drittel gefüllt war. Ab morgen würde er dem Leben wieder nüchtern ins Auge sehen, aber heute schien ihm das noch nicht möglich.
-o-
Doch Sarah hatte nichts vergessen. Und sie bereute auch nicht, dass sie Severus besucht hatte. Seit diesem Weihnachtsabend fühlte sie sich irgendwie befreit. Ihr Leben machte plötzlich wieder einen Sinn. Sie hatte sich vor Jahren geschworen, dass es niemals wieder passieren würde, dass sie sich Hals über Kopf in jemanden verliebte, aber sie war einfach machtlos gegen das, was sie nun fühlte. Obwohl an diesem Abend nichts zwischen ihr und Severus passiert war, außer einer Berührung, hatte sich für Sarah doch alles geändert.
Gleichzeitig hatte sie aber auch Probleme mit Severus zusammen zu treffen. Die gemeinsamen Mahlzeiten in der Großen Halle waren eine Qual. Nicht nur für sie, anscheinend auch für Severus. Dieser hatte zwar seine übliche Maske wieder aufgesetzt und verhielt sich so wie immer. Aber Sarah entging es nicht, dass er seine Mahlzeiten - wenn er denn überhaupt zu diesen erschien – mit gesenktem Kopf so schnell hinunterschlang, dass es selbst für ihn nicht mehr normal war.
Sarah verkroch sich bis zum Ende der Ferien in ihrem Schlafsaal. Eigentlich hatte sie ja vorgehabt, die Zeit für ihr Projekt zu nutzen. Aber etwas in ihrem Inneren sagte ihr, dass es wohl besser sei, wenn sie in nächster Zeit nicht mit Severus alleine wäre. So schwer es ihr auch fiel und so sehr sie sich auch nach seiner Nähe sehnte, sie blieb zu sich selber hart und hielt sich daran.
Nachdem Emma und die anderen Schüler wieder aus den Ferien zurückgekehrt waren, blieb Sarah wenig Zeit, um sich mit ihrem Liebeskummer auseinander zu setzen. Der Schulalltag kehrte wieder ein und mit ihm Berge an Hausaufgaben und die Nachhilfestunden mit Terry. Abends fiel Sarah meistens völlig erschöpft ins Bett und schlief schnell ein. Nur in ihren Träumen erlaubte sie es, dass Severus sie besuchte.
Die Unterrichtsstunden in Verteidigung gegen die dunklen Künste und Zaubertränke waren eine schmerzvolle Erfahrung für Sarah. Hier traf sie auf Severus und sein kühles, distanziertes Verhalten. Sie saß an ihrem Platz – immer noch alleine in der ersten Reihe – und der Mann ihrer Träume stand nur knapp vor ihr und war doch so weit entfernt. Was hätte Sarah nur dafür gegeben, noch einmal seine Hand zu berühren, seine Wärme zu spüren und ganz nah bei ihm zu sein. So, wie am Weihnachtsabend. Doch er blieb kühl und distanziert. Nur manchmal, wenn er vorne an seinem Pult saß, während die Schüler mit Aufgaben beschäftigt waren und er sich unbeobachtet fühlte, konnte Sarah einen Blick hinter seine Mauer werfen. Einmal, als sie ihn beobachtete, statt zu arbeiten, blickte er auf und ihre Blicke begegneten sich für einen Moment. In diesem Augenblick konnte Sarah wieder die Sehnsucht sehen, die sie an dem einen Abend zu erkennen geglaubt hatte. Genauso plötzlich, wie ihre Blicke sich begegnet waren, hatte er den Blick wieder gesenkt und den Rest der Stunde mit versteinerter Miene dagesessen.
Mitte Februar konnte Sarah nicht mehr anders, als nach der Stunde an das Pult zu treten und Severus um einen Laborabend zu bitten. Das Projekt stand nun kurz vor dem Abschluss und Sarah benötigte noch ein paar Testergebnisse. Bisher hatte sie sich ausschließlich mit der Theorie beschäftigt und in den vergangenen Wochen bis auf die wenigen Stunden im Unterricht nicht mehr an ihrem Trank gearbeitet. Doch heute gab sie sich einen Ruck und bat um die Erlaubnis, das Labor nutzen zu dürfen.
Severus, dem es in den vergangenen Wochen auch nicht anders ergangen war als Sarah, war sehr erstaunt gewesen, als sie nach dem Unterricht plötzlich vor ihm stand. Sie war ihm bisher aus dem Weg gegangen und Severus hatte daraus den Schluss gezogen, dass sie den Abend mit ihm bereute und nicht mehr in seiner Nähe sein wollte.
Fast hätte er zugegeben, dass er sich über ihre Frage freute. Als sie so vor ihm stand und an ihrer Oberlippe kaute, fühlte er sich in der Zeit zurück versetzt. Die Situation erinnerte ihn an den Abend, als sie vor seiner Tür gestanden hatte. Schnell wischte er den Gedanken weg.
„Ich habe heute Abend noch eine Strafarbeit zu beaufsichtigen, Miss Watson." Er versuchte so kühl wie nur möglich zu klingen, obwohl ihm das bei einem Blick in ihre braunen Augen nur schwer gelang. „Aber Sie wissen ja, wo alles ist. Sagen wir um 19 Uhr?"
Er merkte, wie sich Sarahs Miene kurz aufhellte. Dann waren da wieder dieser traurige Blick und die nach unten gerichteten Mundwinkel. Sie sah wieder so aus, wie sie seit Wochen aussah; traurig und bedrückt.
Severus musste sich zusammenreißen, um sie nicht in den Arm zu nehmen. Er durfte jetzt keine Schwäche zeigen. Noch knapp fünf Monate, dann würde die junge Frau für immer aus seinem Leben verschwinden und er würde wieder normal weiterleben können. Leben, wie bisher. In Einsamkeit.
Sarah freute sich, dass Severus ihr erlaubte, das Labor zu nutzen und machte sich kurz vor 19 Uhr auf den Weg in den Kerker. Sie wollte auf jeden Fall pünktlich sein, um ihn nicht zu verärgern.
Severus war schon anwesend und zeigte ihr auf seine übliche professionelle Art, wo er ihre Sachen verstaut hatte. Dann verschwand er, um die Strafarbeit von zwei Fünftklässlern aus Gryffindor zu beaufsichtigen, die sich am Morgen mit zwei Schülern aus Slytherin duelliert hatte. Einer seiner Slytherinschützlinge hatte deshalb den Rest des Tages auf der Krankenstation verbracht. Das konnte Severus selbstverständlich nicht ohne Strafe durchgehen lassen.
Kurz vor Mitternacht waren die Schüler endlich mit dem Putzen und Polieren der Kessel fertig und Severus schickte sie in ihren Gemeinschaftraum zurück. Müde räumte er die letzten Sachen weg, versiegelte die Tür des Klassenzimmers und ging in sein privates Labor. Falls Sarah nicht schon längst gegangen war, würde es spätestens jetzt höchste Zeit werden. Sie würde den Schlaf und die Kraft für die nächsten Wochen bis zu den Abschlussprüfungen dringend brauchen.
Als Severus vor die Tür zum Labor trat, sah er tatsächlich einen Lichtschein unter der Tür hindurch. Er öffnete die Tür und trat ein.
„Miss Watson, Sie sollten -"
Er stockte, als er die Person entdeckte, die da am Tisch saß und in ihre Aufzeichnungen vertieft war. Obwohl er ihr Gesicht nicht sehen konnte, erkannte er auf den ersten Blick, dass es nicht Sarah Watson war, die dort saß.
-TBC-
Tara! Auf diesen Cliffhanger habe ich mich schon gefreut, seit ich den ersten Satz für diese Story geschrieben habe. Ich weiß, dass das jetzt sehr slytherin von mir ist. Aber gönnt mir doch den Spaß! Dafür war dieses Kapitel auch sehr lang und im nächsten gibt auch endlich die von Euch lang ersehnte Auflösung. Bis dahin würde ich mich aber noch über ein paar Spekulationen freuen. Wer ist diese Person da am Schreibtisch? Albus? Voldemort? Lucius Malfoy? Ist Wusch vielleicht ein Animagus und hat sich zurückverwandelt? Fühlt Euch so frei und schreibt mir…
Bis zum nächsten Kapitel
Nici
