Eine schwierige Mission
von nici1807
Disclaimer: Nichts aus dem Harry Potter Universum, was ihr wieder erkennt, gehört mir, sondern JKR und Warner Bros. (und wer da sonst noch seine Hand aufhält). Die kleine Wusch gehört der Familie Hohlbein, die hoffentlich nichts dagegen hat, dass ich sie mir ausgeliehen habe. Ich verdiene kein Geld mit dieser Story und werde Alles nach Gebrauch wieder zurückgeben. Lediglich die Handlung und die erfundenen Figuren, Orte und Gegenstände gehören zu meinem geistigen Eigentum.
Ich bedanke mich bei CallistaEvans wie immer für ihre superdupertolle Arbeit als Beta und moralische Stütze!! Und außerdem bei Maria3261102 und McAbe, die mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben.
Die Antworten zu Euren Reviews gibt es dieses Mal vor dem Kapitel:
Little Nadeshiko: Vielen Dank für Dein Review! Es freut mich, dass es Dir gefallen hat – auch, wenn es nur ein Übergangskapitel ist
Nifilwen Auch Dir danke ich für das Review. Soso, Du möchtest also, dass er zu ihr fährt? Hm, mal sehen, ob ich ihn dazu überreden kann…
CallistaEvans: Tausend Dank auch für Dein Review, Dein betalesen und überhaupt für alles!! Hm, Du Recht, wenn Du sagst, dass das Kapitel sehr informationslastig war. Aber irgendwie musste ich das ganze ja unterbringen. So ganz ohne Verpackung wäre die Handlung nicht so gut gewesen, oder? ;-) Ich denke, dass im nächsten Kapitel die Handlung wieder vor den Informationen steht… und die Gefühle der beiden? Gibt es die? Hm, mal sehen, ob sie sich noch finden ;-)
Pandoradogis: Vielen Dank für Dein Review. Es freut mich, dass Dir die Story gefällt. Leider wird das hier das letzte Kapitel vor dem Epilog sein. Aber vielleicht gefallen Dir ja meine anderen Sachen auch. Und mit dem Schreiben höre ich ja auch nicht auf ;-)
McAbe: /Knuddel/ Vielen Dank für Dein schönes Review und Deine Hilfe bei dem letzten Kapitel. Es ist schön, dass Dir das Kapitel gefällt. Du meinst also, ich soll etwas in Hogsmeade arrangieren? Hm, habe ich gemacht – aber es wird Dir nicht gefallen ;-) Ich weiß nicht, ob Wusch etwas machen kann, um Severus umzustimmen – Du weißt ja, wie er immer mit ihr umgeht. Ich habe mich für Albus entschieden. Im Amor-spielen ist er ja auch ganz gut. Hoffentlich hat es was genützt ;-)
Angel-of-Mystic: Danke, dass Du mich am Leben lässt. Aber: Wen meinst Du mit „zwei Doofe, ein Gedanke"? Doch nicht etwa unsere beiden Lieblinge, oder??? Und leider habe ich auch nicht schnell weiter geschrieben, aber dafür viel. Ich hoffe, Dir gefällt das nächste Kapitel auch und Du bist mit Albus zufrieden ;-)
Ferret He, ein Neuling. Du bist doch aus dem PM-Forum, oder? Danke für den Keks und Dein Review. Wusch ist klasse, oder? Ja, die hätte ich auch gerne zuhause… Leider ist es nicht so schnell weitergegangen, wie ich wollte. Aber ich hoffe, Dir gefällt es trotzdem.
Maria3261102: Vielen, lieben Dank auf für Dein Review. Ich habe Dir ja schon per Mail was dazu geschrieben… Aber trotzdem: So im Nachhinein denke ich auch, dass die Snape/Michaela/Todesser-Sache eine eigene Geschichte sein könnte. Hm, vielleicht schreibe ich irgendwann noch mal eine Sidestory dazu. Da Du Dich so toll um Wusch kümmerst (auch, wenn Du ihn nach meinem Geschmack zu sehr verwöhnst), habe ich mir Deinen HappyEnd Wunsch zu Herzen genommen. Ich hoffe, dass Sev und Mione da mitspielen…
Und jetzt bleibt mir nur noch eine Sache übrig: Butterbier und Kekse verteilen und Euch viel Spaß beim Lesen wünschen.
Ich hoffe, die Länge des Kapitels entschädigt Euch für die lange Wartezeit.
Kapitel 12 – Albus' Auftrag
Albus Dumbledore war in Sorge. Er hatte Severus verlassen, sich mit einer Tasse Tee in sein Büro zurückgezogen und die Aufzeichnungen angesehen. Er kam zu dem Schluss, dass diese nahezu perfekt waren. Aber etwas anderes hatte er auch nicht erwartet, wenn sein Professor für Zaubertränke mit Hogwarts bester Schülerin aller Zeiten zusammenarbeitete.
Schade um das verlorene Potential, dachte Albus. Er musste es irgendwie schaffen, dass die beiden weiter an dem Trank arbeiteten. Ein paar Wochen intensives Forschen und sie waren einer revolutionären Wendung auf diesem Gebiet einen Schritt näher gekommen. Albus dachte an Remus Lupin und all die anderen armen Werwölfe, deren Leben sich durch den Trank wesentlich verbessern, ja sogar normalisieren könnte.
Nur: Wie konnte er die beiden wieder zusammenbringen? Albus war sicher, dass Hermione und Severus füreinander bestimmt waren. Immer noch hatte er das Bild vom Weihnachtsabend im Kopf. Aber Hermione hatte sich nach ihrer Entdeckung und der überstürzten Abreise nicht mehr gemeldet. Anscheinend schämte sie sich sehr für das, was sie getan hatte. Das arme Mädchen. Erst der Bruch mit ihren Freunden, dann der tragische Verlust ihrer Eltern; sich alleine und ohne Arbeit durchzuschlagen, war gewiss nicht einfach.
Und Severus? Albus hatte ihn noch nie so traurig und verletzt gesehen. Natürlich hatte sein Zaubertrankmeister es ihm nicht gezeigt, aber Albus war nicht blind. Er hatte den Schmerz in Severus' Augen gesehen, als er, Albus, nach Hermiones Aufzeichnungen gefragt hatte. Ein kurzer Moment, in dem die Fassade gebröckelt war, die sein Schützling immer um sich aufbaute. Er kannte Severus schon zu lange, um zu hoffen, dass er sich selber aus seiner Misere herausziehen würde. Nein, Severus war ein Mensch, den man zu seinem Glück zwingen musste – und wenn es sein musste, dann eben auch gegen sein Willen.
Albus griff nach einem Zitronenbonbon, lehnte sich zurück und dachte nach. Doch in seinem Kopf flogen die Gedanken nur so durcheinander, ohne dass er einen davon fassen konnte.
Er erhob sich, ging zu der kleinen Vitrine in der Ecke und holte sein Denkarium heraus. Diese flache steinerne Schale mit den runenartigen Gravuren hatte ihm schon oft geholfen, wenn er gedanklich in einer Sackgasse steckte und nicht mehr weiterwusste.
Er stellte das Gefäß vor sich auf den Schreibtisch, hielt sich den Zauberstab an die Schläfe und murmelte ein paar Worte. Dann beobachtete er, wie sich kleine silberne Fäden lösten und in das Denkarium flossen.
Albus setzte seine Brille wieder auf die Nase, tippte mit seinem Zauberstab in die helle, silbrig weiß schimmernde Flüssigkeit, die sich unablässig bewegte und beugte sich darüber. Der Inhalt der Schale war durchsichtig geworden und sah nun fast aus wie Glas. Albus beugte sich noch tiefer und ihm schien es, als würde er hineingleiten. Dann fand er sich an der Decke seines eigenen Schulleiterbüros wieder. Im Büro, wie es vor vielen, vielen Jahren ausgesehen hatte. Sein jüngeres Ich saß an dem großen Schreibtisch und brütete über dem Tagespropheten. Albus konnte die fette Schlagzeile von seinem Platz aus gut erkennen.
Angriff von Todessern: Ganze Muggelfamilie ausgelöscht. Exklusivbericht auf den Seiten zwei, drei, sechs, sieben und acht.
Er seufzte. Er konnte sich noch sehr gut an diesen Angriff erinnern. Ein Muggel - Diplomat, seine Frau und die Tochter, Michaela, waren an diesem Abend von Todessern in ihrem eigenen Haus gefangen, gequält und getötet worden. Ein grausamer Anschlag.
Der Albus am Schreibtisch seufzte ebenfalls und vergrub seinen Kopf in den Händen. Er schien verzweifelt. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und ein junger, schwarzhaariger Mann mit fahlem Gesicht trat ein. Sein schwarzer Umhang flatterte um den viel zu dünnen Körper. Der grauhaarige Mann blickte auf und erkannte den ehemaligen Schüler Severus Snape. Er zitterte am ganzen Leib und an den hellen Spuren in seinem schmutzigen Gesicht konnte man erkennen, dass er geweint hatte.
Der Schulleiter erhob sich, ging auf Severus zu und begrüßte ihn. Dann bot er ihm einen Stuhl an.
Das Denkarium gab nun das folgende geführte Gespräch mit allen Details wieder, und Albus lauschte, obwohl er sich noch an jedes Wort des Gespräches, erinnern konnte, als wäre es gestern gewesen.
Michaela Brown war Severus' Freundin gewesen, bis er sich den Todessern angeschlossen hatte. Severus war bei dem Angriff dabei gewesen und hatte alle Grausamkeiten mit ansehen müssen. Nach dieser Nacht war er zu ihm, Albus, gekommen und hatte ihn um Hilfe gebeten. Sein ehemaliger Schüler wusste nicht, wohin er sich wenden sollte und sah in dem Schulleiter seine einzige Hoffnung. Nach dem Grauen, das er an dem Abend erlebt hatte, als Michaela von einem der Todesser gequält und schließlich ermordet worden war, konnte Severus nicht mehr für Voldemort arbeiten. Fast zu spät war ihm klar geworden, in welche Kreise er geraten war. Er hatte nur noch Angst. Angst vor Voldemort, vor seinem Vater und – was am schlimmsten war - vor sich selbst.
In seiner Not hatte er sich ihm, Albus, offenbart, der ihm ohne zu Zögern seine Hilfe anbot. Die beiden Männer hatten in dieser Nacht lange miteinander geredet und den Entschluss gefasst, dass Severus den gerade freigewordenen Posten als Professor für Zaubertränke annehmen sollte. Gleichzeitig sollte er zu Voldemort zurückkehren und als Spion gegen diesen agieren. Severus hatte gezögert. Er wollte nicht mehr zurück zu Voldemort. Aber dass man bei Voldemort nicht einfach „kündigen" konnte, wusste beide nur zu gut. Man entschied, sich auf den gefährlichen Deal einzulassen.
Albus hatte Severus sofort und bedingungslos vertraut. Er wusste nicht, warum er so leichtsinnig war, und nicht an eine Falle gedacht hatte. Aber er hatte den wahren und aufrichtigen Schmerz in den Augen des schwarzhaarigen Jungen gesehen und ihm geglaubt. Manchmal musste man eben auf sein Herz hören. Auch – oder gerade wenn – der Kopf etwas anderes sagt.
Die Monate und Jahre, die dem Gespräch gefolgt waren, waren grausam und gefährlich gewesen. Voldemort war zwar kurze Zeit später verschwunden, kehrte aber nach ein paar Jahren zurück. Doch auch in der Zwischenzeit, während Voldemorts verschwunden war, war es gefährlich für Severus gewesen. Fast niemand aus seinen alten Kreisen hatte ihm geglaubt, dass er noch auf ihrer Seite stand, weil er in Hogwarts für Dumbledore arbeitete. Es kostete Severus viel Überzeugungskraft, den Todessern und später auch Voldemort klarzumachen, dass er durch seine Stellung in der Schule gute Spionagedienste ausführen konnte.
Aber auch auf der Seite der „Guten" hatte Severus Probleme. Kaum einer glaubte ihm, dass er sich gegen Voldemort gewandt hatte und nun für den Orden spionierte. Doch hier musste Severus nicht alleine für die Wahrheit kämpfen. Er konnte auf seine, Albus', Unterstützung bauen. Albus half ihm, wo er nur konnte. Doch erst, als Harry Potter Voldemort endgültig besiegt hatte und nach und nach herauskam, was Severus in all den Jahren geleistet hatte, wurde sein Ruf wiederhergestellt.
Die Stimmen erstarben. Albus sah, wie sich sein eigenes Büro auflöste, als wäre es aus Rauch; alles verblasste, er konnte nur noch seinen eigenen Körper sehen, alles andere waren wirbelnde Schatten ... Und dann kehrte das Büro zurück.
Dieses Mal war noch eine weitere Person anwesend: Hermione Granger. Albus erkannte die Szene als das Gespräch vom vergangenen Februar, nachdem Severus Sarah Watson als Hermione Granger entlarvt hatte.
Albus lauschte angestrengt Hermiones Worten und hoffte darin ein Lösung oder nur einen kleinen Hinweis für die Lösung seiner Probleme zu finden. Erneutes Mitleid überkam Albus. Er hörte der verzweifelten jungen Frau zu und sah gleichzeitig die Gefühlsregungen in Severus' Gesicht. Hermiones Worte schienen ihn wie kleine Pfeile zu treffen.
Als der Raum sich abermals auflöste, zog Albus sich aus dem Denkarium zurück. Er hatte gefunden, wonach er gesucht hatte. Die Antwort lag in einem Namen:
Professor McDonald
McDonald, der Professor in Oxford, bei dem sowohl Severus als auch Hermione gelernt hatten. Richard war ein alter Bekannter von Albus. Er hatte mit ihm und Nikolas Flamel zusammen an einigen Projekten gearbeitet. McDonald war später ein einflussreicher Professor geworden. Albus fragte sich, ob er immer noch dieselbe Macht besaß, wie früher. Er beschloss ihm einen Brief zu schreiben – aber erst am nächsten Tag. Jetzt war er zu müde. Er stellte das Denkarium zurück in die Vitrine und ging zufrieden schlafen. Wenn sein Plan funktionierte, würde er vielleicht gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können.
-o-
Hermione saß an einem kleinen Tisch in den Drei Besen. Sie war ein wenig vor der verabredeten Zeit angekommen und hatte sich bei Madam Rosmerta ein Butterbier bestellt. Nervös drehte sie das halbvolle Glas in ihrer Hand und blickte immer wieder abwechselnd auf die Uhr und zur Tür. Emma wollte um halb drei kommen, jetzt war es viertel vor.
Vielleicht hat sie es sich doch anders überlegt, dachte Hermione. Oder Filch läst niemanden ohne Personenkontrolle das Schloss verlassen.
Dann öffnete sich plötzlich die Tür und eine völlig entspannt und fröhlich wirkende Emma betrat den Raum. Sie blickte sich kurz suchend um, entdeckte Hermione und kam fröhlich lächelnd auf sie zu.
„Hallo Hermione", wurde die Braunhaarige begrüßt und fand sich einen Moment später in einer herzlichen Umarmung wieder. Damit hatte sie am allerwenigsten gerechnet, erwiderte die Umarmung aber glücklich.
„Tut mir Leid, dass ich mich verspätet habe, aber Filch hat uns alle zurückgehalten, weil ein paar Zweitklässler aus Slytherin sich unter uns gemischt hatten, um heimlich nach Hogsmeade zu kommen."
Emma setzte sich und bestellte sich bei der herbeigeeilten Rosmerta ein Butterbier. Man konnte Emma ansehen, dass es ihr gut ging. Mit den überstandenen Prüfungen schien eine große Last von ihr gefallen zu sein, und sie erzählte überschwänglich von den Ereignissen der letzten Monate. Hermione hörte gespannt zu und war froh, für einen Moment aus ihrem Alltag herausgerissen zu werden und einfach abschalten zu können.
Nach einer Weile meinte Emma: „Und jetzt erzähl du doch mal. Wie geht es dir? Was machst du? Und wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass du als Sarah nach Hogwarts gekommen bist?"
Hermione musste schmunzeln. Das war die Emma, die sie kannte. Ein kleines neugieriges Plappermaul. Aber Emma hatte ja auch Recht. Sie hatte ein Anrecht darauf, diese Dinge zu erfahren. Hermione bestellte beiden noch ein Butterbier und erzählte Emma dann das Gleiche, was sie Dumbledore und Severus auch erzählt hatte.
„Und sie hat dich einfach rausgeschmissen?", fragte Emma, nachdem Hermione geendet hatte.
„Ja, das hat sie", antwortete Hermione. „Dazu hatte sie auch allen Grund. Ich habe versagt. Habe meinen Gefühlen freien Lauf gelassen und mich nicht auf meine Aufgaben konzentriert. Was blieb ihr denn auch anderes übrig?" Sie seufzte.
„Gefühlen?", hakte Emma sofort nach, und Hermione bemerkte, dass sie sich wohl gerade verplappert hatte. Wie kam sie da jetzt wieder raus? Sie wollte Emma nicht von Severus erzählen. Dafür war die Sache zu privat. „Naja, ich habe mich in Hogwarts wieder so gut eingelebt, dass ich mich teilweise wieder als richtige Schülerin gefühlt habe. Irgendwann bin ich dann wohl zu nachlässig geworden." Emma nickte und gab sich anscheinend mit der Erklärung zufrieden, was Hermione wiederum beruhigte.
„Aber du hast doch deinen Job gemacht. Du hast doch monatelang Informationen zusammengetragen und deine Berichte geschrieben." Emma konnte anscheinend nicht verstehen, warum man Hermione trotz allem einfach gefeuert hatte.
Hermione nickte und dachte an den vor kurzem erschienenen Bericht im Magical Geographic. Sie hatte das Magazin zufällig bei Flourish & Blotts entdeckt und feststellen müssen, dass ein Journalist namens Roylock Gildehart angeblich diesen Exklusivbericht geschrieben und recherchiert hatte. Im Nachhinein war es Hermione irgendwie doch ganz recht, dass ihr Name nicht gefallen war. Sie hatte nicht vor, jemals wieder als Journalistin zu arbeiten und war daher nicht auf irgendwelche Referenzen angewiesen; aber ihrem Ruf hätte es sicher geschadet, wenn herausgekommen wäre, dass sie sich unter falschem Namen in die renommierte Zaubererschule eingeschlichen hatte.
„Lass uns über etwas Erfreulicheres reden", lenkte Hermione vom Thema ab. „Was hast du vor? Möchtest du studieren?"
Emma erzählte von dem Stipendium, dass sie zum Abschluss bekommen würde. Sie freute sich schon sehr darauf, bald an der Londoner Universität studieren zu können. London war optimal für sie: Sie konnte trotz des Studiums noch bei ihrer Mutter und ihren Brüdern wohnen und auf letztere aufpassen.
Die Zeit verflog und bald begann es draußen schon zu dämmern. Der Raum leerte sich allmählich und Emma und Hermione brachen auf. Hermione wollte Emma noch ein Stück zum Schloss begleiten und anschließend nach Hause zurückapparieren.
Die beiden Mädchen schlenderten durch die kleinen verwinkelten Straßen und an bunt dekorierten Schaufenstern vorbei. Als sie durch die Herkulesgasse gingen, bemerkten sie weder den Buchladen auf der rechten Seite, noch, dass sich die Tür dieses Ladens wenige Sekunden, nachdem sie ihn passiert hatten, öffnete. Sie nahmen weder Mr. Grant noch Albus Dumbledore wahr, der sich per Handschlag von seinem langjährigen Freund verabschiedete und dann in entgegengesetzter Richtung davonging.
An den Grenzen des Hogwartsgeländes angekommen, verabschiedete Hermione sich von Emma. Sie versprachen sich regelmäßig zu schreiben und sich auch bald in London zu treffen.
Emma umarmte gerade ihre Freundin, als eine Gruppe Siebtklässler aus Slytherin auf sie zukamen.
„Na Smith, ist das deine Freundin?" Steven Miller und seine Slytherinfreunde standen auf einmal vor den beiden Mädchen. Emma und Hermione fuhren auseinander.
„Halt die Klappe, Steven!", fuhr Emma den Jungen an.
„Hätte ich mich auch denken können, dass du auf Frauen stehst. Aber ist ja auch kein Wunder. Es gibt sicher keinen Mann, der dich freiwillig anfassen würde." Steven drehte sich lachend zu seinen Freunden um.
Emma, mittlerweile zornesrot im Gesicht, machte einen Schritt auf die Jungen zu, aber Hermione hielt sie zurück. „Lass ihn doch, Emma. Das bringt nichts. Du kennst ihn doch", flüsterte Hermione dem Ravenclawmädchen zu.
„Na, was ist, Smith? Traust du dich nicht?", feixte Steven und kam näher.
„Verschwinde!", sagte Hermione und versuchte Emma wegzuziehen. Sie hielt inne, als sie eine ihr vertraute Stimme hörte, die sich langsam näherte.
„Was ist hier los?"
Hermione stockte der Atem. Ihr Herz blieb für einen Moment fast stehen. Sie hörte die Stimme, die sie seit Wochen, ja sogar Monaten, in ihren Träumen verfolgte. Ihre Knie zitterten und sie wagte nicht, sich herumzudrehen. Sie klammerte sich immer noch an Emmas Arm fest, was diese mit einem irritierten Blick erwiderte.
„Professor Snape? Ich … wir …", stammelte Steven.
„Schweigen Sie, Miller!", bellte Snape den Jungen an. „Machen Sie, dass Sie zum Schloss zurückkommen. Sie sind sowieso schon zu spät dran."
Hermione sah, wie die vier Slytherins sich murmelnd umdrehten und dann den Berg hinaufliefen. Steven Miller drängte sich zum Abschied an ihr vorbei und rammte ihr den Ellbogen in die Seite. Hermione ertrug es stumm.
„Das macht fünf Punkte Abzug von Slytherin", rief Severus ihnen noch hinterher. „Und Sie, Miss Smith, schauen ebenfalls, dass Sie zurück zum Schloss kommen. Das macht ebenfalls fünf Punkte Abzug von Ravenclaw, Miss Smith."
Emma nickte, umarmte Hermione noch einmal schnell und flüsterte: „Ich schreib' dir bald." Dann rannte sie den Jungen hinterher.
Hermione schaffte es nun endlich, sich herumzudrehen und Severus anzusehen. Dieser stand da, die Arme vor dem Körper verschränkt, und blickte sie starr und mit undurchsichtiger Miene an. Hermione öffnete den Mund und wollte gerade etwas sagen, als Severus sich auf dem Absatz herumdrehte und dann ebenfalls mit wehendem Umhang an ihr vorbeirauschte. Den Luftzug, der sie dabei streifte, konnte Hermione noch Momente später spüren. Der Geruch nach Kräutern und seinem After Shave hing ihr noch in der Nase, während sie Severus nachblickte, der nur noch als schwarzer Punkt in der Ferne auszumachen war und dann ganz aus ihrem Blickfeld verschwand.
Traurig und mit gesenktem Blick ging Hermione zurück nach Hogsmeade und apparierte von dort zurück nach London. Irgendwie hatte sie sich innerlich gewünscht, Severus an diesem Tag zu treffen. Sie hatte gehofft, dass er ihr eine Chance geben würde, ihm alles zu erklären. Sie wollte sich nochmals bei ihm entschuldigen und … ja, was eigentlich? Hatte sie wirklich geglaubt, dass er nach all dem noch mit ihr reden würde? Hatte sie geglaubt, dass er die Sache einfach vergessen würde und sie Freunde werden könnten? Freunde oder vielleicht noch mehr?
Hermione schüttelte den Kopf. Sie benahm sich wieder wie ein liebeskranker Teenager. All diese Wünsche und Gedanken wären vielleicht nicht so abwegig, wenn es sich um jemand anderen als um Severus Snape handeln würde. Aber es ging hier um ihn. Um Severus Snape, Professor für Zaubertränke, Griesgram, Eigenbrödler, und der Schrecken ihrer eigenen Schulzeit.
Aber es ging auch um den Severus Snape, mit dem sie den letzten Weihnachtsabend verbracht hatte. Der Severus Snape, der ihr vertraut und ihr sogar geholfen hatte - etwas, was man ihm hoch anrechnen musste. Der Severus Snape, der ihr gegenüber Gefühle gezeigt hatte. Und es ging um den Severus Snape, der einer kleinen Flederratte Unterschlupf gewährte und sich, obwohl er immer wieder das Gegenteil behauptete, liebevoll um eben diese kümmerte.
Hermione ließ sich auf ihr Bett fallen. Sie hatte gehofft, dass sie ihr Leben langsam wieder in den Griff bekommen würde, aber der heutige Tag hatte gezeigt, dass sie noch lange nicht über Severus Snape hinweg war.
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Severus stürmte in seine Räume. Die Tür knallte mit voller Wucht gegen die Wand und einige Glasfiguren im nahe liegenden Regal wackelten und klimperten bedrohlich. Wutentbrannt ließ Severus sich auf das Sofa fallen, nur um einen Moment später wieder aufzustehen und zu dem kleinen Bestelltisch am Kamin zu gehen. Er nahm die halb volle Flasche Feuerwhiskey und ein Glas, betrachtete beides, stellte das Glas wieder zurück auf den Tisch und setzte die Flasche direkt an den Mund. Nachdem er einen großen Schluck genommen hatte, atmete er tief durch und fühlte sich gleich ein wenig besser. Er ging zurück zum Sofa und entzündete ein Feuer im Kamin. Die Flasche Feuerwhiskey hatte er aus Präventionsmaßnahmen mitgenommen. Gedankenverloren starrte er in die Flammen und dachte über die vorangegangenen Ereignisse nach.
Völlig unvorbereitet war er der Frau begegnet, die er seit Wochen versuchte aus seinen Gedanken und somit aus seinem Leben zu verbannen. Plötzlich hatte Hermione wieder vor ihm gestanden. Sie sah noch genauso hübsch und begehrenswert aus wie die Hermione, die ihn fast jede Nacht im Traum besuchte. Ihr Gesicht war ein wenig eingefallen und sie hatte dunkle Ringe unter den Augen. Sie schien auch dünner geworden zu sein, soweit er dies beurteilen konnte. Ein wenig tat sie ihm ja doch Leid.
Er nahm noch einen Schluck Feuerwhiskey und schloss die Augen. Plötzlich sah er sie vor sich, wie sie ihn traurig anblickte. Es war derselbe traurige Blick, den sie ihm zugeworfen hatte, bevor er völlig hilflos und von der Situation überfordert davon gerauscht war. Er war gerade aus Hogsmeade gekommen, weil er noch neue Federkiele und Pergament besorgen musste. Dann hatte er die Schülergruppe vor den Toren Hogwarts gesehen. Ein Blick auf die Uhr hatte ihm bestätigt, dass die Schüler um diese Uhrzeit schon lange zurück im Schloss sein sollten. Eine gute Gelegenheit, um wieder einmal ein paar Hauspunkte abzuziehen, fand Severus und war auf die Gruppe zugerauscht. Das erste, was ihm ins Auge fiel, waren die langen, brauen Locken der jungen Frau, die ihm den Rücken zugekehrte hatte. Der Anblick hatte ihn wie ein Schlag ins Gesicht getroffen. Dann hörte er die Beleidigungen der Slytheringruppe. Das zweite déjà vu Erlebnis innerhalb weniger Augenblicke. Die Situation erinnerte ihn an den ersten Schultag im September und an die Konfrontation zwischen Steven Miller und Sarah Watson alias Hermione Granger. Bevor er überhaupt registrierte, was er tat, hatte er Slytherin Hauspunkte abgezogen und seine Schüler zurück zum Schloss geschickt. Auch der Ravenclaw zog er fünf Punkte ab. Er war wie in Rage. Sein Herz sackte ihm in die Hose, als ihm klar wurde, dass er nun mit Hermione alleine war. Eine Situation, die er genau so sehr vermeiden wollte, wie er sie sich wünschte. Er war drauf und dran gewesen, Gryffindor ebenfalls Hauspunkte abzuziehen, obwohl er es gar nicht gekonnt hätte. Bevor es aber soweit kommen konnte, hatte Hermione sich zu ihm umgedreht und ihm diesen traurigen Blick geschenkt. Da konnte er nicht mehr anders, als die Flucht ergreifen. Er hatte in der Situation die Kontrolle über sich und sein Handeln verloren. Etwas, was er bisher meistens hatte vermeiden können. Die Kontrolle zu verlieren, hätte ihn früher das Leben kosten können. Die Kontrolle zu verlieren, was etwas, das ihn der Lächerlichkeit preisgeben könnte. Die Kontrolle zu verlieren, machte ihm Angst.
Geräuschvoll setzte er die Flasche auf den Tisch und machte sich auf den Weg zum Abendessen. Albus hatte ihn am Morgen extra darauf hingewiesen, dass seine Anwesenheit Pflicht sei. Direkt im Anschluss an das Essen sollten eine Personalversammlung und gleichzeitig die Zeugniskonferenz stattfinden, um die letzten Aufgaben für die Abschlussfeier in der nächsten Woche zu besprechen und um die Noten abzugleichen. Eine Sache nach der Severus ganz und gar nicht der Sinn stand.
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Albus Dumbledore ging gedankenverloren in seinem Büro auf und ab. Das Abendessen und die Lehrerkonferenz waren seit Stunden vorbei. Bei beiden Veranstaltungen hatte ein zutiefst missgelaunter Severus Snape missmutig und unbeteiligt auf seinem Stuhl gesessen. Die Kollegen gingen ihm aus dem Weg. Sie kannten seine Gefühlsschwankungen nur zu gut und wussten, wann sie mit ihm sprechen konnten und wann es besser war, ihn zu meiden.
Hätte Albus die Szene vor dem Schultor nicht mitbekommen, wäre er vermutlich auch davon ausgegangen, dass Severus nur mit dem falschen Fuß aufgestanden war. Aber so ...
Albus war nach dem Besuch bei seinem Jugendfreund Bartholomäus Grant aus dessen Laden getreten und hatte aus dem Augenwinkel Emma Smith und einen braunen Lockenkopf gesehen, die um die Ecke bogen. Albus war dieser Lockenkopf seltsam bekannt vorgekommen und er war den beiden Mädchen gefolgt. Sollte es wirklich Hermione Granger sein, die da mit dem Ravenclawmädchen Richtung Hogwarts lief, dann wollte Albus die Gelegenheit nutzen, um ein paar Worte mit Hermione zu wechseln. Doch nicht im Beisein von Emma Smith. Er wollte Hermione alleine abpassen und hatte sich hinter einen Busch gedrängt, als die beiden Mädchen vor dem Gatter des Hogwartsgeländes stehen geblieben waren um sich zu verabschieden. Er hatte beobachtet, wie die Gruppe Slytherins dazu stieß und Ärger machte. Kurz bevor er, Albus, schlichtend einschreiten konnte, war Severus angerauscht und hatte erst die Slytherins und dann die Ravenclaw weggeschickt, nur um sich dann mit Hermione alleine konfrontiert zu sehen. Albus hatte beschlossen, in seinem Versteck zu warten. Eine bessere Chance als diese konnte selbst Amor nicht heraufbeschworen. Leider war es aber so gekommen, wie es kommen musste: Die beiden hatten sich stumm angesehen, dann hatte Severus die Flucht ergriffen.
Hin und Her gerissen zwischen der Möglichkeit, hinter Hermione herzugehen, um das Mädchen zu trösten und der Alternative zum Schloss zurückzukehren, um mit Severus zu reden, hatte Albus sich dann nach einem Blick auf die Uhr für Letzteres entschieden. Leider ohne Erfolg. Severus wollte nicht reden. Er hatte jegliche Versuche Albus' abgewehrt und war nach der Konferenz direkt geflüchtet.
Dann wird es Zeit, sich mit Plan B auseinanderzusetzen, dachte Albus, nahm sich ein letztes Zitronenbonbon und ging gutgelaunt schlafen. Das Gespräch mit seinem alten Freund war sehr fruchtbar gewesen, und auch die Eule, die ihm vorhin einen Brief aus Oxford gebracht hatte, trug mit dazu bei, dass Plan B ein Erfolg werden könnte.
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Zwei Wochen später, die Schulferien hatten gerade angefangen, machte Albus Dumbledore sich auf den Weg hinunter in den Kerker. Fast jeder normale Mensch würde seine freie Zeit draußen in der Sonne verbringen. Aber Severus war in dieser Hinsicht nicht normal, und so wusste Albus, wo er seinen Professor für Zaubertränke an diesem heißen Tag antreffen würde.
Er klopfte an die Tür neben der großen Rüstung. Einen Moment später wurde ihn geöffnet.
„Was gibt es, Albus?", fragte Severus mürrisch, während der Angesprochene sich an ihm vorbeidrückte und auf der Couch Platz nahm.
„Ich wollte wissen, wie es dir geht, Severus", sagte Albus und bediente sich am Tee. „Möchtest du auch Tee?" Ohne eine Antwort abzuwarten, goss er eine zweite Tasse voll, hielt sie dem schwarzhaarigen Zauberer hin und deutete einladend auf den Platz neben sich. Doch Severus wollte sich anscheinend nicht setzen, nahm aber die Tasse entgegen.
Nach einem Moment des Schweigens, der nur durch das Geschlürfe des Schulleiters unterbrochen wurde, meinte dieser: „Hm, ein köstlicher Tee, Severus. Kannst du mir das Rezept verraten? Ich muss Dobby unbedingt anweisen, den Tee genauso herzustellen."
„Du bist doch nicht hier, um mit mir über Tee zu reden. Also, Albus, sag schon, was du willst und lass mich dann wieder alleine."
„Naja, mein Lieber", beschwichtigte Albus Severus, „immer langsam mit den jungen Dingern!" Albus zwinkerte Severus zu, der ihn aber nur weiterhin starr anblickte.
„In Ordnung. Ganz wie du willst", entgegnete Albus und seufzte. „Ich bin hier, weil ich dich um einen Gefallen bitten möchte."
Severus seufzte, doch Albus fuhr fort. „Ich benötige einige Dinge aus der Winkelgasse. Leider macht mir mein Rheuma heute wieder sehr zu schaffen und ich befürchte, dass ich weder per Flohpulver nach London reisen kann, noch dorthin apparieren." Er machte eine demonstrative Pause und nahm einen großen Schluck Tee. Dabei versuchte er seine Hände absichtlich ein wenig zittern zu lassen. „Würde es dir etwas ausmachen, die Sachen für mich zu erledigen?"
Severus dachte einem Moment nach. Eigentlich hatte er keine Lust nach London zu reisen. Er wollte nur seine Ruhe haben. Andererseits bekam er letztere wahrscheinlich nur, wenn er auf die Bitte des Schulleiters einging. Er seufzte, nickte dann und sagte mürrisch: „Wenn es denn unbedingt sein muss, dann mache ich es." Leider fügte er noch hinzu: „Anders wird man dich Nervensäge wohl sowieso nicht los."
Am Grinsen des Schulleiters merkte Severus, dass die letzten Worte doch nicht so leise gesprochen waren, wie er beabsichtigt hatte.
„Exzellent, Severus. Exzellent. Ich habe hier eine Liste." Mit zitternden Händen suchte Albus in seinem Umhang und beförderte schließlich ein Blatt Pergament ans Tageslicht. Er reichte Severus dieses und meinte: „Ich habe alles aufgeschrieben. Es sind wirklich nur ein paar Kleinigkeiten.
Severus nahm die Liste und überflog sie. Zitronendrops, Federkiele, die neue Ausgabe von Quidditch international, eine Kiste Schokofrösche. „Albus, das sind alles Dinge, die du auch in Hogsmeade bekommst", meinte Severus ärgerlich, nachdem er die Liste bis zum Ende durchgegangen war.
Albus nickte. „Ja, das kann schon sein. Aber die Pralinen bekommst du nur in Muggel-London. In dem kleinen Laden direkt neben dem Tropfenden Kessel. Und außerdem, müsste das hier", er unterbrach sich und seine Hand verschwand schon wieder in seinem Umhang. Er zog ein größeres rechteckiges Paket hervor und fuhr fort: „Das hier müsste heute noch zugestellt werden. Es ist dringend."
„Wenn du meinst. Dann gib schon her!"
-o-
Zwei Stunden später fand Severus sich auf der Straße vor dem Tropfenden Kessel wieder. Er hatte alle Sachen für Albus besorgt und musste jetzt nur noch dieses Paket abliefern. Er holte es aus seinem Umhang und schaute auf die Adresse. Oxford House
76 Oxford Street London W 101B5.
Severus hatte keine Ahnung, wo das war und betrat widerwillig den Feinkostladen, in dem er zuvor die Pralinen für Albus gekauft hatte.
„Haben Sie etwas vergessen?", fragte die Verkäuferin freundlich.
„Ja. Nein. Eigentlich wollte ich Sie nach dem Weg fragen. Können Sie mir sagen, wie ich dort hinkomme?" Severus war es sehr suspekt mit Muggeln zu reden, und er bereute es schon längst wieder, diesen Laden überhaupt betreten zu haben. Innerlich verfluchte er Albus, der überhaupt erst schuld an seiner Situation war.
Die freundliche Dame blickte ihn lächelnd an und sah dann auf die Adresse.
Die Frau war etwa vierzig Jahre alt, blond, schlank und hatte ein freundliches Gesicht. Sie sah ihn mit ihren strahlend blauen Augen an und lächelte unentwegt. Wäre sie keine Verkäuferin gewesen, deren Job es war, freundlich zu den Kunden zu sein und Waren zu verkaufen, hätte man meinen können, sie versuche mit Severus zu flirten. Das Lächeln der Frau machte Severus nervös. Er war drauf und dran, fluchtartig den Laden zu verlassen. Vielleicht würde Tom, der Barkeeper aus dem Tropfenden Kessel, den Weg kennen.
Jetzt fehlt nur noch, dass sie mir sagt, ich müsse mit dieser U-Bahn oder mit einem Taxi fahren, dachte Severus. Doch seine Befürchtungen waren umsonst.
„Es ist nicht weit weg, Sir. Wenn Sie möchten, bringe ich Sie hin. Meine Schicht ist sowieso schon gleich vorbei", flötete die Verkäuferin hinter dem Tresen freundlich. Das fehlte gerade noch, dachte Severus erschrocken. „Nein", schrie er fast. „Es reicht, wenn Sie mir den Weg kurz erklären.
Die blonde Verkäuferin schien enttäuscht von dieser Antwort zu sein. Ihr Lächeln erstarb, als sie ihm den Weg erklärte. Severus versuchte sich alles zu merken, bedankte sich und verließ fast fluchtartig den Laden.
Die Verkäuferin hatte Recht. Nach wenigen Minuten bog er in die Oxford Street ein und stand bald darauf vor dem Haus mit der Nummer 76. Er blickte zu dem fünfstöckigen Gebäude hoch und war ziemlich ratlos. Severus konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wer hier Post vom größten Magier aller Zeiten erwarten sollte. Er zog das Paket aus dem Umhang und betrachte er noch einmal gründlich. Kein Name, nur diese Adresse.
Typisch Albus! Den Schulleiter innerlich verfluchend, öffnete Severus das alte, rostige Tor, welches bei seiner Berührung gefährlich knarrte und quietschte, und ging auf die Eingangstür zu. Er studierte die Klingelschilder und Briefkastenschlitze, um einen bekannten Namen auszumachen. Die Angelegenheit erwies sich als schwieriger als gedacht, da viele Namensschilder entweder bis zur Unkenntlichkeit verschmutzt oder erst gar nicht mehr vorhanden waren. Seufzend drehte er sich von der Tür weg und stieß ziemlich unsanft mit jemandem zusammen.
„Autsch, verflucht. Können Sie nicht aufpassen", drang es an sein Ohr und das Blut gefror ihm in den Adern, als er die Person, die vor seinen Füßen lag und sich nun mühsam aufrappelte, erkannte.
„Was machen Sie denn hier?", fragten zwei Stimmen gleichzeitig und schwiegen dann.
Hermione blickte den Besucher vor ihrer Haustür an. Mit allem hätte sie ja gerechnet, aber nicht, dass Severus Snape eines Tages vor ihrer Tür stehen würde.
Sie war gerade von ihrer Nachmittagsschicht bei Flourish & Blotts zurückgekehrt und wollte eigentlich den Rest des Tages damit verbringen, die mitgebrachten Bücher zu lesen.
Frank Flourish hatte vor ein paar Wochen in seinem Laden eine Stellenanzeige ausgelegt. Sein Geschäftspartner Henry Blotts wollte den Sommer bei seiner Tochter in Südfrankreich verbringen. Da Mr. Flourish mit seinen achtundneunzig Jahren es nicht mehr schaffte, den Laden alleine zu führen, hatte er sich entschlossen, eine Aushilfe einzustellen. Er kannte Hermione seit Jahren und hatte sie gleich eingestellt. Die Bezahlung war nicht üppig, aber immerhin reichte es, um zu leben. Außerdem war es wichtig für Hermione sich überhaupt irgendwie zu beschäftigen. Und dann konnte sie auch noch den ganzen Tag zwischen Büchern herumstöbern. Etwas Besseres konnte Hermione sich nicht vorstellen.
Langsam rappelte Hermione sich auf und begann ihre Bücher aufzusammeln. Da sie es wie immer nicht abwarten konnte, bis sie zu Hause angekommen war, hatte sie unterwegs schon die Nase in eines der neu erworbenen Besitztümer gesteckt und natürlich nicht gesehen, dass dort jemand vor ihrer Haustür stand.
Dieser Jemand, Severus Snape, beobachtete stumm und mit vor dem Körper verschränkten Armen, wie sie ihre Bücher aufsammelte.
„Kann ich Ihnen helfen?", fragte Hermione, nachdem sie eine Weile gewartet hatte, Severus aber anscheinend lieber schweigen wollte, als seine Anwesenheit zu erklären.
„Ich denke nicht, dass ich Ihre Hilfe brauche, Ms Granger", antwortete Severus giftig.
Hermione zuckte mit den Schultern, suchte in ihrer Tasche nach dem Schlüssel und drängte sich an ihm vorbei. „Dann entschuldigen Sie mich bitte." Sie schloss die Tür auf und ging hinein. Bevor die Tür ins Schloss fiel, rief sie ihm noch zu: „Wenn Sie es sich doch anders überlegen, ich wohne im fünften Stock. Die Klingel ganz oben."
Die Tür fiel ins Schloss und Hermione lehnte sich zitternd an die Wand. Sie schloss die Augen und versuchte wieder klar zu denken. Was in Merlins Namen wollte Severus hier? Wollte er zu ihr und bekam nun kalte Füße? Ihr Herz machte einen kleinen Satz, nur um einen Moment später wieder in den Tiefen ihres Magens zu versinken. Nein, das konnte nicht der Grund sein. Aber was gab es sonst für eine Erklärung?
Hermione ging zu ihrem Briefkasten und holte die Post heraus. Obenan lag ein Brief, der mit grüner Tinte adressiert war. Sie erkannte die Schrift von Albus Dumbledore sofort. Neugierig riss sie den Umschlag auf und faltete das Blatt Pergament auseinander.
Liebe Hermione,
auch, wenn Du Dich sicher wunderst, warum ich Dir schreibe, es ist notwendig. Severus Snape wird heute im Laufe des Tages bei Dir auftauchen. Schick ihn bitte nicht weg und halt ihn bei Dir fest.
Den Grund wirst Du dann erfahren. Wichtig ist nur, dass er nicht geht, ohne Dir etwas gegeben zu haben.
Ich bitte Dich, bis dahin mein Schreiben nicht zu erwähnen.
Es grüßt Dich herzlich
A.D.
Verwundert las Hermione den Brief ein zweites Mal durch. Sie hatte keine Ahnung, was das alles zu bedeuten hatte, aber der Schulleiter würde schon einen triftigen Grund haben, mit dem, was er tat. Hoffentlich!
Hermione ließ den Brief in ihrer Tasche verschwinden und ging dann wieder zur Haustür. An dem dunklen Schatten, der sich durch das Plexiglas abzeichnete, sah sie die Umrisse von Severus. Sie atmete einmal tief durch und öffnete die Tür.
„Professor?" Severus hatte ihr den Rücken zugewandt und drehte sich überrascht um. Fragend hob er eine Augenbraue und sah Hermione an.
„Ich denke, Sie wollen doch zu mir. Kommen Sie doch bitte herein." Hermione schien überrascht von ihrer eigenen Courage. Das leichte Zittern in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
„Und wie kommen Sie darauf, dass ich zu Ihnen möchte?", fragte Severus.
„Weil in diesem Haus außer mir nur Muggel wohnen", antwortete Hermione flüsternd.
„Ich denke nicht, dass das eine Erklärung dafür ist, dass ich ausgerechnet zu Ihnen will!" Severus' Stimme triefte nur so vor Sarkasmus. Hermione wurde blass und ein verdächtiger Glanz trat in ihre Augen. Er hatte sie mit seinen Worten anscheinend verletzt. Ein leichter Hauch Mitleid kämpfte sich in Severus nach oben. Seine Maske lief Gefahr zu bröckeln.
„Hören Sie, Ms Granger", setzte Severus erneut an. „Ich bin hier, weil ich das hier abliefern muss." Er hielt ihr das Päckchen hin, damit sie es betrachten konnte.
Hermione nickte stumm und betrachtete die Adresse. Dann nickte sie und meinte: „Kommen Sie doch bitte mit hoch, Professor. Oben können wir in Ruhe reden." Sie öffnete die Tür und lud ihn mit einer Handbewegung ein, einzutreten. Severus zögerte. So sehr er sich in den letzten Monaten auch gewünscht hatte, Hermione wieder zu sehen, so sehr fürchtete er sich davor, mit ihr alleine zu sein.
„Das Paket können Sie mir geben. Es ist für mich."
„Wie kommen Sie darauf?", fragte Severus.
„Ganz einfach", sagte Hermione und zeigte auf die Adresse. „Da steht es."
Severus betrachtete verwundert die Stelle, auf die sie zeigte. Und tatsächlich stand unter der Straße ganz klein der Name H. Granger. Severus hätte schwören können, dass der Name vor ein paar Sekunden noch nicht da gestanden hatte. Langsam dämmerte es ihm. Albus musste hier seine Finger im Spiel haben. Die ganze Sache trug eindeutig seine Handschrift.
Bevor er es überhaupt realisierte, war er im Treppenhaus und folgte Hermione hinauf in ihre Wohnung.
In der Wohnung angekommen, blieb er unschlüssig im Flur stehen. Hermione legte ihre Bücher und das Paket auf den Wohnzimmertisch, begrüßte Merlin und fragte Severus, ob er eine Tasse Tee haben wolle. Ohne eine Antwort abzuwarten, lief sie schon in den Raum neben dem Wohnzimmer und gab Severus Zeit, sich umzusehen.
Die Wohnung war nicht besonders groß, aber aufgeräumt und gemütlich eingerichtet. In der Mitte des Wohnzimmers stand ein rotes Sofa vor einem kleinen Tisch, auf dem sich Bücher und Zeitschriften stapelten. Die Regale an den Wänden waren ebenfalls mit Büchern gefüllt. Auf der kleinen Anrichte standen Bilderrahmen mit Fotos. Severus trat neugierig näher. Auf einem Bild winkte ihm eine jüngere Hermione entgegen, die zusammen mit Harry Potter und Ron Weasley vor einen Baum am Rand eines Sees standen. Es musste in ihrem fünften oder sechsten Schuljahr gemacht worden sein. Die anderen Bilder waren offensichtlich Muggelfotos. Die Personen, ein Mann und eine Frau, die wie eine ältere Ausgabe von Hermione aussah, standen stumm da und bewegten sich nicht. Es mussten Bilder von Hermiones Eltern sein.
„Warum setzen Sie sich nicht", fragte Hermione und trat hinter ihn. Severus drehte sich um. Hermione lächelte ihn freundlich an und hielt ihm eine große Tasse dampfenden Tee entgegen. „Der Zucker ist mir leider ausgegangen. Ich hoffe, das ist in Ordnung für Sie."
Severus nickte stumm, nahm ihr eine Tasse ab und folgte ihr zum Sofa. Er wartete, bis Hermione sich gesetzt hatte und ließ sich dann neben ihr nieder.
Eine Weile schwiegen beide und hingen ihren Gedanken nach. Dann setzte Hermione ihre Tasse ab und griff nach dem Paket. Sie war doch neugierig, was sich wohl darin verbergen würde.
Rasch wickelte sie das Papier ab und hielt dann ein Buch und zwei Umschläge in der Hand. Auf dem einen stand ihr Name, auf dem anderen der von Severus.
Sie reichte Severus, der ebenso neugierig wie sie zu sein schien und sie beobachtete, den einen Umschlag und öffnete dann den eigenen. Wieder kam ein Blatt Pergament zum Vorschein, das mit grüner Tinte beschrieben war.
Liebe Hermione,
ich hoffe, dass mein Plan funktioniert hat, und Severus noch bei Dir ist, wenn Du dies liest.
Der Grund, warum ich Dir schreibe, ist folgender:
Ich habe mir Eure Aufzeichnungen zum Wolfsbanntrank angesehen und mir erlaubt, diese meinem alten Freund Richard McDonald zu schicken.
Wie ich erwartet hatte, war er von Euren Ergebnissen begeistert. Es war ihm möglich, die Forschungsabteilung des Zaubereiministeriums zu überzeugen, ein paar Gelder zu beschaffen. Die Heiler des St. Mungo´s freuen sich schon, hoffentlich bald mit Euch zusammenzuarbeiten. Es war uns möglich, die Forschung und praktische Erprobung für die nächsten drei Monate zu sichern. Sollten die Ergebnisse positiv sein – und davon gehe ich aus – steht einer Verlängerung nichts im Wege.
Severus weiß noch nichts von der Sache. In dem zweiten Brief habe ich es ihm aber erklärt. Ich hoffe sehr, ihr beide sagt ‚ja' und wir sehen uns schon bald wieder hier in Hogwarts.
Mit freundlichem Gruß
Albus Dumbledore
Hermione saß mit offenem Mund da und versuchte das eben Gelesene zu verarbeiten. Albus Dumbledore hatte es tatsächlich geschafft, Forschungsgelder zu besorgen. Sie und Severus sollten die Modifikation des Wolfsbanntranks abschließen und testen. Sie hätte am Liebsten einen Luftsprung gemacht. Es schien, als würden sich heute alle ihre Wünsche auf einmal erfüllen.
Strahlend sah sie zu Severus, der mit versteinerter Miene neben ihr saß. Hinter seiner Stirn schien es zu arbeiten, das konnte Hermione erkennen. Ihre Freude wurde gedämpft, als er sie ansah. Der Blick, den er ihr zuwarf, erinnerte sie an ihre Schulzeit. Genauso hatte er sie immer angesehen, bevor er ihr Hauspunkte abgezogen oder eine Strafarbeit aufgebrummt hatte. Sie schluckte.
Bevor sie überhaupt etwas gesagt hatte, stand er auf, setzte die Tasse klirrend auf den Tisch und sagte: „Schlagen Sie sich das aus dem Kopf, Ms Granger!"
„Aber -"
„Vergessen Sie es! Niemals!"
Hermione verstand die Welt nicht mehr. Sie blickte Severus durch einen Tränenschleier stumm an. Sie wollte nicht weinen, aber sie konnte nicht anders. Seine heftige Reaktion hatte sie völlig aus dem Konzept gebracht. Von Wolke Sieben war sie im freien Fall in die Hölle katapultiert worden.
Severus schüttelte den Kopf. Er hätte es sich denken können. Albus und seine verrückten Ideen. Warum konnte er sich nicht einmal nur um seinen eigenen Kram kümmern? Warum musste dieser – dieser senile alte Sack sich immer und immer wieder in sein Leben einmischen. Die Wut in ihm schien ihn von innen zu zerreißen. Dann sah er die Tränen in Hermiones Augen und wurde noch wütender.
Er wusste nicht, ob er wütend auf sie war, weil sie es wagte, in seiner Gegenwart Schwäche zu zeigen, oder ob er wütend auf sich selber war, weil er durch sein Verhalten diese Schwäche bei ihr erst provoziert hatte. Bis vor ein paar Minuten hatte er noch gedacht, er könnte mit der Situation klar kommen. Einen Tee trinken, schauen, was in diesem ominösen Paket war und dann wieder gehen. Ein letztes Mal in Hermiones Nähe sein und sie dann für immer vergessen. Aber es war so wie immer: seine Pläne waren dazu verurteilt zu scheitern.
Ohne ein weiteres Wort zu sagen oder sich noch einmal zu ihr umzudrehen, rauschte er zur Tür, ließ diese knallend ins Schloss fallen und fegte die Treppe hinunter. Erst, als er wieder draußen auf der Straße stand, erlaubte er es sich, eine Pause zu machen und durchzuatmen.
Hermione blickte auf die geschlossene Tür und ließ ihren Tränen freien Lauf. Warum musste alles immer erst so schön sein und dann wie eine Seifenblase zerplatzen? Warum erlaubte sie es sich immer wieder, sich selber Hoffnungen zu machen, nur um dann enttäuscht zu werden?
Das Buch hielt sie immer noch in der Hand. Der Einband war schon tränennass, als sie es bemerkte. 101 Wege zum Glücklichsein.
Wie passend, dachte Hermione und legte das Buch auf den Tisch.
Ihr Blick fiel auf die Plastiktüte, die neben ihr auf der Couch lag, und die sie als die Tasche erkannte, die Severus dabei hatte. Ohne einen Moment zu zögern, schnappte sie sich die Tasche, rannte zur Tür und die Treppen hinunter. Sie wusste, dass Severus sich eher eine Glatze hexen würde, als noch einmal zu ihr hinaufzukommen, um die Tasche zu holen.
Völlig außer Atem kam sie unten an, riss die Tür auf und sah nur noch, wie Severus um die Straßenecke bog und aus ihrem Blickfeld verschwand.
„SEVERUS! WARTE!", rief sie ihm hinterher und rannte ihm nach. Er schien ihren Ruf gehört zu haben. Als sie um die Ecke bog, sah sie ihn wieder auf sich zukommen.
„Du – Sie – Sie haben Ihre Tasche vergessen", erklärte sie, nachdem sie wieder zu Atem gekommen war und hielt ihm die Tasche hin. Stumm nahm er ihr die Tasche ab und drehte sich wieder um.
„Severus?", flüsterte Hermione. „Ich wollte noch sagen – es tut mir Leid!" Sie senkte den Kopf und sah noch aus den Augenwinkeln, dass Severus abermals stehen blieb und sich wieder zu ihr umdrehte.
„Was tut dir Leid?", fragte er mit seidenweicher Stimme. Hermione glaubte ihren Ohren nicht zu trauen und hob den Kopf. Da stand er tatsächlich vor ihr und blickte sie an. Er war nicht gegangen. Dass er sie geduzt hatte, wie sie zuvor ihn, bemerkte sie in dem Moment nicht. Sie fasste neuen Mut. „Alles, was passiert ist, tut mir Leid. Es tut mir Leid, dass ich dich angelogen habe. Es tut mir Leid, dass ich damit alles kaputt gemacht habe. Es tut mir Leid, dass ich mit meinem Verhalten die vielleicht einmalige Chance, den Werwölfen zu helfen, zunichte gemacht habe. Und – und es tut mir Leid, dass ich dir wehgetan habe und -" Sie brach ab und senkte den Blick. Sie wollte nicht, dass er sah, wie sie gegen die Tränen ankämpfte.
„Und wie kommst du darauf, dass das alles deine Schuld ist, Hermione?", fragte Severus nach einer Weile. Er legte eine Hand unter ihr Kinn und zwang sie ihn anzusehen. Severus wusste auf einmal nicht mehr, was mit ihm los war. Er wusste nicht, warum er zurückgekommen war. Die Sachen für Albus, die er bei ihr vergessen hatte, waren nicht so wichtig, dass er sie nicht hätte noch einmal kaufen können. Außerdem bezweifelte er mittlerweile, dass Albus diese Dinge auch wirklich brauchte. Er war sich vielmehr sicher, dass die Einkaufsliste nur Mittel zum Zweck war, um ihn, Severus, nach London zu locken.
Alles, was er wusste war, dass er in diesem Moment in Hermiones Augen zu versinken drohte. Als Severus Hermiones Tränen sah, konnte er nicht anders, als ihr diese wegzuwischen. Ehe er wusste, was er tat, hatte er Hermione in den Arm genommen und sie an sich gedrückt. Hermione schluchzte nun hemmungslos in seinen Armen. Er strich ihr beruhigend durchs Haar. „Shhh, nicht weinen, Hermione", versuchte er sie zu beruhigen.
„Severus, es tut mir alles so Leid. Meinst du, du kannst mir eines Tages verzeihen?", fragte Hermione, als sie sich ein wenig beruhigt hatte. Er schob sie ein wenig von sich weg. Seine Hände hielten ihre Schultern fest. Er sah sie an und schüttelte den Kopf. „Nein, Hermione", sagte er leise und sah, wie ihre Augen erneut drohten überzulaufen. Schnell fügte er hinzu: „Ich kann dir nicht verzeihen, weil es nichts zu verzeihen gibt, Hermione. Wir haben beide Fehler gemacht." Hermione schluckte und sah ihn ungläubig an. „Wenn es jemanden gibt, der sich entschuldigen muss", fuhr er fort, „dann bin ich das, Hermione. Es war nicht richtig, wie ich mich verhalten habe. Ich hätte nicht einfach weglaufen dürfen. Ich weiß doch, wie wichtig dieses Projekt für dich ist. Es war nur – wegen Albus und überhaupt. Ich – ich konnte einfach nicht anders." Jetzt war er es, der sie ein wenig bedrückt ansah.
Hermiones Gesicht hellte sich auf. Vielleicht war doch noch nicht alles verloren. Vielleicht gab es für sie noch eine Chance. Mutig trat sie einen Schritt näher auf ihn zu und hob den Kopf. Sie blickten sie lange Zeit in die Augen, so als ob sie die Antworten auf ihre Fragen im Blick des anderen finden konnten.
Dann senkte Severus langsam den Kopf und legte gleichzeitig seine Hände unter ihr Kinn. Ganz langsam und zögernd näherten sich ihre Lippen. Sie hielten den Blickkontakt. Severus spürte Hermione warmen Atem und sog ihren Duft ein. Nach einem letzten Zögern senkte er den Kopf ganz und verschloss ihre Lippen mit den seinen. Als er ihren weichen Mund berührte durchfuhr ihn ein warmer Schauer, der ihn mutiger machte. Er intensivierte den Kuss, öffnete seine Lippen leicht und stupste mit seiner Zunge ihre Lippen an. Hermione öffnete ihre Lippen und gewährte ihm den erwünschten Einlass. Als ihre Zungen sich berührten, stöhnte sie leise in seinen Mund. Severus zog sie fester an sich, als hätte er Angst, sie würde sich ihm entziehen. Der zärtliche Kampf ihrer Zungen, das vorsichtige Erkunden des anderen Mundes, endete erst, als sie beide wieder Luft holen mussten.
Severus strich ihr eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn und umfasste dann mit beiden Händen ihr Gesicht. Lange Zeit sahen sie sich an. Es gab nur noch sie beide. Das bunte Treiben um sie herum, die Autos, die an ihnen vorbeirauschten, das Dröhnen des Flugzeuges über ihnen, das alles nahmen sie nicht wahr. Ebenso wenig, wie den alten weißhaarigen Mann auf der gegenüberliegenden Straßenseite, der zufrieden lächelte und sich dann mit einem leisen Plop in Luft auflöste.
Hermione lächelte Severus glücklich an. Er erwiderte das Lächeln, bevor er ihren Mund wieder mit seinem verschloss. „Ich habe dich vermisst, Severus", murmelte Hermione. „Ich dich auch, Hermione! Ich dich auch!", antwortete Severus leise. „Und jetzt hör auf zu reden und küss mich!"
Als es langsam anfing zu dämmern, schlenderten die beiden eng umschlungen zurück in die Oxford Street.
Severus kehrte erst am nächsten Tag nach Hogwarts zurück. Die bei Hermione vergessenen Sachen für Albus waren ein guter Grund für ihn, schnell wieder nach London zurückzukehren.
-TBC-
Tja, das war es dann auch schon fast… Wenn Ihr mögt, habe ich noch einen kleinen Epilog für Euch, der vielleicht noch ein paar Dinge klärt.
Um Euch die Wartezeit zwischen Review schreiben und dem Epilog zu überbrücken, habe ich noch ein kleines Rätsel für Euch: Wer kann mir sagen, was sich in dem Haus, in dem Hermione wohnt in Wirklichkeit verbirgt?? Einen Schokofrosch für jeden, der es errät ;-)
Und bitte, bitte das Review nicht vergessen, ja?!?!?
