Es war Sommer. Aber es war nicht irgendein Sommer. Es war der Sommer von 1996, und er sollte mein Leben für immer verändern.

Mein Vater war im Frühjahr befördert worden, und deshalb konnten wir uns endlich einen Familienurlaub leisten- obwohl, ich war mir nicht sicher, ob das wirklich etwas gutes war. Familienurlaub- das bedeutete, Mutter, Vater und sämtliche Kinder, nun zumindest fast- meine beiden ältesten Brüder, Bill und Charlie, kamen nicht mit. Die hatten besseres zu tun. Arbeiten, oder Mutters Verlangen nach Schwiegertöchtern zumindest im Ansatz stillen.

Wir waren zuhause sieben Kinder. Sechs von uns waren Jungs. Da war Bill, der Älteste, er arbeitete in Ägypten als Fluchbrecher bei Gringotts, dann war da Charlie, er erforschte Drachen in Rumänien, oder Percy, der im Ministerium im Büro für magische Zusammenarbeit herumwerkelte und die Zwillinge, Fred und George, die eben dabei waren, mit ihrem frisch aufgemachtem Zauberscherzartikellladen "Weasley's zauberhafte Zauberscherze" (WZZ) ihre ersten Millionen zu scheffeln- deshalb wohnten sie wahrscheinlich mit fast 20 immer noch im Fuchsbau, und dann war da natürlich noch Ron. Der Familienheld, dessen Lebenssinn darin bestand, gemeinsam mit seiner besten Freundin Hermine dem gemeinsamen besten Freund der beiden dabei zu helfen, jedes Jahr Lord Voldemort fertig zu machen.

Seinem besten Freund. Dem großen Harry Potter. Oh, er ist ja so toll. Meiner Meinung nach ist er ja einfach ein gutmütiges Schaf mit verdammt viel Glück, aber das darf ich ja keinem sagen. Für Mutter ist er mehr ihr Kind als ich es bin. Am liebsten würde sie ihn sofort adoptieren.

Hm...irgendjemanden habe ich jetzt vergessen...ach ja, ich weiß. Ich bin ja auch noch da. Ich. Virginia Weasley. Knappe sechzehn Jahre alt komme ich im Herbst in die sechste Klasse in Hogwarts. Ich bin eine Gryffindor, Vertrauensschülerin und bin Jahrgangsbeste. Als ich in der ersten Klasse war, wurden meinetwegen beinahe ein paar Schüler gekillt und ich habe immer noch jede Nacht Alpträume. Aber sonst bin ich eigentlich in Ordnung. Ich kenne den Vornamen von Lord Voldemort und habe keine Angst vor seinem Namen. Er ist mir so egal wie dieser grässliche Haferschleim, den es in Hogwarts jeden Morgen zum Frühstück gibt- bäh, das Zeug schmeckt wie Pappmaché. Ich bin jetzt ungefähr 1m 72 groß und ich schätze, das wird auch so bleiben, bis ich wieder anfange zu schrumpfen. Ich wiege nicht zuviel und habe eigentlich eine ganz passable Figur. Zumindest sagt Parvati immer, sie würde "töten für Ginnys Körper".

Ginny. Gin. Die Kleine. Das alles sind dumme, infantile Namen, die dieselbe Person bezeichnen- nämlich mich. Ich mag diese Namen nicht. Ich heiße Virginia und ich mag diesen Namen. Aber es nennen mich trotzdem alle Ginny. Sogar die Lehrer in Hogwarts. Ginny klingt, als wäre ich ein kleines zehnjähriges Mädchen mit Zöpfen und einem Rüschenkleid. Ähem. Peinlicherweise muss ich gestehen, dass ich das mal war. Die kleine dumme Ginny. Süß, naiv und verliebt in Harry Potter, den großen Helden. Aber das ist vorbei. Schon lange. Ginny Weasley starb in der Kammer des Schreckens.

Aber ich schweife ab. Ich wollte doch eigentlich von meinem Sommer erzählen. Also, wir hatten uns nach langem Hin und Her für Frankreich entschieden. Mich hat zwar keiner gefragt, aber ich war damit einverstanden. Ich mag dieses Land. Wir würden an die Küste fahren. Nach Nizza. Meinetwegen. Eine alte Schulfreundin von Mutter hatte einen Typen dort geheiratet und uns eingeladen, bei ihr zu wohnen. So gesehen hatte unsere Reise kaum etwas mit Vaters Beförderung zu tun, eher mit der Tatsache, dass wir gratis wohnen würden.

Naja, also, da waren wir dann. Nizza. Eigentlich ganz hübsch. Natürlich haben wir im Zaubererteil der Stadt gelebt. Meine Brüder hatten natürlich bereits am ersten Tag den Strand erobert. Mir war der nicht so wichtig. Aber in der Nähe konnte man hervorragend wandern. Also habe ich mir gleich am ersten Tag einen Rucksack gepackt und bin weg. Dreieinhalb Stunden bin ich einfach in der Gegend rumgelaufen. Dann wurde es dunkel. Also bin ich wieder zu unserer Unterkunft. Ich betrat das Wohnzimmer- und wäre am liebsten schnurstracks wieder raus. Das war doch nicht möglich. Wieso waren die zwei schon wieder da??

Ron saß auf dem Sofa, eingekeilt zwischen Lexikon und Narbe.

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Wieso?

Seufzend schloss ich die Tür zu meinem Zimmer. Der einzige Vorteil an der Reise war gewesen, dass ich als Mädchen mein eigenes Zimmer hatte. Unnötig zu sagen, dass ich es nun mit Hermine teilen musste.

Ich hatte sie und Harry nur kurz begrüßt und mich dann verkrümelt. War sowieso keinem aufgefallen. Eigentlich hätte ich es mir denken können. Ron war ohne die beiden nicht einmal in der Lage, seine Zähne zu putzen. Und für Mutter und Vater waren sie eine wahre Goldgrube. Harry liebte Mutters Essen und Hermine war eine Muggelgeborene und somit das perfekte Sommergeschenk für Vater.

Oh, der Blitz soll sie treffen, alle beide. Sie sind so dermaßen perfekt, dass es weh tut. Hermine, die mehr weiß als die Lehrer und Harry Potter. Über ihn etwas zu sagen ist überflüssig, denke ich. Und für beide bin ich nur Ginny. Die naive Kleine, die ja keine Ahnung hat vom Leben und so dumm ist, das Tagebuch von Voldie zu aktivieren. Alle feiern sie als Helden.

Sie sind Rons Freunde. Deshalb sind sie da. Und das stört mich. Wieso? Vielleicht bin ich einfach neidisch. Weil sie seine Freunde sind. Mom sagte, wenn ich will, kann ich eine Freundin mit nach Nizza nehmen. Ich habe stundenlang überlegt. Aber ich habe niemanden gefunden.

Hat schon mal jemand überlegt, dass ich vielleicht gerne in der Kammer des Schreckens geblieben wäre?

Tom war mein Freund. Er hat mich beachtete. Ich habe für ihn existiert.

Warum sieht mich keiner?

Mein Name ist Virginia Weasley, ich bin sechzehn Jahre alt, 1,72 groß und eigentlich hübsch. Ich habe lange Haare, die von der gesamten Welt als rot bezeichnet werden. Ich nenne es Kastanie. Als ich elf Jahre alt war habe ich Tom Vorlost Riddle kennengelernt und beinahe meine Mitschüler getötet. Harry Potter hat meinen Körper damals gerettet. Nichts bereue ich mehr als das. Alle wissen, dass es meine Schuld war. Sie haben mich gemieden und sind mir ausgewichen. Ich hatte gehofft, das würde vorbeigehen, aber das tut es nicht. Sicher, sie reden mit mir- aber sie halten alle immer Distanz. Ich habe keine Freunde. In meinem ganzen Leben hatte ich nur eine einzige Person, die mein Freund war, und die wurde von Harry Potter zerstört. Ich hasse Harry. Wegen ihm bin ich einsam. Und eines Tages wird er dafür bezahlen.

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Na? Was haltet ihr davon? Es geht natürlich noch weiter.

Aber nur, wenn ich mindestens 10 Reviews kriege!!!