Kapitel 9
Celeborn irrte noch immer verzweifelt suchend durch die nicht enden wollenden Gänge auf der Suche nach Zimmer Nummer 156794, als vor ihm plötzlich eine Gestalt erschien. Fassungslos starrte er auf das Wesen, welches vor ihm den Gang blockierte. Der Schwarze Umhang verdeckte das Gesicht seines Gegenübers vollständig. Nur zwei leuchtende, rote Punkte deuteten auf Augen hin.
„Herzlich willkommen in der Abteilung für Vertreter, lieber Kollege", grüßte der Nazgûl den noch immer erstarrten Celeborn. „Bitte folgen Sie mir, ich werde Ihnen Ihre erste Aufgabe zuteilen." Der Nazgûl drehte sich um und verschwand durch eine Tür mit der Aufschrift „Raum 156794, Zentrale für Vertreterangelegenheiten"
Sichtlich verwirrt folgte ihm Celeborn. Der Raum war nicht sonderlich groß, was wohl zum teil auch daran lag, dass er über und über mit Akten vollgestopft war. Der Nazgûl ging zu einem der Aktenstapel und zog einige Papiere daraus hervor. Staub wirbelte auf und brachte den Schwarzgewandeten dazu, jämmerlich zu husten.
„Also, hier habe ich eine Liste der Personen, die noch keine Leitung bei uns haben. Es wird Ihre Aufgabe sein, diese anzusprechen und davon zu überzeugen, dass sie unbedingt eine Leitung bei uns brauchen." Verständnislos sah Celeborn den Nazgûl an.
„Überzeugen? Wie soll ich das tun?"
„Was? Sie wissen nicht, wie man andere überzeugt?" Ungläubig hielt der Nazgûl inne.
„Bin ich jetzt entlassen?", fragte Celeborn, während er nervös seine Robe zerknitterte. Der Nazgûl schüttelte den Kopf und klopfte ihm auf die Schulter. „Da kann man doch was machen."
Etwas später:
Eine in einen schwarzen Umhang gehüllte Gestalt huschte durch den Düsterwald. Nach einiger Zeit blieb die Gestalt stehen und sah auf einen Stapel Papiere in ihrer Hand.
„König Thranduil in Düsterwald", las Celeborn die Adresse, die auf dem obersten Blatt stand und seufzte. „Das können sie ja wohl nicht ernst meinen..."
Doch alles Genörgel nutzte nichts, denn es war weder jemand in der Nähe, um dem hohen Elben zuzuhören, noch hätte ihm irgendwer zugehört, selbst wenn er mitten in Minas Tirith gestanden hätte, denn schließlich wäre er ja nicht Celeborn, wenn ihm jemand zuhören würde.
„Überzeugen.. einfach nur überzeugen..", murmelte er vor sich hin, während er immer weiter in der Wald vordrang. Die Nazgûl waren glücklicherweise so freundlich gewesen, ihm ein paar Nachhilfestunden in Überzeugungstechnik zu geben, doch nichtsdestotrotz war er mehr als nur etwas nervös.
Endlich war an seinem Ziel angekommen und stand vor dem großen Tor, das zu den Hallen des Elbenkönigs führte. Schnell ordnete er seinen Umhang und seine Haare, bevor er noch einmal seine Notizen, die er sich sicherheitshalber gemacht hatte, überflog.
„Regel Nummer 1: Immer seriös wirken. Stehen Sie gerade, setzen Sie eine überlegene Miene auf und achten Sie darauf, immer ein Gefühl von Überlegenheit zu vermitteln, sollten Sie es mit einem potentiellen Kunden zu tun haben.
Regel Nummer 2: Wenn der potentielle Kunde nicht beim ersten Klingeln öffnet, öffnet er beim zweiten. Öffnet er beim zweiten mal nicht, öffnet er beim dritten. Öffnet er beim dritten Mal nicht,....
Regel Nummer 3: Hat der potentielle Kunde erst einmal die Tür geöffnet, lassen Sie ihn nicht zu Wort kommen! Es könnte ansonsten passieren, dass er Ihnen ansonsten die Tür vor der Nase zuschlägt. Um dies möglichst zu vermeiden, stellen Sie am Besten auch noch Ihren Fuß zwischen Tür und Rahmen.
Regel Nummer 4: Der potentielle Kunde braucht Ihr Produkt, er weiß es nur noch nicht! Lassen Sie es ihn wissen!
Regel Nummer 5: Sollte tatsächlich einmal der Spruch „der Kunde ist König" zutreffen, lassen Sie sich nicht von der hohen Stellung Ihres Gegenübers beeindrucken.
Regel Nummer 6: Ihr einziges Ziel: Der potentielle Kunde soll zum Kunden werden."
Noch einmal atmete er durch, bevor er den Klingelknopf betätigte. Gespannt wartete er auf die Reaktion, doch sie blieb aus. „Regel Nummer 2", rief er sich in Erinnerung und Klingelte noch einmal. Und noch mal. Und...
Nach dem vierhundertdreiundsechzigsten Klingeln öffnete sich endlich das Tor weit genug, sodass Celeborn seinen Fuß in den entstandenen Riss stellen konnte. Ein Gesicht kam zum Vorschein, das ziemlich verschlafen aussah. „Was...."
„Guten Tag, ich bin Celeborn von der Mittelerde-Telecom. Haben Sie sich schon einmal Gedanken über die Anschaffung eines Telephons gemacht? Immer erreichbar, von überall her, keine lästigen Boten mehr, in Sekundenschnelle, drei Wochen lang Garantie und das alles zum einmaligen Preis von 300 Mithrilbarren plus monatlicher Grundpreis sowie die Telephongebühren pro telephonierte Einheit."
Aus der irritierten Miene des Elben schloss Celeborn kurzerhand, dass ein Interesse bezüglich seiner Ware bestand. In sekundenschnelle hatte er den Vertrag sowie eine Schreibfeder zur Hand, die er dem Elben hinhielt.
„Machen Sie einfach hier ein Kreuzchen und da und da und da bitte auch noch."
Verwirrt nahm der Elb die Feder in die Hand und machte seine Kreuzchen, wie Celeborn es ihm sagte.
„Kann ich jetzt wieder zurück in mein Bett?", fragte er, als er endlich durch den endlos erscheinenden Papierstapel durchgekommen war. Celeborn lächelte ihn fachmännisch an.
„Nun, wenn ich es mir recht überlege, ja, es hat mir Freude bereitet, mit einem so zuvorkommenden Elben zu verhandeln." Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand im Wald.
„Das wäre geschafft", freute er sich, als er einen Haken hinter den Namen Thranduils machte, doch der nächste Namen auf der Liste ließ ihn aufstöhnen: „König Theoden von Rohan"
Leise vor sich hin brummelnd machte er sich also auf den Weg ins Land der Pferdeherren.
Nachsatz für dieses Kapitel:
Sämtliche Ähnlichkeiten in diesem Kapitel mit existierenden Personen sind genau so beabsichtigt und gewollt.
Ich widme dieses Kapitel dem Staubsaugervertreter, der mich heute Morgen mittels Sturmklingeln aus dem Bett geschmissen hat, um mir einen neuen Staubsauger zu verkaufen.
Reviewantworten:
iary: Danke, hier geht's weiter ;-)
Jo: ja, ich gestehe, ich bin krank ggg
Anonyme Leserin: Ach, Ravana... Ja, das treffen ware gut ;-)
