Candy 222: Danke für die vielen Reviews! Was Audrey und Frederic angeht, muss ich ehrlich gestehen: Ich habe keine Ahnung, was aus den beiden wird – aber wie heißt es so schön in der Toyota-Werbung: Nichts ist unmöglich.

Katharina-B: Audrey ist eben ein netter Mensch (und eine Gryffindor). Davon abgesehen hat sie ja keine Ahnung, dass da eine Intrige gegen sie läuft und das Dorothy daran beteiligt ist – sie hat also keinen Grund nicht zu helfen.

AlyannaCat: Vielen Dank für dein Lob! Mir ist es beim Schreiben der Professor Picard-Episode genau wie dir gegangen. Leider gibt es wirklich genügend Lehrer, die sich schlicht und einfach unmöglich aufführen. Da fällt einer mehr oder weniger gar nicht mehr auf.

zoomzoom-pig: Ich habe es meiner Schwester ausgerichtet. Tja, und auf deine Fragen antworte ich dir mal wieder nicht #ganzgemeinesgrinsen#

Mittlerweile gibt es noch einige Leute, die mir fleißig reviewn und denen ich noch kein Kapitel gewidmet habe. Diesen Misstand will ich nun beheben. Ich widme wieder in alphabetischer Reihenfolge, d.h. dieses Kapitel ist für Barkeeper.


„Das war garantiert Malfoy, darauf verwette ich meinen Besen", fauchte Melissa. „Dieses schmierige kleine Bürschchen! Na warte, der kann was erleben. Der wird sich noch wünschen, nie geboren worden zu sein!"

„Rache, ich will Rache!", setzte Diane noch einen oben drauf. „Wir werden ihn nicht damit davonkommen lassen!"

„Ich glaub's einfach nicht, wie kann er es nur wagen? Nein Alexa, nicht weinen." Melissas Stimme wurde mit einem Mal weich. „Du kannst doch nichts dafür. Die Idee mit dem Utensilien-Kasten war wirklich gut."

„Ich frage mich, wie Malfoy das herausgefunden hat. Er muss uns belauscht haben", sagte Dorothy nachdenklich. „Aber er ist doch so weit weggesessen..."

„Nein, ich glaube auch nicht, dass er da von selbst drauf gekommen ist", überlegte Diane. „Dann wären Azz und Bee jetzt nicht mit Püscheln geschmückt." Befriedigt registrierte sie, dass Alexa unter Tränen lächelte. „Er hätte sie bestimmt nicht in den Mädchen-Trakt geschickt, wenn er den Trank schon gehabt hätte. Er muss uns irgendwie beim Mittagessen belauscht haben. Da fällt mir ein, er hat den Tisch ziemlich früh verlassen. Ich habe mir nichts dabei gedacht, aber nun ist das ja wohl eindeutig."

„Ich verstehe gar nicht was ihr habt", mischte sich eine arrogante Stimme in das Gespräch ein. „Es gibt hier viel vordringlichere Probleme als diesen seltsamen Trank: meine Erlösung!"

Die Mädchen hatten Julia völlig vergessen. Nun materialisierte sie langsam vor ihnen.

„Davon abgesehen ist alles, was ich bis jetzt gehört habe nur reine Spekulation. Ihr habt keinen stichhaltigen Beweis vorgebracht, dass dieser Malfoy den Trank wirklich entwendet hat."

„Das ist doch...", fuhr Diane hoch.

„Lass mal, Diane, in gewisser Art und Weise hat sie recht", sagte Melissa. „Reg dich ab," Diane war knallrot angelaufen. „ich glaube genauso wie du, dass er es war. Aber Julia hat recht, wir haben keinen Beweis."

Die Manifestation nickte zufrieden.

„Ja und?", ereiferte sich Diane. „Wofür brauchen wir Beweise? Ich will Rache!!!"

„Nach Julias Gesichtsausdruck zu schließen hat sie einen Vorschlag."

„Genau den habe ich", erklärte Julia überlegen. „Wie ich sehe, beschäftigt euch dieses Thema ungemein. Und in gewisser Art und Weise habe ich ja sogar ein bisschen Verständnis dafür. Deshalb schlage ich vor, ihr trinkt jetzt alle erst einmal eine Schokolade und dann überlegt ihr euch, wer mein Romeo sein könnte. Ich werde mich unterdessen im Schloss umsehen, ob ich eueren Alterungstrunk finden kann."

„Guter Vorschlag", nickte Melissa.

„Guter Vorschlag?" Alexa brüllte fast vor Wut. „Wie kannst du so etwas sagen? Wir sollen hier herumsitzen, während wir schon längst was unternehmen könnten?"

„Und was willst du unternehmen?", fragte Melissa ruhig. „Malfoys Zimmer stürmen und den Trank zurückfordern?"

„So was in der Art", grummelte Alexa.

„Menschenskind, denk doch wenigstens einmal nach! Wenn wir so was machen, verraten wir uns doch selbst und Malfoy lacht sich eins ab."

„Sehe ich nicht so", sagte Alexa mit störrischer Mine. Die anderen seufzten und ließen das Thema fallen.

„Ähm, da kommt mir eine Frage", Diane betrachtete die Manifestation von oben bis unten. „Genauer gesagt, sogar zwei. Erstens, wenn du dich frei in Hogwarts bewegen kannst, warum suchst du dir dann deinen Romeo nicht selbst? Und zweitens, warum hast du dir ausgerechnet unser Zimmer zum heulen ausgesucht?"

„Impertinent, da will man helfen und dann so was", zischte Julia. „Aber ich will dir antworten, kleine Göre. Ich suche meinen Romeo nicht selbst, weil ich ihm vorgestellt werden muss – noch so eine blöde Regel dieses Mistkerls von Druiden. Und ich habe mir euer Zimmer ausgesucht, weil ihr mir die cleverste Truppe zu sein scheint." Julia war es sichtlich unangenehm, den Mädchen ein Kompliment machen zu müssen. Den Mädchen hingegen gar nicht. So konnte sich Diane dann auch ein „Tja, das hört man gerne." nicht verkneifen. Julia reagierte unwillig.

„Also machen wir es so?", raunzte sie die vier an.

„Okay, wir machen es so", seufzte Melissa. Julias fordernde Art war einfach nervtötend.


Trotz allen Unwillens hatten die Mädchen Julias Rat befolgt und sich Heiße Schokolade besorgt (Addy, die Hauselfe war glücklich gewesen, helfen zu können. Seit „ihrer" Porridge-Idee war sie im Ansehen der anderen Elfen sehr gestiegen und dafür zeigte sie sich Diane gegenüber sehr dankbar. Somit hatte die Quidditch-Geschichte trotz allem noch ihre guten Seiten). Jetzt, nachdem die Manifestation verschwunden war, entspannte sich die Stimmung merklich.

„Gut, dann kommen wir also auf Romeo zu sprechen", sagte Melissa. „Was habt ihr für Vorschläge?"

„Also, wenn ihr hier quatscht, kann ich nicht richtig arbeiten", murrte Dorothy, schnappte sich ihre Ohrenschützer und verzog sich in eine Ecke des Schlafsaals.

„Stimmt, sie muss ja Hausaufgaben machen", sagte Alexa mit einem seligen Grinsen. Mittlerweile hatte sich ihr Gemütszustand wieder normalisiert.

„Also, um dann endlich auf den Romeo zu sprechen zu kommen. Ich würde vorschlagen: Reginald Barclay, den Kapitän der Ravenclaw-Quidditschmannschaft, Horatio Held von den Gryffindors, vielleicht Sebastian Flint", sagte Melissa.

„Hmm, das Standardprogramm der coolen Jungs", bemerkte Diane.

„Mich wundert es ja, dass du deinen Liebling gar nicht auf der Liste hast", spottete Alexa. „Ist Harry-Potter-Superstar denn nicht als Romeo geeignet?"

„In der Tat, das ist er nicht", sagte Melissa kühl.

„Und warum nicht?", bohrte Alexa weiter.

„Er ist verheiratet!"

„Ja und? Das war Romeo doch auch!"

„Aber erstens nicht mit Ginny Weasley, sondern mit Julia und zweitens hat Professor Potter seine Hochzeit nun schon um einige Monate überlebt!"

„Das ist ein Argument", kicherte Diane.

„Für wen wärst du dann eigentlich, Alexa?", erkundigte sich Melissa.

„Professor Herbicit!"

„Herbie als Romeo? Nee, das geht nun wirklich nicht!"

„Warum? Er ist nicht verheiratet, er sieht gut aus, alle Mädchen stehen auf ihn..."

„Aber er steht nicht auf Mädchen."

„Wenn du meinst", schmollte Alexa.

„Hört auf zu streiten", mischte sich Diane ein. (Die Rolle als Friedensstifterin war zwar neu und ungewohnt, gefiel ihr aber nicht schlecht.) „Ich fasse mal zusammen, bis jetzt haben wir Professor Potter und Professor Herbicit abgelehnt, Sebastian Flint, Horatio Held und Reginald Barclay sind noch im Rennen."

„Sebastian Flint ist ein Versager", ließ sich Alexa vernehmen.

„Ist er nicht", widersprach Melissa, „für die Sache mit dem KonzentEx konnte er doch nichts."

„Wäre er nicht so gierig gewesen, wäre nichts passiert", konterte Alexa. „Außerdem hätte seine Mannschaft nie und nimmer eine Butterbierorgie veranstalten dürfen."

„Aber...", setzte Melissa an, doch sie wurde von Diane unterbrochen.

„Also ich bin auch für Flint. Immerhin sieht er nicht ganz schlecht aus und steht auf Mädchen."

„Uhh, was haben wir für tolle Kriterien", krittelte Melissa.

„Wir sollten möglichst viele Jungs in die engere Auswahl nehmen. Nicht, dass uns der wahre Romeo noch durch die Lappen geht! Wir haben ja schließlich keine Ahnung, was den wahren Romeo ausmacht. Ist es Aussehen oder Abstammung oder sonst irgend etwas anderes? Wir tappen doch völlig im Dunkeln!"

„Das heißt, wir lassen auch Horatio Held drin, obwohl er ein Gryffindor ist?", erkundigte sich Alexa.

„Ganz genau!"

„Würg!"


Nach zwei Stunden angeregter Diskussion hatten die Mädchen endlich eine Liste von 30 potentiellen Romeos aufgestellt. Mittlerweile war Julia wieder eingetrudelt.

„Also, ich kann euch leider nicht sagen, ob Malfoy euren Alterungstrunk hat oder nicht. Ich habe ihn zwar nicht gesehen, aber Malfoy hat eine dieser gemeinen magie- und geisterresistenten Vorratskisten. Also, falls er ihn hat, muss er ihn da reingepackt haben."

„Hmm, das hilft uns auch nicht viel weiter", brummte Melissa.

„Diese ganze Geschichte ist sowieso zweitrangig", sagte Julia fröhlich. „Viel wichtiger ist: Habt ihr die Romeo-Liste fertig?"

„Ja haben wir, hier ist sie." Diane reichte der Manifestation die Pergamentrolle. „Und was das zweitrangig angeht..." Ihre Stimme wurde drohend.

„...hat Julia absolut recht. Mittlerweile ist mir nichts mehr wichtiger als sie loszuwerden", beendete Melissa den Satz. (Diane hatte eigentlich etwas anderes sagen wollen.)

„Danke, das beruht auf Gegenseitigkeit, ihr Kleinkinder", fauchte Julia. Dann wandte sie sich der Liste zu. „Interessant, interessant. Und ab morgen werdet ihr mich zu jedem einzelnen dieser Kandidaten führen und mich vorstellen!"


Die nächsten Tage waren für die Slytherin-Mädchen sehr unangenehm. Zum einen lebten sie in ständiger Furcht, dass Napoleon Malfoy irgendetwas in Sachen Alterungstrunk unternehmen würde. Seltsamerweise geschah nichts, nur eine gewisse Befriedigung in Napoleons Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, dass er etwas mit dem Verschwinden des Trankes zu tun haben könnte. Sollte ihm der Besitz des Trankes als Rache wirklich reichen? Die Mädchen wagten es nicht zu hoffen. Zu gerne hätten sie etwas gegen Napoleon unternommen. Doch leider versagte diesmal ihre Phantasie. Ihnen fiel nichts ein, dass sie tun konnten, ohne die AG-AG in Gefahr zu bringen. Sie waren wie paralysiert, eine sehr frustrierende Erfahrung.

Diese Ideenlosigkeit konnte allerdings auch mit ihrem zweiten Problem zusammenhängen. Ständig wurden sie von Julia begleitet, die darauf lauerte ihrem Romeo zu begegnen. Und da Julia alles lautstark kommentierte, was sie sah und sich in jede Unterhaltung einmischte, konnten die Mädchen kaum einen klaren Gedanken fassen. Zum Glück war es nicht ganz so schlimm gekommen, wie sie zunächst befürchtet hatten. Julia wollte nicht allen Jungen vorgestellt werden, sondern nur dem Jungen, der sie auch sehen konnte, also dem wahren Romeo. Die Mädchen hatten schon die Horrorvorstellung gehabt, sie jedem halbwegs attraktiven Jungen vorstellen zu müssen – und dieser Junge hätte nur Luft gesehen.

(„Ähh, hallo Reginald, schön dich zu treffen. Darf ich dir Julia, unsere ...hmm... Manifestation vorstellen?"

„Manifestation? Wovon redest du überhaupt? Ich sehe nichts!"

„Oh, du siehst sie nicht? Na, dann bist du wohl nicht der richtige! Machs gut. Tschüß.")

Sie wären für verrückt gehalten worden und die Schande wäre nicht auszudenken gewesen. Erschwerend kam hinzu, dass nur sie Julia sehen konnten. Anfangs hatten die Mädchen angenommen, dass Julia wenigstens auch für die anderen unter 14jährigen Mädchen sichtbar sein würde. Aber dann hatte sich herausgestellt, dass der Zauber nur im Zusammenhang mit den Personen wirkte, die bei seinem Ausspruch dabei waren. (Dieser blöde alte Druide hat auch alles getan, um uns das Leben zu vermiesen", wie Diane ganz richtig feststellte.)

Die Ausflüge mit Julia waren alles andere als vergnüglich. Die Manifestation schien die Gelegenheit endlich einmal wieder sprechen zu können, bis ins letzte ausnutzen zu wollen und so kommentierte sie alles und jeden oder saß im Unterricht neben den Mädchen und erzählte ihnen ihre „Lebens"geschichte (Julia fand die Unterrichtsstunden nämlich entsetzlich langweilig – kein Wunder, sie konnte sie ja schon seit der Gründung Hogwarts verfolgen).

Snape fand überhaupt keine Gnade vor Julias Augen. In der nächsten Zaubertrankstunde fing sie an zu ätzen.

„Wie konnte Dumbledore nur dieses Bürschchen zum Lehrer für Zaubertränke ernennen? Ich erinnere mich noch haargenau, er hat gleich bei seinem ersten Zaubertrank den Kessel explodieren lassen."

„Wirklich?", prustete Alexa laut los.

„Miss Filch! Was soll dieser Ausbruch?" Snape brach gekränkt seinen Vortrag ab. „Natürlich würde ich nie im Leben einen Liebestrank anwenden! Wenn sie den Unterricht noch einmal in dieser ungebührlichen Art und Weise stören, bekommen sie eine Strafarbeit, die sich gewaschen hat!"

„Ja, Professor, es tut mir leid", sagte Alexa kleinlaut.

An Professor McGonagalls Unterricht nahm Julia nicht teil („Diese alte Jungfer langweilt mich schon seit Jahren, nicht einmal euch zuliebe tue ich mir das an!" Julia übersah dabei vollkommen, dass die Mädchen heilfroh waren, sie endlich einmal loszuhaben.) und auch beim Fliegen ließ Julia sich nicht blicken. Statt dessen streifte sie dann über das Gelände und hielt Ausschau nach Männern, die ihrem Bild von Romeo entsprachen.

Hingegen war sie bei Kräuterkunde und Verteidigung gegen die dunklen Künste wieder mit von der Partie.

Die Mädchen konnten kaum an sich halten, als Julia in Kräuterkunde alles tat um die Aufmerksamkeit von Professor Herbicit zu erringen. Sie wirbelte vor ihm her, stellte sich ihm in den Weg und warf mit Pflanzen um sich. Professor Herbicit war sehr ungehalten, diese Pflanzen hatte er von seiner verehrten Vorgängerin Professor Sprout von ihrem Ruhesitz, einer Farm für magische Pflanzen in den Anden, geschickt bekommen und sie waren ihm sehr wertvoll. Glücklicherweise verdächtigte er Peeves.

Bei Verteidigung gegen die dunklen Künste verhielt sich Julia wieder anders. Sie würzte Harrys Unterricht mit Anekdoten aus 1000 Jahre Verteidigung gegen die dunklen Künste („Da fällt mir ein, als Professor Tuvok dieses Thema unterrichtete..."). Davon abgesehen war sie in diesem Gebiet wirklich beschlagen. Harry wunderte sich in den nächsten Wochen sehr über die fundierten Wortmeldungen der AG-AG-Mädchen.

Da war zum Beispiel diese Stunde über stablose Verteidigungsmethoden.

„Stablose Verteidigung ist unter Hexen und Zauberern zwar ziemlich unüblich", dozierte Harry, „doch kann man immer wieder in eine Situation kommen, in der einem der Zauberstab fehlt, oder der Gegner eine solche Methode anwendet. Wer von ihnen kann mir denn eine solche Methode nennen?"

„Eine? Ich kenne mindestens 300!", bemerkte Julia überlegen. Die Mädchen schenkten ihr nur wenig Glauben, sie waren skeptisch was Julias angeblich perfektes magisches Wissen anging. Schließlich war sie nur eine Manifestation – nicht mal ein richtiger Geist. Mittlerweile hat sich Katharina Baker gemeldet.

„Karate", schlug sie vor.

Harry lächelte. „Ein wirklich interessanter Vorschlag, Miss Baker. Kampfsportarten können eine effiziente Methode sein – vor allem, wenn der Gegner sie nicht erwartet."

„Zuhause bin ich im Karate-Verein", erzählte Katharina stolz.

„Ich kann es nicht fassen, die protzt hier auch noch mit ihrer Muggelabstammung", ätzte Napoleon Malfoy leise. Diane zuckte zusammen, die gelegentlichen Spitzen anderer Slytherins gegen muggelstämmige Schüler trafen sie, obwohl ihre Freundinnen ihr sagten, sie solle sich nicht darum kümmern. Auch Julia hatte kein Verständnis für diese Ansichten (ihre Großmutter war muggelgeboren), und so kam es, dass Napoleons Tintenfass auf wundersame Weise umkippte und die ganze Tinte auf seinen Schoß floss.

Mit einem spitzen Schrei fuhr Napoleon hoch, er hatte gerade an etwas anderes gedacht als ihn die eiskalte Tinte traf (eiskalt war sie durch Julias Einfluss).

„Mr. Malfoy, was ist los?", erkundigte sich Harry.

„Jemand hat mir meine Tinte auf den Schoß geschüttet", beklagte der sich.

„Machen sie sich nicht lächerlich, Mr. Malfoy. Niemand ist so nahe an sie herangekommen, dass er dieses Kunststück hätte vollführen können. Und falls sie denken jemand hätte ihr Tintenfass verzaubert", nahm Harry Malfoys Einwand vorweg, „so kann ich ihnen versichern, dass ich meinen Magie-Detektor bei mir trage und der nicht angeschlagen hat." (Der Magie-Detektor gehörte zur Grundausstattung eines Aurors. Sobald im selben Raum oder im Umkreis von 50 Metern magische Aktivitäten stattfanden meldete der Detektor dies durch ein sanftes Vibrieren. Eingedenk seiner eigenen Schulzeit hatte Harry sich entschlossen, dieses nette kleine Gerät mit nach Hogwarts zu nehmen – sehr zum Leidwesen seiner Schüler, die es nun nicht wagten, in seinem Unterricht ohne Erlaubnis zu zaubern.) „Ich würde also vorschlagen, sie gehen in ihr Zimmer und säubern sich, während wir hier mit dem Unterricht fortfahren."

„In Ordnung, Sir", sagte Malfoy erstaunlich bereitwillig.

„Gut – und, Mr. Malfoy..."

„Ja?", fragte Napoleon schon von der Tür her.

„Nur ein Hinweis, ich weiß, wie lange es dauert sich zu säubern."

Unter dem verhaltenen Gekicher der Klasse zog Napoleon mit verkniffenem Gesicht von dannen. Er hatte tatsächlich vorgehabt, sich ziemlich viel Zeit zu lassen (und dann war da noch der neueste Comic von „Quark, der Superhexer", der auf seinem Nachtkästchen wartete).

„Ruhe bitte", sagte Harry. „Wer von ihnen kennt noch weitere Methoden der stablosen Verteidigung?"

Dorothy meldete sich. „Ein Narkosta!"

„Pff, Narkosta – nur was für Versager", echauffierte sich Julia und schnitt Dorothy eine Grimasse. „Keine Hexe oder Zauberer mit nur einem Funken Ehre im Leib würde so etwas benutzen!"

Gleichzeitig fragte Harry: „Könnten sie der Klasse auch erläutern, was es mit einem Narkosta auf sich hat, Miss Skeeter?"

„Entschuldigung?" Dorothy war von Julias Geschimpfe zu sehr abgelenkt worden um dem Unterricht noch folgen zu können (etwas, dass ihr sehr peinlich war, selbst vor Professor Potter).

„Ich hatte sie gebeten der Klasse die Funktionsweise des Narkostas zu erklären", sagte Harry verwundert. Er hatte es noch nie erlebt, dass Dorothy Skeeter unaufmerksam gewesen wäre (was man von ihren Freundinnen nicht unbedingt behaupten konnte).

„Ach ja", Dorothy riss sich mit aller Gewalt zusammen und versuchte Julias verächtliches Gesicht zu übersehen (nicht gerade leicht, denn die tanzte genau vor ihr herum). „In einem Narkosta ist die Kraft von 100 Betäubungszaubersprüchen gespeichert. Diese Sprüche sind äußerst potent, sie können bis zu 50 Gegner auf einmal in einem Umkreis von 100 Metern ausschalten. Aus diesem Grund kann ein Narkosta einem normalen Zauber überlegen sein, mit dem trifft man im Normalfall nur wenige Gegner auf einmal. Trotzdem wird das Narkosta von vielen Hexen und Zauberern verachtet, weil es in ihren Augen keine richtige Magie ist. Tatsächlich ist es so, dass man zum Abfeuern eines Narkostas keine eigene Magie braucht, auch Muggel oder Squibs können so ein Ding abfeuern. Deshalb gelten für Narkostas ganz besondere Bestimmungen. Nur mit einem speziellen vom Ministerium ausgestellten Berechtigungsschein, darf man eines besitzen. Das größte Problem beim Einsatz von Narkostas ist allerdings ihre Anfälligkeit für Fehlzauber, vor allem wenn die 100 Sprüche fast verbraucht sind."

Befriedigt ließ sich Dorothy auf ihren Stuhl sinken, sie hatte mal wieder allen gezeigt, was ein ordentliches Literaturstudium wert war (fünf Punkte, um genau zu sein).

„Sehr schön, Miss Skeeter", lobte Harry. „Und hier habe ich noch ein Modell von einem Narkosta."

Mit einem Schwenk seines Zauberstabs ließ Harry ein Narkosta über seinem Pult erscheinen. Das Narkosta drehte sich langsam um seine eigene Achse, damit die Schüler es von allen Seiten betrachten konnten. Im Prinzip sah es aus, wie ein Holzstock mit einer Verdickung am Ende.

„Sieht aus wie ein Gewehr", befand Diane, da sagte Harry gerade: „Die Idee für das Narkosta ist übrigens einer Muggelwaffe entlehnt, dem Gewehr!"

Die Slytherins schnaubten verächtlich und Julia bemerkte: „Ich habe euch ja gleich gesagt, das Narkosta ist etwas für Weicheier. Ich würde so ein Ding nicht mal mit der Kneifzange anfassen."

„Du kannst doch gar nichts anfassen", versetzte Diane mitleidlos. „Du bewegst die Sachen doch mit der Kraft deines Geistes, ist es nicht so?"

„Was macht das schon?", zischte Julia eingeschnappt. „Es geht hier ums Prinzip! Da finde ich die stablosen Sprüche von Professor Tuvok schon viel spannender. Und sie lassen sich nicht nur herrlich für die Verteidigung, sondern auch für den Angriff einsetzen. Aber das ist wohl eine ganze Ecke zu hoch für euch. Aber eines sage ich euch, Professor Tuvok war ein Genie und ich habe viel von ihm gelernt!"

„Du mit deinem Tuvok", sagte Diane aufgebracht, den Namen hatte sie in den letzen Wochen schon zur Genüge gehört.

„Ja, Miss Dursley? Sie wollten etwas sagen?", fragte Harry freundlich.

„Ähmm..." Diane fing sich schnell. „Ein Professor Tuvok, der früher einmal hier in Hogwarts Verteidigung gelehrt hat, hat stablose Sprüche erfunden, die man auch zur Verteidigung einsetzen kann."

„Sehr gut, woher weißt du das?" Harry war so verblüfft, dass er vergaß Diane mit „sie" anzusprechen, wie er es normalerweise im Unterricht tat. Das familiäre „du" war den Gelegenheiten vorbehalten, bei denen sie sich nicht als Lehrer und Schülerin trafen (die gleiche Regelung galt übrigens auch für Audrey Weasley und Frederic Longbottom, die Harry schon seit ihrer Windelzeit kannten).

Professor Tuvoks Forschungen waren nur wenigen bekannt, zu problematisch waren seine Ergebnisse gewesen und die meisten sowieso für die Praxis untauglich. Wie kam Diane Dursley dazu, etwas darüber zu wissen.

„Ich habe davon gehört", meinte die verlegen, „weiß jetzt aber nicht mehr, genau wo."

„Aha", sagte Harry. Vielleicht sollte er in nächster Zeit doch ein Auge auf seine Cousine haben, wenn die sich an Orten herumtrieb, wo sie von Professor Tuvok „hörte". „Nun, die stablosen Sprüche werden wir uns für eine höhere Klasse vorbehalten. Heute sprechen wir über..."

Die restliche Stunde verlief relativ ereignislos (auch wenn Alexa Julia einmal laut aufforderte die Klappe zu halten als diese wieder von Professor Tuvok anfing. Leider bezog Harry diese Aufforderung auf sich, was Slytherin die von Dorothy gewonnenen Punkte kostete).


Der Frühling verging. Mittlerweile hatten sie sämtliche männlichen Wesen in Hogwarts unter die Lupe genommen – aber den echten Romeo hatten sie nicht gefunden.

Einmal hatten sie sich fast am Ziel geglaubt. Dorothy hatte in der Bibliothek Azzs Benutzerausweis gefunden und zu ihrem großen Erstaunen festgestellt, dass Alexander einen zweiten Vornamen hatte: Romeo. Doch als sie Julia Alexander Romeo Azz vorgestellt hatten, war die nur entsetzt gewesen.

„Dieser Typ? Mein Romeo? Seid ihr vollkommen irre? Da bin ich lieber bis in alle Ewigkeit verdammt, bevor ich DEN küsse!" In Julias durchscheinendem Gesicht zeigte sich der pure Ekel.


„Das gibt es doch nicht", stöhnte Diane bei einer ihrer abendlichen Besprechungen. „Jetzt haben wir es auch noch mit Hagrid, Dumbledore und Filch probiert, nun gibt es wirklich keinen Menschen mehr, der als Romeo in Frage kommt."

„Ihr müsst einen übersehen haben", erklärte Julia. „Es muss hier einen Romeo geben."

„Ach muss es?", fragte Alexa resigniert.

„Ja, muss es! Ich muss zumindest hypothetisch die Möglichkeit haben meine Verdammung aufzuheben, also muss es einen Romeo geben!"

„Und was ist, wenn du diese hypothetische Möglichkeit erst beim nächsten oder übernächsten Mal heulen bekommst?", fragte Melissa.

„Ähmm." Julia schwieg betreten.

„Das wäre ja schrecklich", sprach Alexa aus was alle dachten. „Ich habe keine Lust mehr mit Ohrenschützern zu schlafen! Ich will endlich mal wieder meine Lockenwickler benutzen können!"

Julia fühlte sich angegriffen. Ihre luftige Gestalt wirbelte ungehalten durcheinander.

„Als ob mir das Geheule Spaß machen würde. Glaub mir, ich finde es auch nicht toll euch jede Nacht anheulen zu müssen."

„Und warum tust du es dann?", fragte Alexa aggressiv.

„Weil ich es muss!"

„Wir müssen irgendetwas übersehen haben", sagte Dorothy. „Ich bin mir sicher, es muss eine Möglichkeit geben Julia noch in diesem Zyklus zu erlösen."

„Das heißt wir müssen noch einmal ganz von vorne anfangen", seufzte Diane schicksalsergeben.