Kapitel 8
Harry wurde blass. Severus wurde von Remus gebissen? Ganz
langsam sackte er wieder auf seinen Sessel zurück und schloss die Augen.
„Komm, Harry, ich denke, er könnte dich brauchen", sagte Dumbledore schnell,
während er um seinen Schreibtisch herumging und Harry an der Schulter berührte.
Langsam erhob Harry sich wieder und folge etwas benommen den beiden
Professoren. Hätte ihm vor einer Woche noch jemand gesagt, Snape würde ihn
einmal als psychische Hilfe brauchen, hätte er diesen Jemand für verrückt
erklärt.
Das alles war seine Schuld. Wäre er nicht hinausgerannt, hätte Severus ihm auch
nicht folgen können, doch was wäre dann mit James passiert?
Die Professoren gingen sehr schnell, so dass Harry Mühe hatte ihnen zu folgen.
Schon von Weitem konnte Harry Severus Schreien hören.
„ ... DIESER KERL HAT MICH ZU EINEM MONSTER GEMACHT, ICH VERLANGE, DASS ER VON
DER SCHULE FLIEGT! UND SEINE LEBENSMÜDEN FREUNDE GLEICH MIT! WENN ICH LUPIN
NICHT ZURÜCKGEHALTEN HÄTTE, DANN WÄRE MCDOUGAL JETZT TOT! ICH ... "
Er brach ab, als Dumbledore die Tür erreicht.
„Mister Snape, es ist erfreulich zu sehen, dass Sie scheinbar nicht ernsthaft
verletzt wurden –"
„NICHT ERNSTHAFT VERLETZT? LUPIN HAT MICH AUF LEBENSZEIT ZU EINEM MONSTER
GEMACHT!", fauchte Snape brüllend.
Nun betrat auch Harry den Raum. Er erkannte Severus, der auf einem der Betten
saß und einen Verband um seine rechte Schulter trug. Einige Schrammen und Risse
waren an seinem Körper zu erkennen und die Kleidung war blutig und aufgerissen.
Heilerin Astell stand neben ihm und hatte sich wohl den Wutausbruch anhören
müssen. Moody stand am Fester und starrte teilnahmslos in die Dunkelheit, doch
dann regte sich plötzlich etwas in ihm.
„Wieso waren Sie überhaupt außerhalb Ihres Bettes, Mister Snape?", fragte er
ruhig.
„I-ich hab mir Sorgen gemacht." Es klang als wäre es ein Geständnis. „McDougal
ist plötzlich wie von 'ner Dixi gebissen aus dem Schlafsaal gerannt... Ich
wollte nur sehen, ob alles in Ordnung ist."
„Was haben Sie denn draußen gemacht, McDougal?", knurrte Moody.
„Später, Alastor", rettete Dumbledore ihn und wandte sich denn wieder Severus
zu. „Wie geht es Ihnen?"
„Ich bin ein Werwolf, was glauben Sie, wie es mir geht?", fragte Severus mit
traurig leiser Stimme. Er senkte den Kopf und starrte auf den Boden, während
Harry einige Schritte näher trat.
„Vie-vielleicht solltest du mit Remus darüber reden, wenn.. wenn er wieder da
ist", schlug er vor.
Abrupt hob Snape seinen Blick und starrte ihn an. „ICH WILL DIESE BESTIE
NIEMALS WIEDER SEHEN!", schrie er so laut, dass Harry zusammenzuckte.
„Auf ein Wort, Cathendra, Alastor." Dumbledore trat in das Büro der Heilerin
und wartete darauf, dass die Beiden ihm folgten. Schließlich war Harry alleine
mit Severus.
„Es tut mir Leid, das ist alles meine Schuld", flüsterte Harry kaum hörbar.
Severus zuckte mit den Schultern. „Ich hätte dir nicht nachlaufen sollen. Und
es was meine Entscheidung Lupin von dir wegzulocken."
„Danke."
Der Andere nickte nur, als Zeichen, dass er verstanden hatte. Inzwischen war
sein Blick wieder auf seine Füße gerichtet und Harry wusste nicht, was er tun
oder sagen sollte, doch plötzlich schluchzte Severus auf, unterdrückt, doch
nicht zu überhören. Seine Hände waren so stark in die Laken das Bettes
vergraben, dass sie langsam weiß wurden. Seine Schultern, nein, sein gesamter
Körper, bebte. Leise hörte Harry, wie Severus versuchte sein Weinen zu
unterdrücken.
Unentschlossen trat Harry bis ans Bett heran. Langsam ließ er sich auf die
Matratze niedersinken, so dass er direkt neben Severus saß, der sein Gesicht
abwandte und seine Tränen verbergen wollte.
Zögernd legte Harry seinen Arm um Severus und zog ihn langsam näher an sich
heran. Er war mehr als überrascht, als er bemerkte, dass der Andere seine Hände
nun tief in Harrys T-Shirt krallte und den Tränen freien Lauf ließ. Er
schluchzte hemmungslos in Harrys Armen, als stünde das Ende der Welt bevor.
„Schhhh...", machte Harry. „Ist ja gut."
„Gar-garnichts ist.. ist gut...", brachte Severus hervor. „I-ich will kein
Monster sein..."
Harry wusste nicht, was er darauf antworten sollte, also zog er den Jungen
einfach noch näher an seine Brust. Severus' Tränen durchnässten bereits den
Stoff, doch es störte Harry nicht wirklich.
Die Lehrer betraten wieder den Raum und Dumbledore lächelte Harry schwach zu.
Severus schien nicht bemerkt zu haben, dass sie nicht mehr die Einzigen im
Zimmer waren.
„Harry, du kannst heute Nacht hier bleiben, wenn du möchtest, allerdings
erwarte ich, dass du Morgen früh in den Unterricht gehst. Mister Snape kann dem
Unterricht so lange fernbleiben, wie er es wünscht. Ich möchte nicht, dass
einer der Schüler davon erfährt und ich werde mich mit seinen Eltern in
Verbindung setzten."
Harry nickte. „Soll ich den anderen im Schlafsaal bescheit geben?"
Dumbledore schüttelte den kopf. „Das wird dein Hauslehrer übernehmen. Ich werde
morgen weiter mit Mister Snape reden, heute ist er dazu mit Sicherheit nicht
mehr in der Lage. Cathendra wird in ihrem Büro und später in ihren privaten
Räumen zu finden sein, falls etwas mit ihm sein sollte."
Wieder nickte Harry und fühlte sich plötzlich sehr hilflos. Und das Gefühl
verstärkte sich noch mehr, als die drei Erwachsenen verschwunden waren.
Es dauerte lange bis Severus sich beruhig hatte. Längst war Mitternacht vorüber
und eine unangenehme Stille bereitete sich im Krankenflügel aus.
„Vielleicht solltest du dich hinlegen und versuchen ein wenig zu schlafen",
schlug Harry vor.
Severus nickte stumm. Harry erhob sich, der Andere legte sich nun vollbekleidet
lang auf das Bett und zog die Decke über seinen Körper. Dann starrte er mit
ausdrucksloser Miene und verheulten Augen an die Decke.
„B-bleibst du hier?", fragte er leise.
„Soll ich das?"
Ein zögerndes Nicken war die Antwort. Also nahm Harry auf einem der Stühle
platz.
„Willst du reden?", fragte er schließlich entschlossen die Stille zu
durchbrechen.
„Ich.. ich bin mir nicht sicher."
„Du solltest mit Remus sprechen. Er wird ebenso verstört sein."
Severus schnaubte. „Soll er doch!"
„Du weißt, dass er nicht er selbst ist bei Vollmond, oder?", fragte Harry
unsicher.
„Ja und wegen ihm, werde ich das auch nie wieder sein."
„Hör auf ihm die Schuld zu geben!", meinte Harry zwar ruhig, doch eindringlich.
„Du willst nur, dass ich sie dir gebe!", fauchte Severus ungehalten.
Harry sog die Luft ein. Severus hatte recht, selbst wenn er es nicht bewusst
getan hatte, so stimmte es.
„Ja.. ja, du hast Recht."
Wieder schwiegen sie sich an.
„Wieso hast du eigentlich Dad gesagt, als du heute Nacht aufgewacht bist?",
fragte Severus zögernd. „Ich dachte er ist tot."
„Ist er auch. Ich hab schlecht geträumt."
Der Ältere nickte und begann dann zögernd zu sprechen. „Ich hab den Anfang von
eurem Gespräch mitangehört. Ich hatte Panik, dass dieser Kerl oder Potter dir
etwas antun könnten und wollte einen Lehrer holen, aber dann hörte ich wie
Pettigrew und Black miteinander redeten und meinten, dass Lupin's
Werwolfsinstinkte wiedereinmal verrückt spielen würden und jemand ihn gerufen
hätte, sie meinten, dass Potter es gewesen sein könnte und mir wurde klar, dass
du ihn Gefahr schwebtst... also habe ich ihn gerufen."
„Du hast mir damit das Leben gerettet."
Severus achtete nicht auf seine Worte. „Ich werde immer eine Monster sein."
Harry zögerte und schluckte schwer. „Nein, wird du nicht... In wenigen Jahren
wird ein Trank erfunden werden, der dir helfen kann die Kontrolle zu
übernehmen."
„Nett, dass du mich trösten willst, aber das glaube ich nicht."
„Ob du das glauben magst oder nicht, es wird so sein", sagte Harry ernst.
Wieder schaute Severus ihn misstrauisch an. „Woher willst du das wissen?"
„Vertrau mir einfach, ich weiß es."
„Ich bin froh, dass du hier bist, jetzt, wo ich solch eine Bestie bin, werden
sich noch weniger mit mir abgeben wollen."
Harry stockte. „Ich.. ich werde in einer Woche wieder verschwinden."
„Wa-warum? Wohin?", fragte Severus. Seine Augen hatten einen ungläubigen und
verletzlichen Ausdruck angenommen.
„Ich werde nach Hause gehen."
„Ich dachte deine Eltern sind tot."
„Meine leiblichen. Die McDougals haben mich adoptiert."
Severus schwieg kurz. „Vielleicht solltest du gehen."
„Wenn du das möchtest, werde ich gehen."
Severus nickte, obwohl Harry wusste, dass er es nicht so meint. Der Andere
würde ihn schon zurückrufen, wenn er ginge. Er erhob sich und trat auf die Tür
zu.
„Bis Morgen, Sev!", verabschiedete er sich, ging in den Flur hinaus.
Er hatte die Tür hinter sich nicht einmal ganz angelehnt als aus dem Nichts
plötzlich zwei Jungen seines Alters auftauchten. Harry erschrak und konnte erst
dann den Tarnumhang in der Hand seines Vater sehen. Neben diesem stand Sirius.
„Snape wurde gebissen?", fragte der Größere von beiden sofort.
Harry nickte, „Remus wird's mit Sicherheit nicht besonders gut gehen. Hat man
ihn schon gefunden?"
James schüttelte den Kopf. „Er wird total fertig sein. Wie geht's Snape?"
„Nicht gut..."
„Verständlich", meinte James.
Harry nickte kurz. „Was wollt ihr hier?"
„Mit dir reden", meinte James ruhig.
„Schon wieder?", fragte Harry genervt und verdrehte die Augen.
„Schon wieder", bestätigte Sirius grinsend.
„Okay, dann schießt los!", meinte Harry in desinteressiertem Ton. In seinem
Inneren brodelte es. Was würde James jetzt tun? Harry war sich ziemlich sicher,
dass der Junge sich schon sehr bald einen Reim auf das Ganze machen könnte.
„Dieser Riddle, ist er dein Sohn?"
Verwirrt legte Harry die Stirn in Falten. „Nein."
„Aber du hast gesagt, dass dein Blut in seinen Adern fließt und –"
„Er ist sicher nicht mein Sohn", unterbrach Harry ihn energisch. Alleine der
Gedanke, mit dieser Bestien verwandt zu sein, bereitete ihm Übelkeit.
„Wie kann es sonst sein?", fragte James und sah ihn fragend an.
Wenn er es ihnen erzählte, was könnten sie mit diesem Wissen schon anfangen?
Nichts! „Es gibt ein Ritual bei dem das ,Blut des Größten Feindes' eine
ziemliche Rolle spielt. Er hat mein Blut genommen und es praktisch mit dem seinen
verbunden."
James zögerte, hatte offensichtlich noch nie von solch einem Ritual gehört.
„Oookay", meinte James und hatte offensichtlich Mühe seine Nervosität zu
verbergen.
Sirius hatte bis jetzt noch nicht viel gesagt, doch nun meldete er sich zu Wort.
„Was wird mir uns passieren?"
„Keine Ahnung! Denkst du, nur weil ihr hier auf der Schule solche Berühmtheiten
seit hält das euer Leben lang? Ich kenn euch nicht!", seine Stimme klang ruhig
und glaubhaft, doch James und auch Sirius würden nicht o schnell lockerlassen.
„Woher wusstest du dann, dass Remus ein Werwolf ist und dass wir Animagus
sind?"
„I-ich kenne Remus... Er hat es mir gesagt." Gedanklich schlug er sich mit der
flachen Hand gegen die Stirn.
„Das soll heißen, wir werden nichts mehr mit ihm zutun haben? Sonst würdest du
uns ja wohl kennen!"
Es könnte einen wirklich großen Keil zwischen Remus und den anderen treiben,
wenn er ihnen das bestätigten würde. „Nicht direkt...", meinte er unbeholfen.
„Was soll das heißen?" Ein leicht aggressiver Ton steckte in Sirius Tonlage.
Harry zögerte immer noch. Es hatte keinen Sinn mehr ihnen irgendetwas zu
verschweigen, doch wie konnte er ihnen einfach sagen, wer er war oder was mit
ihnen passierte? Aber er hatte einfach schon zu viel verraten. Die Zukunft hatte
sich schon allein daran unweigerlich geändert, dass Severus jetzt ein Werwolf
war.
Er wich den Blicken der beiden aus.
„Ich kenne Remus, ich kenn dich, Sirius und in gewissen Weise kenn ich auch
Peter, aber keinen von euch wirklich gut", gestand er leise.
„Ich werde sterben, oder?", fragte James plötzlich. Sirius starrte erst seinen
besten Freund und dann Harry an, wartete auf eine Reaktion.
Seine Antwort ließ lange auf sich warten, und als sie endlich kam war sie nicht
mehr als ein Hauchen. „Ja..."
„Wo-woran?" James' Stimme zitterte.
„Tom Riddle wird dich ermorden." Auch Harry hatte seine Stimme nicht mehr ihm
Griff.
„Wer ist dieser Kerl?", fauchte jetzt Sirius aufgebracht.
Sie werden es so oder so herausfinden, wenn es sie wirklich interessiert und es
wird sie interessieren, schließlich bringt er James um. „Voldemort!"
„Er wird mich persönlich umbringen?", fragte James. Seine Stimme war ein
ehrfürchtiges Flüstern. „Warum?"
Harry seufzte und sagte sich zum x-ten Mal, dass dies alles sowieso keinen Sinn
hatte. Alles das würde vermutlich nie stattfinden, selbst wenn er schwieg. „Du
wurdest verraten. Dein Tod wird am einunddreißigsten Oktober
neunzehnhunderteinundachtzig sein."
Er war ausgesprochen und mit diesen Worten würde Harry den Tod seines Vater
verhindern. Mit dieser Sekunde war Harry keine Waise mehr.
„Was ist mit mir?", fragte Sirius schnell mit einem Hauch von Übermut.
„Das willst du nicht wissen", behauptete Harry, doch je mehr er erzählte, desto
flüssiger wurde es. Es hat keinen Sinn mehr zu schweigen, redete er sich
ununterbrochen ein...
„Schieß los, schlimmer als der Tod kann es wohl nicht sein, oder?", fragte
Sirius herausfordernd.
„Da wäre ich mir nicht so sicher." Ein sehr vorsichtiges Lächeln huschte über
sein Antlitz.
Sirius hob die Augenbrauen. „Kuss des Dementors?", riet er.
„Unter anderem..." Wieder zögerte Harry. „Du wirst nach Azkaban kommen... für
zwölf Jahre..."
Noch bevor Sirius sich wieder von seinem Schock erholt hatte, bemerkte Harry,
dass James seine haselnussbraunen Augen stechend auf ihn gerichtet hatte. Er
sah ihn direkt an und es fröstelte ihn kurz.
James hatte es bemerkt, er wusste es...
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Danke an SweetDreams, Fidi, kathleen potter, VamHex, Tolotos, Tigereye, janine black, sunny, Severina35, sinis-seph, nemo, Jeanca, vroni
