Kapitel 12

Er hatte, ohne es zu bemerken, zu zittern begonnen. Voldemort würde ihn nicht einfach töten, er wollte ihn leiden sehen...

„Sebastian..." Harry schloss resignierend die Augen. Nun war seine letzte Chance zur Flucht verspielt – Voldemort war hier. „Such den anderen Jungen!"

Bitte lass ihn ins Schloss zurückgegangen sein, flehte Harry.

Eine verhüllte Gestalt trat aus dem Dunklen auf die Lichtung und mit jedem Schritt, den sie tat, folterte sie Harry mit stärkeren Kopfschmerzen. In der Hand hielt sie einen Zauberstab, der direkt auf Harrys Herz gerichtet war.

Die Handgelenke noch immer aneinandergefesselt und ohne seinen Zauberstab zur Hand zu haben, stand Harry hilflos inmitten der Lichtung, während Sky sich lautlos zurück in die Büsche schlug. Er öffnete den Mund, um irgendetwas zu sagen, doch noch immer fehlte ihm seine Stimme.

„Hat es dir die Sprache verschlagen, Harry?" Voldemort ging langsam um den Jungen herum, während dieser wie angewurzelt stehen blieb. Mit einem Schwenk des Zauberstabes gab er ihm seine Stimme wieder.

Harry atmete tief durch, ganz so, als hätte der Zauber ihm die Atemzufuhr versperrt und erst jetzt wieder frei gegeben.

„Was hast du mit James vor?"

„Er wird sterben, weil er mein Gesicht gesehen hat, aber vermutlich hätte ich ihn auch so getötet. Ohne ihn, wirst du niemals geboren und wenn ich dich in dieser Zeit ebenfalls töte, dann wirst du mir niemals mehr gefährlich werden können."

„Wie kannst du es verantworten, Kinder auf dem Gewissen zu haben?", zischte Harry in wütender Hilflosigkeit.

„Cedric Diggory war also kein Kind mehr? Wenn ich mich recht entsinne, war er nicht viel älter als du jetzt."

„Ich habe Cedric nicht getötet!", schrie Harry verzweifelt.

„Aber du hast ihn in den Tod gelockt." Voldemorts Gesicht zierte ein grässliches Lächeln.

„Ich habe ihn nicht gezwungen mit mir zu kommen", stellte Harry nüchtern fest.

Voldemort zog seine Runden um Harry immer enger, bis der direkt hinter ihm stand und seine Hand auf seiner Schulter hätte legen können.

„Weißt du Harry... deinem Vater werde ich einen kurzen, schmerzlosen Tod gewähren, aber deine Chancen darauf stehen denkbar schlecht!"

Sekunden später spürte der Junge kaltes Holz an der rechten Seite seines Halses und er konnte den Atem des Mannes an seinem Nacken spüren, so nahe war er ihm inzwischen gekommen. Hilflos schloss er die Augen und ließ seinen Atem zittrig entkommen.

Im nächsten Moment konnte er fühlen, dass Voldemort seine andere Hand auf Harrys Schulter gelegt hatte und ihn festhielt – nicht schmerzhaft, doch bestimmt.

Harrys Stimme war nicht mehr als ein Zittern als er sprach: „Wa-warum lassen Sie es zu, dass-dass Sky Todesser ver-verhaftet?" Ohne es zu bemerken, hatte Harry begonnen Voldemort zu Siezen.

„Er ist kein Todesser, falls du das vermutet hast. Sicher, er ist der Typ von Mensch, dem man es zutrauen würde, aber er ist Auror mit Leib und Seele, doch... jeder Mensch hat etwas, für das es sich lohnt gegen die höchsten Prinzipien zu verstoßen."

„Was-was haben Sie getan?", fragte Harry wispernd.

„Er hat eine wunderschöne Frau, einen sechsjährigen Sohn und er hatte, bis vor wenigen Tagen, noch eine vierjährige Tochter. Sie hieß Jasmin... hübsches Mädchen... Aber sie braucht sich keine Sorgen zu machen – der Rest der Familie wird ihr bald folgen. Sky war mir schon früher immer ein Dorn im Auge. Eigentlich wäre er drei Jahre vor deiner Geburt gestorben..."

„Wen werden Sie noch töten?", fragte Harry leise. Der Druck an seiner Schulter verstärkte sich, dennoch antwortete Voldemort offensichtlich bereitwillig.

„Sky hat mir in meiner Animagiegestalt ins Schloss verholfen und dort gedenke ich in der restlichen Zeit zu verbleiben."

„Sie-sie wollen nicht zurück zu Ihrem Ebenbild?", fragte er verwirrt.

Voldemort brach in ein falsches, unnatürliches Gelächter aus, das Harry eine Gänsehaut versetzte. Er hatte nicht bemerkt, dass sein Körper unmerklich angefangen hatte zu zittern.

„Oh, Harry, ich war in den letzten Tagen nicht bei ihm. Er weiß nicht, dass ich in seiner Zeit bin... nun, vielleicht spürt er es, aber er hat keine Gewissheit. Ich werde einige Probleme hier beseitigen und dann in meine Zeit zurückkehren, aber du wirst das alles gar nicht mehr erleben, denn du. Bist. Dann. Tot!"

Bei diesen Worten schien sich ein Schalter in Harrys Kopf umzustellen. Wenn er hier und jetzt, Jahre vor seiner Geburt, sterben sollte, dann nicht als zitternder Feigling. Für einen Augenblick vergaß er, dass er erst 16 war, keinen Zauberstab hatte und seine Hände gefesselt waren – er würde hier nicht so sterben! Sein Körper hörte auf zu zittern und seine Stimme war keck und frech, als er zu einer Antwort ansetzte.

„Warum willst du mich so hartnäckig umbringen? Hast du Angst vor mir?", fragt er aggressiv.

Wieder eine falsches Lachen, und der Druck an seiner Schulter verstärkte sich abermals. Auch der Zauberstab an seiner Schläfe wurde verschoben, um auf sich aufmerksam zu machen.

„Junge, du vergisst, wer hier die Zügel in der Hand hält."

„Und du vergisst, wer hier wem schon einmal das Leben genommen hat!"

Zu Harrys' Glück trat in derselben Sekunde Sky wieder auf die Lichtung. Mit kalter, dunkler Stimme begann er Bericht zu erstatten.

„Ich habe keinen der beiden Jungen finden können, offensichtlich sind sie ins Schloss zurückgeflüchtet."

„Gut, denn werden wir jetzt zu ihnen gehen. Sky, du warst ein Gryffindor, du wirst den Schlafsaal sicher finden... Kette den Jungen hier irgendwo fest und sorge dafür, dass er ruhig ist!"

Alles andere als zimperlich „befreite" Sky Harry aus den Händen Voldemort und zog ihn zu einem der Bäume am Rand der Lichtung. Er warf den Jungen regelrecht gegen einen mitteldicken Stamm, murmelte einen Spruch und ließ damit die Fesseln erscheinen. Ohne ein Wort wurden die Handgelenke des 16-jährigen nach hinten gezogen und wieder miteinander verbunden. Wieder murmelte Sky einen Zauberspruch und kein Laut konnte mehr aus seinem Munde entkommen. Voldemort kontrollierte die Vorrichtung aufs Genaueste.

Wortlos folgte er dem Auror, der sich schon in Richtung Schloss aufgemacht hatte, doch kurz bevor er aus der Reichweite des Jungen verschwand, richtete er höhnisch grinsend nochmals seinen Zauberstab auf diesen.

Pneumonia"

Im ersten Moment geschah gar nichts. Voldemort trat aus seinem Sichtfeld und Harry war allein, musste hilflos warten, während sein Vater und dessen bester Freund vermutlich gerade umgebracht wurden.

Langsam schlich sich Harry der absurde Gedanke ein, Voldemorts Zauberspruch hätte nicht gewirkt, denn er spürte absolut gar nichts. Auch wenn er den Spruch nicht kannte, so konnte er nicht glauben, dass Voldemort einen Fehler bei der Ausführung gemacht hatte.

Der nächste Atemzug kam leise rasselnd und nur stoßweise, doch darauf achtete Harry nur unterbewusst. Nachdenklich ließ er sich gegen den Baum gelehnt daran zu Boden sinken. Wieder ein Atemzug – etwas schwerer; etwas lauter.

Harry stutzte. Es fühlte sich an, als läge irgendetwas auf seinen Lungen.

Pneu, pneu, pneu... Das sagte Harry etwas...

Rasselnd kam der nächste Stoß. Ein unangenehmes warmes Prickeln begann in seiner Luftröhre und dann brach die Erkenntnis über ihn herein: Pneu bedeutete Atem! Der Zauber nahm ihm langsam den Atem! Er erstickte!

Verzweifelt begann er an seinen Fesseln zu zerren und öffnete seinen Mund, um nach Hilfe zu rufen, doch im selben Augenblick wurde ihm bewusste, dass er vorübergehend stumm sein würde.

Er würde hier und jetzt qualvoll ersticken! Niemand würde ihm helfen, weil absolut niemand wusste, wo er war.

Das Stechen in seiner Lunge und seiner Luftröhre stieg weiter an. Mit jedem Atemzug bekam er weniger Luft. Verzweifelt versuchte Harry wieder auf die Beine zu kommen, doch die groben Stricke mussten sich in irgendetwas verfangen haben, so dass er gezwungen war auf dem Boden sitzen zu bleiben.

Die Luft verließ in immer kürzeren Abständen seine Lungen und es schmerzte jede Sekunde um ein vielfaches mehr, jedes Mal wenn sie sich zusammenzogen. Er spürte, dass sein Herz begann schmerzhaft gegen seine Rippen zu klopfen und zu stechen.

Hinter seinen Augen begann das Gewebe zu ziehen, als versuche jemand es auseinander zu reißen. Die Bäume und Büsche tanzten und Doppelbilder entstanden vor seinem Blick. Also presste er die Lider fest aufeinander und öffnete krampfartig den Mund soweit er konnte.

Seine Waden und Unterarme begannen unkontrolliert zu Zucken und zu verkrampfen. Aus Reflex versuchte er die Muskel anzuspannen, um den Schmerzen zu entkommen. Mit jedem Augenblick wurde ihm klarer, dass Ersticken eine verdammt schmerzhafte Methode des Sterbens war!

Sein Bewusstsein driftete immer weiter ab. Es schien beinahe so, als schliefe es ein und betäubte die Schmerzen in Flanken, Gelenken, Kopf, Nacken, Ohren, Rücken und Schultern.

Er fühlte sich benommen und schwindelig. Auf seiner Zunge lag der Geschmack von Blut.

Er glaubte die Stimmen von Menschen zu hören, war sich jedoch alles andere als sicher. Sein Bewusstsein verabschiedete sich in dem Moment, als er anfing diese sie zu identifizieren: James und Sirius.

Es wurde schwarz um ihn. Kein Schmerz – Überhaupt keine Gefühle. Fast kein Denken und dann die Erkenntnis – er war tot!

Stunden später ... oder waren es nur Sekunden... Entsetzlicher Schmerz holte ihn zurück in die Realität. Ungeahnt quälende Stiche in seiner Lunge und Muskelschmerzen an Körperstellen von denen er nicht einmal geahnt hatte, dass sich dort Muskeln befanden, löste bei ihm ein plötzliches Übelkeitsgefühl aus. Er konnte wieder atmen, es tat definitiv weh, doch diesen Schmerz nahm er in Kauf. Es strömte so viel Luft in seine Lunge, wie er es nie für Möglich gehalten hatte.

Die folgenden Minuten nahm er beinahe gar nicht wahr. Schwindel und Schmerzen hielten ihn in einer Welt aus Nebel und Taubheit gefangen, aber er lebte.

Die Kopfschmerzen ließen sich nur langsam vertreiben und er hob seine Hände an die Schläfen, um – Moment! Hände heben? Er öffnete vorsichtig seine Augen und erkannte drei wankende Hände, wo eine einzige sein sollte. Sein Blick vor noch lange nicht perfekt, oder akzeptabel, aber wieso war er frei?

„Harry?", fragte jemand vorsichtig. Harry wollte antworten, doch noch immer war er mit dem Schweigezauber gelegt und bezweifelte das er auch ohne ihn zu einem Wort fähig wäre. „Harry, wir müssen hier weg! Du-weißt-schon-wer wird zurückkommen!"

Der 16-jährige spürte, wie man ihm von beiden Seiten an den Oberarmen griff. Er öffnete den Mund zu einem lautlosen Schmerzensschrei. Erst jetzt schmeckte er das Blut auf seiner Zunge wieder und spuckte es hinaus.

„Sirius, er hat Schmerzen, wenn wir ihn bewegen. Vielleicht ... innere Verletzungen oder so!"

„James ... etwas tun!", meinte Sirius, „Er stirbt ... hier wegschaffen! Und ... auch!"

Nur noch Bruchstücke des Gespräches erreichten seinen Verstand. Er konnte die einzelnen Worte nicht zu etwas Sinnvollem zusammenreimen.

„Wo ... hin?"

„Heulende ... ! Ich ... nicht ... der dunkle Lord sie kennt ... den Geheimgang..."

Endlich überkam ihn eine barmherzige Ohnmacht, die ihm sowohl die Sicht und das Gehör, als auch die Schmerzen nahm. Schwach spürte er noch, dass einer der Jungs ihn auffing, als er nach hinten wegkippte...

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Keine Bange, ihr habt nichts überlesen: Es wird nicht erklärt, warum Harry so plötzlich wieder atmen kann. Ich sag nur: Nächstes Kapitel!

Danke an Severina35, Tarivi, Samantha Black, GefallenerEngel, kathleen potter, Panther, Sherry, Lara-Lynx, milva, VamHex, auxia, Sweet-Dreams2 („g" Na, wenn das so ist, darf ich dir wohl nicht verbieten meine FF zu lesen ;) )