Kapitel 14

„Sebastian, nimm den Zauberstab runter und wir können darüber reden", versprach Dumbledore in seiner ruhigen, autoritären Stimme. Er kam aus einer der seitlichen Türen und Harry stellte besorgt fest, dass der Alte seinen Zauberstab nicht in der Hand hatte.

„Albus, er hat meine kleine Jasmin getötet und er wir auch den Rest meiner Familie auslöschen, wenn ich ihm nicht helfe!" Tränen der Verzweiflungen rannen dem Mann über die Wangen.

„Den Zauberstab, Sebastian…", sprach Dumbledore überraschend freundlich. Sein Gesicht zierte sein ruhiges Lächeln, doch Harry erkannte in den Augen des Mannes die tobende Unruhe.

Sky verstummte mit seinen Bitten. Er blickte mit leeren Augen auf seine Waffe, schien kurz zu überlegen, doch dann schmiss er das Holz in einer aufgebenden Geste vor Dumbledores Füße.

„Wieso sind Sie nicht vorher zu Professor Dumbledore gegangen?", fragte Harry misstrauisch. „Voldemort hat Sie nicht die ganze Zeit über beobachtet. Sie hätten jeder Zeit um Hilfe bitten können. Sie hätten mich nicht beinahe umbringen müssen!"

„Harry McDougal", meinte Sky tonlos. „Du musst etwas sehr besonderes sein, wenn Der-dessen-Namen-nicht-genannt-werden-darf solche Angst vor dir, einem Siebzehnjährigen hat, dass er dich umbringen möchte."

Harry konnte die Blicke seiner Mitschüler förmlich spüren, als wenn sie ihn aufspießen wollten, doch ihm war es mittlerweile egal. Er hatte viel zu viel verändert, um noch irgendetwas retten zu können.

„Möglich, aber vielleicht bin ich ihm auch einfach nur im Weg gewesen", mutmaßte Harry.

„Die Hauptsache ist es doch, dass du überlebt hast, oder?", fragte Sky milde lächelnd. Er wirkte nicht mehr unnahbar und arrogant wie noch wenige Tage zuvor. Es schien, als sei er in den letzten Stunden mit Voldemort erheblich „zerbrochen". Irgendetwas musste der Mörder seiner Eltern getan haben, um Sky wieder auf die Seite von Dumbledore zu treiben.

„Sebastian, der Orden befindet sich auf dem Gelände und ich werde sofort veranlassen, dass man deine Familie hierher bringt, doch bis es soweit ist, muss ich dich bitten, von den Schülern fern zu bleiben." Der Schulleiter machte eine einladende Geste und führte Sky in einen der Nebenräume. Zwei Lehrer folgten ihnen.

Stille lag über der Halle, bis Professor McGonagall etwas zittrig die Stimme hob. „Nun… ihr könnt euch wieder an eure vorherigen Plätze begeben." Nur langsam trat Bewegung in die Masse der Schüler ein, während die Heilerin Cathendra Astell sich ihren Weg zu Harry bahnte.

„Mister McDougal, ich halte es für das Beste, wenn Sie sich jetzt erstmal aus der Halle begeben. Die Schüler werden sonst wissen wollen, was passiert ist", meinte die Heilerin bestimmt.

„Ähm, sicher, aber..." Er deutete auf seine Beine, die ihn noch immer nicht tragen würden, doch die Frau sah ihn weiter fragend an, bis Harry etwas irritiert fortfuhr, „ich kann sie noch immer nicht bewegen."

„Oh, ja, natürlich", meinte sie und lächelte entschuldigend. „Wo hab ich nur meine Gedanken? Wingardium Leviosa!" Ohne besonders viel Feingefühle wurden Harry und seine Trage ruckartig emporgehoben und schwebten dann durch die Schülerschar auf den Haupteingang zu.

„Wo wollen wir eigentlich hin?", fragte er als sie die Halle gerade verlassen hatten.

„Weißt du, was für ein Tag heute ist, Harry?", fragte sie tonlos.

Irritiert über diese Gegenfrage, zögerte Harry mit seiner Antwort. „Montag, denk ich."

„Richtig, ich bin genau seit einer Woche hier und dank dir habe ich gerade mal drei Menschen töten können. Silencio! Die Meisten meine Gegner sind im Moment Schüler, aber dank dir, bin ich kaum ins Schloss gekommen. Als wenn ich Sky jemals entkommen lassen hätte, wenn es nicht meinem Plan entspräche. Er hat mich in meiner Animagiegestallt in die Halle gebracht. Nun ist er frei, aber wenigstens kann ich dich noch töten, bevor ich in drei Tagen zurück muss."

Harry riss die Augen auf, bei diesem Geständnis. Doch bevor er sich auch nur rühren konnte, hatte Voldemort in der Gestalt der Heilerin seine Hand in einem starken Griff um seinen Hals gelegt.

„Diese Frau, dessen Gestalt ich angenommen habe, wird sterben sobald ich ihren Körper verlassen habe. Sie stand nicht auf meiner Liste, aber du hattest schon immer das fragwürdige Talent andere Menschen in Gefahr zu bringen, nicht wahr?"

Harry öffnete den Mund, vergaß aber, dass Voldemort ihm seine Stimme genommen hatte. Irgendwie musste er doch auf sich aufmerksam machen können. Dumbledore würde sein Verschwinden mit großer Wahrscheinlichkeit bemerken, doch im Moment war der Alte mit Sky beschäftigt. Vielleicht würde der Auror ihm von Voldemorts Plan berichten, doch vermutlich hatte der Hüne viel zu viel Angst um seine Familie.

Unter seinem Umhang konnte der Junge deutlich seinen Zauberstab spüren, doch welchen Zauber konnte er ohne Stimme schon vollführen?

„Mach dir keine allzu großen Hoffnungen, Harry, dass dich einer retten könnte. Dort, wo wir hingehen, wird uns keiner so schnell folgen können."

Die Kammer des Schreckens! Niemand würde ihm dort unten helfen können. Er wurde mehr als unruhig unter dem starken Griff Voldemorts.

„Hör auf dich zu wehren, es hat doch sowieso keinen Sinn mehr, Junge." Die Hände um seinen Hals wurden noch etwas mehr zusammengedrückt und das verleitete ihn dazu ruhig zu bleiben, auch wenn seine Augen nervös über die Wände und Decken glitten, um irgendetwas zu finden, das ihm helfen könnte.

Etwas, mit dessen Hilfe er Alarm schlagen konnte... Etwas, das auf ihn aufmerksam machen würde... Etwas... Er lächelte in sich hinein – er hatte etwas gefunden!

Ohne von Voldemort bemerkt zu werden mobilisierte er seine Kraftreserven und wartete auf den richtigen Moment, sollte der Mörder seine Absicht entdecken, so würde er vermutlich keine Gelegenheit mehr zur Flucht bekommen!

Wenige Augenblicke, bevor sie an der Ritterrüstung vorbeikamen riss er sich von der Hand Voldemorts los und sprang von seinem Lager auf. Den Schmerz in seinen Beinen dabei ignorierend, drehte er sich im Sprung und riss die schwere Statur in seinem Fall mit zu Boden. Das scheppernde und vor allem laute Geräusch hallte an den Wänden wider und das Echo dröhnte in der Stille viele hundert Meter weit.

Voldemort starrte ihn mehrer Sekunden voller Hass an, bevor er seinen Zauberstab hob und auf ihn richtete.

„Du Bastard! Du willst es nicht anderes und hast auch nichts anderes als den Tod verdient. Verneige dich vor dem Tod, Harry!", zischte er. „Adava Kedavra!"

Noch während Voldemort redete, hatte Harry das mittelalterliche Ritterschild aus Eisen zu sich gezogen. Als er den grünen Rauch aus dem Zauberstab seines Feindes sah, hob er das schwere Metal vor seinen Körper. Er machte sich so klein wie möglich und konnte nur hoffen, dass der Zauber ihn verfehlen würde.

Als der Fluch das Schild traf, wurde Harry über den kalten Steinboden zurückgeschleudert, er meinte wütende Schreie und laute Schritte näher kommen zu hören. Noch während er weiter herumgeschleudert wurde, könnte er überall den tödlichen, grünen Zauber erkennen. Doch dann nahm die unbarmherzige Ohnmacht ihn gefangen, als er mit dem Hinterkopf kräftig an irgendeinen spitzen Stein geworfen wurde.

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Es vergingen zwei Tage, eh Harry erwachte. Am späten Mittwochabend kam er auf der Krankenstation wieder zu sich. Dumbledore war bei ihm, als er wieder zu Bewusstsein kam.

„Sie ist also tot", stellte Harry nüchtern fest.

Der Schulleiter nickte traurig. „Ihr Wirt und damit auch sie sind tot. Du hast den Fluch mit dem Schild zurückgeschleudert und sie damit beide getötet. Deiner Welt hast du damit wahrscheinlich einen zweiten Voldemort erspart."

Harry konnte nur nicken, ihm war jetzt ganz und gar nicht zum Reden zumute.

„Du wirst heute Nacht zurückehren, Harry. Ich kann dir keine genaue Zeit nennen, aber ich denke es wird schon bald sein. In zwei oder drei Stunden vielleicht."

„Könnte.. könnte ich vielleicht mit James, Sirius und Remus sprechen?", fragte er unsicher und setzte zögern hinzu: „Und Severus?"

Der Schulleiter zögerte kurz über die seltsame Zusammenstellung, doch schließlich nickte er.

„Ich werde nach ihnen schicken lassen, doch zuvor musst du mir genau erklären, wo du dich befandest du wie spät es war, damit dir dich in der Zukunft empfangen können. Es wird sich viel verändert haben und du wirst dich vermutlich nicht sofort zurechtfinden und wissen, wer deine Freunde sind und von wem du dich für gewöhnlich fern hältst. Du weißt, dass es gut möglich wäre, dass du überhaupt nichts existierst oder deine Eltern nicht einmal zusammen sind."

„Das ist mir alles bewusst, ich hab zu viel geändert", meinte Harry monoton. Er seufzte leise und dachte daran, was ihn bei den Weasleys wohl erwartete. Er gab dem Direktor die gewünschten Angaben und dieser erhob sich schließlich.

„Ich denke wir werden uns in den nächsten Jahrzehnten nicht so bald wieder sehen", meinte Dumbledore schließlich und blickte den Jungen warm an. Dann streckte er dem etwas verdutzten Harry seine Hand entgegen. Er nahm sie an.

„Ich hoffe wir werden uns in meiner Zeit wieder sehen, Professor", sagte er und lächelte. „Vielen Dank für alles!"

Dumbledore sagte nichts mehr, er drückte lediglich nochmals Harrys Hand, lächelte nochmals aufmunternd und verließ dann das Zimmer.

Es dauerte nicht allzu lang und James, Sirius und Remus traten ein. Letzterer wirkte nach wie vor deprimiert und schien nur widerwillig mit zur Krankenstation gekommen zu sein.

James strahlte ihn offensichtlich erleichtert an. „Hallo Dornröschen", meinte er grinsend. „Du warst ganz schön lange bewusstlos."

„Ich freu mich auch, euch wieder zusehen", sagte Harry tonlos.

„Du musst bald zurück, oder?", fragte Sirius und ließ sich auf einem der Stuhle nieder. Remus hat es ihm gleich, während James sich auf das Ende des Bettes setzte.

„Vermutlich in ein bis zwei Stunden. Aber vorher hab ich hier noch was zu klären, wobei ihr mir helfen müsst!"

„Was meinst du?", fragte James etwas unsicher, als er in die funkelnden Augen seines Sohnes schaute.

„Severus!"

Remus seufzte leise und schuldbewusst, während James laut und genervt aufstöhnte und Sirius kritisch eine Augenbraue hochzog. „Du willst, dass wir uns mit ihm vertragen, oder?"

Harry nickt. „Ja und außerdem noch eine Bitte an dich, Sirius: Achte auf Regulus! Ich glaube nicht, dass er dich wirklich hasst… Du hast eine eigene Wohnung, was hindert dich daran, ihn einfach mal einzuladen?"

„Unsere Eltern!", sagte Sirius mit fester Stimme.

„Du kannst mir nicht erzählen, dass ausgerechnet du dir von deinen Eltern irgendetwas vorschreiben lässt!"

Gerade als Sirius zu einer Antwort ansetzte, wurde die Tür von außen geöffnet und ein etwas eingeschüchterter Severus Snape betrat den Raum.

„Hi, Harry", murmelte er. Der Angesprochene erwiderte den Gruß und sah seinem Paten stur in die Augen, als wollte er sagen: Jetzt begrüß ihn schon!

Sirius verdrehte genervt die Augen, bevor er sich zu einem neutral klingenden „Hallo" überwand.

James hingegen schien zu spüren, dass Harry dieses ganze Treffen ziemlich wichtig war. Er seufzte kaum hörbar und erhob sich, um einige Schritte auf Snape zuzugehen. Dann streckte er den Slytherin seine rechte Hand entgegen.

„Vielleicht sollten wir einfach noch mal von vorne anfangen", sagte er und als Severus seine Hand ergriff setzte er hinzu, „Ich bin James Potter."

Harry konnte nicht sagen, welches der Gesichter den fassungsloseren Ausdruck besaß. Remus starrte James mit in Falten gelegte Stirn und hochgezogenen Augenbrauen an, als sei dieser verrückt geworden. Sirius hatte den Mund geöffnet und bekam ihn anscheinende nicht wieder zu, während sein gesamter Gesichtsausdruck etwas „verpeilt" wirkte. Und Severus starrte erst auf die dargebotene Hand, dann auf dessen Besitzer und schließlich sah er Harry mit einem Der-ist-doch-total-durchgedreht-Blick an.

Doch Harry lächelte selig vor sich hin und war innerlich unheimlich stolz auf diesen erwachsenen Charakterzug James'.

Severus beschloss offensichtlich dazu nichts zu sagen, sondern ließ sich einfach auf dem Stuhl neben Remus nieder.

„Sirius, mach den Mund wieder zu!", forderte James mit einem leicht bedrohlichen Unterton in der Stimme. Belustigt stellte Harry fest, dass Sirius – das erste Mal, seit sie sich kannten – sprachlos schien.

Der Angesprochene erwachte aus seiner Starre und sein Mund klappte perplex zu.

Harry lächelte abermals, doch er stutzte abrupt, als er von einer auf die nächste Sekunde begann alles in einem unnatürlichen Weiß zu betrachten. Er kniff einige Male streng die Augen aufeinander, doch es half nichts. Von Sekunde zu Sekunde sah er die Gesichter seiner Freunde weniger deutlich.

„Hey, Harry, geht es dir nicht gut?", fragte Severus, wie durch Watte.

„Ich denke, es geht los… Ich muss zurück…", flüsterte er angestrengt und lehnte sich auf dem Bett zurück, während er die Augen schloss und nun grelle Blitze vor seinen Lidern erschienen.

„Harry…" Er spürte eine Hand, die die Seinige vertraut umfasste. „Lebwohl!"

Harry lächelte milde. „Nicht Lebwohl, sondern Auf wieder sehen!"

Im nächsten Moment war die weiche Unterlage verschwunden und er fühlte sich schwerelos. Der Augenblick schien unendlich…

Was würde ihn bloß erwarten?

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Ja, was erwartet ihn? Also ich weiß, dass das jetzt alles ein bisschen plötzlich ist. Dies ist das letzte Kapitel zum ersten Teil der Fanfiction (der Epilog wird hoffentlich bald folgen). Eigentlich hatte ich auch nicht wirklich vor, so viel Zeit mit der Vergangenheit zu vertun, aber die Neue Gegenwart wird sicher auch noch einige Überraschungen präsentieren ;)
Allerdings wird es jetzt erst mal bei den anderen laufenden FFs weitergehen (denk ich).

Danke an Vroni, Lara-Lynx, GefallenerEngel, laser-jet, milva, Feathi (Die Idee kam mir glaub ich beim Autofahren mit meinem Vater und hab mir halt son paar Gedanken gemacht, was wäre wenn? Und irgendwie hab ich die Idee auf Harry übertragen - ), Lia (Ich werde versuchen, mich den andren FF wieder mehr zu widmen)