Disclaimer: Alle Figuren gehören JKR, den Publizisten, Warner Brothers etc. Mir nicht! Und das gilt für alle Kapitel und alle HP-fictions, die meinem Hirn entweichen.
Die Geschichte spielt ca. 2-3 Jahre nach dem letzten Hogwarts-Schuljahr und Voldemorts Tod!
Kapitel 1: Träume
Seine Arme waren schwer, so schwer. Er spürte, wie sie zu zittern begannen. Seine Muskeln krampften unter der Anstrengung. Er würde nicht mehr lange aushalten. Er schloss gequält die Augen, fühlte den Schweiß in dünnen Rinnsalen an seiner Schläfe herunterlaufen. Halt durch! hämmerte es in seinem Kopf. Zeig keine Schwäche! Wenn du Schwäche zeigst, ist sein Zorn unerbittlich! Das Zittern verstärkte sich und er riss mit Entsetzen die Augen auf, um zu sehen, wie er langsam die Gewalt über seinen linken Arm verlor, natürlich, denn der hatte vor gar nicht langer Zeit eine besondere Behandlung erfahren, unter der er jetzt noch litt. Die trübe braune Flüssigkeit in der schweren tönernen Schale schwappte bedrohlich, als er versuchte, dem Absinken des Armes mit aller Kraft entgegen zu wirken.
„Habe ich gesagt, dass die Zeit schon um ist?"Die kalte Stimme seines Vaters ertönte in seinem Rücken.
„Habe ich das gesagt?"
„N-nein..."
„Nein, was?"
„Nein, Vater."
„Und warum lässt du dann deine Arme sinken?"
In dem verzweifelten Bemühen, den Arm wieder zu heben, biss er sich die Lippen blutig. Mit aller ihm noch verbliebenen Kraft, die er selbst nicht in sich vermutet hatte, gelang es ihm tatsächlich, den linken Arm wieder auf gleiche Höhe mit dem rechten zu hieven.
So kauerte er hier seit Stunden, auf den Knien, die Arme ausgestreckt, die Handflächen nach oben gebogen, beladen mit den beiden Tonschalen, die bis zum Rand gefüllt waren mit der verhängnisvollen Flüssigkeit, die ihm diese Strafe beschert hatte, während draußen die Abenddämmerung die letzten Strahlen der Herbstsonne vertrieb und schließlich eine bleierne Schwärze über den Himmel zog.
„Ich werde dich Genauigkeit lehren, mein Sohn!"hatte sein Vater ihm gesagt. „Wenn deine Augen nicht richtig erkennen können, wird dein Körper erkennen lernen."
Das war vor einer Ewigkeit gewesen.
Seitdem kniete er hier in dem düsteren Arbeitszimmer seines Vaters, dessen scharfe Feder kratzend über die Seiten eines Pergaments fuhr, nur unterbrochen von den Momenten, in denen er sich dem reichhaltigen Mahl widmete, das der Hauself ihm gebrachte hatte.
Seitdem fühlte er wie ein gnädige Taubheit seine schmerzenden Knie endlich erlöste, wie die ausgestreckten Arme vor ihm sich in zwei seltsam verkrampfte Zweige verwandelten, die einfach nicht mehr zu seinem Körper gehören konnten.
Seitdem tanzten bunt-schillernde freche Lichtpunkte vor seinen Augen, die seinen Blick trübten.
Seitdem rang in seinem Innern ein verzweifelter Kampf zwischen dem rasenden Bedürfnis, aufzugeben und der horrenden Vorstellung von dem, was geschah, wenn er es wirklich tat.
Weil er eine Zutat falsch bemessen hatte!
Sein Vater war hinter ihn getreten. Er hatte es nicht gehört, aber gespürt, als seine Nackenhaare sich aufrichteten.
„Du wirst schon wieder schwach."
Erschrecken durchfuhr ihn. Er hatte es nicht einmal mehr gemerkt!.
„Schwäche ist eine äußerst verdammenswerte Eigenschaft!"
Die Worte drangen nicht mehr richtig zu ihm durch. Zu dicht war der Nebel in seinem Kopf geworden. Schwindel erfasste ihn und die darauffolgende Panik ließ ihn wieder klar erkennen, was geschah: seine Arme handelten selbstständig, sie senkten sich unaufhaltsam, keine Macht der Welt hielt sie länger aufrecht. Die Schalen fielen auf den harten Steinboden, zerbrachen mit vorwurfsvollem Scheppern, ihr Inhalt ergoss sich vor die Füße seines Peinigers. Mit einem unterdrückten Schluchzen sank er in sich zusammen und wartete auf das Grauen, das nun folgen würde ...
„Waas?... Was ist los?"Hermine setzte sich ruckartig auf und rieb sich verschlafen die Augen. Hatte da nicht jemand...? Mit banger Ahnung drehte sie sich um und sah Ron neben sich sitzen, die Hände vor das Gesicht geschlagen und heftig zitternd.
„Mein Gott, Ron", schnell legte sie die Arme um ihn zog ihn zu sich heran. „Schon wieder so ein Alptraum?"
Ron Weasley nahm zögernd die Hände herunter. Seine Augen waren aufgerissen und zeigten blankes Entsetzen.
„Du bist ja ganz verschwitzt!"Sie strich ihm besorgt das feuchte Haar aus der Stirn. „Was war es diesmal?"
Ron starrte auf einen imaginären Punkt an der gegenüberliegenden Wand. Er schüttelte nur den Kopf.
„Ron, sags mir doch!"Hermines Stimme war drängend.
„Ich kann nicht! Es war ... es war grauenvoll."Er entwand sich ihren Armen, schwang die Füße aus dem Bett und blieb auf der äußersten Bettkante hocken.
Hermine rückte zu ihm auf und strich ihm mit langsamen Bewegungen über den Rücken. „Was ist nur los mit dir? Wie kann ich dir helfen?"
Ron schüttelte erneut den Kopf. „Es geht schon wieder."Er stand mühsam auf und murmelte, „Ich komm gleich zurück!"
Benommen stolperte er durch das Zimmer in das kleine Bad und stützte sich schließlich auf das Waschbecken. Ein Blick in den Spiegel gab seinen schlimmsten Befürchtungen Recht. Er sah genauso aus, wie er sich fühlte. Seine Augen waren weit aufgerissen in seinem blassen Gesicht, das Haar klebte auf der Stirn. Sein Mund fühlte sich trocken an und er trank ein paar Schlucke Wasser aus der hohlen Hand, spritzte sich dann einen ganzen Schwall davon ins Gesicht, ließ die kühlen Tropfen an seiner Haut hinuntergleiten.
Diese Träume raubten ihm seinen Seelenfrieden. Er konnte nicht mehr genau sagen, wann es begonnen hatte, aber es war lange vor dem Einzug in die gemeinsame Wohnung gewesen. Anfangs hatte er noch versucht, es vor Hermine zu verbergen, doch in letzter Zeit schreckte sie jedes Mal hoch, wenn er schreiend oder stöhnend aus diesen Träumen erwachte. Einige Male hatte er sogar um sich geschlagen und auch Hermine unsanft getroffen. Es tat ihm unendlich leid, sie so in Angst zu versetzen, doch er konnte und wollte sie nicht mit dem belasten, was ihn mit schöner Regelmäßigkeit heimsuchte. So unterschiedlich diese Träume auch waren, so hatten sie doch eins gemeinsam: alle hinterließen ein brennendes Gefühl der Qual und der Scham in seiner Seele. Er hatte das dringende Bedürfnis, dieses Gefühl fest in seinem Innern zu verschließen und niemals auch nur irgendjemanden an diesen Visionen teilhaben zu lassen.
Eine Bewegung an der Tür zeigte ihm, dass Hermine ihm wieder einmal gefolgt war. Er wandte sich gereizt um und fuhr sie wütend an: „Ich habe doch gesagt, ich komme gleich. Warum musst du hinter mir herjagen, wie hinter einem Kleinkind."
Hermine blieb abrupt stehen und der Ausdruck in ihren Augen versetzte ihm einen Stich. Warum musste er sie nur immer wieder so angehen? Sie war das Tollste, was ihm im Leben passiert war und er behandelte sie manchmal wie ein ekliges Insekt. Er kannte sich selbst nicht mehr. Er machte eine hilflose Geste in ihre Richtung.
„... tschuldige, ich weiß auch nicht..."
Mit zwei Schritten war sie bei ihm und nahm ihn in die Arme. „Ron, du machst mir Angst. Du hast dich so verändert!"
Er sog den Duft ihres Haares ein und schloss die Augen. „Ich schlafe einfach zu wenig in letzter Zeit. Komm, lass uns wieder ins Bett gehen!"
Er nahm ihre Hand und zog sie hinter sich her. Als sie an der kleinen Kammer vorbeikamen, die sie eigens für den Professor eingerichtet hatten, spähten sie beide durch die geöffnete Tür. Snape lag in seinem Bett, genau, wie Hermine ihn Stunden zuvor dort gelagert hatte. Die Augen waren starr auf einen Punkt in der Unendlichkeit gerichtet. Hermine löste ihre Hand aus der ihres Mannes und trat leise an ihn heran. Sanft drückte sie seine Augenlider nieder.
Sie wussten nie, ob er schlief, auch wenn seine Augen geschlossen waren. Seit einiger Zeit schon versuchte Hermine, Informationen über die „Seelenlosigkeit"zu sammeln, hatte dicke Bücher gewälzt, die Bibliotheken durchforscht, mit diversen Professoren ihres Abend-Studiengangs für magische Heiler geredet, doch sie war nicht allzu fündig geworden, das Thema war einfach noch zu unerforscht. Vielleicht weil die Delinquenten, die dieses Schicksal ereilt hatte, in den Augen der meisten es nicht anders verdient hatten, denn schließlich galt der Kuss eines Dementors zu der Zeit, als diese noch im Dienst des Ministeriums standen, als denkbar schlimmste Strafe, schlimmer noch, als der Tod ...
„Schlaf gut, Severus", flüsterte sie. Hermine hatte ihn schon nach kurzer Zeit beim Vornamen genannt. Sie behandelte ihn wie eine Mutter ihr hilfloses Kind, während Ron ihn nur mit „Professor"ansprach, wenn er überhaupt mit ihm sprach, was einem Monolog gleichkam - für ihn geziemte es sich nicht, den Mann, dem er sein Leben verdankte, wie ein unmündiges Kind zu behandeln.
„Komm, Hermine,"drängte er nun.
Nachdem sie wieder zu Bett gegangen waren, schob Ron Hermine, die, eng an ihn gekuschelt, nach kurzer Zeit eingeschlafen war, sanft von sich und verschränkte die Arme unter dem Kopf. Er wollte nicht die Augen schließen, egal, wie müde er war. Angestrengt wühlte er in seiner Erinnerung nach komischen Begebenheiten, verweilte bei seinen Tagen in Hogwarts, die Abenteuer mit Harry, sein Leben im Fuchsbau, Hermine nach dem missglückten Vielsafttrank-Versuch. Doch immer wehten Fetzen trübsinniger Gedanken darüber, die wie drohende dunkle Gewitterwolken alles Schöne überschatteten ...
Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihm, dass es bereits dämmerte. Seine Augen wanderten wieder zu dem wächsernen Gesicht der Frau auf dem Bett. Zögernd streckte er die Hand aus und berührte ihre Wange. Sie war kalt.
„Mama..."flüsterte er leise. Ihn fröstelte. Warum lag sie so still? Warum lächelte sie ihn nicht an mit diesen dunklen, traurigen Augen, wie sonst, wenn er an ihr Bett getreten war, um ihr eine gute Nacht zu wünschen?
„Deine Mutter ist tot."Die Stimme ließ ihn zusammenfahren. Tot? Was bedeutete das? Er wagte nicht danach zu fragen.
„Sie hat ihrem nichtssagenden Dasein ein Ende bereitet,"drang die Stimme seines Vaters weiter in ihn ein. „Sie war zu schwach, um sich den Anforderungen des Lebens zu stellen."
Zu schwach? Unmöglich! In den wenigen gemeinsamen Momenten, die ihnen gewährt waren, hatte sie ihm etwas geschenkt, für das er keine Worte fand, aber es hinterließ ein ganz warmes Gefühl in ihm. Und das sollte jetzt vorbei sein?
„Sieh genau hin! Das ist der Lohn der Ohnmacht!"
Warum sagte er so etwas? Es war so grausam. Er spürte wie eine eiserner Ring sein Herz umschlang, ihm die Kehle zudrückte. Heiße Tränen liefen seine Wangen herab. Es war, als drängte irgendetwas in seinem Innern mit aller Macht nach draußen.
Sein Vater krallte seine langen Finger so heftig um seine mageren Schultern bis es schmerzte. „Du sollst nicht weinen! Willst du ein ebensolcher Jammerlappen werden?"
„Mutter...."
„Meine Güte, Ron!"Schlagartig war Hermine wieder wach. Sie musterte ihn mit einer steilen Falte zwischen den Augen. „Nicht schon wieder!"
Er hatte den Kampf gegen den Schlaf wohl doch wieder verloren! „Ich hab geträumt, dass,... ach nichts ..."
Er ließ den Kopf hängen. Hermine hob mit sanftem Druck sein Kinn und zwang ihn so, ihr in die Augen zu sehen. Ihre Stimme war eindringlich, als sie zu ihm sprach: „Hey, morgen ist unser großer Tag. Du musst fit sein, oder willst du auf deiner eigenen Hochzeit schlapp machen?"
Er grinste sie schief an und neckend fuhr sie fort: „So schlecht, wie du in letzter Zeit schläfst, könnte man meinen, du hast Angst, mich zu heiraten!"
„So´n Quatsch", murmelte er gähnend, lehnte sich zurück und tatsächlich gelang es ihm, die verbleibende Zeit bis zum Tagesanbruch wach zu bleiben ...
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Ich bin dankbar für jedes noch so kleine Review!!!!!!! (Kapitel 2 wartet darauf, hochgeladen zu werden, also bitte, bitte!!)
