Disclaimer: s. vorherige Kapitel
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Kapitel 4: Zwiegespräche
Die Unruhe, die ihn erfasst hatte, schien mittlerweile jede Zelle und jede Nervenbahn seines Körpers auszufüllen und vibrieren zu lassen. Es war ihm unmöglich, seinen Gliedern ein gewisses Maß an Entspannung aufzuzwingen, um wenigstens einen klaren Gedanken fassen zu können. So hastete Ron durch den Tag, meistens ohne eine wirkliche Aufgabe und stets war er sich der dunklen Gegenwart des Professors bewusst, auch wenn er sich nicht mit Snape im selben Raum aufhielt. Er konnte seine Anwesenheit fühlen, wo immer er sich auch befand und – so vermutete Ron – wäre er auch bis an das Ende der Welt geflohen, so hätte er dort ebenfalls seine Nähe gespürt. In den Abendstunden schließlich hatte er einen Zustand der Erschöpfung erreicht, der ihn zumindest kurz auf einen harten Küchenstuhl niedersinken ließ, ein Glas Butterbier fest umklammert. Doch da war auch ER, die Ursache seiner hektischen Aktivitäten, und mit finsterer Mine betrachtete Ron den ehemaligen Zaubertränkemeister, dessen nachtschwarze Augen sich tief in sein Innerstes zu bohren schienen, während es Ron dagegen unmöglich war, irgendetwas in den Seinen zu lesen...
Er hielt das Glas so fest, bis seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Als er es bemerkte, fuhr er sich mit der einen Hand hastig durch das Haar und bemühte sich, seine Stimme ruhig klingen zu lassen, als die Worte, die er heute schon so oft geflüstert hatte, über seine Lippen kamen:
„Was haben Sie mit mir gemacht?"
Die Frage hing im Raum wie ein lauernder Greifvogel, der bereit war, sich im nächsten Moment auf sein ahnungsloses Opfer zu stürzen. Doch Snape ein Opfer? Niemals wäre Ron dieser Gedanke früher einmal gekommen. Aber wenn es wirklich dessen Träume waren, die ihn seit geraumer Zeit marterten – und trotz der offensichtlichen Gewissheit, die er seit heute morgen hatte, weigerte sich sein Verstand noch immer hartnäckig, diese Tatsache auch wirklich zu akzeptieren – schien der ehemalige Professor, zumindest in seinen jungen Jahren, diese Rolle tatsächlich einmal übernommen zu haben.
Ron musterte sein Gegenüber, betrachtete jede Falte des Gesichtes, jede Strähne seines Haares, lauschte den monotonen Atemzügen. Wie sehr hatte er diesen Mann gefürchtet! Und empfand er nicht auch jetzt wieder Furcht? Oder doch eher Mitleid? Als er in diesem Moment in Snapes unbeteiligte Züge blickte, war ihm, als sähe er in einen Spiegel, als würde ein Zerrbild seines Ichs mit einem Mal diese dunkle Gestalt da reflektieren. Und ein seltsames Gefühl zog in ihm auf – eine Art Sehnsucht, unbeschreiblich und unerklärlich ....
Ihn fröstelte und schon nahmen die klammen Finger der Angst von ihm Besitz. Er konnte seinen Gefühlen nicht mehr trauen. In seinem Kopf wütete ein heilloses Wirrwarr unterschiedlichster Emotionen. Wurde er vielleicht langsam verrückt? Hermine hatte vor Kurzem ein Gespräch mit einem Bekannten ihrer Eltern geführt, einem Psychologen, wie die Muggel solche Leute nannten, und hatte ihm anschließend mit Feuereifer von ihren neuesten Erkenntnissen berichtet. Es gab Krankheiten der Seele, die einen Menschen offensichtlich unfähig werden ließen, in der realen Welt zu leben. Die Muggel bezeichneten diese Krankheiten als Psychosen. Litt er am Ende an einer solchen Psychose?
Oder war es vielleicht etwas ganz anderes? Von Harry wusste er, dass Snape die hohe Kunst der Legilimentik beherrscht hatte – doch das war früher gewesen! In seinem derzeitigen Zustand war er absolut unfähig, die einfachsten täglichen Dinge zu beherrschen, geschweige denn einen so außerordentlich schwierigen Zauber! Oder? Was war, wenn er ihn schon vor diesem Unglück im Verbotenen Wald mit einem Legilimens-Fluch belegt hatte? Doch warum hätte er das tun sollen? Verzweifelt presste Ron die Fäuste gegen die Stirn. Zu viele Fragen, zu viele Gedanken für ihn. Sein Kopf hämmerte und mit einem gequälten Blick auf den anderen Mann am Tisch stand er auf und begann, unruhig auf und ab zu gehen.
Er träumte Snapes Träume – er musste sich das endlich eingestehen. So viele Ungereimtheiten würden dann einen Sinn ergeben. Das unaussprechliche Grauen, das ihn seit geraumer Zeit heimsuchte, hätte dann einen Namen bekommen – Snapes Erinnerungen!
Ron blieb stehen, griff nach dem Glas Butterbier auf dem Tisch und trank es in einem Zug leer. Als er das Glas unsanft wieder auf das Holz setzte, traf sein Blick die schwarzen, undurchdringlichen Tiefen des Professors. Beobachtete er ihn? Sei kein Narr, schalt er sich und setzte seine ruhelose Wanderung fort, während jeder Schritt die immer wieder kehrende Frage mit einem kalten Klang untermalte, die Frage, die mittlerweile sogar von den Wänden widerzuhallen schien: Wie kommst du in meinen Kopf?... Er starrte aus dem Fenster in die hereinbrechende Nacht, als ob dort irgendwo eine Antwort zu lesen war.
Wo blieb nur Hermine? Sie war spät heute Abend, sicher tratschte sie noch mit Madam Pomfrey, wie so oft. Frauen!
Erneut blieb Ron stehen. Mit Mühe rekonstruierte er seinen letzten Gedanken. Warum dachte er so abfällig von Hermine? Er hatte sie doch selbst ermutigt, den privaten Kontakt mit der guten alten Poppy zu vertiefen! Seufzend ließ er sich wieder auf den Stuhl fallen. Er war wirklich nicht mehr er selbst. Wenn er ehrlich überlegte, musste er zugeben, dass er auch alle anderen Menschen, die ihm wichtig waren, neuerdings mit einer gewissen Abfälligkeit betrachtete! Ganz besonders Harry. Seine Einstellung zu dem besten Freund seiner Schulzeit hatte sich tatsächlich gewandelt: war Harry früher sein großes Idol gewesen, der Anführer, dem er bedingungslos in alle möglichen Abenteuer gefolgt war, so betrachtete er ihn mittlerweile mit einigem Abstand und sah, dass er eben nicht der strahlende Held war, sondern vielmehr ein unberechenbarer Hitzkopf, dessen unüberlegtes Handeln und dessen Drang nach Aufmerksamkeit ihn und andere oftmals großen Gefahren ausgesetzt hatte!
Komisch, dass er ihn jetzt mit anderen Augen sah. War das die Folge eines gewissen Reifungsprozesses oder ... ?
Snapes Gesicht war wie immer ausdruckslos, während er ihn betrachtete. Doch schien es Ron, als hätte ein Winkel seines schmalen Mundes gezuckt. Es wirkte beinahe, als lachte Snape ihn aus... „Bei Merlin!"Ron stieß diese Worte von sich wie einen Wurfspieß. „Ich werde verrückt!"
Wenn nur Hermine endlich käme...
Doch die Zeit verrann und er blieb allein. Allein mit Snape...
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„Darf ich Sie einen Moment unter vier Augen sprechen?"Hermine war, nachdem die anderen Studenten den Raum verlassen hatten, leise an Madam Pomfrey herangetreten. Diese war gerade dabei, die Anschauungsobjekte für die heutige Demonstration – Kröten und Eidechsen, zum Beheben kleinerer Schürfwunden – in ihren ursprünglichen Zustand zurück zu versetzen und sah überrascht auf. „Ah, Hermine, mein Kind, ja natürlich. Einen Moment bitte!" Mit einem endgültigen Schwung ihres Zauberstabes war auch das letzte Krötenbein wieder gerichtet und sein Besitzer in eines der verschiedenen Glasbehälter gesteckt worden.
„Nun, was gibt es denn?"fragte sie anschließend mit einem aufmunternden Lächeln. Hermine war immer eine ihrer Lieblinge gewesen, schon damals in Hogwarts hatte sie ihre enorme Wissbegierde berührt und sie hatte sie in ihrem Wunsch, eine Ausbildung zur Heilerin zu machen, nur bestärkt. Um so mehr hatte es sie gefreut, Hermine in ihrer Klasse „Praktische Anwendung der Medi-Zauberei", die sie zusätzlich zu ihrer Arbeit in Hogwarts einmal wöchentlich an den Abenden gab, wieder zu sehen. Sie nutzten die Zeit nach dem Unterricht oftmals für einen kleinen privaten Plausch, oder angeregte Diskussionen über einige weiterführende Zauber, denn, wie auch in Hogwarts, war Hermine ihren Studienkollegen weit voraus.
Doch heute Abend schien sie etwas anderes auf dem Herzen zu haben. Offensichtlich suchte sie, die sonst um keine Bemerkung verlegen war, nach Worten.
„Es ... es ist etwas sehr Privates, Madam Pomfrey."
„Du kannst mit mir über alles reden, Kind", versicherte die Medihexe freundlich.
„Es geht um Ron!"
In dem Glauben, Mittlerin einer kleinen Ehekrise zu sein, nahm Mme Pomfrey Hermines Hand und zog sie zu einem Stuhl. „Setz dich , meine Liebe, und nun – erzähl!"
„Ich mache mir Sorgen um ihn. Er schläft sehr schlecht..."
„Oh, dagegen habe ich allerlei Mittelchen ...."
„Es ist nicht nur das! Er scheint von schlimmen Albträumen geplagt zu sein und das schon seit ziemlich langer Zeit."
„Albträume? Worum drehen die sich denn?"
„Das ist es ja! Er will nicht darüber reden, zumindest nicht mit mir. Und .... und außerdem hat er sich ... sich so verändert..."
Mme Pomfrey lächelte noch immer.„Inwiefern?", fragte sie jetzt.
„Nun ja, er ist oftmals so .... gereizt, so kenne ich ihn gar nicht."
Die Medihexe tätschelte Hermines Hand: „Das ist das ungewohnte Eheleben, Hermine, glaube mir, das legt ...."
„Nein, nein,"fiel ihr Hermine, ganz gegen ihre Gewohnheit, ins Wort, „Das ist es ganz bestimmt nicht. Es – es ist, als ob", Sie rang verzweifelt nach dem richtigen Ausdruck, „als ob zeitweise eine andere Persönlichkeit von ihm Besitz ergreift!"
Nun war es raus. Stille folgte dieser Aussage. Madam Pomfrey musste erst einmal verarbeiten, was sie da gehört hatte.
„Eine andere Persönlichkeit?"fragte sie sicherheitshalber noch einmal nach.
„Ja, bei den Muggeln gibt es dafür einen besonderen Ausdruck: Schizophrenie!"
Mme Pomfrey atmete hörbar ein: „Du meinst, er ist von einem bösen Zauber besessen?"
„So kann man es auch ausdrücken."
„Das musst du bitte etwas genauer beschreiben."
„Also,"Hermine holte tief Luft, „er ist so unberechenbar geworden, seine Laune wechselt von einer Sekunde zur nächsten; er sagt plötzlich Dinge, die ihm früher nie in den Sinn gekommen wären, seine Meinung wechselt genau so schnell wie seine Laune. Manchmal brütet er stundenlang mit böser Mine vor sich hin und merkt es nicht einmal, wenn ich ihn anspreche. Und dann sind da noch diese Albträume, über die er einfach nicht reden will ..."
Mme Pomfrey kaute nachdenklich an ihrer Unterlippe. „Und seit wann ist er so?"
„Das kann ich nicht genau sagen. Aber es fing schon vor unserem Zusammenleben an. Genaugenommen, ...."Sie zögerte einen Moment.
„Genaugenommen was ..?"
„Genaugenommen seit der Zeit, in der er Professor Snape im St. Mungo besucht hat."
„Das ist ja interessant. Hast du ihn begleitet, wenn er dort hin gegangen ist?"
„Ja, aber nicht immer. Ron zog es immer wieder zu ihm, es war beinahe wie ... tja wie ein Zwang."
„Ist dir bei diesen Besuchen im St. Mungo etwas Besonderes aufgefallen?"
Hermine überlegte kurz: „Nein, eigentlich nicht. Sie waren völlig ereignislos. Sobald wir da waren, saß Ron dem Professor mehr oder weniger nur gegenüber und starrte ihn an. Doch sobald wir ihn verließen, sprach er schon wieder von dem nächsten Besuch. Es war ja schön und gut, dass er sich um ihn kümmerte, aber, ehrlich gesagt, ich fand sein Verhalten total übertrieben. Ron schien nur in Professor Snapes Nähe endlich zur Ruhe zu kommen... Er hat so lange gedrängelt, dass wir ihn bei uns aufnehmen sollten, bis ich schließlich zustimmte. Dann wurde es endlich besser...."
Mme Pomfrey spielte gedankenverloren mit einem Tiegel, den sie auf dem Tisch vergessen hatte. „Er suchte also seine Nähe, sagst du..."sinnierte sie.
Nach einem Kopfnicken Hermines fuhr sie fort. „Was genau ist eigentlich im Verbotenen Wald geschehen? Ich .... ich habe das damals nicht so genau verfolgen können, in diesen furchtbaren Zeiten..."Die Medihexe stockte und als sie weitersprach, war ihre Stimme sehr leise. „Wir waren so damit beschäftigt, den Schulalltag aufrecht zu halten, nachdem der Direktor..." Sie brach ab und auch Hermine schwieg. Beide widmeten einige Sekunden lang ihre Gedanken dem schrecklichen Moment, in dem sie erfahren hatten, dass auch Dumbledore zu den Opfern des Krieges gehörte. Ein heilloses Chaos war die Folge gewesen und hätte nicht Harry den schwarzen Magier letztendlich doch besiegt, wer weiß, ob sie dann hier sitzen würden....
Hermine gab sich schließlich einen Ruck und zwang sich zu einer Antwort: „Das ist auch eines der vielen Geheimnisse, die Ron mit sich rumzutragen scheint.... Er sagt, es war kurz nach Voldemorts Tod und als alle Welt nach seinen verstreuten Anhängern suchte, vermutete man ja, wie Sie wissen, dass sich noch einige versprengte Dementoren im Verbotenen Wald aufhielten. Was Ron bewog, sich ganz allein dorthin zu begeben, kann ich nicht sagen. Vielleicht wollte er den Helden spielen, vielleicht wollte er wie Harry .... Ich weiß es nicht..."Etwas hilflos brach sie ab.
„Hm...Er traf dort also auf einen Dementor?"
„Ja, doch Professor Snape kam in allerletzter Sekunde dazu, stieß Ron beiseite und dann...dann hat der Kuss ihn getroffen..."
Madam Pomfrey schürzte die Lippen. „Aber Kind, warum hat keiner von ihnen, oder zumindest Severus, ich meine Professor Snape, einen Patronus-Zauber hervorgebracht?"
Hermine zuckte die Achseln und verzog das Gesicht. „Das ist ja das Unerklärliche! Ron sagt einfach nur, er kann sich an nichts erinnern. Angeblich war er mit dem Kopf an einen Stein geschlagen und als er die Augen wieder öffnete, war Hagrid schon bei ihm."
Die Medihexe legte die Stirn in Falten. Natürlich hatte sie sich oft gefragt, wie Severus in eine solche Situation geraten konnte – es ergab einfach keinen Sinn! Während sie teilnahmsvoll Hermines unglücklichen Gesichtsausdruck betrachtete, kam ihr plötzlich eine Idee und ihre Augen begannen zu strahlen. Als sie dann sprach, war ihre Stimme aufgeregt: „Hermine, mit ist gerade etwas eingefallen! Hast du schon von Professor Kernheim aus der Schweiz gehört?"Nach Hermines bejahendem Kopfnicken, fuhr sie hastig fort: „Oh, ich schätze ihn sehr und stell dir vor, er hält in der nächsten Woche einige Vorträge in London! Vielleicht kann er uns helfen..."
t.b.c
... und vergesst nicht: reviewn! bedanktsichschonjetzt
Auch Kritik ist herzlich willkommen...
