Kapitel 3: Viele Wege, ein Ziel
Kaiba schnaubte verächtlich. ‚Warum bin ich überhaupt hier? Auf diesem Boot ist niemand, der es auch nur annähernd mit mir aufnehmen kann... Yugi wird wohl in einer anderen Gruppe sein, das heißt wir werden wohl erst wieder im Finale aufeinander treffen... Soweit ich das bis jetzt beurteilen kann, wurden alle Duellanten in zehn verschiedene Gruppen eingeteilt, die mit unterschiedlichen Farben gekennzeichnet sind. Und jedes Boot fährt zu einem anderen Teil der Insel, sodass die einzelnen Gruppen voneinander getrennt sind.'
Er machte eine Pause in der Analyse der Situation und ließ seinen Blick über das Schiffsdeck wandern. ‚Wer wird wohl noch mit unter den besten meiner Gruppe sein, außer mir... Wahrscheinlich die, die das Glück haben mir nicht zu begegnen.'
Ein knappes Lächeln streifte seine Lippen. ‚Nur Versager.'
Er wollte sich gerade umdrehen und ins Innere des Bootes verschwinden, als sein Blick an einem anderen Duellanten hängen blieb. ‚Vielleicht wird es doch nicht so langweilig.'
Ein leuchtend orange lackiertes Schiff bahnte sich seinen Weg durch die ruhigen Wellen des Meeres. Die Duellanten an Bord genossen die letzten Sonnenstrahlen der sich langsam rot verfärbenden Sonne und suchten vergebens den Horizont nach Land ab.
Eine sanfte Brise erfasste Christies Haare und wirbelte dann weiter um die Mütze eines anderen Duellanten davon zu tragen.
Sie strich sich die kurzen Strähnen aus dem Gesicht, ohne den Blick vom Meer abzuwenden.
‚Hoffentlich hat sich die Reise auch gelohnt. Wenn Dad erfährt, dass ich mein Studium wegen nichts unterbrochen habe, dann kann ich seine Unterstützung vergessen... Aber ich muss diesem Hinweis einfach nachgehen. Es könnte eine archäologische Sensation sein!'
Sie seufzte. ‚Aber erstmal muss ich die Duelle überstehen, damit ich Yugi überhaupt treffen kann... Warum konnten mich diese blöden Typen vom Sicherheitsdienst auch nicht auf dieses Schiff lassen?'
‚Ich habe eine böse Vorahnung. Etwas Schlimmes wird geschehen. Auch wenn sich die Milleniumskette nicht mehr in meinem Besitz befindet, so kann ich doch die dunkle Macht spüren, die über uns weilt.' Ishizu stand etwas abseits von den anderen Duellanten. Ihr Blick war starr auf den blutroten Himmel gerichtet. ‚Ich hoffe nur, mein Bruder hat nichts damit zu tun.'
„Sag mal kenne ich dich nicht irgendwo her?"Ein kleiner Duellant mit türkisblauen Haaren und großer Brille kam auf sie zu.
Ishizu schloss die Augen und nickte. „Das ist durchaus möglich."
„Du bist doch die, die im Battle City Finale gegen Kaiba verloren hat, oder? Ich habe die Übertragung im Fernsehen gesehen."
Sie nickte erneut, immer noch ohne ihn anzusehen. „Und du bist Weevil Underwood und hast in der Vorrunde gegen Joey Wheeler verloren."
Weevil verzog das Gesicht bei der Erinnerung an seine Niederlage. „Das wird sich diesmal ändern."Und mit einem fiesen Lächeln ging er an Ishizu vorbei.
„Das glaube ich nicht"sagte sie leise.
„Hey, Süße! Wollen wir uns nicht ein bisschen die Zeit vertreiben, bis das Boot anlegt?"
Mai ignorierte ihn einfach und ließ sich auf einen Sessel, abgeschirmt von den anderen, sinken. Sie schloss die Augen und lehnte sich zurück.
‚Ob wohl alle Duellanten aus Battle City wieder dabei sind? Auch Marik? Ich bin mir nicht so sicher, ob ich mich auf ein Wieder sehen mit ihm freuen würde...'
Erinnerungen durchfluteten ihre Gedanken, die meisten verursachten immer noch Alpträume. Ihre Hand zitterte für einen Moment, doch dann fing sie sich wieder und öffnete die Augen, um das Alles aus ihrem Kopf zu bekommen.
Sie warf einigen Duellanten, die sie ganz offensichtlich beobachteten einen vernichtenden Blick zu und stand auf, um an die frische Luft zu gehen.
Sie atmete tief ein und zog ihre Jacke weiter zu. Es war kalt geworden. Mittlerweile war es dunkel und Sterne zierten den schwarzblauen Himmel.
‚Die erste Runde werde ich wohl leicht überstehen. Auf diesem Schiff sind nur Anfänger. Amateure. Schwerer wird es, wenn ich auf die Finalisten früherer Turniere treffe.' Sie seufzte und ihre Überlegungen fixierten sich auf etwas anderes.
‚Hoffentlich kann ich meine Freunde wieder sehen und vielleicht auch...' Doch ihre Gedanken wurden unterbrochen von etwas das sich gerade am Horizont entfaltete.
Dunkle Schatten wuchsen aus der stillen See und türmten sich zu hohen Bergen auf. Und dort konnte sie auch schon ein Licht erkennen. Ein Leuchtturm.
Die Schiffe erreichten alle zur selben Zeit ihr Ziel. Die Insel, auf der das Turnier nun endlich stattfinden sollte.
„Mister, würden sie bitte aufstehen? Das Schiff hat angelegt."Er räusperte sich, aber der Duellant vor ihm schlief ruhig weiter.
„Lass es, der wacht nicht auf, wenn du ihn nett bittest. Lass mich mal!" Einer der Sicherheitsleute in einem schwarzen Anzug war dazu getreten.
Er holte tief Luft und... „Hey, du Schlafmütze! Aufstehen!"
„Wie... was?"Joey blickte sich fragend um und sprang von seinem Sessel auf.
„Mister, wir haben angelegt und möchten sie auffordern das Schiff zu verlassen."Ein Mann mit tomatenrotem Anzug und einer kleinen Brille auf der Nasenspitze erschien in Joeys Blickfeld.
„Ach wirklich? Hab ich denn die ganze Zeit geschlafen? Ich hätte doch nicht so früh aufstehen sollen..."sagte er leise zu sich selbst und folgte einer Schar Duellanten nach draußen in die pechschwarze Nacht.
Nur einige wenige Fackeln erhellten die Situation. Duellanten scharten sich um eine Tafel, die genau vor dem Bootssteg angebracht war.
„Hey, Wheeler! Auch hier?"hörte Joey plötzlich eine Stimme hinter sich. Er drehte sich um und sah sich einem bekannten Gesicht gegenüber.
„Oh hallo, Rex! Sag mal, weißt du was da auf diesem Schild steht?"
Mittlerweile wurde ein unruhiges Getuschel laut und die Duellanten schauten skeptisch zu dem Schild. Yugi konnte sich nun endlich einen Weg dorthin bahnen und blieb davor stehen:
Herzlich Willkommen auf ‚Duelist Island'!
Bei Sonnenaufgang beginnt das Turnier.
Es hat insgesamt 3 Runden. In der ersten werden aus den unterschiedlichen Gruppen die drei besten übrig bleiben. Sobald das Startzeichen gegeben wurde, kann jeder jeden herausfordern. Wer ein Duell verliert, ist draußen. Das Ende der ersten Runde wird bekannt gegeben.
Viel Glück!
„Ihr wisst was das heißt, oder?"Bakura sah von einem zum anderen.
„Dass wir jetzt noch ewig warten müssen, bis die Sonne aufgeht?" fragte Tristan.
„Nein! Dass ihr nicht ein einziges Mal verlieren dürft!"Er schüttelte nur den Kopf.
„Wir müssen doch einfach nur allen Duellanten aus dem Weg gehen. Dann schaffen wir es ganz leicht in die nächste Runde!"erwiderte Tea freudestrahlend.
„Ach, und du glaubst das funktioniert?"fragte Bakura skeptisch.
„Sicher!" grinste sie zurück.
Kaiba sah erwartungsvoll zum Horizont. Der Himmel begann sich gerade zartrosa zu verfärben. ‚Nur noch ein paar Sekunden.'
Aus dem Augenwinkel betrachtete er einen Duellanten, der sich gelangweilt an einen Baum lehnte.
Kaiba holte sein Deck heraus und legte seine Lieblingskarte ganz oben auf den Stapel- den weißen Drachen mit eiskaltem Blick.
Als ein erster Sonnenstrahl die Baumwipfel streifte, ging er auf den Duellanten zu, welcher ihn allerdings nicht zu bemerken schien.
„Marik, ich fordere dich zu einem Duell heraus!"Dieser grinste ohne aufzusehen.
