Kapitel 4: Um Leben und Tod (I)
„Bist du dir sicher, dass du dich da nicht übernimmst, Kaiba?" antwortete Marik mit einem hämischen Grinsen.
„Natürlich. Ohne deine Götterkarte wirst du leicht zu besiegen sein, aber ich bin mir sicher du wirst dir etwas einfallen lassen und das macht es so interessant" erwiderte Kaiba mit kaltem Blick.
„Mhm… gut, ich nehme deine Herausforderung an."
„Dir bleibt nichts anderes übrig" Mit diesen Worten aktivierten beide ihre Duel Disks, die sie am Arm trugen. Dabei fiel auf, dass Kaiba wohl eine verbesserte Version der Battle City Ausgabe besaß, wahrscheinlich eine Neuentwicklung der Kaiba Corporation.
Die beiden waren nicht ganz unbemerkt geblieben, denn jetzt bildete sich eine zusehends größer werdende Menschentraube um die Duellanten.
„Das wird mir langsam zu hektisch hier. Ich denke wir sollten den Ort unseres Duells ändern" merkte Marik mit weiterhin abgewendetem Gesicht an.
Kaiba blickte sich um. Einige, die er mit seinem eisigen Blick traf, schreckten zurück und wandten die Augen schnell ab.
„Was hältst du… vom Reich der Schatten!" Kaibas Kopf schnellte ruckartig zu seinem Gegenüber.
„Was?!"
„Oh, ich dachte du wüsstest mittlerweile was das ist. Aber gut, ich kann es dir gerne erklären…"
„Nein, schon gut. Deine Tricks beeindrucken mich nicht. Fangen wir an."
„Liebend gern." Und mit einem Griff hinter seinen dunklen Umhang holte er einen nur allzu bekannten Gegenstand hervor…
Kaiba erstarrte als er den Milleniumsstab erblickte. ‚Was ist das plötzlich für ein Gefühl? Ist das… Zorn? Weil er dieses Ding in den Händen hält und nicht…' Er schüttelte den Kopf.
„Was ist mit dir, Kaiba? Angst?" Und sein Blick stach ihm in die Augen. Doch Mariks Augen waren so… leer und leblos.
„Was redest du für einen Unsinn. Du vergeudest nur meine Zeit" Kaiba hatte sich wieder gefangen und legte sein Deck auf seine Duel Disk, wo es mit einem automatischen Mechanismus in das Innere des Gerätes abgesenkt wurde.
Ein ängstliches Flüstern raschelte durch die Bäume und ein eisiger Wind streifte ihre Köpfe, als plötzlich eine Duellantin aufschrie und wie gebannt auf Marik schaute. Eine dunkle Wolke breitete sich hinter ihm aus und überzog ihn und Kaiba. Einige wenige, die nicht zurückwichen und von dem Nebel erfasst wurden, waren plötzlich verschwunden- in der Dunkelheit.
Und dann war es still. Nur noch die beiden Kontrahenten standen sich gegenüber.
„Bevor wir anfangen, solltest du noch etwas wissen Kaiba. Jedes Schattenspiel hat seinen Preis. Und in diesem Spiel geht es um Leben und Tod. Das…"
„Ich habe dir gesagt, dass ich nicht an deine Märchen glaube und jetzt fang endlich an!" antwortete Kaiba gereizt.
„Schön, du hast es so gewollt. Ich rufe Superdrill im Angriffsmodus!"
„Wenn du mich besiegen willst musst du dir schon was besseres einfallen lassen! Ich rufe Minotaurus! Zerstöre sein Monster!" Mit einem ohrenbetäubenden Scheppern ging Mariks Maschinenmonster unter, zusammen mit 100 Lebenspunkten.
„Das ist nicht schwer zu verkraften" grinste Marik.
„Hmpf… ich lege eine Karte verdeckt und beende meinen Zug."
„Gut, ich rufe Gilgarth! Greif Minotaurus an und vernichte ihn!"
„Ts ts, wie kann man nur so blind in eine Falle laufen?" lächelte Kaiba. „Ich aktiviere die Fallenkarte ‚Verstärkungen'! Das gibt meinem Monster zusätzliche 500 Angriffspunkte." Und mit einem Hieb seiner Axt zerstörte das ochsenähnliche Wesen erneut eine von Mariks Kreaturen. Dessen Lebenspunktanzeige sank auf 3500.
Aber er blieb trotzdem gelassen, blickte mit übermächtigem Lächeln auf sein Blatt.
„Keine Sorge, ich werde es dir schon nicht zu leicht machen, Kaiba. Ich spiele eine Karte verdeckt. Du bist dran."
„Ich opfere meinen Minotaurus und rufe Vollstrecker im Angriffsmodus! Außerdem lege ich zwei Karten verdeckt, damit beende ich meinen Zug."
„Warum greifst du nicht an? Hast du Angst vor meiner verdeckten Karte? Na schön, ich rufe Plasmaaal! Gut, ich opfere mein Monster auch gleich wieder und rufe dafür ‚Legendärer Teufel'! Und damit beende ich meinen Zug. Du bist dran, Kaiba. Greif an, wenn du dich traust." Und mit einem Grinsen gab er ab.
„Warum spielst du nur so ein schwaches Monster, Marik? Du verlässt dich wohl voll und ganz auf deine verdeckte Karte. Ich hätte mehr von dir erwartet! Vollstrecker, zerstöre sein Monster und seine Lebenspunkte!" Doch Marik grinste nur wieder.
„Und ich dachte du wüsstest, dass ich eine Falle habe! Ich aktiviere Alptraumspiegel! Der wirft den Angriff direkt auf dich zurück und verlierst über die Hälfte deiner Lebenspunkte!" Und mit diesen Worten brach er in ein verrückt anmutendes Gelächter aus. Doch Kaiba schenkte ihm nur ein kaltes Lachen, als erneut Mariks Monster die Reise auf den Friedhof antrat.
„Was?! Wie kann das sein?!"
„Ich habe meine Zauberkarte ‚Fluchbrecher' aktiviert. Und damit dein Monster und 700 deiner Lebenspunkte vernichtet. Ich dachte wirklich du wärst ein ernsthafter Gegner, Marik. Aber ich habe mich wohl geirrt."
„Du wirst dich noch wundern, Kaiba! Ich habe noch gar nicht richtig angefangen!"
„Du bluffst, Marik! Es wird ein Kinderspiel dich zu besiegen und ich dachte du wärst wenigstens ein halbwegs ernsthafter Gegner!" Doch Marik grinste nur boshaft und Kaiba zuckte leicht zurück. Irgendetwas stimmte hier nicht. Es schien als ob Mariks Körper in den Schatten, die ihn umgaben, verschwimmen würde. Aber, nein, das bildete er sich nur ein. Kaiba schüttelte den Kopf.
„Du bist dran, Marik! Mach endlich deinen Zug!"
„Ich spiele Melchid, die Vierköpfige Bestie und Blockierte Beine im Angriffsmodus! Damit verlierst du erstmal deine verdeckte Karte! Außerdem aktiviere ich Monster-Reanimation und rufe Superdrill zurück aufs Feld, auch im Angriffsmodus! Und hier noch eine verdeckte Karte! Du bist dran, Kaiba!"
‚Was?! Er greift nicht an? Aber er hat zwei Monster mehr als ich und ich habe keine Falle!'
„Zuerst einmal rufe ich Koumori-Drache! Und dann lege ich noch diese Karte verdeckt! Und damit beende ich meinen Zug!"
„Schön, wie du willst, ich opfere meine drei Monster und rufe ein Monster, das dir nur allzu bekannt vorkommen wird! Hier kommt der Geflügelte Drache des Ra!"
„Was?!" Kaiba starrte fassungslos auf die Karte, die Marik gerade in die Höhe hielt. Ein Glühen schien sie umgeben.
‚Aber ich dachte, Yugi hätte alle Götterkarten! Wie kann das sein?!'
„Hier kommt mein unschlagbares Göttermonster!" Mit einem blendenden Licht am Himmel erschien etwas Gewaltiges aus dem Nebel. Eine riesige Kugel aus glänzendem Metall, die schwebend über ihnen flog. Kaiba erstarrte bei diesem Anblick. Er war vollkommen ratlos. Damit hatte er nicht gerechnet.
Marik begann einen Spruch zu rezitieren- einen Vers, den Kaiba nur allzu gut kannte- die Inschrift, mit der man den Drachen rief.
„Große Bestie am Himmelszelt,
Höre den Ruf aus der Schattenwelt.
Steig aus der Kugel, ich brauche dich schnell.
Bring mir den Sieg in diesem Duell.
Überzieh die Wüste mit deinem Glühen
Und lass deinen Zorn auf meinen Feind niedergehen.
Lass die Macht frei, die tief in dir steckt.
Ich bin derjenige, der dich erweckt.
Erscheine in diesem Schattenspiel.
Mit dir zu siegen ist mein Ziel.
Geflügelter Drache des Ra!"
Und unter tosendem Kreischen entfaltete sich die Kugel zu seiner wahren Gestalt- einem Furcht erregenden Drachen mit leuchtend roten Augen.
