Endlich war ich zu hause. Jetzt erst einmal was warmes angezogen und dann ab aufs Sofa und das Buch unter die Lupe genommen. Ich fing bei der Kiste an. Die Runen sahen fast so aus, wie in dem Buch, wo die Aufschrift des Grabes von Balin in Moria abgebildet war. Und nun die anderen Buchstaben, in Zeichnungen von Lothlórien und Bruchtal kamen einige davon vor. Langsam kribbelte es in meinen Fingern, jetzt das Buch. KLINGEL!
Mist... wer störte mich den jetzt? Ich ging zur Haustür und öffnete, da war aber keiner. Wieder so ein Klingelstreich! Stop mal, was lag den da auf der Fußmatte? Ein gerolltes Stück Papier, sah nach Pergament aus... Uha, kalt, schnell wieder rein. Irgendwie wunderte mich das nach dem Erlebnis auf dem Flohmarkt gar nicht mehr. Es war eine Karte, eine Karte von Mittelerde... Langsam wurde mir dieses Spiel unheimlich. Entweder war das ein gut durchdachter Plan von meiner Freundin, oder hier ging etwas nicht mit rechten Dingen zu. Ich setzte mich mit samt der Karte wieder auf das Sofa. Ich wollte jetzt unbedingt wissen, was in dem Buch stand!!!
Vorsichtig öffnete ich den Deckel des Buches. Die erste Seite war leer. Die zweite Seite war mit Elben- und Zwergenschrift verziert. Dann auf der nächsten Seite noch mal der Titel, „Mittelerde und deine Reise beginnt jetzt". Hörte sich ja echt spannend an. Weiter auf der nächsten Seite : „Dies ist das Tor zu deiner Reise nach Mittelerde. Du hast dich entschieden diesen Weg zu gehen und du tatest dies aus freien Stücken. Die Seiten werden sich mit den Geschichten deiner Abenteuer füllen und so für immer erhalten bleiben. Nun tritt ein, sprich Freund, und beginne deine Reise."
Die nachfolgenden Seiten waren alle leer. Toll, was sollte ich mit einem leerem Buch anfangen? Ich könnte ja was reinschreiben, aber meine Träume und Fantasien über mich in Mittelerde gehörten nicht in solch ein Buch. Und was hatte das zu bedeuten, ‚tritt ein beginne deine Reise'? ‚Sprich Freund', das war ja wie vor dem Tor in Moria. Was sollte ich jetzt sagen? Etwa mellon? Das war doch albern, wie kam ich nur auf so einen Gedanken? Aber irgendwie reizte es mich ja doch. „Mellon"
Ahh..., das Buch riss sich aus meinen Händen. Ein grelles Licht kam aus dem Buch und umgab mich völlig. Dann Stille, alles war dunkel. Was war denn da eben passiert? War meine Wohnzimmerlampe gerade durchgebrannt, oder was? Ich sah nach oben, aber was ich sah, war nicht meine Zimmerdecke, sondern Sterne. Ich sah Sterne. War ich etwa vom Sofa geknallt und hatte mir den Kopf gestoßen? Ich befühlte meinen Kopf. Nee, schien alles in Ordnung zu sein, doch wo war ich hier?
Langsam wurde es etwas heller um mich. Der Mond schien und die Sterne erstrahlten sehr hell am Himmel. Ich saß in weichem Gras neben ein paar sehr hohen Bäumen. Der Boden fühlte sich kühl, aber nicht unangenehm an. Irgendwo in der Nähe plätscherte es, ein Bach oder Brunnen musste hier sein. Ich stand auf und streckte mich. Irgendwie fühlte ich mich wie nach einem langen Ritt auf meinem Pferd. Mein Pferd... Neben mir stand ein weißes, wunderschönes Pferd. Es schnaubte mich freundlich an und begann ein paar Schritte neben mir zu grasen. Ich fühlte etwas in der Hand. Es war die Karte, die eben noch vor meiner Haustür gelegen hatte. Sie zeigte immer noch das gleiche: Mittelerde.
Konnte es denn wirklich sein? War ich in Mittelerde gelandet? Ich ging ein bisschen umher und sah mich um. Ein kleiner Bach zog hinter ein paar Bäumen seinen Weg und viele, mir unbekannte Pflanzen und Sträucher, standen wie wild gewachsen überall verteilt. Ich wusste nicht genau, wie viel Zeit vergangen war, seit ich hier landete. Aber auf einmal stupste mich das weiße Pferd von hinten sanft an den Oberarm, als wollte es sagen, los komm, wir müssen gehen.
„Du bist ja wirklich ein wunderschönes Tier, aber ich glaube nicht, das ich auf dir reiten kann. Du gehörst sicher jemandem und der sieht es sicher nicht gern, wenn ein Fremder auf dir reitet. Und außerdem, wie soll ich auf dich raufkommen? Du hast keinen Sattel auf, und mit diesen Klamotten?" Oh mein Gott, was hatte ich hier eigentlich an? Ich trug ein langes Kleid. Ich kann Kleider doch gar nicht ausstehen? Aber bei näherem Betrachten musste ich ja zugeben, es stand mir recht gut.
Es war ein dunkelblaues Samtkleid mit breiten Trägern und darüber hatte ich einen ebenfalls dunkelblauen langen Mantel an. So eine Art Überwurf, oder so. Er hatte lange, trompetenförmige Ärmel. Das Kleid war mit reichlich goldenen Stickerein verziert, und es fühlte sich so leicht an. Was meine Freundin jetzt wohl sagen würde, wenn sie mich so sah?
Das Pferd stupste mich erneut an. „Na schön, aber wie soll ich denn auf dich raufkommen, du bist zu groß." Ich ritt zwar schon einige Jahre, aber nur auf einem Pony und so sportlich war ich auch wieder nicht, das ich da so einfach draufspringen konnte. „Wie wär´s, wenn du dich hinlegst, dann könnte ich auf dich draufklettern. Und wenn du dann wieder aufstehst, ziehst du mich mit hoch." Das hatte ich meinem Pony beigebracht, und es machte irre Spaß. Das Pferd hier konnte das sicher nicht. Aber da hatte ich falsch gedacht. Kaum hatte ich es ausgesprochen, legte sich das Pferd mir zu Füßen und bot mir seinen Rücken zum Aufsteigen an. „Hey, kannst du Gedanken lesen?"
Ohne viel Mühe setzte ich mich auf den Rücken des Pferdes. Es ging sogar mit dem Kleid, es war wohl so eine Art Reitkleid. Es hatte vorn und hinten einen langen Schlitz, so das ich es locker an beiden Seiten runterhängen lassen konnte. Mit einem Ruck stand das Pferd auf. „So, und wo reiten wir beide jetzt hin? Also, wenn ich jetzt davon ausgehe, das ich wirklich in Mittelerde bin, würde ich sagen bring mich einfach nach Hause. Du weißt sicher den Weg allein"
Sofort setzte sich das Pferd in Bewegung und trabte zwischen den Bäumen entlang. Nach einiger Zeit kamen wir auf eine größere Lichtung. Das Pferd fiel in einen leichten Galopp und ich dachte: ‚gleich fall ich runter'. Aber irgendwie schien das Pferd meine rutschenden Bewegungen auszugleichen.
Ich gewöhnte mich langsam an das Reiten ohne Sattel, es fühlte sich sogar richtig gut an. Das Pferd spürte das wohl auch und wurde immer schneller. Wir ritten wieder auf den Wald zu und tauchten zwischen den Bäumen ein. Der Duft, der mir in die Nase kam, war wundervoll. Es roch einerseits süßlich, nach Frühling und Blumen, andererseits nach frischem Gras, Moos und Herbstwind. Es wurde langsam Morgen und die ersten Strahlen der Sonne schoben sich durch das Blätterdach des Waldes.
Nach einer Weile verlangsamten wir das Tempo und ich sah auch warum.
Vor mit tat sich ein Ort auf, wie ich ihn in meinen schönsten Träumen nicht gesehen hatte. Zu meiner Linken erhob sich eine Steinwand, in der ein Gebäude eingefasst war, dessen Ende ich nicht sehen konnte. Überall waren reich verziere Säulen und Bögen. Rechts von mir lag ein Garten mit vielen Plätzen und Brunnen. Es sah alles so wunderschön und friedlich aus. Es wirkte nicht wie angelegt, oder einfach hingebaut. Es war wie in die Natur eingefasst.
Ich blickte mich sprachlos um. Mein Pferd trottete auf den ersten Bereich des Gebäudes zu. Es war wohl ein Pferdestall, denn wir wurden freundlich wiehernd begrüßt. Und nicht nur das, zwei jungaussehende Männer kamen auf mich zu, einer hielt mein Pferd und der andere reckte mir seine Arme entgegen zum Absteigen. Ich wusste nicht genau wieso, aber ich rutschte vom Pferd und ließ mich von seinen Armen auffangen. „Hattet Ihr eine angenehme Nacht, Lady Melian?"
Was? Wie hatte der mich da eben genannt? Das konnte doch nicht war sein! Und wie sah der überhaupt aus? Der hatte ja ganz spitze Ohren. Oh mein Gott!! Der Typ war ein Elb, und er nannte mich Melian? Wie kam der auf diesen Namen? Ok, das war jetzt auf jeden Fall zu viel. Ich merkte nur noch wie meine Knie versagten und dann wurde mir schwarz vor Augen. Dunkelheit umfing mich...
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