Kapitel 3 Essen, nass werden und wieder essen

Das Essen war vorzüglich. Vor allem das Brot schmeckte echt abgefahren, so etwas hatte ich noch nie gegessen. Und all die leckeren Früchte... das grenzte schon beinahe an eine fünf Sterneküche.

So, und jetzt wartete der Prinz auf mich. Klasse, das fand ich jetzt ja nicht grade toll. Als ich mich umsah, entdeckte ich, das vom Balkon eine kleine Treppe nach unten führte. Ich blickte kurz ins Zimmer. Ilianoth wuselte da am Schrank und Schreibtisch umher, das war die Gelegenheit. Ich stand schnell auf und ging die Treppe hinunter. Egal in welche Richtung ich blickte, ich konnte weder einen Anfang, noch ein Ende des Hauses sehen.

Der Pferdestall war wohl auch nicht in der Nähe. Ich entschloss mich einfach geradeaus vom Haus wegzugehen. Überall liefen Elben umher oder saßen in kleinen Gruppen an einem Brunnen oder unter einem Baum. Musik wurde irgendwo gespielt, und einige wunderschöne Stimmen waren zu hören. Es klang alles so harmonisch und lieblich. Einige Elben nickten mir zu oder lächelten mich freundlich an.

Sie mussten mich wohl kennen. Nicht ein Gesicht kam mir in irgendeiner Weise bekannt vor. Ich fühlte mich auf einmal so verloren und einsam. Ich ging weiter durch den Garten, bis ich keinem Elben mehr begegnete. Ein schmaler Pfad führte an einen kleinen plätschernden Bach. Ich setzte mich in den Schatten eines Baumes und schloss die Augen. Was sollte ich denn jetzt nur machen? Wie sollte das ganze hier weitergehen?

Ich wusste nicht wieso, aber irgendwie fühlte ich mich beobachtet. Ich öffnete die Augen und sah mich um. Ich konnte niemanden sehen. Auch hören konnte ich nur das Rauschen des Baches und den lieblichen Gesang einiger Vögel. Ich stand auf und folgte dem Bachlauf weiter. Und wieder hatte ich das Gefühl, das mich jemand verfolgte. Ich blieb stehen und blickte mich nochmals suchend um.

Ich sah nach oben, den Bäumen entlang. Elben lebten doch auf Bäumen, vielleicht saß ja da oben jemand. So sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte keinen entdecken. Ich stand an einer Stelle, wo der Bach sehr flach schien und auch nicht sehr breit war. Ich ging ein paar Schritte zurück und nahm Anlauf. Ich raffte mein Kleid und rannte los. Gerade als ich nur noch einen Schritt vom Bach entfernt war, sah ich jemanden von der Seite auf mich zu rennen.

„ Melian! Halt! Das schafft Ihr nicht, das ist zu weit für Euch!" Ahh..., hatte der noch alle Tassen im Schrank? Mich so zu erschrecken! Aber ich hatte soviel Schwung drauf, das ich nicht mehr rechtzeitig zum Stehen gekommen war. So klatschte ich in voller Länge ins Wasser.

Zum Glück war das Wasser nicht kalt, aber ich war naß bis auf die Haut. Ich hatte mich gerade wieder auf den Rücken gedreht, als ich bemerkte, wie mich jemand auf den Arm nahm und ans Ufer trug. Sachte setze man mich ab und ich schaute hoch.

Es traf mich wie ein Blitzschlag. Das waren die schönsten blauen Augen, die ich je gesehen hatte. Da konnte selbst mein Exfreund nicht mithalten. Oh mein Gott, die waren ja tiefer als das Meer. Ich merkte, wie es in meinem Bauch anfing zu kribbeln. Immer noch wurde ich im Arm gehalten. Ich entfernte mich ein wenig mit dem Kopf, um mir das ganze Gesicht anzusehen.

Jetzt prasselte ein ganzes Gewitter auf mich ein. Also, wenn der Typ nicht mindestens einen Ohnmachtsanfall wert war, dann wusste ich auch nicht weiter. Der war echt der reinste Wahnsinn. Ich hatte ja noch nie an Liebe auf den ersten Blick geglaubt, aber nun dachte ich schon daran. „Warum habt Ihr das gemacht? Ihr solltet Euch doch noch schonen."

Ich konnte darauf nichts antworten, sondern blickte einfach nur weiter in seine tiefblauen Augen. „Es tut mir leid, das ich Euch verfolgt habe. Aber mir wurde von Lord Elrond auferlegt, Euch nicht aus den Augen zu lassen. Ich weiß, Ihr wolltet lieber allein sein, sonst wäret Ihr sicher zu mir gekommen."

„Legolas. Ich..." Was sollte ich sagen? Hätte ich gewusst, das der so fantastisch aussah und vor allem so gut roch... Mir wurde schon wieder ganz schummerig vor Augen. „Ihr solltet Euch schnellstens etwas trockenes anziehen. Es ist nicht gut, in Eurem Zustand in den nassen Kleider zu bleiben. Soll ich Euch tragen?"

Ich bemühte mich schnellstmöglich wieder auf die Beine zu kommen. Das ging doch nicht, das der mich jetzt hier umhertrug. Dann steckten die mich doch sofort wieder ins Bett, und das wollte ich auf keinen Fall, so verlockend sein Angebot auch war. „Nein, ich kann Laufen, danke."

Schweigend gingen wir nebeneinander wieder zurück zum Haus. Ich hatte gar nicht gemerkt, das ich so weit gelaufen war. Langsam wurde es in den nassen Klamotten recht ungemütlich. Als wir am Haus ankamen, dämmerte es bereits. Zum Glück waren keine anderen Elben mehr draußen, so konnte ich unbemerkt in mein Zimmer gelangen.

„Ich danke dir für deine Hilfe, Legolas. Ich bitte dich, sag niemanden etwas von dem Vorfall. Schon gar nicht Lord Elrond. Es ist ja nichts schlimmes passiert." Ein besorgter Blick traf mich. Er musterte mich von oben bis unten und da merkte ich erst, das er immer noch meine Hand hielt. Ein Kribbeln durchzog meinen Körper. Sein Blick ging mir durch und durch.

„Ihr solltet Euch schnell umziehen. Ich werde hier warten und Euch dann zum Abendmahl begleiten, wenn es Euch recht ist. Und habt keine Angst, ich werde keinem von dem Vorfall berichten." Schnell drehte ich mich um und ging in mein Zimmer. Hätte er mich noch 5 Sekunden länger so angesehen, wäre ich ihm wahrscheinlich um den Hals gefallen. Erst wollte ich noch mal aus der Tür heraus sehen, ob er auch wirklich noch vor der Tür stand, aber das ließ ich lieber bleiben.

Schnell ging ich zum Kleiderschrank und öffnete ihn. Ich mußte ein Kleid finden, das ich auch ohne Hilfe anziehen konnte. Ich hatte Glück und fand eins, es bestand aus zwei Teilen. Das Unterkleid war beige und vorn mit kleinen Häkchen zu schließen. Es war aus einem leinenartigen Stoff, aber nicht so schwer als solcher. Das Oberkleid war wie Seide, in einem zarten roséton, und durch einen Haken in Bauchnabelhöhe zu schließen. Es hatte auch wieder diese wunderschönen langen Trompetenärmel. Ich drehte mich vor dem Spiegel. Ich sah echt umwerfend aus.

Und mein Magen knurrte. Ich kämmte mir noch schnell die Haare und steckte die Hälfte mit einer Spange hoch. So toll, wie bei Ilianoth, sah das zwar nicht aus, aber das mußte jetzt reichen. Als ich die Tür öffnete, stand Legolas gegenüber an der Wand gelehnt. Er hatte eine silbergrüne Tunika und eine dunkelgrüne, enganliegende Hose an.

Man, wie sah der scharf aus in den Klamotten. Und wie konnte er sich so schnell umziehen, ich hatte mich doch extra beeilt. Naja gut, ich hatte mindestens zehn Minuten von dem Spiegel gestanden und mich von allen Seiten begutachtet. Da hätte sich eine ganze Modenschau umziehen können. Lächelnd bot er mir seinen Arm an. Ich hakte mich bei ihm ein und wir gingen einen langen Flur entlang.

„Ihre seht wirklich bezaubernd in diesem Kleid aus. Es erfreut mich sehr, das Ihr es jetzt schon tragt." Häh, was? Was hatte ich den jetzt schon wieder nicht mitgekriegt? Das war das einzigste, was ich allein anziehen konnte, deshalb hatte ich es mir ausgesucht. Oh Gott, Boden tu dich auf. Das konnte ich ihm doch nicht sagen. Schweigend blickte ich zu Boden und ging weiter neben ihm her.

Aus einer großen Flügeltür am Ende des Flures kamen Stimmen und Licht. Kurz bevor wir auf sie zutraten, wurde sie geöffnet. Die Stimmen verstummten fast und von allen Seiten wurden wir freundlich angeschaut. Legolas steuerte auf Elrond zu, der mit einigen anderen Elben am Ende des Raumes vor einer großen gedeckten Tafel stand. Als er uns sah, beendete er sein Gespräch und blickte mich lächelnd an. „Ihr erhellt jeden Raum, wenn Ihr ihn betretet. Ihr seht sehr erholt aus."

Er blickte an mir herab, als musterte er mein Kleid. Mit einer hochgezogenen Augenbraue sah er von mir zu Legolas rüber, in dessen Gesicht ein kurzes Grinsen zu sehen war. Was war denn bitte so falsch an diesem Kleid, das mich auch Elrond so komisch ansah?. „So lasset uns setzten und mit dem Mahl beginnen."

Die Elben begaben sich zu den Stühlen und Elrond nahm am Kopf der Tafel Platz. Erst jetzt bemerkte ich, das ich immer noch bei Legolas eingehakt dastand. Ich wollte mich gerade lösen, um mir einen Platz zu suchen, als Legolas meinen Arm losließ und zum ersten Stuhl der langen Seite ging und ihn mir anbot.

Warum um alles in der Welt musste ich denn ganz vorn sitzen? Irgendwie war mir nicht ganz wohl bei der Sache. Legolas rückte mich mit dem Stuhl an den Tisch und nahm direkt neben mir Platz.