Kapitel 5 Visionen

Ich fiel in einen unruhigen Schlaf und träumte allerhand wirres Zeug. Ich sah immer wieder Legolas vor mir. Er redete mit mir, doch ich verstand nicht, was er zu mir sagte. Dann wiederum sah ich Heerscharen von Orks auf mich zukommen. Ich wollte weglaufen, doch ich stand wie angewurzelt da. Es waren grausame Gestallten, und sahen erschreckend aus.

Sie kamen von allen Seiten, ich war umzingelt. Als sie wildbrüllend auf mich zugerannt kamen, duckte ich mich und plötzlich waren sie verschwunden. Ich blickte hoch, und vor mir stand eine wunderschöne, ganz in weiß gekleidete Elbin. Sie streckte mir ihre Hand entgegen ich ergriff sie und erhob mich.

„Lady Melian, Ihr seit die einzige Hoffnung für die freien Völker Mittelerdes, ohne Euch sind sie zum Untergang verdammt. Habt keine Angst vor dem, was Euch bevor steht. Ich werde Euch zur Seite stehen und Euch helfen, die Kraft in Euch zu finden."

„Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich kann das nicht, ich weiß nicht einmal was man von mir verlangt."

„Vertraut auf Euer Herz, es wird Euch nicht fehlleiten. Vertraut denen, die um Euch sind. Ihr werdet zur rechten Zeit wissen, was zu tun ist. Macht Euch das Herz nicht unnötig schwer. Wir alle glauben an Euch, die freien Völker Mittelerdes glauben an Euch."

Sie entfernte sich, als ob sie leicht über den Boden schwebte, von mir. „Lebt und liebt, bis der Samen der Kraft in Euch entspringt. Wenn die Zeit gekommen ist, werden wir uns wieder sehen."

Dann verschwand sie völlig und Nebel umgab mich. Als der Nebel sich lichtete, stand ich allein in einem Wald. Ich fasste mir an den Bauch, Himmel, ich war schwanger. Aber es war mir nicht unangenehm, ich fühlte eine unheimlich starke Kraft in mir. Sie ging von dem Ungebornen in mir aus und es fühlte sich gut an. Ich lächelte und strich mir über den Bauch. Plötzlich ergriff jemand grob und fest meinen Arm. Ich drehte mich um und sah.., den alten Mann vom Flohmarkt. Er grinste mich fies an und sah nun alles andere als freundlich und nett aus.

„So sehen wir uns also wieder, Lady Melian. Ich hatte es euch doch versprochen." Er machte mir Angst, ich wollte mich losreißen und weglaufen. Ich rief um Hilfe, ich rief.. Legolas!?

„Ruf nur nach deinem Liebsten, er wird dich nicht retten können. Euer Kind wird mir gehören, wie ich es geplant hatte. Was glaubtest du, wie du mir das Buch bezahlen würdest? Mit dem Leben deines Kindes natürlich. Schon bald wird es geboren werden, und dann ist es mein."

Er lachte hämisch, und wollte mich mit sich ziehen. Ich versuchte mich zu wehren und schlug kräftig um mich. Ich hörte immer wieder, das jemand meinen Namen rief und mich schüttelte.

„Melian, Lady Melian, so wacht doch auf." Ich kam zu mir. Über mir sah ich das besorgte Gesicht Elronds. „Was ist los, was ist passiert? Ich hatte einen schrecklichen Albtraum." Elrond ließ mich los und setzte sich zu mir auf die Bettkante.

„Ihr hattet keinen Albtraum, es war eine Vision. Hat Euch Ilianoth denn nicht davon berichtet?" Ich blickte hinter Elrond. Da stand Ilianoth mit gesenktem Kopf und biss sich verlegen auf die Unterlippe.

„Verzeiht, Lord Elrond. Ich habe es Ihr noch nicht berichtet. Sie schien mir gestern Abend zu sehr durcheinander, und ich dachte, wenn ich ihr das auch noch erzähle, das es zu viel für sie wäre."

„Ich.., was .. Visionen? Was soll das?"

„Ihr seid in der Lage, durch nächtliche Visionen den Lauf Eurer Zukunft zu sehen."

„Dann passiert das auch immer, was ich sehe?"

„Nicht, wenn Ihr es verhindert." Elrond zog einen Augenbraue hoch und sah mich besorgt an. „Was habt Ihr gesehen? Sagt es mir.... Da Ihr Euer vergangenes Leben nicht mehr wisst, so ist Eure Zukunft um so wichtiger für uns und euch."

Ich erzählte ihm, was passiert war. Das ich den Mann vom Flohmarkt her kannte, verschwieg ich aber. Ich nannte ihn den fahrenden Händler und sagte, er habe mir die Karte geschenkt. Von dem Buch erzählte ich auch nichts, da ich es ja nicht bei mir hatte. Die Karte hatte ich in eine Schublade in den Schreibtisch getan. Elrond stand auf, und holte sich die Karte aus der Schublade.

„Ich werde sie mit in die Bibliothek nehmen. Wenn Ihr gefrühstückt habt, erwarte ich Euch dort." Ehe ich etwas sagen konnte, war er auch schon aus dem Zimmer gegangen. Ilianoth stand immer noch geknickt neben dem Bett. „Verzeiht mir, das ich Euch nichts von den Visionen berichtet habe."

„Ist schon gut, Ilianoth. Es war vielleicht ganz gut, das ich davon nichts wußte. Ich hätte vor Angst wahrscheinlich nicht ein Auge zu bekommen. Mach dir keine Vorwürfe, du hast nichts falsch gemacht." Dankbar lächelnd sah sie zu mir herüber.

„So, und jetzt muß ich unbedingt was zu essen habe, ich sterbe gleich vor Hunger. Ich bitte dich, such mir ein schönes Kleid raus, aber keines, was irgendeine Bedeutung hat."

Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht ging ich an ihr vorbei ins Bad. Als ich dann kurze Zeit später dort fertig war, lag auf meinem Bett ein wunderschönes, silberglänzendes Kleid. Es wurde an beiden Seiten geschnürt, warum ich auch sehr dankbar war, das Ilianoth mir wieder half. Als ich gerade fertig angekleidet war, klopfte es an der Tür. „Herein!"

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