Kapitel 18 oder JA!

Fünf Reiter kamen uns durch das Stadttor entgegen. Niniél neben Haldir an der Spitze. Sie saßen ab, und wir begrüßten sie.

„Niniél, ist alles ok bei euch?"

„Ja, alles bestens. Sie haben in der Nacht zwar viele Orks gehört, aber sie waren nicht in ihrer direkten Nähe."

„Und wie war eure letzte Nacht?"

Sie zog mich etwas beiseite hinter einen Baum.

„Oh Melian, ich kann es gar nicht beschreiben. Wir haben einfach nur dagelegen und er hat mich im Arm gehalten. Er hat mir gesagt, nur allein der Gedanke, das er mich wiedersehen wird, hat ihn die Nacht in den Bergen gut überstehen lassen. Er ist ja so romantisch. Und er hat mir versprochen, bei dem Fest, was in drei Tagen ist, sogar mit mir zu tanzen. Ist das nicht großartig, ich freu mich schon so darauf. Endlich können wir mal richtig feiern. Das ist bei den Elben das einzigste Fest, wo richtig die Sause gemacht wird, und wir sind dabei. Ich werd dir auf jeden Fall noch den Tanz aus Rohan beibringen, der mir von meinem Vater gezeigt wurde. Ich sag dir, das wird ein riesen Spaß. Ich kümmere mich jetzt aber wieder um Haldir. Er ist noch etwas angeschlagen, und er soll ja fit sein in drei Tagen."

Sie ging wieder zu Haldir und ihrer Stute. Ich blieb noch hinter dem Baum stehen. Die Elben können Party machen, so richtig abfeiern? Das hätte ich nie gewagt, mir vorzustellen. Galadriel hatte mir gar nichts von einem Fest erzählt. Was das wohl für ein Fest war, dachte ich mir, als mich jemand beim Arm fasste. Legolas hatte sich von hinten angeschlichen und sah mir nun geheimnisvoll lächelnd in die Augen.

„Hast du Lust, ein bisschen auszureiten?"

„Klar, wo geht's denn hin?"

"Wird nicht verraten."

"Hey, jetzt sag schon. Ich will wissen, wo es hingeht."

"Du hast mir ja auch nicht verraten, was du vorhin gemeint hast, also wirst du jetzt auch nichts von mir erfahren."

Ein breites Grinsen überzog sein Gesicht. Ok, der Punkt ging an ihn. Ich würd schon noch rechzeitig rausfinden, was er vorhatte.

Wir gingen zum Stall und machten unsere Pferde fertig. Er befestigte eine Stoffrolle und eine Tasche an seinem Sattel. Ich wollte zu gerne in die Tasche reinschauen, doch er ließ sie keinen Moment unbeobachtet. Mir blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten.

Wir ritten aus der Stadt, in nördliche Richtung in den Wald. Die Sonne stand hoch am Himmel und keine Wolke hatte ihren Blick zur Erde versperrt. Golden glitzerten die Blätter der mächtigen Mallornbäume in dem Sonnenlicht. Das Gras raschelte leise, als die Hufe unserer Pferde es durchschritten. Es war mir in diesem Moment gar nicht mehr so wichtig, wohin wir eigentlich ritten. Es war so unbeschreiblich friedlich und schön hier, das ich mich überall in diesem Reich wohl fühlen würde. Mit fröhlichem Gezwitscher empfingen uns die Vögel, als wir am Rande des Waldes eintrafen. Ich wollte alles vergessen, was mir noch bevorstand und nur diesen Augenblick genießen. Nie zuvor hatte ich dieses Gefühl des Friedens in mir gespürt. Etwas wahrhaft magisches hatte das alles gehabt. Der Wald, die Stadt, selbst die Elben waren irgendwie nicht wie die, die von Bruchtal kannte.

„Hey, wir sind da."

Ich hatte gar nicht bemerkt, das wir angehalten hatten. Wir waren an einem kleinen See angekommen.

„Das ist ein See, der sich nur jetzt im Sommer füllt, wenn das Schmelzwasser aus den Bergen die Flüsse anschwellen läßt. Ich habe ihn bei meinem letzten Besuch hier entdeckt. Komm, absteigen."

Ich ließ mich aus dem Sattel gleiten. Trense und Sattel nahmen wir den Pferden ab und sie gingen etwas am Ufer des Sees entlang und grasten. Die Stoffrolle entpuppte sich als zwei Decken, die eine breitete Legolas unter einem Baum, nahe des Ufers aus. Aus der Satteltasche holte er einige Früchte, Brot und eine Trinkflasche hervor. Ich ließ mich auf der Decke nieder und sah über das Wasser. Die Oberfläche spiegelte die Strahlen der Sonne wieder und nur die Bewegungen einiger Wassertierchen und Insekten verursachten kleine Ringe auf dem Wasser. Still und schimmernd lag der See vor uns.

„Es ist wirklich wunderschön hier. Danke, das du mir diesen Platz gezeigt hast. Ich werde jetzt sicher des öfteren hier her kommen."

Vor hatte ich es auf jeden Fall, doch hatte ich beim Hinweg gar nicht darauf geachtet, wo lang wir eigentlich geritten waren. Ich mußte mir unbedingt den Rückweg merken.

„Ich hoffte, das es dir gefällt. Ich muß dir aber sagen, das ich dich nicht ganz ohne Hintergedanken hierher geführt habe."

Ich legte mein Stück Brot beiseite und sah ihm ins Gesicht. Ein wenig Unsicherheit machte sich bei ihm breit.

„Und was hast du für Hintergedanken?"

Er richtete sich auf und rückte nah an mich heran. Mit leicht zitternden Händen ergriff er die meinen und blickte mir tief in die Augen. Da waren sie wieder, diese wundervollen tiefblauen Augen, die mich so fasziniert hatten, als ich sie das erste mal sah.

„Du machst es aber spannend."

„Melian, hör mir bitte zu. Ich möchte dir was wichtiges sagen und dich auch etwas fragen, dessen Antwort mir sehr viel bedeutet."

Ok, jetzt machte er mich echt nervös. Was hatte er bloß vor?

„Melian. Ich möchte, das du weißt, das ich dich in mein Herz geschlossen habe, vom ersten Moment an, als wir uns begegnet sind. Ich weiß, wir haben uns nicht sofort verstanden und ich befürchte, das du dich nicht mehr an unsere erste Begegnung erinnern kannst. Doch eines sollst du wissen. Mein Herz, das hast du mir vom ersten Tag an genommen. Ich habe es an dich verloren, als du die Stufen zum Haupthaus des Palastes meines Vaters rauf gekommen bist. Und ich möchte, das du noch etwas weißt. Ich liebe dich, Melian. Ich liebe dich und möchte dich nie wieder verlieren. Ich möchte an deiner Seite gehen, für immer. Und deshalb möchte ich dich fragen, willst du den Bund mit mir eingehen? Willst du die Meine werden, in drei Tagen zum Sonnenblütenfest?"

Nur geschockt sein, das war nicht der Zustand, in dem ich mich in diesem Augenblick befand. Ich war verwirrt. Ich wußte nicht, was da grad passiert war. Er hatte mich tatsächlich gefragt, ob ich ihn heiraten wollte. Mich! Oh man, das glaubte ich echt nicht. Die Gefühle in mir überschlugen sich. Mein Herz schlug einen Purzelbaum nach dem anderen und meine Gedanken rasten in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit durch meinen Kopf, das ich ihn nur anstarrte.

„Ich... Ähm... Also ich..."

Was sollte ich ihm sagen? Ich hatte mich bereits in Bruchtal vor einigen Tagen dazu entschlossen, mit ihm zusammen zu sein. Aber gleich heiraten, das war echt ziemlich schnell. Vielleicht hätte man ja erst einmal so zusammen sein können. Aber ich glaube, das kannten die hier nicht. Entweder, man geht den Bund miteinander ein, oder man lebt nur als Freunde zusammen. Und nur ein Freund, nein, das war er nicht. Ich hörte wieder Galadriel Stimme in meinem Kopf.

„Höre auf dein Herz. Es spricht immer die Wahrheit mit dir."

Das waren ihre Wort. Und was sagte mir mein Herz? Ok, die Purzelbäume wurden langsam weniger, aber es schien ein Wort ganz eindeutig zu sagen.

„Ja."

Legolas Blick schien in diesem Moment tausend Worte zu sprechen. Ein Strahlen ging über seine Augen. Er lächelte, er lachte. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und unsere Lippen trafen sich zu einem innigen und leidenschaftlichen Kuß.

Ich hatte doch tatsächlich ja gesagt. Ich konnte es selber kaum fassen. Ich würde ihn in drei Tagen wirklich heiraten. Ich war überwältigt von dem Glücksgefühl, was in mir aufkam.

Plötzlich sprang Legolas auf und zog mich mit sich hoch. Er entledigte sich seiner Klamotten bis auf die Unterwäsche und sprang mit Anlauf in den See. Ich zögerte nicht eine Sekunde und tat es ihm gleich. Nur in Unterwäsche sprang ich mit einem lauten Gejohle ins Wasser. Es war herrlich warm von der Sonne und wir tobten und spritzten uns wie kleine Kinder naß. Wir machten so viel Lärm, das unsere Pferde erschrocken aufsahen. Immer wieder versuchte ich ihn unterzutauchen, was aber leider nur ihm gelang. Mit vielen Küssen und Umarmungen entschuldigte er sich dafür, was mich aber nur noch mehr anspornte, es noch einmal zu versuchen. Leider nur ohne Erfolg. Nach einer Weile ließen wir uns erschöpft vom vielen rumtollen und küssen auf der Decke nieder. Ich rollte mich auf dem Bauch und bettete meinen Kopf auf meinen verschränkten Armen. Legolas legte sich auf die Seite und stützte sich mit dem Ellenbogen auf.

„Bist du glücklich, Liebste aller am Himmel stehenden Sterne?"

Wow, so ein Kompliment hatte ich von noch niemanden bekommen.

„Ja, ich bin glücklich. Und ich freue mich schon auf das Gesicht von Niniél, wenn ich es ihr erzähle."

„Und ich auf das von Haldir. Er hatte vor kurzem noch zu mir gesagt, das er es ehr schaffen würde, die Frau zu finden, der er sein Herz schenken will, als ich. Aber das war, bevor ich dich gesehen hatte. Bevor du mir mein Herz gestohlen hast."

„Und du hast mir meins gestohlen. Aber ich möchte, das du es für immer behältst."

„Das werde ich. Ich werde es niemals wieder hergeben."

Ich rollte mich auf dem Rücken, verschränkte die Arme unter meinem Kopf und schloss die Augen. Legolas legte seinen Kopf auf meinen Bauch und schloss ebenfalls die Augen.

Ich fing an zu frieren, und ich merkte, das die Sonne schon fast untergegangen war.

„Wir sollten langsam zurückreiten, die Sonne ist auch schon fast untergegangen. Und ich fang an zu frieren."

Wir hatten noch immer nur unsere Unterwäsche an, die wir auf unserer Haut hatten trocknen lassen. Nur zögerlich rührte sich Legolas. Er war wohl ein wenig eingeschlafen und nicht sehr begeistert, das ich mich von ihm lösen wollte.

„Müssen wir wirklich schon los? Es ist so schön, einfach nur bei dir zu liegen."

„Ich möchte eigentlich auch nicht, aber mir ist echt kalt und ich bekomm langsam Hunger."

„Haben wir denn nichts mehr in der Tasche? Ich hab doch auch noch eine Decke mitgenommen."

Er erhob sich und holte die zweite Decke und schlang sie um mich.

„Wir können doch einfach die ganze Nacht hier bleiben und die Sterne beobachten."

„Das klingt sehr verlockend, aber so gerne ich das auch wollte, wir sollten wirklich zurück reiten."

Trotz der Decke wurde mir nicht richtig warm und irgendwie wollte ich aus den Klamotten raus, und ich hatte tierischen Hunger. Ich stand auf und zog mir die Kleidung wieder an. Legolas rührte sich kein Stück und tat beleidigt. Ich mußte unfreiwillig lachen. Sein Schmollgesicht war zu komisch. Von mir angesteckt fing auch er an zu lachen. Nur widerwillig stand er auf, zog sich an und rollte die Decken wieder zusammen. Ich hatte inzwischen unsere Pferde geholt und verschnallte den Gurt von Ancórdars Sattel. Er tänzelte umher, als wollte er sagen, nun mach schon, ich will nach hause. Ich zog die Trense auf und schwang mich in den Sattel. Legolas war dabei, noch die Decke festzuschnallen, als Ancórdar nicht mehr warten wollte. Legolas beeilte sich, noch rechzeitig auf Pferd zu kommen, doch Ancórdar preschte schon an ihm vorbei. Zwischen den Bäumen hindurch und über die Lichtungen, immer in Richtung Caras Galadhon. Ich machte mir ein bisschen Sorgen um die Geschwindigkeit, die er vorlegte, doch als wir die Steinstraße erreichten drosselte er sein Tempo und fiel in einen leichten Trab. Wir hatten schon fast das Tor erreicht, als Legolas uns endlich einholte.

„Was war das den eben? Warum bist du so schnell los geritten?"

„Das war nicht ich. Ancórdar ist einfach losgelaufen. Er hatte wohl keine Lust mehr auf dich zu warten."

Lachend ritten wir in die Stadt ein.