Kapitel 20a (Zwischenkapitel Toral)

Toral hatte wieder seinen Stand auf diesem Flohmarkt aufgebaut. Es war nicht einfach für ihn in dieser Welt, doch er mußte warten, bis er sie gefunden hatte. Ohne sie hätte er in Mittelerde nie eine Chance gegen die Elben und Menschen. Toral brauchte ihre Fähigkeiten um sich gegen das Gute zu wehren.

Besorgt sah er zum Himmel. Noch sah das Wetter gut aus, doch es würde sicher später Regen geben. Würde sie heute kommen? Er wußte es nicht, er mußte abwarten.

Der Vormittag ging nur zögerlich vorbei. Ein paar Sachen hatte er verkaufen können, doch seit einer Stunde war kein Kunde mehr bei ihm gewesen. Er wollte schon aufgeben und seine Sachen einpacken, als er etwas spürte.

Es war eine starke Energie, die sich ihm näherte. Toral erstarrte innerlich. Sie mußte sein, wonach er gesucht hatte. Je näher die Kraft kam, um so unerträglicher wurde sie für ihn. Er redete sich zu, stark zu bleiben und sich nicht zu entblößen. Er mußte nur die Ruhe bewahren, dann würde sie schon in seine Falle laufen.

Und da war sie. Eine junge, blonde Frau. Nichts besonderes, wie er fand. Wie es alle Sterblichen in dieser Welt waren. Sie stöberte in der Kiste unter dem Tisch. Er mußte ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sonst würde sie einfach weitergehen.

Toral fragte sie, ob sie etwas Besonderes suche. Ein Nicken bestätigte seine Frage und ging zu seinem Wagen und holte das Buch in der Holzkiste hervor. Es hatte ihn viel Zeit und Geld gekostet, an dieses Buch zu kommen und sogar einen Zauberer hatte er dafür zu Rate ziehen müssen. Oh wie hatte ihn das angewidert, diesen Kauz auf zusuchen. Und wie er von ihm ausgefragt wurde, was er damit wolle. Nun ja, es war nicht seine Schuld gewesen, dass der Zauberer nicht aufhören wollte, ihn zu löchern und die Orks taten nur, wozu sie da waren. Er habe widerlich süß geschmeckt, hatten sie hinterher gesagt. Aber damit hatte Toral sich nicht belastet, er hatte, was er wollte und konnte sich endlich auf die Suche nach der Frau machen.

Freundlich lächelnd gab er ihr die Kiste. Ein bisschen nettes Gerede, woher die Kiste kam und was sie doch für ein Schatz war, und schon hatte er die junge Frau an der Angel. Torals Augen blitzten auf, als er sah, wie begeistert sie von dem Buch war. Doch er mußte sich noch vergewissern, ob sie auch den Weg nach Mittelerde finden würde. Und wie sie dort heißen würde, denn in ihrer jetzigen Gestalt würde sie nicht in Mittelerde erscheinen.

Sie war also bereit, vieles aufzugeben hier in ihrer Welt und Mittelerde war ihr ein Zufluchtsort. Dann war sie die Richtige. In ihren Gedanken konnte er den Namen Melian lesen. Doch es hatte ihn viel Überwindung gekostet, ihre Gedanken zu lesen. Sie war so rein und die Kraft in ihr zu stark für ihn in dieser Welt. Schnell schickte Toral sie weg, bevor er in seiner wahren Gestalt zu erscheinen drohte.

Nachdem sie sich entfernt hatte, baute er seine Sachen ab und verstaute alles in seinem Wagen. Er fuhr wieder zu der Hütte im Wald, die er sich besorgt hatte. Den alten Kerl, der hier hauste, würde sicher keiner vermissen. Er hatte sich ja nicht einmal gewehrt, ja regelrecht leicht hatte er es ihm gemacht, ihn zu überwältigen.

Nun ja, das Portal hatte er hier ungestört errichten können. Jetzt brauchte Toral nur noch zurück nach Mittelerde gehen und warten bis die junge Frau auftauchen würde.

Kaum war er wieder zurück in den Minen unter den Eisenbergen, da spürte er die Erschütterung in sich. Sie hatte also den Weg gefunden. Menschen, dachte Toral nur, sie waren so leicht zu beeinflussen.

Als Kartenschreiber getarnt machte er sich auf den Weg, sie zu suchen. Er war sich sicher, das sie elbische Gestalt angenommen hatte. Nach Lorien konnte er nicht gelangen, dort würde die Hexe ihn sofort angreifen, doch nach Bruchtal konnte er leicht . Der Elbenlord Elrond hielt seine Grenzen immer für harmlose Reisende offen. Hielt sich für schlauer als er es war. Es würde für ihm ein leichtes sein, an sie heran zu kommen.

Einige Tage später erreichte Toral die Grenzen von Bruchtal. Langsam begann er wieder die Kraft zu spüren. Und sie war stärker, als je zuvor. Je tiefer er sich in den Wald hineinwagte, um so mächtiger wurde die Kraft.

Wieder mußte er sich zusammenreißen. Noch war es nicht soweit. Sie mußte erst noch ein Ungeborenes in sich tragen. Erst dann würde sie ihm nützlich sein . Nur in diesem Zustand konnte er von ihrer Kraft Gebrauch machen, ohne dass sie sich dagegen wehren konnte.

Er sah sie mit dem weißen Pferd an Bach stehen. Er sprach laut zu seinem Pferd, damit das widerliche weiße Vieh verschwinden würde. Soviel Reinheit auf einmal, das konnte er nicht ertragen.

Dass sie ihn erkennen würde, wußte Toral. Doch warum hatte sie Angst vor ihm? Er war ihr doch freundlich entgegengekommen auf diesem Flohmarkt. War sie wohlmöglich noch stärker, als er geglaubt hatte? Hatte sie vielleicht doch die Fähigkeiten, die man ihr weissagte? Er mußte versuchen, ihre Gedanken zu lesen.

Von den Elben ließ er sich zu deren Stall geleiten. Während der Fahrt dahin war sie vor ihm davon gelaufen. Er hatte sie durch den Wald laufen sehen. Doch sie war zu schnell und er konnte sie nicht erreichen und erfahren, warum sie dies tat.

Er wartete, bis es Nacht wurde. In seinem Traum näherte er sich ihr. Wie eine große weiße Statue stand sie vor ihm. Leuchtend, stark und mächtig. Er mußte sie berühren, um in ihre Gedanken einzudringen. Doch ihre Macht war sehr stark und es gelang ihm nur für den Bruchteil einer Sekunde. Mit Wucht wurde er von ihr weggeschleudert. Damit hatte er nicht gerechnet. Für so stark hatte er sie nicht gehalten. Sie selber wußte sicher noch nichts von dieser Kraft, doch bald würde man es ihr sagen, wenn er sie weiter bedrängte. Er mußte sich schnellstens aus dem Staub machen. Er mußte warten, bis er sie alleine antraf. Dann hatte er eine Gelegenheit, sie zu überwältigen.

Er zog sich wieder in die Mienen der Eisenberge zurück. Den Valar sei Dank hatten seine Orks und Trolle die restlichen Zwerge vertrieben. Jetzt konnte er beginnen, seine Armee aufzustellen. Überall im Land verteilte er seine Spitzel.

Um sie auch innerlich zu schwächen hatte er ihr ein Andenken an ihn dagelassen. Das Stück aus seinem Mantel würde sie sicher beunruhigen. Und der Elb, der sie beschützte, den mußte er sich auch alleine vornehmen. Aber der sollte erst noch seinen Zweck erfüllen. Oh wie ihn dieser Gedanke anwiderte. Aber er brauchte sie in diesem Zustand, doch die Vorstellung an diesen Akt ließ ihn innerlich erschauern.

Sie hatten sich auf den Weg nach Lothlórien gemacht, gleich am Tag nach seinem Erscheinen. Die Orks waren nicht sehr viel nütze gewesen. Zu schnell hatten sie alle ihren Kopf verloren. Doch die Trolle waren da schon erfolgreicher. Gleich zwei der lästigen Elben waren sie zu Verhängnis geworden. Und hätte sich nicht die Trägerin der Kraft eingemischt, dann hätte auch der Dritte noch dran glauben müssen.

Jetzt war sie sicher in Lothlórien und er hatte wieder etwas Zeit, neue Truppen auszusenden und seine Spitzel auf den Weg zu schicken. Er hatte erfahren, das sich eine Halbelbin aus dem Westen bei ihr aufhielt. Wie ein Späher ihm berichtete, ging diese Elbin jedes Jahr für einige Zeit nach Rohan. Sicher würde sie sie begleiten. Dann hatte Toral wieder eine Gelegenheit, zuzuschlagen. Er mußte nur abwarten und sich bereithalten.