Vielen, vielen Dank für die netten Reviews! Haben euch ganz doll lieb! lol Viele liebe Grüße, FlyingOwl
Jaja, das Chapter... :


Hermine erwacht endlich und erinnert sich, aufrecht im Bett sitzend, an Regen. Dichter, kalter Regen, der ihr, mitten in der Dunkelheit, in die Haare fällt und durch den viel zu dünnen Mantel dringt. Nasse Kälte ist überall an ihr. Die dicken Tropfen rinnen, genau wie das nachtschwarze Blut, über ihre nackte Haut und jagen Schauer durch ihren Körper. Sie rennt die ganze Zeit über. Sie rennt und vergisst die Zeit. Sie lebt nicht, atmet nicht, läuft nur. Die braunen Haare, schwarz in der Dunkelheit, als wären es nicht ihre, kleben am Kopf. Sie sind nass. Alles an ihr ist nass. Das ist das einzig Klare in ihrem Kopf, steht wie mit Rauch geschrieben in der Luft – die Kälte, das Nasse, das endlos Nasse. Es macht sie krank. Hermine schließt die weit aufgerissenen Augen wieder, erwacht aus einem Traum, und doch ist da immer noch der Regen. Sie braucht einen weiteren, langen Moment, bis sie erkennt, dass das Rauschen in ihrem Kopf lediglich ihr eigenes Blut ist, das in den Adern zirkuliert. Erleichtert dreht sie den Kopf und sieht das vertraute Zimmer um sich. Ihr ist nicht klar, das ihre Augen geschlossen sind. Es ist wunderbar warm. Wieso regnet es in unserem Haus? fragt sie, lautlos die Lippen bewegend. Es ist ihr vollkommen unbegreiflich. Hermine streift mit den Augen umher, bis sie endlich die zwei Schatten auf dem Boden erreicht. Ein lautloser Schrei verlässt ihren Mund. Die Erkenntnis durchdringt sie scharf wie die Kälte - Sie will zu ihnen rennen, will ihre Wärme spüren und ihnen ein letztes Versprechen abnehmen – LEBT! LASST MICH NICHT ALLEIN, aber sie sitzt auf dem Boden, in eine Decke gehüllt und kann sich nicht bewegen. Noch nie hat sie eine solche Verzweiflung gefühlt. Ihre Eltern sterben und sie sitzt auf dem Boden und kann nichts tun. Doch noch während die ersten Tränen aus Hermines Augen quellen, wird ihr klar, das alles, was sie sieht, nur ein Traum ist. Niemand stirbt, denkt sie, niemand stirbt; die eigene Verzweiflung wird von Sekunde zu Sekunde unverständlicher. Sie öffnet die Augen, und da ist alles vor ihr: das schäbige Dachzimmer, in dem sie liegt, eine Decke um sich und sie selbst, ihr strähniges Haar offen über ihren Schultern und das kratzige Hemd, das sie trägt. Die Erleichterung kommt so schnell wie vormals die Angst. Der Regen ist fort.
„Ich lebe. Niemand ist tot.", flüstert sie leise in die Decke. „Niemand ist tot."
Es wird zu ihrer Zauberformel.
Sie ist wieder eingeschlafen. Sie ist der Wahrheit zuvorgekommen und dem Frühstück auch: Sie ist eingeschlafen. Als sie die Augen wieder aufschlägt, erinnert sie sich kaum mehr an ihr nächtliches Erwachen. Da sind nur mehr Schemen der schrecklichen Träume vor ihrem Gesicht, und das Gefühl von lästiger Nässe, das ist geblieben, nicht mehr - oder eher: nicht weniger. Sie hat diese Träume jede Nacht. Sie hat Angst, abends die Augen zuzumachen und sich so gänzlich schutzlos der Dunkelheit zu überlassen. Es ist jetzt beinahe eine Woche her. Natürlich hat sie davor Angst.
Gestern Abend hat sie Ron fast gebeten, bei ihr zu bleiben. In einer Lage wie der Ihren gibt es keine Peinlichkeit – Gibt es denn Liebe?
Sie hat so viel Zeit zu denken. Und das muss sie tun, weil sie sonst wahnsinnig wird.
Sie hat so viel Zeit sich auszumalen, wie seine Lippen schmecken oder wie sich sein Haar anfühlt wenn es nass ist vom Regen.
Es ist zu viel Zeit.
Aber es ist zu wenig, um auch nur im Ansatz zu erfassen, was ihr widerfahren ist.
Hermine denkt an alles. Sie erinnert sich an die Schule, aber sie ist nicht fähig, auch nur einen Bruchteil der Dinge, die sie liest zu behalten. Sie liest alles, was er ihr bringt und sie versteht nicht ein Wort davon. Wie unbekümmert sie sind, wie schrecklich naiv, diese Romanheldinnen, denkt sie, und erschrickt über ihre eigenen Gedanken.
Sie scheint anteilnahmslos, wie sie in dem Bett liegt, das nicht das ihre ist, und stundenlang liest, an die Decke starrt; die Hände um den zitternden Körper geschlungen, was die anderen doch nicht sehen können. Es ist ihre Art, damit fertig zu werden, hört Hermine Mrs. Weasley sagen, ein Stockwerk unter sich, wo sie alle besorgt sind um sie, besonders er; sie kann den Blick seiner traurigen Augen fast durch die Wände spüren.
Aber sie ist es nicht. Ist nicht teilnahmslos. Trotz all der Dinge die sie sich bemüht zu denken, trotz der Bücher und der unzähligen Gedanken, die es gibt, wenn sie alleine ist, ein siebzehnjähriges, hübsches Mädchen ohne die geringste Lebenserfahrung - nun, jetzt hat sie eine. Es ist immer da, in ihr. Das Lauern hinter belanglosen Sätzen, Wörtern, das beständige, unnachgiebige Warten hinter der brüchigen Fassade ihres Seins, lauernd, grausam aufzubrechen um ihr zerfressenes Knochengerüst wegzufegen, einem Kartenhaus gleich - wie sie sich ermüdend wehrt, wie sie doch um sich schlägt, als sie den unauslöschlichen Lebenswillen entdeckt, nach dem Gedanken an den eigenen Tod– es ist fast schlimmer als der Erinnerung und der Zukunft in ihrem Kopf freien Lauf zu lassen.
Wenn sie das tut, es endlich wagt, stehenzubleiben in Gedanken und der Hetzjagd ein Ende macht, dann sieht sie es alles.
Die ganze Nacht ist vor ihren Augen.
Sie steht auf der Treppe.
Sie steht vor der Tür, der offenen Tür.
Und dann sieht sie. Zwei Schemen auf dem Boden, in der Erinnerung grausam und sehnsüchtig verklärt: Hermine sieht ihre Gesichter, jede Einzelheit. Der schmerzverzerrte Mund der Frau, Blut quillt daraus, und zwischen den Falten des schwarzen Umhangs, etwas, von dem sie nicht wissen will, was es ist. Und sein Gesicht, noch im Tod die Hand in den Haaren seiner Frau, der schiere, unvorstellbare, explodierende Schmerz, fast schon Wahnsinn, bis zuletzt der tödliche Fluch kommt und dem Leiden ein Ende bereitet.
Der grüne Blitz ist vor ihren Augen und mit einem Ruck befindet sie sich in der Wirklichkeit, Hermine, was noch von dem vergnügten Mädchen übergeblieben ist.

Sie zittert, natürlich. Flüstert vor sich hin.
Regen ist überall auf ihrer Haut. Sie hat den Regen geliebt, früher. Nun ist er ihr verhasst. Wieso hat sie ihn zu einem Symbol ihres Leids gemacht?
Sie erinnert sich, wieder, ein Sprung in eisiges Wasser. Es hat nicht geregnet am Tag ihrer Flucht, oder doch?
Sie macht den Regen zu einem Kanal um in das vorzudringen, wohin sie sich nie gewagt hat, bisher nicht. Ihre Flucht, die Rettung, Er. Hermine muss es jetzt wissen.
Sie gibt den letzten Schutzwall auf und verlässt ihre Deckung in fiebriger Raserei –
Sie kauert auf der Treppe.
Sie friert. Der Regen prasselt in ihr Haar.
Sie blickt auf. Grauenhafte, unbeschreibliche Angst ergreift Besitz von ihr.
Sie sieht seine Augen.
Sie stirbt.
Endlich.


Hätten wir das auch endlich geschafft... Vielen Dank an Rudolf! Und wir würden uns über Reviews freuen, wollte ich nur noch ganz kurz anmerken... gg