Kapitel 5: Post von Snape und Dumbledore

Harrys Meinung nach zog sich der Tag mal wieder hin, wie ein zähes Kaugummi. Er hatte keine Lust, Draco ein weiteres Mal zu begegnen, weshalb er für den Rest des Tages in seinem Zimmer blieb. Seinen Bauch hatte er sich sowieso genügend mit Süßigkeiten voll gestopft.

Diesen Abend achtete er aber streng darauf, erst mit seinen Schlafsachen bekleidet ins Bett zu gehen. Seine Füße schmerzten von dem Besuch in der Winkelgasse und auf die 30 Galleonen konnte er Draco noch immer am nächsten Tag ansprechen. Und somit begann seine zweite Nacht im Tropfenden Kessel. Jedenfalls konnte er sich darüber freuen, dass die Zeit in der Winkelgasse um einiges schneller zu vergehen begann als der Zeitraum bei den Dursleys. Nicht mal die Hölle konnte schlimmer sein.

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Ebenso gern hätte Harry am nächsten Morgen ausgeschlafen, doch stattdessen wurde er von einem merkwürdigen Geräusch geweckt. Erst zog er dieses dumpfe Klopfen mit in seinen Traum hinein und stellte sich tausende von Snitchen vor, die nacheinander von den Regalen rollten.

Doch wurde ihm irgendwann klar, dass er sich in einem Traum befand. Erschrocken schlug er seine Augen auf und blickte in das bereits vom Sonnenlicht erhellte Zimmer.

Völlig übermüdet, obwohl er schon lange genug geschlafen hatte, rekelte er sich so, dass er die Brille in seine Finger bekam und setzte sie sich auf. Das laute Klopfen war noch immer zu hören. Harry blickte erst zur Tür, doch sah er keinen Schatten unter dem Türschlitz und somit wandte er sich um zum Fenster.

Und tatsächlich saß oder besser hockte die elegante schwarze Eule auf dem Fensterbrett und pickte mit ihrem Schnabel gegen die bereits zerkratzte Glasscheibe.

„Oh Mann…", stöhnte Harry und schob die dünne Bettdecke zur Seite, „Wo kommst du denn schon hier?", er blinzelte gegen das grelle Sonnenlicht an und öffnete das alte Fenster etwas mühselig. Sofort flatterte Fabula hinein, ließ sich auf Harrys Schulter nieder und schmiegte sich mal wieder an dessen Wange.

„Du bist wohl wirklich ein schneller Vogel, hehn?", fragte Harry, auch wenn er wusste, dass er wohl kaum eine Antwort bekommen würde.

Er versuchte Fabula dazu zu bewegen, sich lieber auf seinen Arm zu setzten, was diese auch etwas widerwillig tat. Und plötzlich entdeckte Harry, dass ein Stück gelbliches Pergament an der Kralle des Vogels befestigt war.

„Hast du den Brief etwa noch gar nicht weggebracht?", Harry sah die Eule misstrauisch an, diese begann jedoch nur aufgebracht zu schuhuhen.

„Ist ja gut…ist ja gut…", beruhigte Harry die schwarze Eule und band den Brief vorsichtig ab, der dem Dracos tatsächlich keineswegs ähnelte. Dann griff er in seine Jackentasche, in der sich noch einige süße Leckereien vom vorigen Tag befanden, und streckte Fabula ein Stück Schokolade entgegen. Eigentlich hätte er nicht geglaubt, dass sie so etwas essen würde, hatte sich darin aber anscheinend ziemlich getäuscht. Diese Eule zumindest schien Schokolade zu lieben.

Schließlich ließ Fabula endlich von dem Gryffindor ab und flatterte zurück auf das Fensterbrett, während Harry das Fenster genau deshalb geöffnet ließ. Fabula drehte ihren Kopf und steckte ihn in ihr Federkleid, als ob sie sich vorerst sonnen und etwas ausruhen wollte.

Damit war Harry weitgehend einverstanden, setzte sich unbewusst zurück aufs Bett und entfaltete den Brief. Er entdeckte sofort gewisse Namen wie Draco Malfoy, Professor Snape, Dumbledore und seinen eigenen. Er stoppte das diagonal lesen und begann stattdessen mit der gründlicheren Version.

Harry Potter, Draco Malfoy,

falls Sie ernsthaft glauben, im Tropfenden Kessel sicher zu sein, irren Sie sich gewalttätig. Im Tagesprophet erschien bereits eine Vermisstenanzeige von Draco Malfoy, außerdem hat uns Mister Zabini über Sie informiert, Mister Malfoy. Und auch habe ich durch Mrs. Dursley erfahren, dass Sie, Mister Potter, von zu Hause weggelaufen sind. Ihre derzeitige Situation ist sehr gefährlich. Bitte verhalten Sie sich unauffällig! Morgen wird Professor Snape erscheinen, um Sie beide zurück zum Schloss Hogwarts zu bringen. Dort können sie Ihre restlichen Ferien verbringen und sich bereits auf die Schule einstellen. Weitere Erklärungen werden Ihnen dann gegeben.

Hochachtungsvoll,

Albus Dumbledore

Severus Snape

Harry stöhnte verzweifelt auf und senkte den Brief wieder. Nein, er wollte jetzt nich nach Hogwarts zurück, er wollte seine Ruhe haben, allein sein und vor allem wollte er unter keinen Umständen von Snape geholt werden. Außerdem wollte er den Brief nicht Draco zeigen und nicht mit dem Slytherin reden.

Wieso hatte Tante Petunia Dumbledore überhaupt Bescheid gesagt? Na ja, seit dem sie schon mal Eulenpost bekommen hatte, kam sie Harry sowieso merkwürdig vor.

Und genau dieser fluchte innerlich. Warum konnte er nicht einmal abhauen ohne sofort aufgespürt zu werden?

Am liebsten würde er zum Fenster gehen und sich hinaus stürzen, vielleicht würde er ja dann die gewünschte Ruhe finden, doch verwarf er diesen schrecklichen Gedanke sofort wieder. Von Draco hatte es eine Vermisstenanzeige gegeben? Harry wusste nicht, ob er mehr darüber lachen oder rätseln sollte.

Als nächstes würde also ein weiteres, unvermeidliches Gespräch mit Draco stattfinden, dann würde er endlich seinen beiden besten Freunden schreiben können, obwohl er die beiden eigentlich kaum stören wollte.

Er atmete tief durch, zog sich dann bloß seinen Umhang über sein T-Shirt und die Boxershorts, versuchte möglichst viel zu verstecken und schritt Richtung Tür, öffnete sie, ging den Flur entlang und klopfte an die Dracos Zimmer an.

Zu seiner schlechten Laune hinzu bekam er nicht einmal eine Antwort. Er hob seine zur Faust verformte Hand ein weiteres Ma und schlug noch heftiger gegen das Holz. Mal wieder war er genervt bis zum Umfallen und umfasste schließlich einfach den Türknauf. Vielleicht hatte Draco ja nicht von innen abgeschlossen.

Genau dieser Gedanke wurde bestätigt, als Harry die Tür ohne jegliche Mühe aufschieben konnte.

Das Zimmer schien dunkler als sein eigenes zu sein. Er öffnete die Tür nach und nach ganz und spähte dann vorsichtig ins Innere.

Eigentlich hatte er vorgehabt gleich laut drauf los zu plaudern, doch veranlasste ihn der nächste Anblick zum Gegenteil. Er beließ es beim Schweigen und stand wie angewurzelt in der Tür.

Harry regte sich erst nach einigen Sekunden wieder und schloss die Tür beinahe vorsichtig hinter sich, wobei ihn ein merkwürdiges Gefühl durchfuhr, als er in einem durch eine Gardine abgedunkelten Raum stand und auf einen schlafenden Jungen blickte, selber auch nicht viel mehr anhatte. Harry wusste nicht, ob ihm die Situation peinlich sein sollte, oder ob er schnell wieder wütend spielen und Draco aus dem Schlaf reißen sollte.

Sein Mund schien jedoch wie verschlossen, denn Harry konnte sich selbst zu keinem einzigen Wort bewegen, wusste eigentlich selbst nicht warum.

Draco lag halb zu- halb aufgedeckt in dem schmalen Bett, hatte ein Stück Decke zwischen das linke und rechte Bein geklemmt, so dass Draco freien Blick auf die blasse Haut an Dracos Bein hatte. Die blonden Haare waren völlig zerzaust, während außerdem ein Teil einer schwarzen Boxershorts sichtbar war.

Die kleinen, blonden Härchen an Dracos Körper waren kaum zu sehen und besonders muskulös sah er wirklich nicht aus, aber dennoch ganz speziell auf eine bestimmte art und Weise.

Harry versuchte seinen eigenen Gedankengang zu stoppen, doch schien das aus einem unerfindlichen Grund völlig unmöglich.

Fast wie in Trance bewegte Harry sich vorwärts und legte das Stück Pergament – ohne den Blick von Draco zu lassen – auf dessen Nachtschrank und wollte so schnell wie möglich flüchten, bevor der Blonde aufwachen und einen peinlichen Kommentar abgeben würde.

Er öffnete die Tür leise wieder und dachte die Flucht erfolgreich bestanden zu haben, als ihm jedoch schon etwas laut schuhuhendes entgegen flog und sich erneut auf seiner Schulter niederließ.

Harry hatte völlig vergessen, seine eigene Zimmertür wieder abzuschließen und das Problem schmiegte sich mal wieder an seinen Kopf. Er wollte die Eule schnell wegjagen, wandte sich immer wieder hektisch zu Draco um, welcher jedoch noch immer fest zu schlafen schien.

Vor lauter Mühe, Fabula wegzuscheuchen, fiel Harry auch noch der übergelegte Umhang von den Schultern und gerade als Fabula jedenfalls mit dem Kreischen aufhörte, erlang die altbekannte, slytherinische Stimme hinter ihm und Harry wagte kaum, sich überhaupt umzudrehen.

„Darf ich fragen, was du da machst oder gehört das auch zu deiner berüchtigten Kategorie ‚Kein Plaudern mehr'?"

Harry fluchte, hätte am liebsten brutal gegen die Wand geschlagen, doch drehte er sich mutig um und sah, dass Draco nun die ganze Decke über sich gezogen hatte.

Harry schluckte, wollte zu einer Erklärung ausholen, aber seine Kehle war wie zugeschnürt und somit deutete er nur auf den sich auf Dracos Nachttisch befindenden Brief.

Draco folgte dem Blick des Gryffindors, während er bei dessen Aussehen und Auftreten am liebsten laut aufgelacht hätte, obwohl ihm selbst die ganze Situation nicht mit rechten Dingen vorzugehen schien. Was wollte Harry hier und wieso hatte er ihn nicht geweckt und ihm dann den Brief gegeben.

Harry glaubte, seine Stimme endlich wieder gefunden zu haben und sagte laut, während Draco nach dem vergilbten Pergament griff: „Du schuldest mir 30 Galleonen und dafür ist das hier deine Eule. Das ist alles allein deine Schuld und somit dein Problem. Ich will Hedwig nicht dazu bringen, eifersüchtig zu werden."

„Tz…", machte Draco und zuckte mit den Schultern, entfaltete den Brief und blickte erneut kurz zu Harry auf: „Wer wollte aufgrund dir schon eifersüchtig werden?"

Harry ignorierte Dracos Aussage und brachte die Eule dazu in Dracos Richtung zu fliegen: „Ihr Name ist Fabula und ich will meine 30 Galle-…", weiter kam Harry nicht, da Draco ihm bereits eine Hand voll Geld entgegen streckte.

„Ich weiß zwar nicht, warum das meine Schuld ist, aber hier hast du deine verdammten Galleonen.", sagte er noch.

Harry nahm das Geld dankbar entgegen und beobachtete, wie Fabula wild im Zimmer umher flatterte.

„Und-…", setzte Harry ein weiteres Mal an.

„Kann ich jetzt bitte den Brief lesen?", es war das erste Mal, dass Draco wirklich wie ein Malfoy klang und sichtlich genervt und wütend zu sein schien, als ob er den Inhalt des Briefes bereits voraus ahnen könnte.

Ruhe kehrte ein und eine angespannte Stille füllte den Raum. Als Harry sein Umhang wieder einfiel, hob er ihn schnell auf und zog ihn sich über, während Fabula es sich nun auf dem Schrank bequem gemacht hatte.

Dracos Augen flogen wieder und wieder über das Pergament, bis er es endlich langsam zur Seite legte und dabei etwas von: „Mistkerl…", murmelte.

„Wer?", fragte Harry irritiert, obwohl es ihn eigentlich nichts anging.

„Allesamt.", war Dracos knappe Antwort, bevor er sich ganz aus dem Bett erhob und den Vorhang aufschob, sich mit seinen schlangen Armen auf der Fensterbank abstützte und hinauszusehen begann.

Es war reine Provokation, dachte Harry, als er die Konturen Dracos Körper mit seinen Augen nachfuhr.

Harry hatte zwar schon viele Mädchen geküsst, war sich aber dennoch ständig darüber im Klaren gewesen, dass die meisten Jungs einfach attraktiver und vor allem anziehender auf ihn wirkten.

Natürlich wusste niemand davon. Warum sollte Harry es auch unnötig herumerzählen. Vielleicht war all das ja auch nur eine hormonelle, pubertäre Phase, die sich irgendwann wieder legen würde.

Aber so sehr er Draco auch verachtete, sprach dessen Aussehen für das Gegenteil.

Irgendwann wurde er von einem Flattergeräusch brutal aus den Gedanken gerissen. Er sah Fabula an sich vorbei ziehen und beobachtete, wie der schwarze Vogel dieses Mal auf Dracos Schulter landete, als hätte sie sich doch ihrem ‚Schicksal' gefügt.

Vielleicht auch mehr als das, als Harry sah, wie sie sich an Dracos Kopf kuschelte und dieser nicht einmal die kleinste Abwehr probierte.

Dieses Bild war nahezu perfekt und für einen langen Moment vergaß Harry mit wem er es eigentlich zu tun hatte und dass er den vor sich stehenden Jungen lieber hassen sollte, immer tat der genau das auch mit ihm.

„Ich sollte wieder gehen.", rutschte es nach weiteren schweigsamen Sekunden aus ihm heraus.

Harry ging bereits einige Schritte rückwärts, rechnete mit jeglicher Antwort, jedoch nicht mit der, die Draco ihm gab.

„Ja, das solltest du besser…"

Harrys Augen weiteten sich ungläubig? Wie viele Persönlichkeiten besaß der Junge vor ihm eigentlich?

Er wartete noch einen Augenblick, bevor er sich tatsächlich umdrehte, die Tür öffnete und den Raum mit einem bizarren Gefühl wieder verließ.

TBC

A/N: Nicht sehr lang, aber ich hab' grad echt keine Zeit mehr. Wie fandet ihrs? Meldet euch mal! Danke!