Kapitel 8: Gestern ist Vergangenheit

A/N: Ja, ja…da bin ich wieder. #gähn# Ich muss sagen, dass der Revier-Ansturm bei Moonlight mir besser gefallen hat #lach# Na ja, schade eigentlich, aber das Schreiben und Leben geht weiter.

An Gugi: Du hast mich nun mal sehr enttäuscht und auch traurig gemacht. Ich habe mich gefühlt, als ob dir alles egal wäre. Mein urlaub, meine Geschichte, meine Dinge. Ich musste immer nur dir zuhören und so etwas kann schwierig werden, dadurch habe ich selbst mal eine Freundin verloren, weil ich da so wie du jetzt bist war. Und ich weiß auch nicht, was Robert mit der Sache zu tun hat? Na ja, ich hoffe du liest die Story weiter. Dein Phoenix -.-

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Harry konnte mit weit aufgerissenen Augen dennoch nicht glauben, in welchem Zustand Draco sich befand. Wie war es nur dazu gekommen? Draco hatte sich wahrscheinlich genau deswegen verstecken wollen und Harry war auf die bescheuerte Idee gekommen, sich an Draco zu drängen und die Situation völlig zu vergessen. Es war seine Schuld, dass Draco anscheinend gepeinigt worden war. Er selbst hatte den Slytherin allein gelassen, allein in einem ihm fremden Muggelkaufhaus.

Doch gleichzeitig wusste Harry, dass es ihm eigentlich gleichgültig sein musste, dass er sich mindestens darüber freuen sollte, dass sein ebenbürtiger Erzfeind solch Qualen durchlitten hatte. Erklären konnte er sich diese bizarre Feststellung nicht, doch wollte er auch vorerst nicht darüber nachdenken.

Als er sich wieder aus dem Sumpf von Sorgen befreite und sich umblickte, bemerkte er, dass er Snape schon eine ganze Weile gefolgt zu sein schien ohne es selbst zu merken. Sie waren anscheinend auf dem Weg zurück zum Tropfenden Kessel und Snape hatte Draco hochgehoben und trug ihn nun quer durch die Straßen. Es sah vollkommen lächerlich aus, doch so sehr Harry auch hätte lachen wollen, rang kein Laut aus seiner Kehle.

Nach weiteren Metern kamen sie endlich an dem gewünschten Ort an. Snape verschwand jedoch nicht hinter der Eingangstür, sondern in einer der vielen Seitengassen, die es in der Winkelgasse so gab. Harry folgte dem Professor wortlos, entdeckte schließlich das Ziel ihrer Suche, als ein auffälliger Kelch hinter den Treppen einer Seitentür hervor lugte.

Snape schritt auf genau diesen zu und warf Harry einen ausreichenden Blick zu. Harry streckte seine Hand nach dem Kelch aus, beobachtete gleichzeitig, wie Snape Dracos Hand in die seine nahm und ebenfalls in Richtung goldenes Gefäß hielt.

„Ich zähle bis drei, dann fassen Sie gefälligst zu!", schnauzte Snape und blickte Harry dabei finster an. Dieser gab nur ein Nicken zurück und wartete auf die gesprochenen Zahlen.

„Eins…zwei…", Snape hielt kurz inne, „…drei!"

Und somit legte Harry seine Hand ruckartig auf den Portschlüssel, wurde sofort in einen nebligen Schleier aus Farben und Staub gewirbelt und bekam erst nach wenigen Sekunden und einem brummenden Schädel wieder einen klaren Blick.

Sie befanden sich direkt in Dumbledores Büro und der Schulleiter wirkte durchaus besorgt. Doch dies war kein Ausdruck dafür, wie er reagierte, als er den bewusstlosen Slytherin erblickte.

„Bei Merlin…", sein Mund stand leicht offen, „…was ist passiert?"

„Das können Sie Potter fragen.", gab Snape eine an Harry strafend gerichtete Antwort.

Harry blickte Snape daraufhin bitter an und beobachtete dann, wie Snape Draco behutsam auf einem der roten Sessel nieder ließ.

Dumbledore tauschte einen fragenden Blick mit Harry, schwieg jedoch vorerst und stand mühselig auf. Zum ersten Mal erkannte Harry, dass Dumbledore wirklich alt geworden war.

Der Schulleiter trat zu Draco herüber und beugte sich über den Blonden.

„Wer hat ihn nur so zugerichtet?", murmelte er nachdenklich in seine Bart und legte dabei vorsichtig seine flache Hand auf Dracos verletzte, blut verschmierte Stirn.

Es schien, als ob Dumbledore nicht wirklich eine Antwort erwartete und somit bekam er auch keine. Harry hatte ja selbst keine Ahnung von dem, was passiert war. Snape stand noch immer missmutig dreinblickend in der hinteren Ecke des Büros und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über sein spitzes Kinn.

„Er wird Schlaf brauchen. Wir werden ihn in den Krankenflügel bringen müssen.", murmelte Dumbledore weiter, hob seien Hand, schwang sie einmal durch die Luft und bewirkte somit eine unsichtbare Trage, auf der Draco nahezu zu schweben schien.

„Aber Pomfrey ist nicht da.", erwiderte Snape grimmig.

Dumbledore sah über seien Halbmondgläser hinweg und betrachtete Snape eindringlich: „Dann werden wir uns wohl darum kümmern müssen.", beendete er Snapes wahrscheinlichen Gedankengang, ließ die Bürotür aufgehen und trat mit Draco zu seiner Rechten aus dem kleinen Stübchen heraus.

Harry empfing noch einen kalten Blick des Zaubertränkelehrers, bevor er dem Schulleiter samt Draco wortlos in Richtung des Krankenflügels folgte. Der Weg kam ihm wie etliche Meilen lang vor, doch erreichten sie den Krankenflügel denn noch ziemlich schnell.

Dumbledore steuerte mit Draco neben sich auf eines der Betten nahe dem Gang und sich direkt unter einem der riesigen Fenster befindend zu und ließ Draco magisch auf dieses sinken.

Snape blieb im Türrahmen stehen und schien das Geschehen schweigend zu beobachten. Doch an seiner Miene erkannte man beinahe jeden Gedanken und gleichzeitig den lodernden Hass auf Harry.

„Wir werden ihn auch noch morgen befragen können, Severus.", sprach Dumbledore ins stille Zimmer, als hätte er Snapes Gedanken soeben gelesen.

„Wo soll ich überhaupt hin?", fragte Harry nach einer Weile nachdenklich, „Und meine Sachen und die von Malfoy haben wir auch nicht mitgenommen."

„Derzeitig gibt es weitaus Wichtigeres, Potter.", antwortete Snape dumpf.

Dumbledore ignorierte diesen Kommentar und lächelte Harry müde an: „Du wirst wie üblich im Gryffindorturm schlafen. Deine persönlichen Dinge werden morgen von Severus geholt und Draco kannst du noch immer morgen besuchen."

„Wer sagt, dass Draco Potter sehen will?", schnauzte Snape.

„Wer sagt, dass ich Malfoy sehen will?", konterte Harry und blickte Snape wütend an.

Dumbledore hob seine Hände ein weiteres Mal, ließ die Vorhänge sich wie von einem Windzug zu ziehen und bedeutete Harry und Snape dann an, den Raum zu verlassen.

Beide fügten sich, gingen noch gemeinsam Richtung Treppen, doch schon dort teilten sich ihre Wege. Snape ging Richtung Kerker, während Harry die erste Stufe der Treppe betrat, die in den dritten Stock zum Gryffindorturm führte.

„Wir werden morgen alles besprechen, Harry. Mach dir keine Sorgen. Euer Passwort für die Fette Dame ist übrigens Löwenmähne."

Nur Dumbledore konnte auf solch ein dämliches Geheimwort kommen, aber dagegen konnte Harry nun auch nichts mehr tun. Er nickte schwächlich als Antwort und trottete weiter die Treppen empor.

Bei der Fetten Dame angekommen, sagte er das Passwort deutlich, ließ das Portrait zur Seite schwingen und trat schließlich ein.

Der Gemeinschaftsraum war leer und einsam.

Die Sonne schien grell zwischen den Vorhängen hindurch und blendete Harry schon fast.

Irgendetwas war anders, das ganze Jahr würde womöglich anders werden und es würde das letzte sein, das allerletzte Jahr auf Hogwarts.

Harry fühlte sich wie in Trance, von allen allein gelassen, nicht einmal Fabula war da und aus einem unerfindlichen Grund hatte er nicht einmal Lust Hermine und Ron einen Brief zu schreiben.

Der Gryffindor steuerte auf die purpurne Couch zu und ließ sich schlaff fallen. Im Sommer brannte kein Feuer im Kamin und somit war weder ein Lodern der Flammen noch leises Knistern des verbrennenden Feuers zu hören. Es war vollkommen leer und roch nach Leere, absoluter Verlassenheit.

Harry hatte nicht einmal die geringste Ahnung, was er nach Hogwarts machen sollte. Er wollte zwar ein Animagus werden, doch würde dies nie sein Verlangen stillen. Er würde immer mehr Ehrgeiz und Befriedigung suchen wollen.

Zudem waren da noch die Ungewissheit über seine überhaupt existierende Zukunft und dem damit zusammen hängenden Voldemort.

Und dann dieser Sommer, in dem die Dursleys ihn endlich rausgeschmissen hatten und auch die Sache mit Draco war ziemlich kompliziert.

Der Slytherin hatte sich zwar vollkommen verändert, doch war er Harry dadurch gleichzeitig etwas unheimlich vorgekommen und der Vorfall in der Kabine so wie Dracos jetziger Zustand waren auch nicht zu vergessen.

Wie sollte Harry sein Leben nur jemals auf die Reihe kriegen. Dieses Jahr freute er sich nicht einmal so sehr auf Hermine und Ron. Nicht so, wie er es sonst getan hatte. Sie würde wahrscheinlich endlich zu einem Paar geworden sein, die ständig turteln, sich triezen, sich küssen, miteinander kuscheln und auch sonst all die Dinge tun, von denen Harry keine Ahnung hatte.

Er hatte schon einige Mädchen geküsst, obwohl er Jungen seit Langem bevorzugte, sich dies aber lange Zeit nicht hatte eingestehen wollen. Doch es war nie mehr als eine Beschäftigung, eine Mitläuferei gewesen. Niemals hatte er das Gefühl reiner Geborgenheit, Vertrauen, Liebe und die dazugehörigen Dinge gespürt.

Seine Eltern hatten ihm dies nicht geben können, auch wenn er sie noch immer in seinem Herzen spürte, Sirius war zu früh gegangen und auch sonst fühlte Harry sich fehl am Platz, fehlgeschlagen als die Person, die er sein sollte und musste.

Plötzlich fiel ihm auf, dass er Dracos ausgesuchte Kleidung, die mittlerweile jedoch Blut verschmiert war, bei Dumbledore vergessen hatte. Irgendein inneres Verlangen drängte ihn dazu, sich diese zu holen, anzusehen und zu berühren, doch warf er dieses Gefühl beiseite und starrte weiterhin in den leeren Kamin.

Er wusste nicht, wie lange er noch da saß, doch nach etlichen Stunden, schien ihn der Schlaf endlich gefunden und in einen tiefen Schlag gerissen zu haben.

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Mit Schmerzen an jeglichen Körperteilen, einem pochenden Kopf, Schwindelgefühl und Übelkeit erwachte Draco am nächsten Morgen.

Zunächst begriff er nicht, wo er sich befand, doch als ihm der übliche Geruch von Arzneien in die Nase stieg und er die anderen Betten erkannte, machte sich Realisierung und Klarheit in seinem dröhnenden Kopf breit.

War er etwa tatsächlich ohnmächtig gewesen. Mit einem gequälten Aufstöhnen erinnerte er sich zurück an Mike Redger, dessen Drohung und deren Bedeutung. Er wusste nicht, wie er wirklich zum Krankenflügel gekommen war, doch merkte er, dass Harry überhaupt nicht anwesend war.

Ob er darüber froh oder enttäuscht sein sollte, wusste er selbst nicht. Die Schmerzen waren zu stark, als dass er weiter hätte darüber nachdenken können.

Die morgendliche Sonne schimmerte hinter den Vorhängen hervor und Draco wünschte sich nichts lieber als eine wieder kehrende Nacht verbunden mit finsterer Dunkelheit.

Mühselig versuchte er sich aufzurichten, wollte zur Toilette, doch ließen das Hämmern in seinem Kopf und das Brennen in seinen Gliedern dies nicht zu. Völlig erschöpft viel er zurück ins Laken und stöhnte genervt und verzweifelt zugleich auf.

Als er eigentlich einen neuen Versuch starten wollte, sprang bereits die Tür auf und zu seiner Erleichterung trat bloß Snape in das Krankenzimmer, lächelte gezwungen und schritt langsam in Dracos Richtung, während er drei verschiedene Gläschen, die Reagenzgläsern ähnelten, und eine Art Verband in den Händen hielt.

„Du bist also wieder wach.", war Snapes morsche Begrüßung, anders kannte Draco ihn eigentlich auch nicht.

„Dir auch einen wunderschönen guten Morgen.", erwiderte Draco und kniff seine Augen zusammen, als er auch das Brennen auf seiner Oberlippe spürte.

„Albus wird nachher kommen und dich zu gestern befragen. Ich habe nicht viel Zeit, Draco. Falls Potter an diesem Schlamassel Schuld ist, werde ich ihm eigenhändig einen Todestrank untermischen.", fauchte Snape und zog seinen Umhang fester, als ob er seien Wut anderweitig nicht bändigen könnte.

Draco wog die beiden Möglichkeiten ab, Harry entweder anzupreisen oder aber darauf zu verzichten und vorerst nichts weiter zu erklären und zu beantworten. Doch warum auch immer, entschied er sich fürs Erstere.

Vielleicht lag es an seiner Wut aufgrund des Vorfalles in der Kabine, aufgrund dessen, dass Harry ihn mit Mike allein gelassen hatte. Vielleicht lag es daran, dass er die Freundschaft zu Harry, oder zumindest den versuch eine aufzubauen, endgültig aufgegeben hatte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass er Abstand zu Harry brauchte. Er wollte ihn keineswegs in Mikes Hände locken, auch wenn er sich das zuvor oft genug gewünscht hatte.

Entweder hatten die vielen Schläge auch sein Schädel beeinträchtigt oder Draco war derzeitig einfach nicht in der Lage klare Gedanken zu fassen. Jedenfalls wusste er nicht mehr, ob er sich Harry lieber tot oder lebendig wünschte, wusste nicht, wie er mit der neuen Situation umgehen, was er wirklich von Harry halten und wie er auf Mikes Drohung reagieren sollte.

„Draco?", hakte Snape leicht ungeduldig nach, während er einige der mitgebrachten Gegenstände auf dem Nachtschrank abstellte.

„Potter hat mitunter Schuld.", entschied Draco sich für eine helfende Antwort, spielte kurz mit dem Gedanken, ob lieber Snape Harry mit sanfteren Mitteln oder Mike geschweige denn Voldemort Harry qualvoll töten sollten. Er selbst wollte jedenfalls nicht sterben.

„Hab' ich's mir doch…ich werde ihn…", Snape ballte seine blassen Hände zu Fäusten, „…dieser Bastard, dieser verfluchte Nichtsnutz…"

„Sev?", unterbrach Draco Snape vorsichtig, ignorierte seine Schmerzen vorübergehend, „Es ist ja nicht so, dass er mir all das zugefügt hat.", viel mehr die inneren Leiden fügte er gedanklich hinzu.

Snape erwiderte nichts, doch sah man ihm an, dass er mit Hass- und Mordgedanken spielte.

„Ich dachte, du hättest keine Zeit?", fragte Draco weiter, wollte seinen engsten Vertrauten irgendwie beruhigen.

„Nimm diese Getränke und zwar sofort!", befahl Snape, schien sich wirklich zusammenreißen zu müssen. Er reichte Draco erst einen, dann den zweiten und schließlich den letzten der gebrauten Tränke.

Bei jedem Schluck wurde die Übelkeit in Draco schlimmer, doch wollte er nicht feige wirken und schluckte die farbigen Tränke somit mutig herunter.

Kaum hatte er dies getan, drückte Snape die Bettdecke zur Seite und krempelte Dracos Pullover bis zum Ansatz des Halses hoch. In der noch freien Hand hielt Snape derweil den mitgebrachten, braunen Verband.

Draco wollte sich wehren, wollte nicht, dass jemand ihn so sah, nicht einmal Snape. Doch stattdessen benahm er sich wie ein kleines Kind, schloss einfach die Augen und hoffte somit nicht entdeckt zu werden. Er wünschte sich nur, dass Snape nichts sagen, der Moment schnell vorüber sein würde.

Doch Snape verharrte in seinen Bewegungen. Von Dracos Hosenbund bis hinauf zum Schlüsselbein zogen sich faustgroße Blutergüsse, die in von violett bis dunkelgrün schimmerten. Einschnitte, Wunden, getrocknetes Blut bedeckten die blasse Haut und unzählige von Narben fanden sich an dem jungen Oberkörper wieder. Narben, die nicht mal ansatzweise von dem Tag zuvor stammen konnten. Diese Wunden mussten viel älter sein.

Unbewusst fuhr Snape eine der länglichen Narben entlang, schien eine Weile wie versteinert, bevor Draco sich unter ihm wandte, die Augen fester zusammen kniff.

„Draco…wer hat dir so etwas bloß angetan?", es war das erste Mal, dass mehr als bloß Höflichkeit in Snapes Stimme mitschwang. Snape schien sich wirklich ehrliche Sorgen zu machen.

Als keine Antwort aus dem Mund des Slytherins kam, zog Snape seinen Finger zurück und murmelte ein leises: „Das hier wird nicht reichen.", damit hatte er wohl den Verband gemeint, „Ich werde dir einige Salben zusammen stellen, aber vorerst sollte es den Schmerz etwas lindern."

Draco war froh, dass Snape nicht weiter nachfragte, dass er Draco so akzeptierte, wie er war. Snape schob Dracos Pullover ein weiteres Mal etwas hoch, da er bereits etwas zurück gerutscht war, und begann den Verband auszurollen, ihn vorsichtig um Dracos Oberkörper zu binden, weshalb Draco sich bei jeder Umrundung leicht aufrichtete.

Kräutergeruch bahnte sich den Weg in Dracos Nase, während der Inhalt des Verbandes sofort mit der Kühlung begann und Draco sich nach und nach mehr entspannen konnte.

Nach nur wenigen Minuten war Snape fertig, zog den Pullover Dracos wieder herunter, schob die Decke zurück in ihre richtige, wärmende Position und richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf.

„Ich werde nachher noch einmal wieder kommen.", erklärte Snape knapp, wartete darauf, dass Draco seine Augen wieder öffnete, doch tat er dies nicht.

Schließlich wandte der Professor sich um und verschwand zurück in Richtung Tür, hielt jedoch inne, als er Dracos Stimme hinter sich hörte.

„Sev?", fragte dieser vorsichtig.

Snape neigte bloß seinen Kopf zur Seite, um das Zuhören anzudeuten, sah Draco aber nicht direkt an.

„Sag's keinem weiter…bitte.", es war mehr ein Flehen als bloß eine Bitte. Snape zögerte einen Moment, dachte wohl an seine Berufung und seine Pflicht, eh er antwortete: „Das wirst du schon selbst tun müssen.", mit diesen Worten verließ er den Krankenflügel endgültig, stieß jedoch sofort gegen jemand anderen.

Jemanden, der eine drahtige Brille auf der Nase trug und verschlafen zu Snape aufblickte.

„Lässt sich der Herr auch noch blicken?", Snape zog einen Mundwinkel hoch und blickte kurz an Harry vorbei in den abgedunkelten Korridor.

„Ich wüsste nicht, was Sie das angeht, Sir!", wehrte Harry ab und wollte weiter schreiten, wurde jedoch von einem kräftigen Handdruck zurück gehalten.

„Was?", zischte Harry genervt.

„Er will Sie nicht sehen.", antwortete Snape mit einem bedrohlichen Zittern in der Stimme.

„Und das wollen ausgerechnet Sie wissen? Tz…", Harry lachte sarkastisch auf, wollte erneut weitergehen, schaffte es jedoch noch immer nicht an seinem Zaubertränkelehrer vorbei.

„Ich sagte", wiederholte Snape sich noch strenger und zorniger, „dass er Sie nicht sehen will…Potter.", Harrys Nachnamen spuckte er geradezu aus, als wäre es eine Krankheit.

Ein haftender Blick klebte zwischen Harry und Snape, keiner wagte wegzusehen. Ein anderer jedoch schien das sich abspielende Desaster mitbekommen zu haben und rief nun aus dem Krankenzimmer hinaus: „Lass ihn ruhig reinkommen!"

Snape zog seine Hand zurück, sah missmutig zu Harry hinab, während eben dieser ein kurzes, überlegendes Grinsen auflegte.

Schließlich startete der Gryffindor seinen dritten Versuch und schaffte es endlich an dem dunkelhaarigen Mann vorbei in den Krankenflügel.

Erneut erschrak Harry innerlich bei Dracos Anblick, ließ sich jedoch nichts anmerken, sondern trat mutig auf den Slytherin zu. Er wollte nicht über den Vorfall in der Umkleidekabine sprechen noch darüber nachdenken. Er wollte nicht hinterfragen, warum Draco sich so ungemein verändert hatte und er wollte schon gar nicht darüber grübeln, warum er in diesem Moment überhaupt tat, was er tat. Er besuchte seinen Erzfeind, stattete ihm einen Krankenbesuch ab.

Etwa einen halben Meter von Dracos bett entfernt, blieb er stehen, schob sich unsicher die Brille gerade und räusperte sich laut, brachte aber dennoch kein Wort hervor.

Draco musterte Harry skeptisch, wartete auf irgendetwas, auf eine Einleitung zu einer ausführlichen Diskussion über den Vorfall gestern, doch stattdessen trat Harry einen weiteren Schritt näher und fragte vorsichtig: „Wie geht's dir heute?"

Was für eine bescheuerte Frage. Wonach sah es denn aus? Draco blieb bei dieser Auffassung und zuckte deshalb nur kurz mit den Schultern.

„Ich…ich...ähm…ich habe gestern auf dich gewartet. Du kamst nicht…dann war Snape plötzlich da…", stammelte Harry, verstand nicht, warum er sich so unglaublich unsicher fühlte.

Draco sah Harry ein letztes Mal intensiv an, bevor er den Blick abwandte und unverwandt geradeaus starrte.

„Ich wollte nicht, dass so etwas passiert…ich wünschte…ich wäre da geblieben.", Harry wollte eine Antwort, nur ein einziges Wort, doch kam nichts und das verletzte ihn. Warum auch immer.

Doch wurde Draco plötzlich ein weiteres Mal von der Wut gepackt und eh er darüber nachdachte oder seine Worte ordnete, erwiderte er schroff und ziemlich laut: „Du wärst lieber geblieben, hehn? Welcher verdammte Idiot soll dir das glauben? Potter du bist lächerlich!", er lachte leer auf, während Harry ihn ungläubig und etwas fraglich betrachtete.

„Wenn du lieber geblieben wärst, hättest du mich nicht allein gelassen. Du wusstest ganz genau, dass ich mich versteckt habe! Du bist ein elendiger Lügner!"

„Und du ein verdammter Ignorant!", schimpfte Harry zurück, „Ich konnte ja nicht wissen, wovor du dich versteckst, außerdem…artete alles…in eine ganz andere Richtung aus."

„Ich hätte dir einen geblasen, na und?", gab Draco nüchtern zurück.

Harry blieb der Atem zusammen mit jedem Buchstaben in der Kehle stecken. Wie konnte Draco diese Situation nur so locker nehmen, so einfach darüber reden? Sie hatten sich mit dem Vorfall beide blamiert, sich gezeigt, dass sie auch auf Männer standen, dass sie sich sogar miteinander vergnügen würden. Harry wurde übel. Den letzten Gedanken sortierte er vorerst richtig. Es war nur in der Kabine der Fall gewesen. Sonst würde er nie so etwas mit Draco tun wollen. Nicht einmal in seinen schlimmsten Träumen.

„Malfoy, ich…ich hasse dich!", schrie Harry noch hysterisch, bevor er sich umwandte und in möglichst schnellen Schritten aus dem Zimmer hastete.

Er hätte nicht kommen sollen, hätte sich keine Sorgen machen brauchen. Draco war und würde sein Feind bleiben.

TBC…