Kapitel Eins

Erinnerungen

Die ganze Halle ist gefüllt mit lachenden und tanzenden Schülern, die alle keine Sorgen zu haben scheinen und sich einfach nur wohl fühlen. Doch nicht alle sind so glücklich. Nicht alle sind auf der Tanzfläche und lassen es sich gut gehen. Am Rand ganz für sich allein sitzt Ginny Weasley. All ihre Freunde vergnügen sich beim tanzen, doch sie will allein bleiben. Betrübt sieht sie den anderen dabei zu wie sie lachen, wie sie vor Freude quietschen, den Abend einfach nur genießen. Dabei schweifen ihre Gedanken ab, zum letzten Tanzabend, vor einem Jahr. Seit dem hat sich so viel verändert in ihrem Leben, nichts ist mehr wie es vorher war.


Vergangenes Jahr war sie ebenfalls unheimlich gespannt auf den Abend gewesen, hatte sich voll Vorfreude schön gemacht, und an diesem Abend sah sie auch unbestreitbar gut aus. Sämtliche Jungs drehten sich bewundernd nach ihr um, auch viele Mädchen warfen ihr neidische Blicke zu. Okay, vielleicht war das nicht nur darauf zurückzuführen, dass sie so umwerfend aussah. Vielleicht lag das auch einfach an ihrer Begleitung. Denn sie ging mit keinem geringerem als Harry Potter persönlich zum Ball.

Doch kaum hatten sie die Halle betreten und sich einen Platz gesichert, fing Harry an sich mit seinen beiden Freunden Hermine Granger und Ron Weasley, Ginnys Bruder, zu unterhalten. Enttäuscht bestellte sie sich etwas zu essen um sich erst einmal abzulenken, doch nach einiger Zeit wurde auch das langweilig und während sie die anderen Schüler beim Tanzen beobachtete, keimte in ihr der Wunsch ebenfalls zu tanzen. Doch mit wem? Mit Harry bestimmt nicht, er war zwar ein äußerst netter Kerl (wenn er sie denn mal beachtete), aber erstens war er einfach ein grauenvoller Tänzer und zweitens er war nicht loszueisen von seinen beiden Freunden. Da müsste schon ein Wunder geschehen, dass er sich von ihnen trennte.

Und dann sah sie ihn. Wie er gelangweilt bei seinen Freunden rumhing. Heute weiß sie nicht mehr welcher Teufel sie geritten hat als sie ihn fragte und wo sie überhaupt den Mut hernahm ihn anzusprechen. Und noch überraschender war allerdings die Tatsache, dass er einwilligte mit ihr zu tanzen. Einige der Umstehenden beobachteten mit Entsetzen wie sie langsam auf die Tanzfläche zu gingen. »Was hat Malfoy denn nun schon wieder ausgeheckt?« »Was macht Malfoy denn da mit Weasley?« »Malfoy und Weasley? Die hassen sich doch wie die Pest...«

Nun, sie hassten sich wie die Pest, das stimmt, aber dennoch, beide wollten tanzen und keiner ihrer Freunde schien dazu geeignet zu sein (nicht, dass keiner von beiden von anderen aufgefordert worden war, dennoch verspürten sie keine große Lust auch nur mit einem von diesen zu tanzen), ein weiterer Grund könnte sein, dass beide nun doch etwas angetrunken waren. Während des ersten Tanzes sprach keiner von beiden auch nur ein Wort. Sie genossen es einfach sich zum Takt der Musik zu bewegen und beobachteten dabei den anderen, nahmen ihn besser in Augenschein. Keiner kannte den anderen wirklich. Und wirklich angesehen hatten sie sich auch noch nicht. Ginny musste zugeben, dass sie es bereute. Er sah wirklich gut aus, seine edle helle Haut harmonierte perfekt mit seinem schwarzen Umhang, seine eisgrauen Augen faszinierten und fesselten sie. Seine schlanke Figur trug nur dazu bei, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte, erinnerte sie sie doch ein bisschen an Harry, doch an den wollte sie im Moment gar nicht denken.

I've never seen you looking so lovely as you did tonight
I've never seen you shine so bright
I've never seen so many men ask you if you wanted to dance
They're looking for a little romance
Given half a chance
And I've never seen that dress you're wearing
Or that highlights in your hair
That catch your eyes
I have been blind

Auch er begutachtete sie. Sie war über die Jahre von dem hässlichen, kleinsten Spross der Weasleys zu einer jungen hübschen Frau herangewachsen. Und dazu konnte sie auch noch vorzüglich tanzen. Sie fühlte sich wunderbar in seinen Armen an. Er zog sie sachte etwas näher an sich heran.

The lady in red is dancing with me
Cheek to cheek
There's nobody here
It's just you and me
It's where I wanna be
But I hardly know this beauty by my side
I'll never forget the way you look tonight

Sie fühlte sich geborgen in seinen Armen, auch wenn er ihr größter Feind war, normalerweise. Entspannt lehnte sie ihren Kopf an seine Brust. Sie versanken in dieser kleinen Welt. Die Schüler um sie herum nahmen sie kaum noch wahr, es gab nur noch ihn und sie. Sie bemerkten nicht einmal, dass das Lied zu Ende war. Sie tanzten einfach weiter während die Musiker zum nächsten Lied ansetzten. Doch nach einiger Zeit schob er sie sanft ein wenig von sich, so dass er ihr ins Gesicht sehen konnte. „Was hältst du davon, wenn wir kurz nach draußen gehen? Etwas frische Luft schnappen..." Noch benommen vom Tanzen antwortete sie ihm mit leiser Stimme: „Ja, warum nicht...."

Draußen war es um einiges kühler als in der überfüllten Halle. Langsam und schweigend spazierten sie zum See. Ihr fiel nichts intelligentes ein, worüber sie sprechen könnten. Sogar Draco sagte nichts.

Doch kaum waren sie am See angekommen, hörten sie schon ein Brüllen hinter sich: "Uah, Malfoy! Lass gefälligst die Finger von meiner Schwester." Wutentbrannt stürzte sich Ron auf Draco. „Hey, hey, hey, ich hab ihr doch gar nichts getan." „Das sehe ich aber anders. Lass sie einfach in Ruhe und scher dich zum Teufel, Malfoy. Was fällt dir eigentlich ein, einfach mit ihr zu tanzen? Hast du sie noch alle? Ich hab dir schon mal gesagt, du sollst die Finger von ihr lassen." „Hey, Ron komm zur Vernunft. Er hat mir wirklich nichts angetan. Außerdem habe ich ihn zum tanzen aufgefordert..." Doch weiter kam Ginny nicht, sofort schnitt ihr Ron außer sich, dass sie Draco auch noch verteidigte, das Wort ab: „Halt dich da raus, dass ist Männersache." Und ohne Vorwarnung boxte er Draco mitten ins Gesicht. Überrascht von dieser Attacke und der Kraft mit der sie ausgeführt wurde, torkelte Draco zurück und stolperte dabei über einen Stein, um sich kurz darauf auf dem Boden liegend mit blutender Nase wieder zu finden. Benommen versuchte er sich aufzurichten, während Ginny nun ebenfalls außer sich vor Wut, allerdings aus anderen Gründen als ihr Bruder, schrie: „Ron, du dämlicher Idiot. Sag mal, spinnst du?? Das ist mein Leben und ich kann verdammt noch mal tanzen mit wem ich will, ohne dass du dann gleich versuchst die jeweiligen Tanzpartner k.o. zu schlagen. Nur weil du ihn nicht magst ..." „Nein, nicht nur, weil ich ihn nicht mag. Keiner kann ihn leiden. Er benutzt dich nur. Er macht sich doch nur über dich lustig. Eigentlich kann er dich doch gar nicht leiden. Du weißt doch wie er sich immer über mich lustig macht, und nicht nur über mich, auch über dich und überhaupt unsere ganze Familie. Er spielt nur mit dir. Oder er hat irgendwas genommen und dich verwechselt mit irgendwem. Keine Ahnung. Aber ich lasse nicht zu, dass du auf so etwas wie ihn hereinfällst ..." „Verdammt Ron, ich bin alt genug selbst zu wissen was ich tue und was nicht, was für mich richtig ist und was nicht. Lass mich doch mein Leben selbst leben. Und jetzt geh wieder zurück und lass mich gefälligst in Ruhe."