What a life! (Was für ein Leben!)

Ich werde jetzt etwas über mich erzählen. Meine Familie stammt aus Schottland und lebt zum Großteil immer noch dort. Ich wurde erzogen, wie eine schottische Lady, mit dem Unterschied, dass der Aspekt „Lady"außer Acht gelassen wurde. Ich wurde eigentlich zu einer Streberin erzogen. Eine Streberin ohne wenn und aber.
Aber mein Leben veränderte sich... Irgendwann. Und dann irgendwann noch mal.
So hatte mein Leben drei Abschnitte. Und wie immer, fing es mit dem ersten Abschnitt an!
Meiner Schulzeit. Denn ich hatte nie eine wirkliche Kindheit, oder eine Zeit vor der Schule. Ich wurde in die Schule hineingeboren.

Oder zumindest scheint es mir so...

Wie an jedem Tag saß ich beim Frühstück in der großen Halle. Wie jeden Tag aß ich mein Vollkorbrot mit Gemüseaufstrich. Wie jeden Tag hatte ich meine Haare zu einem festen Pferdeschwanz gebunden und meine Brille auf der Nase.
Das waren jetzt alles eigene Kapitel!
Die große Halle ist wunderschön, groß, nicht zu protzig, außer an den Feiertagen.
Feiertage. Noch so ein eigenes Kapitel!
Aber die große Halle hatte ihren Reiz verloren. Immerhin saß ich jetzt schon fünf Jahre lang jeden Tag während der Schulzeit dreimal täglich in dieser Halle. Jedes Mal auf demselben Platz: Am Ende des Tisches, dort wo keiner hin wollte, aber da wo mich alle haben wollten. Am Rand. Am Rand des Tisches und damit am Rand der Gesellschaft. Oder auch außerhalb der Gesellschaft.
Wie man es nimmt.
Was hatten wir noch? Mein Frühstück? Kein normales Kind (Kind?) isst jeden Tag dasselbe und noch dazu, dass was ich esse. Aber ich bekomme dieses Frühstück seit ich kauen kann und ich weiß, dass meine Mutter bei meiner Einschulung ausdrücklich verboten hat, dass ich etwas anderes bekomme. Ja, mir hat sie es verboten und ich folge ihr. Wie in allen Dingen. Beim Essen, bei meiner Kleidung. Und ich benehme mich so wie sie es will. Das sind schon wieder zwei neue Kapitel.

Mein Auftreten habe ich auch meiner Mutter zu verdanken. Seit sich herausgestellt hatte, dass ich überaus klug war, bekam ich nur noch Gewand in dem man mir diese Klugheit auch ansehen konnte. Punkto Schuluniform hieß das, dass ich das einzige Mädchen an der Schule war, der ihr Rock weit über die Knie ging. Alle anderen Mädchen trugen kurze Röcke, aber ich nicht. Das
war was meine Mutter wollte: Ich war klug, also brauchte ich nicht hübsch zu sein.

Und meine Brille verdanke ich auch meiner Mutter. Nicht das meine Mutter dafür verantwortlich wäre, dass ich schlecht sehen würde, nein daran war ich selbst schuld, aber an diesem fetten, fetten Nasenfahrrad war meine Mutter schuld. Meine Brille war riesengroß, eckig und rot. Knallrot. So rot, dass man von ihr einige Minuten geblendet war. Vielleicht einer der Gründe, warum mir so selten jemand ins Gesicht sah. Und stark, so stark, dass man meine Augen fast nicht mehr sehen konnte. Aber was brauchte ich auch Augen, wenn ich eine so rote Brille besaß?

Ich war immer schon ein stilles Kind, habe niemals geredet, außer wenn man mir eine Frage gestellt hatte. Und auch dann nur sehr zögerlich. Man könnte sagen ich wäre schüchtern. Im Bezug auf Gleichaltrige war ich das auch. Sehr sogar. Vielleicht noch einer der Gründe warum niemand mit mir sprechen wollte. So war ich nun mal. Immer gewesen.
Und ich hatte nicht den Mut es zu ändern. Nein, mutig war ich nicht. Gewiss nicht.

Ich war der große Irrtum des sprechenden Hutes.

Ich, Minerva McGonnagall, war der Feigling von Gryffindor.